1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Wortstellung, genauer mit der Verbstellung in der Lernendensprache. In diesem Zusammenhang stellt Wisniewski (2018: 137) anhand der Analyse des MERLIN-Korpus fest, dass Wortstellungsfehler ab der Niveaustufe B2 (GER) signifikant abnehmen. Welche Wortstellungsfehler oberhalb dieses Sprachniveaus in Lernendenkorpora immer noch auftreten, ob sich typische Muster oder Kontexte identifizieren lassen, in denen sich ‚syntaktische Fallen‘ verbergen – diese Fragen haben unsere Untersuchungen in erster Linie motiviert. Der Beitrag verfolgt aber noch ein zweites Ziel: Neben der Darstellung unserer Ergebnisse wird die Vergleichbarkeit verschiedener Lernendenkorpora diskutiert, indem wir Schwierigkeiten und Möglichkeiten von vergleichenden Analysen ausführlich darstellen.
Die Untersuchung der Wortstellungsfehler erfolgte im Rahmen einer explorativen Korpusanalyse in Essaytexten von fortgeschrittenen Lernenden (GER-Niveaus B2 bis C1+) mit unterschiedlichen Muttersprachen (L1). Die Datengrundlage für die Korpusanalyse bildeten vier öffentlich zugängliche Lernendenkorpora, wobei die Analyse am stärksten auf dem Deutsch-ungarischen Lernerkorpus (Dulko) basierte, das über einen Fehlertag für Verbstellungsfehler verfügt. Die vergleichende Korpusanalyse haben wir in zwei Schritten durchgeführt. Im ersten Schritt wurde das Korpus Dulko auf die Fehlerarten und auf die typischen Kontexte hin untersucht, in denen Verbstellungsfehler (bzw. Abweichungen hinsichtlich der Verbstellung, s. 3.2) erscheinen1. Im zweiten Schritt wurden die ermittelten Kontexte in vergleichbaren Lernendenkorpora untersucht. Durch den Fokus auf das Korpus Dulko bekommt die L1 Ungarisch zwangsläufig mehr Aufmerksamkeit. Doch können, wie die Ergebnisse zeigen, die ermittelten Fehlerkontexte auch auf die deutschsprachigen Äußerungen anderer Muttersprachler:innen übertragen werden.
Der Beitrag gliedert sich wie folgt: Abschnitt 2 bettet die Fragestellung in einen sprachtypologischen Kontext ein und gewährt Einblicke in die Erforschung der Wortstellung in der Spracherwerbsforschung. In den Abschnitten 3 und 4 wird eine empirische Analyse zur Verbstellung in der Lernendensprache auf fortgeschrittenem Niveau dargestellt, wobei der Fokus der Untersuchung auf den typischen Kontexten der Verbstellungsfehler liegt; in Abschnitt 3 werden die verwendeten Korpora und Methoden vorgestellt und Abschnitt 4 präsentiert die Ergebnisse der Analyse. Anschließend werden in Abschnitt 5 die Analyseergebnisse diskutiert und der letzte Abschnitt enthält ein Fazit und einen Ausblick.
2. Zum Forschungsstand
2.1 Zur Wortstellung des Deutschen aus kontrastiver Sicht
Die Wortstellung im Deutschen ist bekanntermaßen von mehreren grammatischen, aber auch von pragmatischen und funktionalstilistischen Faktoren abhängig. Die Stellung der Verben ist im Vergleich zur Stellung der nicht-verbalen Glieder relativ fest grammatisch geregelt2. Dabei spielen mehrere grammatische Aspekte, wie die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebensatz und die Satztypen, eine Rolle. Zunächst soll auf die Verbstellung in eingeleiteten Nebensätzen eingegangen werden, in denen die Position des Finitums grammatisch determiniert ist: Das Finitum wird (abgesehen von bestimmten mehrgliedrigen Verbalkomplexen) am Satzende realisiert. Die Endstellung im Nebensatz ist eine Besonderheit des Deutschen, die sonst nur in den westgermanischen Sprachen Friesisch und Niederländisch auftritt (vgl. Riehl 2018: 256). Auch die Verbklammer existiert außer im Deutschen nur in ganz wenigen Sprachen (z.B. in dem mit dem Deutschen genetisch eng verwandten Niederländischen), und stellt als „Exotismus“ (Roelcke 2003: 35) eine Herausforderung für die meisten Deutschlernenden dar (vgl. Riehl 2018: 254).
Im Deutschen haben auch die Satztypen einen Einfluss auf die Verbstellung. Bei den einzelnen Satztypen sind zwar unter bestimmten Bedingungen auch andere Positionen möglich, aber in Aussage- und Ergänzungsfragesätzen steht das Finitum grundsätzlich an der zweiten Stelle, im Entscheidungsfragesatz und Aufforderungssatz wird dagegen Verberststellung verwendet (zu Aussage-sätzen mit Verbspitzenstellung vgl. z.B. Auer 1993, zu V2-Entscheidungsinterrogativsätzen vgl. Péteri 2015). Die Verbzweitstellung ist für mehrere germanische Sprachen charakteristisch, außerhalb der germanischen Sprachen ist sie jedoch sehr selten. In Europa wird sie (neben germanischen Sprachen wie dem Schwedischen und Isländischen) nur für das Bretonische und das Estnische angenommen, des Weiteren kommt sie noch im Kashmiri und in einigen weiteren, sehr wenigen Sprachen vor (vgl. Holmberg 2015; Riehl 2018: 255). Innerhalb der Gruppe der germanischen Sprachen bildet das Englische in dieser Hinsicht eine Ausnahme, da es keine Verbzweitsprache ist. Im englischen Aussagesatz steht das Subjekt auch dann vor dem Verb, wenn am Satzanfang ein anderes Satzglied (wie etwa ein Temporaladverbial bzw. selten ein Objekt, s. (1)-(2)) oder nicht referenzielle Thematypen realisiert werden. Hierbei handelt es sich um sprachliche Elemente, mit denen nicht auf Referenten der Diskurswelt Bezug genommen, sondern eine textuelle Verknüpfung hergestellt oder eine subjektive Einschätzung der Emittenten zum Ausdruck gebracht wird. Diese Elemente werden in der Terminologie der systemisch-funktionalen Linguistik als textuelle und interpersonale Themata bezeichnet (vgl. Halliday / Matthiesen 2013: 105ff., s. (3)).
- (1)
- On Saturday night I lost my wife. (Halliday / Matthiesen 2013: 100)
- (2)
- This teapot my aunt was given by the duke. (Halliday / Matthiesen 2013: 79)
- (3)
- Maybe we could develop our listening skills. ([UTS/Macquarie Corpus], Halliday / Matthiesen 2013: 110)
Die Stellung mehrerer Themata vor dem rhematischen Satzteil ist auch in anderen Sprachen, etwa dem Französischen und dem Ungarischen, verbreitet. Das Ungarische ist eine Sprache mit vorwiegend informationsstrukturell motivierter Wortstellung (vgl. Molnár 2012). Die Faustregel für die Wortstellung des ungarischen Satzes (i.S.v. clause) lautet: Thema/Themen, Fokus, Finites Verb, weitere Hintergrundelemente (zum Literaturüberblick und zur Diskussion vgl. Modrián-Horváth 2016). Im ungarischen Teilsatz (clause) ist also die Setzung von mehreren Themata möglich, darunter Elementen, die eine subjektive Einschätzung des konzeptualisierten Ereignisses durch die Produzent:innen (etwa valószínűleg ‚wahrscheinlich‘, s. (4)) zum Ausdruck bringen. Deutschlernende dieser Muttersprachen sind somit vor eine große Herausforderung gestellt, da das V2-Muster im Deutschen in diesen Fällen meist3 bewahrt wird und es zur sog. ‚Inversion‘ des Subjekts (vgl. Abschnitt 2.2) kommt. Für DaF-Lernende, die Englisch als erste Fremdsprache erlernt haben, dürfte der Einfluss der L1- und L2-Wortstellungsmuster eine noch größere Hürde darstellen.
- (4)
- Jani
- Jani
- valószínűleg
- wahrscheinlich
- elfelejtett
- vergaß
- bevásárolni.
- einkaufen
- ‚Jani hat wahrscheinlich vergessen einzukaufen‘
Im Gegensatz zum Deutschen ist der Faktor der Satztypen bei der Wortstellung im Ungarischen weniger relevant, so können z.B. Entscheidungsinterrogativsätze im Ungarischen die gleiche Wortstellung wie Aussagesätze haben4. Péteri (2015) hat allerdings in einer umfassenden Korpusanalyse bezüglich der Interrogativsätze „im deutsch-ungarischen Vergleich eindeutige Konvergenztendenzen“ festgestellt, wobei ungarische Fokus-Verb-Sätze (Sätze ohne Topik5 am Satzanfang) und deutsche Verberstsätze „in ihrem Gebrauch große Ähnlichkeiten auf[weisen]“ (Péteri 2015: 199). Bei der Differenzierung von Haupt- und Nebensätzen ist die Verbstellung ebenfalls nicht direkt ausschlaggebend, hier kann nur festgestellt werden, dass Nebensätze weniger thematische Einheiten (topikale und intersubjektive Themata) vor dem Fokus enthalten als erste Hauptsätze in einem komplexen Satz (vgl. Modrián-Horváth 2016).
2.2 Wortstellung in der Spracherwerbsforschung
Die Wortstellung spielt u.a. bei der Analyse des Erwerbs des Deutschen als Zweit- bzw. Fremdsprache eine wichtige Rolle. Dabei wurde der stufenweise Erwerb der syntaktischen Besonderheiten des Deutschen besonders intensiv erforscht. Nach der psycholinguistisch geprägten Processability Theory von Pienemann (1998) werden zu Beginn des L2-Erwerbs noch keine vollständigen Sätze, sondern nur bruchstückhafte Äußerungen verwendet. Anschließend werden die für das Deutsche kanonische Wortstellung SVO (Stufe 1), dann die im Deutschen nicht korrekte Wortstellung mit einem satzinitialen ADV und darauf folgendem SVO (Stufe 2) erworben. Diese Stufe wird aber für die kognitive Verarbeitung der höheren Stufen vorausgesetzt. Die nächsten Erwerbsstufen sind Verbseparation (Distanzstellung der Elemente der Verbklammer, SEP, Stufe 3), Inversion (INV, Stufe 4) und Verbendstellung (VEND, Stufe 5).
Zu den Erwerbsstufen im Deutschen liegen zahlreiche Studien vor (zum Überblick vgl. Wisniewski et al. 2023: 192). An erster Stelle ist das ZISA-Projekt zu erwähnen, in dem der Zweitspracherwerb italienischer, portugiesischer und spanischer Arbeitnehmer untersucht wurde. Clahsen et al. (1983: 33) ermittelten mithilfe morphologischer und syntaktischer Variablen eine feste Abfolge von Erwerbsphasen in der Lernendensprache (Erwerbssequenzen)6. Es wurde dabei u.a. gezeigt, dass die Erwerbsstufe der Inversion der Stufe der Verbendstellung im Nebensatz vorangeht. In der Forschungsliteratur werden jedoch Evidenzen gegen die Annahme einer L1-unabhängigen, einheitlichen Erwerbsreihenfolge aufgeführt. Während die beiden Phänomene Inversion und Verbendstellung auch nach der Processability Theory von Pienemann (1998) in derselben Reihenfolge erworben werden sollen, zeigte sich in der Studie von Diehl et al. (2000) eine andere Erwerbsreihenfolge. Anhand von schriftlichen Texten von frankophonen Schüler:innen aus Genf wurden Entwicklungsreihenfolgen beim Erwerb der Verbalflexion, der Satzmodelle und des Kasussystems bestimmt. Die frankophonen Schülerinnen und Schüler behandeln die Inversion in Aussage- bzw. in Fragesätzen unterschiedlich, wobei auch die „Existenz entsprechender Konstruktionsmöglichkeiten in ihrer L1“ (Diehl et al. 2000: 84) eine Rolle spielen könnte. Die Inversion erscheint bereits früh in Fragesätzen und wird von den Primarschulkindern meist korrekt angewendet, es kommt aber zu einer Verzögerung der Inversion in Deklarativa. Die frankophonen Schüler:innen erwerben die Inversion als letzte Stufe nach der Verb-endstellung. Diehl et al. (2000: 85) sehen das unterschiedliche Fehlerverhalten im muttersprachlichen Deutscherwerb bzw. im Fremdspracherwerb frankophoner Kinder als ein Indiz dafür, dass Deutschlernende „von ihrer L1-Basisstruktur ausgehen und diese als erste Hypothese an die L2 herantragen“.
Auch wenn zwei Sprachen typologisch sehr nahe beieinander liegen, wird jedoch nicht immer das entsprechende syntaktische Muster aus der L1 transferiert. Håkansson / Pienemann / Sayehli (2002: 257) stellen aufgrund der Daten schwedischer Deutschlernender fest, dass das Verb in Aussagesätzen, die nicht mit dem Subjekt beginnen, trotz der Übereinstimmung der Wortstellung zwischen den beiden V2-Sprachen Schwedisch und Deutsch fälschlicherweise in der dritten Position realisiert wird (s. (5)), während der entsprechende Satz mit V3 auch im Schwedischen ungrammatisch wäre.
- (5)
- * Gestern er reiste nach Stockholm.
Es ist schwierig, einen Gradmesser für den Erwerb grammatischer – oder gar lexikogrammatischer – Strukturen festzulegen. In der Folge von Brown (1973) hat sich ein Maßstab etabliert, der den Erwerb einer grammatischen Struktur markieren soll: Wenn die richtige Verwendung der Struktur über 90% aller obligatorischen Kontexte liegt (d.h. die Verwendungskontexte, in denen das untersuchte grammatische Phänomen erscheinen soll), gilt die Struktur als erworben. Das Kriterium wurde von Brown (1973) ursprünglich für den Erstspracherwerb verwendet, fand jedoch sofort Eingang in Studien zum Zweitspracherwerb (vgl. Dulay / Burt 1973). Andere Forscher:innen ordnen die zu erwerbenden Strukturen nach der (prozentual berechneten) richtigen Gebrauchsrate in den obligatorischen Kontexten ein, während wiederum andere Studien das bloße Erscheinen eines (grammatischen) Phänomens in der Lernendensprache als hinreichendes Kriterium für den Erwerb der gegebenen Struktur betrachten (s. den Literaturüberblick von Kwon 2005, insbesondere Kwon 2005: 4, Fußnote 7).
Die Erwerbsstufen werden auch für sprachdiagnostische Zwecke benutzt. Das von Grießhaber (2013) entwickelte profilanalytische Diagnoseverfahren eignet sich zur Beurteilung von schriftlichen und mündlichen Lernendenäußerungen. Die Grundlage für die Analyse bilden „Wortstellungsmuster, die in der Zweitspracherwerbsforschung als sukzessiv zu durchlaufende Stadien im Zweitspracherwerb identifiziert wurden“ (Grießhaber 2019: 554). Dabei wurde Pienemanns Modell der Erwerbsstufen um zwei weitere Profilstufen erweitert. Bei der Stufe der Insertion wird ein Nebensatz in den einbettenden Matrixsatz eingeschoben. Die nachfolgende Stufe ist die Integration, bei der ein Partizipialattribut in eine Nominalgruppe eingebaut wird.
Für die Profilanalyse ist eine kompetenzorientierte Sichtweise charakteristisch. Die Verteilung der in den Lernendenäußerungen verwendeten Muster bildet das syntaktische Profil. Auf der Basis des Profils lässt sich die Erwerbsstufe bestimmen, also der erreichte Sprachstand mit den in der Sprachprobe ermittelten Kenntnissen. Die höchste, mindestens dreimal realisierte Profilstufe entspricht dem in der Sprachprobe erreichten Erwerbsstand (vgl. Grießhaber 2019: 548)7.
Die Verwendung von Wortstellungsmustern wie etwa Inversion und Verbendstellung bzw. die Erwerbsstufen im obigen Sinne wurden auch anhand von Erzähltexten ungarischer Schüler:innen analysiert. Fekete (2016) untersucht in ihrer Längsschnittstudie die Lernendensprache von fünfzehn ungarischen Schüler:innen, die bereits vor der Erhebung mehrere Jahre Deutschunterricht erhielten. Die Inversion kommt bereits in der ersten Datenerhebung in den Erzähltexten von elf Schüler:innen vor, während die Verbendstellung von den meisten Schüler:innen erst in der zweiten Datenerhebung verwendet wurde (vgl. Fekete 2016: 153–154, 167). Zu Beginn der dreijährigen Erhebungszeit ist der Erwerb der Verbendstellung trotz des mehrjährigen Deutschunterrichts noch nicht erfolgt, auch wenn sporadisch bereits das Lexem weil verwendet wird (vgl. Fekete 2016: 153, 167).
Von Wisniewski et al. (2023) werden Verfahren zur automatischen Analyse von Erwerbsstufen entwickelt. Dies soll auch bei der Klärung der Frage helfen, „ob und inwiefern die Kompetenzniveaus der GER für das Deutsche mit Erwerbsstufen zusammenhängen“ (Wisniewski et al. 2023: 203). Auf Zusammenhänge zwischen Wortstellungsmuster und den Sprachniveaus weist bereits Wisniewski (2018, 2020) hin. Wie häufig und in welchen (obligatorischen) Kontexten bestimmte Wortstellungsmuster auftreten, ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt für die Lernersprachenanalyse.
Bei der Anzahl der Wortstellungsfehler wurde von Wisniewski (2020: 11) ein signifikanter Unterschied zwischen den Niveaustufen B1 und B2 nachgewiesen:
Aufgrund der Daten aus dem MERLIN-Korpus ist davon auszugehen, dass Wortstellungsfehler ab der Niveaustufe B2 abnehmen. Welche zielsprachlichen Normen und in welchen Kontexten diese noch auf der Niveaustufe B2 und darüber hinaus verletzt werden, wird im nachfolgenden empirischen Teil der Studie untersucht.
3. Datengrundlage und methodisches Vorgehen
Die Analyse stützt sich auf eine empirische Untersuchung im Deutsch-ungarischen Lernerkorpus (Dulko) sowie in anderen vergleichbaren Korpora. Das Korpus Dulko enthält deutschsprachige Essays und Übersetzungen fortgeschrittener ungarischer Deutschlernender (mindestens Niveau B2 gemäß GER). Bei der Erhebung der Essays wurde das Korpusdesign des entsprechenden Essayteilkorpus von Falko beachtet, um die Vergleichbarkeit der Daten mit anderen Lernendenkorpora (FalkoEssayL2v2.4 und KobaltL2v1.4) zu gewährleisten (vgl. Beeh et al. 2021: 4); in der vorliegenden Analyse wird nur das Essayteilkorpus DulkoEssay-v1.0 berücksichtigt. In Falko-EssayL2v2.4 findet sich mehr als die Hälfte der herangezogenen Essaytexte, zudem wird aus der Falko-Familie im Essaykorpus KobaltL2v1.4 recherchiert. Um Vergleichbarkeit bezüglich der Kriterien Sprachniveau und Textsorte herzustellen, musste das Lernendenkorpus MERLIN_German auf Aufsätze von fortgeschrittenen Lernenden eingeschränkt werden, die insgesamt ca. ein Fünftel des Korpus ausmachen. Nicht berücksichtigt werden Texte, wenn in den Metadaten beim Sprachniveau nicht mindestens B2 angegeben wurde. Das MERLIN-Korpus enthält neben Essaytexten auch andere Textsorten wie Briefe, Bewerbungsschreiben und Privatbriefe, für die vorliegende Untersuchung wurden jedoch nur Essays herangezogen8. Im Folgenden wird mit MERLIN_German auf das wie oben beschriebene Essayteilkorpus Bezug genommen. Das Korpus bilden also insgesamt 454 L2-Essaytexte, zudem werden 115 Essaytexte deutscher Muttersprachler:innen aus den Essaykorpora KobaltL1v1.4 bzw. Falko-EssayL1v2.3 als L1-Vergleichskorpora herangezogen.
DulkoEssay-v1.0 | 34 Texte, 11.786 Tokens |
Falko-EssayL2v2.4 | 248 Texte, 144.619 Tokens |
KobaltL2v1.4 | 51 Texte, 33.368 Tokens |
MERLIN_German | 121 Texte, 31.755 Tokens |
Falko-EssayL1v2.3 | 95 Texte, 70.615 Tokens |
KobaltL1v1.4 | 20 Texte, 12.984 Tokens |
Das Ziel der Analyse war, ein möglichst umfassendes Bild über die Typen der Verbstellungsfehler zu gewinnen. Etwas hinderlich bei den Untersuchungen war die Unterschiedlichkeit der vorhandenen Annotationen, auf die unten (in Abschnitt 3.1) näher eingegangen wird. Deshalb bestand unser Analyseverfahren im Wesentlichen darin, die für die Verbstellungsfehler bzw. -abweichungen typischen Kontexte im explizit mit einem einschlägigen Fehlertag annotierten Korpus Dulko festzustellen, und anschließend in vergleichbaren Lernendenkorpora gezielt nach den ermittelten Phänomenen (etwa zum Beispiel am Satzanfang; Koordination von Nebensätzen) zu suchen.
3.1 Unterschiedlichkeit der Annotationen in den Lernendenkorpora
Obwohl die Suchoberfläche ANNIS Recherchemöglichkeiten für alle untersuchten Korpora bereitstellt, müssen die Suchabfragen in Bezug auf jedes einzelne Korpus unterschiedlich formuliert werden, und zwar auch in Bezug auf diejenigen Annotationsebenen, die in allen Korpora vorhanden sind: POS (Wortarten), Lemmatisierung, ZH (Zielhypothese), ZHDiff (Edit-Tags) sowie Satzspannen. Bei der Recherche müssen Daten auf diesen Annotationsebenen je nach Korpus unterschiedlich abgefragt werden. Dies wird im Folgenden mit einigen Beispielen veranschaulicht.
Mit den weiter unten aufgeführten komplexen Suchanfragen lassen sich in den einzelnen Korpora dass- oder wenn-Sätze ermitteln, die Verbstellungsfehler enthalten, vgl. etwa den folgenden wenn-Satz aus dem MERLIN-Korpus:
- (6)
- Es wäre von größerer Bedeutung für mich wenn meine Bewerbung könnte positiv betrachtet werden [ZH: Es wäre von größerer Bedeutung für mich, wenn meine Bewerbung positiv betrachtet werden könnte.] (MERLIN_German, 1023_0101752)
Die wörtliche Übersetzung der unten angeführten Suchausdrücke ist jeweils: Finde Satzspannen, die auf der Ebene der Tokens die unterordnenden Subjunktionen dass/wenn und darüber hinaus unmittelbar auf die Subjunktion folgende finite Verben enthalten, die in der Zielhypothese eine andere Position einnehmen9. Im MERLIN-Korpus bietet sich dafür folgende Suchanfrage an:
sentence = /.*/ & tok_lemma = /(wenn|dass)/ & tok_pos = "KOUS" & tok_pos = /V.FIN/ & TH1Diff = "MOVS" & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #1_i_#4 & #1_i_#5 & #3.*#4 & #2_ = _#3 & #4_ = _#5
In den Korpora der Falko-Familie (z.B. FalkoEssayL2v2.4 und KobaltL2v1.4) werden die Annotationsebenen anders bezeichnet. Bei der Lemmatisierung wird in Falko „lemma“, in MERLIN jedoch „tok_lemma“ benutzt. Während im MERLIN-Korpus bei der Abfrage der Satzspannen „sentence“ verwendet wird, werden die Satzspannen in Falko auf der ersten und zweiten Zielhypothesenebene angesetzt und können mit „ZH1S“ bzw. „ZH2S“ abgefragt werden. Die Zielhypothesen können in Falko mit „ZH1“ bzw. „ZH2“, in MERLIN aber mit „TH1“ recherchiert werden (in Letzterem gibt es keine zweite Zielhypothesenebene). Somit unterscheidet sich auch die Abfrage der Edit-Tags wie etwa „MOVS“ für Token mit abweichender Position (vgl. Reznicek et al. 2012: 60 f.): In Falko wird dafür „ZH1Diff“, in MERLIN „TH1Diff“ verwendet. Möchte man also nicht in MERLIN, sondern in Falko recherchieren, muss die obige komplexe Suchanfrage an fünf Stellen umformuliert werden:
ZH1S = /.*/ & lemma = /(wenn|dass)/ & ZH1pos = "KOUS" & pos = /V.FIN/ & ZH1Diff = "MOVS" & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #1_i_#4 & #1_i_#5 & #3.*#4 & #2_ = _#3 & #4_ = _#5
Bis auf den Abstandsoperator „.*“ und die Operatoren „_i_“ für Inklusion sowie „_ = _“ für Abdeckung muss also die ganze Suchanfrage geändert werden.
Bei der Recherche in mehreren Lernendenkorpora müssen auch Unterschiede in der Kodierung der Metadaten beachtet werden. Möchte man die Suchabfrage beispielsweise auf Daten ungarischer Muttersprachler begrenzen, muss in Falko nach meta::l1_1 = "hun", in MERLIN aber nach meta::_author_L1 = "Hungarian" gefiltert werden.
Die Gemeinsamkeit der Annotationsebenen beschränkt sich zur Zeit der Analyse auf das Tagging nach POS, Lemmata, Zielhypothesen, ZH-Diff und Satzspannen; zusätzliche Annotationen in einzelnen Korpora sind Fehlertags (MERLIN und Dulko), Dependenzbäume (Falko und Kobalt) sowie topologische Felder (Falko und Kobalt). Das Fehlen bzw. die Unterschiedlichkeit von expliziten Fehlertags (etwa „G_Wo_type wosubcl“ in MERLIN für Wortstellungsfehler in Hypotaxe vs. „StV“ für Verbstellungsfehler in Dulko) konnte durch die Kombination der oben erwähnten Tags einigermaßen kompensiert werden10. Dennoch wäre eine Vereinheitlichung der Annotationen sowie der Abfragesyntax aus der Anwendungsperspektive mehr als wünschenswert (zu diesem Problem vgl. auch Wisniewski et al. 2023).
3.2 Recherchen im Korpus Dulko
Die Verwendung des Korpus Dulko als Datengrundlage war für unsere Analyse unter anderem deshalb naheliegend, weil dieses Korpus über Fehlertags verfügt, die sich auf Verbstellungsfehler beziehen. Um die Vergleichbarkeit der Daten mit den oben erwähnten Lernendenkorpora zu gewährleisten, wurde die Analyse des Korpus auf das Essay-Teilkorpus beschränkt. Durch diese Auswahl wurde gleichzeitig eine direkte Auswirkung muttersprachlicher Vorlagen auf die Lernendensprache – wie dies im Übersetzungs-Teilkorpus eventuell zu erwarten ist11 – ausgeschlossen. Auf der anderen Seite hat die Verwendung der Daten aus einem relativ kleinen Teilkorpus den Nachteil, durch die geringere Trefferzahl keine statistisch auswertbaren Ergebnisse bekommen zu können, so dass die Analyse eher qualitativer und explorativer Art ist. Im Vordergrund der Untersuchung steht die Ermittlung von Kontexttypen, in denen selbst im Sprachgebrauch von fortgeschrittenen Lernenden Wortstellungsfehler bzw. Normverletzungen zu beobachten sind. Die Schwierigkeiten der Abgrenzung dieser Kategorien werden in der Fachliteratur stets diskutiert (vgl. z.B. Lennon 1991; Schneider 2013), auf die fließenden Übergänge wird in Abschnitt 5 unter dem Stichpunkt „Normativität“ Bezug genommen. Wie Fehler in der Lernendensprache zu definieren sind, ist nicht selbstverständlich. Im Folgenden wird ein weit gefasster Fehlerbegriff angeführt:
a linguistic form or combination of forms which, in the same context and under similar conditions of production, would, in all likelihood, not be produced by the speakers’ native speaker counterparts. (Lennon 1991: 182)
In der Fachliteratur werden Systemfehler und Normfehler unterschieden. Den Analysen haben wir den breiteren Fehlerbegriff zugrunde gelegt: Als Abweichung wurden alle Verbstellungsmuster betrachtet, die nicht den Normen der geschriebenen Standardsprache entsprechen12. Durch diesen erweiterten Fehlerbegriff ist zu erklären, dass selbst in den beiden L1-Vergleichskorpora Normabweichungen zu finden waren, die keine Systemfehler darstellen.
Bei der Untersuchung des Dulko-Essaykorpus wurden im ersten Schritt alle Treffer mit dem Fehlertag „StV“ (Verbstellung) extrahiert13. Auf diesen Schritt folgte eine weitere, manuelle Annotation der extrahierten Treffer in einer Excel-Datei nach folgenden Aspekten:
Verbstellungstyp in der Zielhypothese (ZH): Verbzweit- (V2) oder Verbendtyp (VE) (der Stellungstyp V1 ist in den Treffern nicht vorgekommen)
Stellung des fehlerhaften Segments im Gesamtsatz: initial / nach einem Hauptsatz / nach einem Nebensatz
Konnektor (Subjunktionen, w- und d-Relativpronomina, Fragepronomina usw.)
das Vorhandensein eines Einschubs / einer Koordination
beim Typ VE: Entfernung der fehlerhaften Verbstellung von der Subjunktion, angegeben durch die Anzahl der Teilsätze (0 = Fehler im selben Teilsatz wie der Konnektor, 1 = Konnektor im vorangehenden Teilsatz, z.B. bei Reihung von Nebensätzen, 2 = Konnektor 2 Teilsätze vor dem Fehler, z.B. bei Einschub, etc.)
- (7)
- [Ich hoffe,] dass in Ungarn bleibt die Situation so, […] [ZH: dass in Ungarn die Situation so bleibt] (DulkoEssay-v1.0, Feminismus 20) Subjunktion im selben Teilsatz, Entfernung = 0
- (8)
- [Ich glaube,] dass [was die finanzielle Entlohnung betrifft], gibt es in meinem Heimatland sehr große Unterschiede. [ZH: es in meinem Heimatland sehr große Unterschiede gibt] (DulkoEssay-v1.0, Entlohnung 30)
- Ein Teilsatz eingeschoben, Entfernung = 1
- (9)
- [Wenn wir davon ausgehen,] dass Stars, [die im Fernseher ihr Leben zeigen] – [manchmal diskutieren,] [manchmal nerven die Menschen und die Zuschauer,] verdienen viel mehr als z.B. ein Arzt, der menschliche Leben rettet, […] [ZH: viel mehr verdienen als ein Arzt] (DulkoEssay-v1.0, Entlohnung 141)
- 3 Teilsätze eingeschoben, Entfernung = 3
Der Anteil an Fehlern bzw. Normabweichungen wurde relativ zur Anzahl der finiten Verben (auf der Ebene [token] bzw. [word]) festgestellt. Der Anteil an fehlerhaften/abweichenden Verbstellungen in verschiedenen Satzarten (indirekte Fragesätze, Relativsätze usw.) wurde nach Konnektortypen und spezifischen Kontexten berechnet sowie mit der Gesamtanzahl der jeweiligen Konnektoren verglichen. Diese wurden ebenfalls manuell auf Einschubstrukturen und Reihungen (traditionell als Ellipse der Subjunktion betrachtet) geprüft.
3.3 Recherchen in vergleichbaren Lernendenkorpora
Die Untersuchung der Lernendenkorpora Falko, Kobalt und MERLIN erfolgte, wie oben bereits erwähnt, ausgehend von den Ergebnissen der Analyse der Verbstellungsfehler in Dulko. Dementsprechend werden hier die in Dulko ermittelten typischen Fehlerkontexte gewissermaßen vorweggenommen.
Im Fall der Verbzweitsätze stellten sich in erster Linie Sätze mit einem atypischen Vorfeld als Fehlerquellen heraus, etwa Modalwörter sowie andere, Intersubjektivität kennzeichnende und textverknüpfende Elemente (meiner Meinung nach, natürlich, wahrscheinlich, zum Beispiel). Die Stellung solcher Elemente am Satzanfang wurde in den genannten Korpora einzeln systematisch geprüft, inklusive der Anfangsstellung von Elementen, die die Sicherheit der Sprechenden ausdrücken (gewiss, sicher, sicherlich). Dazu eigneten sich einzelne tokenbasierte Suchabfragen (siehe Anhang).
Bezüglich der Verbstellung in Nebensätzen wiesen einerseits koordinierte Nebensätze häufig eine fehlerhafte Verbstellung auf. Um dieses Phänomen zu überprüfen, haben wir im Dulko-Essaykorpus, das aufgrund seines Umfangs eine manuelle Bearbeitung der Rechercheergebnisse zulässt, alle Belege nach diesem Kriterium analysiert. In anderen Korpora wurde nach Subjunktionen gesucht, die auf Konjunktionen folgen, wobei jedoch asyndetische Verknüpfungen nicht berücksichtigt werden konnten. Andererseits wurde auch die häufig vorkommende Hauptsatzwortstellung nach dem Konnektor weil in den Lernendenkorpora recherchiert.
Die Zielhypothesen bzw. die eventuell vorhandene Fehlerannotation wurde bei der Beurteilung der Normativität der Lernendenäußerungen nicht in Betracht gezogen, denn in jedem Korpus fanden sich Belege, die von den Annotator:innen nicht als Fehler/Abweichungen klassifiziert wurden, aber nicht den syntaktischen Normen des geschriebenen Standards entsprachen, vgl. dafür die Belege (10–11). Unserer Meinung nach wäre in den jeweils unterstrichenen Teilsätzen eine Verbendstellung normgerecht, in der jeweiligen Zielhypothese wurde die betreffende Verbstellung in beiden Korpora aber nicht korrigiert.
- (10)
- Ich bin der Meinung, wenn ich ins Ausland gehe, und ich wochne dort, übe ich meine Traditionen. [ZH: Ich bin der Meinung, wenn ich ins Ausland gehe, und ich wohne dort, übe ich meine Traditionen.] (MERLIN-German, 1031_0003236)
- (11)
- Ein konkretes Beispiel dafür könnte sein, dass statt eine Job zu suchen beginnen viele zu stehlen, weil sie von etwas leben müssen und es scheint so einfacher. (DulkoEssay-v1.0, Kriminalität 4)
4. Analyseergebnisse
Um den Anteil der fehlerhaften bzw. abweichenden Verbstellungen berechnen zu können, war es notwendig, zunächst die Anzahl der Teilsätze (mit verschiedenen Verbstellungstypen) zu bestimmen. Mangels entsprechender Annotationsdaten für Haupt- und Nebensätze konnte die Anzahl der Haupt- und Nebensätze mit Suchabfragen14 nicht genau bestimmt werden, daher ist Tabelle 2 nur ein grober Überblick zu entnehmen. Zunächst wurde die Anzahl der finiten Verben bzw. der finiten (Teil-)Sätze ermittelt, anschließend die Anzahl der eingeleiteten Nebensätze. Aus der Differenz beider Zahlen lässt sich die Anzahl der Hauptsätze berechnen. Die aufgeführten Werte sind jedoch nicht nur wegen potenzieller Annotationsfehler15 mit einer gewissen Ungenauigkeit behaftet. Einerseits werden uneingeleitete Nebensätze in der dritten Spalte nicht beachtet, andererseits können z.B. bei koordinierten Nebensätzen nach dem ersten Nebensatz die Subjunktionen weggelassen werden. Die Anzahl der subordinierten Sätze ist also faktisch höher als der Wert in der folgenden Tabelle:
Finite Verben | Eingeleitete Nebensätze | Hauptsätze | |
DulkoEssay-v1.0 (L1 = HUN) | 1.307 | 551 | 756 |
FalkoEssayL2v2.4 | 12.704 | 4.602 | 8.102 |
KobaltL2v1.4 | 3.269 | 893 | 2.376 |
MERLIN_German | 3.192 | 962 | 2.230 |
FalkoEssayL1v2.3 | 6.855 | 2.590 | 4.265 |
KobaltL1v1.4 | 1.208 | 387 | 2.376 |
Bei der Analyse des Dulko-Essaykorpus zeigte sich, dass die Anzahl der Verbstellungsfehler (StV) prozentual gesehen insgesamt nicht hoch ist: In Hauptsätzen sind Finita in etwa 5%, in Nebensätzen etwa in 9% der Fälle fehlerhaft platziert (vgl. Tabelle 3).
DULKO-Essay | initial | nach HS | nach NS | insg. | |
Hauptsätze (V2-Sätze) mit StV | 19 | 11 | 9 | 39 / 756 | ca. 5% |
Nebensätze (VL-Sätze) mit StV | 4 | 16 | 30 | 50 / 551 | ca. 9% |
In bestimmten Kontexttypen ist jedoch eine hohe Vorkommenshäufigkeit von Verbstellungsfehlern zu beobachten, sodass diese für einen Großteil der Verbstellungsfehler verantwortlich sind.
4.1 Verbstellung in Hauptsätzen
In den Trefferzahlen für Verbstellungsfehler im Dulko-Essaykorpus fällt auf, dass die meisten Abweichungen im Hauptsatz (entgegen unseren Erwartungen) in Initialstellung zu finden sind, d.h. in Hauptsätzen, die nicht auf einen anderen Hauptsatz eines komplexen Satzes folgen (19 von 39 Fehlern). Bei näherer Betrachtung der Belege springt allerdings ins Auge, dass die Mehrheit dieser Sätze (11 von 19) vor dem eigentlichen Vorfeld ein weiteres Element enthält (darüber hinaus, natürlich, vielleicht, wahrscheinlich, zum Beispiel usw.). Diese Ausdrücke können standardsprachlich direkt vor dem Finitum im Vorfeld realisiert werden, stellen jedoch keine Satzglieder im engeren Sinne dar (vgl. Pittner 2013). Sie können als atypische Vorfeldelemente in der Funktion textueller und interpersonaler Themata (vgl. 2.1) wie etwa im Satz (12) auftreten.
Verbstellungsfehler kamen auch mehrfach im Kontext von textuellen Themata bzw. Verknüpfungselementen wie aber, also, sondern oder trotzdem vor, der Anteil der fehlerhaften Verwendung war aber besonders im Fall von interpersonalen Themata augenfällig. Eine Suchabfrage in den Lernendenkorpora brachte zum Vorschein, dass der Ausdruck zum Beispiel am Satzanfang in 6 von 8 Vorkommnissen (Dulko-Essaykorpus), bzw. in 12 von 16 Vorkommnissen (MERLIN L1: Ungarisch) zu einer abweichenden Verbstellung führt. Auch in anderen Essaytexten von Lernenden, deren L1 nicht Ungarisch ist, finden sich gehäuft einschlägige Belege wie in Satz (13), der von einer Person mit Ukrainisch als Muttersprache stammt.
- (12)
- Zum Beispiel verschiedene Karten könnten austeilt werden, … [ZH: Zum Beispiel könnten verschiedene Karten ausgeteilt werden, …] (DulkoEssay-v1.0, Entlohnung 22)
- (13)
- Meine Meinung nach, viel hängt von der Wertesysteme des Menschen (falkoEssayL2v2.4, fu127_2006_10c)
Dulko Essay-v1.0 |
MERLIN German |
Kobalt L2v1.4 |
FalkoEssay L2v2.4 |
FalkoEssay L1v2.3 |
Kobalt L1v1.4 |
|||||||
V3 (%) |
insg. (%) |
V3 (%) |
insg. (%). |
V3 (%) |
insg. (%) |
V3 (%) |
insg. (%) |
V3 (%) |
insg. (%) |
V3 (%) |
insg. (%) |
|
Meiner Meinung nach | 0 | 7 (100%) |
14 (38%) |
37 (100%) |
2 (20%) |
10 (100%) |
8 (15%) |
55 (100%) |
0 | 16 (100%) |
0 | 2 (100%) |
Natürlich | 2 (18%) |
11 (100%) |
2 (17%) |
12 (100%) |
2 (33%) |
6 (100%) |
4 (13%) |
30 (100%) |
0 | 29 (100%) |
0 | 9 (100%) |
Sicher | - | - | 0 | 1 (100%) |
- | - | 0 | 1 (100%) |
1 (33%) |
3 (100%) |
- | - |
Vielleicht | 2 (22%) |
9 (100%) |
1 (20%) |
5 (100%) |
1 (6%) |
16 (100%) |
5 (14%) |
37 (100%) |
0 | 16 (100%) |
- | - |
Wahrscheinlich | 1 (100%) |
1 (100%) |
- | - | 0 | 1 | 0 | 4 | - | - | - | - |
Zum Beispiel / Z. B. | 6 (75%) |
8 (100%) |
12 (75%) |
16 (100%) |
2 (100%) |
2 (100%) |
32 (68%) |
47 (100%) |
1 (50%) |
2 (100%) |
0 | 3 (100%) |
Tabelle 4 zeigt, in wie vielen Fällen die gesuchten Tokens vor dem Vorfeld realisiert werden (der Einfachheit halber wird hier auf die einschlägige Verbstellung mit „V3“ verwiesen). Es wäre interessant, die Ergebnisse nach Muttersprachen (oder eventuell nach weiteren gelernten Sprachen) weiter zu differenzieren, um zu sehen, welchen Einfluss die Muttersprache bzw. andere beherrschte Sprachen auf die zielsprachliche Wortstellung haben, aber die Belegzahl ist leider so niedrig, dass uns eine solche Analyse nicht sinnvoll erschien16.
Im Fall von Hauptsätzen, die auf Nebensätze folgen, konnte ein besonderer Kontexttyp identifiziert werden. In einigen Fällen (3 von 9) erfolgte eine scheinbare doppelte Vorfeldbesetzung. Nach peripheren Adverbialsätzen in diskurssteuernder oder metapragmatischer Funktion (des Typs soviel ich weiß) wird nicht direkt das Finitum realisiert, sondern ein Subjekt (14, 15) oder Adverbial (16) im eigentlichen Vorfeld:
- (14)
- Wie ich oben erwähnt habe, die Frauen in Ungarn sind gesetzlich emanzipiert. [ZH: Wie ich oben erwähnt habe, sind die Frauen in Ungarn gesetzlich emanzipiert.] (DulkoEssay-v1.0, Feminismus 10)
- (15)
- Soviel ich weiß, Kriminalität ist, … [ZH: Soviel ich weiß, ist Kriminalität …] (DulkoEssay-v1.0, Kri-minalität 13)
- (16)
- Wenn ich gut weiß, in Deutschland ist es verboten [ZH: Wenn ich richtig weiß, ist es in Deutschland verboten] (DulkoEssay-v1.0, Entlohnung 26)
Für diesen Kontexttyp finden sich in den vergleichbaren Korpora nur vereinzelt Belege. Diese sind typischerweise „diskursstrukturierende wie-Sätze“, die nach Kappel (2021: 268) „der textinternen Vernetzung von Sachverhalten dienen“, indem sie explizit auf eine frühere Textstelle verweisen.
- (17)
- Wie ich schon erwähnt habe hier ist vielen Industrien Firmen die ständig mitarbeiter wechseln. (MERLIN_German, 1031_0003366)
- (18)
- Also ich es schon erwähnt habe, auch wir können davon wichtige Informationen erhalten. [ZH: Also17 ich habe es schon erwähnt, auch wir können davon wichtige Informationen erhalten.] (MERLIN_German, 1031_0003218)
Auch die integrative Stellung metakommunikativer Beiträge, d.h. die normgerechte Stellung im Vorfeld, war belegt, vgl. (19).
- (19)
- Wie schon erwähnt, bin ich selber in Mannheim gewesen. (FalkoEssayL2v2.4, cbs014_2006_09)
Seltener sind auch wenn-Sätze mit nicht-integrativer Stellung belegt (s. die Sätze 20–21).
- (20)
- Wenn man die Fähigkeit hat um die Kultur seines Landes weiterzunehmen das ist ein sehr großer Satz. (MERLIN_German, 1031_0003212)
- (21)
- Wenn man ins Ausland fährt und dort wohnt, wharscheinlich findet einige Leuten von seinem Heimat. (MERLIN_German, 1031_0003224)
4.2 Verbstellung in Nebensätzen
4.2.1 Analyseergebnisse des Dulko-Essaykorpus
Zunächst werden Nebensätze nach den unter den Punkten 3. und 5. in Abschnitt 3.2 angeführten Aspekten analysiert, d.h. einerseits nach dem Typ des Konnektors, andererseits – im Fall von VE-Stellung – nach der Entfernung der fehlerhaften bzw. abweichenden Verbstellung von dem Einleitungselement. Da die meisten Einleitungselemente in einer sehr geringen Anzahl vorhanden waren, konnten hinsichtlich der Fehlerquote der einzelnen Konnektoren keine weitreichenden Schlussfolgerungen gezogen werden (s. Tabelle 5; die Tabelle enthält neben Konnektoren mit StV eine Auswahl derjenigen Konnektoren, die im Korpus nur mit richtiger Wortfolge vorhanden waren). In dieser Auszählung wurde jeder einzelne Teilsatz gesondert berechnet, auch bei einer Koordination von Nebensätzen. Der Wert der Entfernung der fehlerhaften Verbstellung vom nebensatzeinleitenden Element wies einen arithmetischen Mittelwert von 0.88 auf18, was uns auf die Idee brachte, diejenigen Kontexte näher zu untersuchen, in denen das nebensatzeinleitende Element nicht im selben Teilsatz stand, in dem der Verbstellungsfehler zu registrieren war. Diese Fälle umfassten einerseits die Koordination von Nebensätzen, in denen die Subjunktion nicht wiederholt wurde, andererseits den Einschub von anderen Teilsätzen in den Nebensatz mit StV.
Gesamtvorkommen | mit Einschub | Koordination von Nebensätzen (ohne explizite Subjunktion) | ||||
insg. | StV | insg. | StV | insg. | StV | |
als | 3 | 1 | 0 | 0 | 1 | 1 |
dass | 171 | 22 (12%) | 12 | 12 (100%) | 11 | 2 |
ob | 10 | 1 | 0 | 0 | 1 | 0 |
während | 3 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 |
weil | 49 | 6 (12%) | 1 | 0 | 4 | 2 |
wenn | 69 | 1 (1%) | 0 | 0 | 4 | 0 |
damit | 8 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
da, solange, sodass | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
obwohl | 4 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
4.2.2 Vergleichende Analysen bezüglich der Nebensätze
Ein besonders häufiger Kontext der abweichenden Verbstellung war der Einschub von Nebensätzen (insbesondere von Subjunktionalsätzen und Relativsätzen) in den Nebensatz mit dem Verbstellungsfehler. Dies wurde in jeweils zwei Suchabfragen untersucht: einmal in einer Suche nach Subjunktionen, die in einem Abstand von maximal 5 Textwörtern auf Subjunktionen folgten (gefolgt von zwei finiten Verben; die genauen Suchabfragen s. im Anhang), einmal in einer Suche nach Relativpronomina im selben Kontext. Die durch die automatische Suchabfrage gewonnenen Daten wurden manuell bereinigt und nach abweichender und normgerechter Verbstellung sortiert. Die Ergebnisse sind in den Tabellen 6 bzw. 7 zu sehen. Hierbei sind besonders die Fehlerquoten für den Einschub von subjunktionalen Nebensätzen in Nebensätzen auffällig, die z.T. 100% betragen (im Fall von DulkoEssay-v1.0 und MERLIN-German), aber auch in den anderen L2-Korpora eine Fehlerquote von 50% aufweisen (s. Tabelle 6).
Korpus | Belege mit abweichender Wortstellung (%) | Belege insgesamt (%) |
DulkoEssay-v1.0 | 4 (100%) | 4 (100%) |
Falko-EssayL2v2.4 | 15 (52%) | 29 (100%) |
KobaltL2v1.4 | 1 (50%) | 2 (100%) |
MERLIN_German | 13 (100%) | 13 (100%) |
Falko-EssayL1v2.3 | 4 (40%) | 10 (100%) |
KobaltL1v1.4 | 0 (0%) | 1 (100%) |
Korpus | Belege mit abweichender Wortstellung (%) | Belege insgesamt (%) |
DulkoEssay-v1.0 | 5 (100%) | 5 (100%) |
Falko-EssayL2v2.4 | 3 (23%) | 13 (100%) |
KobaltL2v1.4 | 0 (-) | 0 (100%) |
MERLIN_German | 3 (75%) | 4 (100%) |
Falko-EssayL1v2.3 | 0 (0%) | 13 (100%) |
KobaltL1v1.4 | 0 (0%) | 1 (100%) |
In einigen Fällen wurde der Nebensatz, in den ein oder mehrere Nebensätze eingeschoben wurden, mit V2-Wortstellung so weitergeführt, dass nach dem Einschub das Konjunktionaladverb dann verwendet wird, wie in Beispiel (18):
- (22)
- Das Problem ist nur, dass wenn man im Unterricht den Eindruck bekommen, hier lernen wir nur, weil wir es müssen, nicht weil wir es später gebrauchen können, dann gibt man vielleicht so schnell auf und sagen (FalkoEssayL2v2.4, cbs003_2007_10)
Ein weiterer vergleichend untersuchter Kontext für StV war die Koordination von untergeordneten Sätzen. In den Korpora wurde nach gleichzeitigem Auftreten einer subordinierenden und einer koordinierenden Konjunktion in der Satzspanne gesucht, im Kontext von zwei finiten Verben (zu den genauen Reihenfolgebeschränkungen s. die Suchabfragen im Anhang). Auf die automatische Suchabfrage folgte auch hier eine manuelle Weiterverarbeitung der Daten (Entfernung von Mehrfachbelegen und Sortierung nach abweichender vs. normgerechter Verbstellung). Bei der Analyse wurden lediglich diejenigen Fälle berücksichtigt, in denen im koordinierten Nebensatz keine Subjunktion enthalten war, Belege wie (23) wurden also nicht hinzugezählt:
- (23)
- Die Aussage, dass die meisten Universitätsabschlüsse nicht praxisorientiert sind, und dass sie die Studenten nicht auf die wirkliche Welt vorbereiten, muss ich leider bestätigen (FalkoEssayL2v2.4, cbs002_2006_09)
Diese Einschränkung erschien uns notwendig, weil wir hier testen wollten, inwieweit das Wortstellungsmuster auch unabhängig vom direkten Einfluss einer Subjunktion im Nebensatz, also auf inhaltlich-(diskurs)semantischer Grundlage, erscheint. Das häufigste abweichende Wortstellungsmuster stellte die V2-Stellung dar (vgl. Satz 24), manchmal kam im zweiten Nebensatz eine V1-Stellung vor.
- (24)
- Was würde passieren wenn es Besuch gibt aus einer Nachbarwelt und man versteht die Besucher nicht (FalkoEssayL2v2.4, fkb060_2008_08)
Belege, in denen die Verbstellung bereits im ersten Nebensatz falsch war, wurden nicht mitgezählt (z.B. Satz 25).
- (25)
- Immer ist es so, daß das Pendulum wagt zu viel und die Sache werden anders als sie wirklich sind (FalkoEssayL2v2.4, nz002_2007_05)
Nur manuell konnte entschieden werden, ob eine nebenordnende Konjunktion eine Koordination zum Nebensatz darstellt, oder wie in Beleg (26) einen Hauptsatz weiterführt:
- (26)
- Heute, wo ich Kandidat studiere, sehe ich aber manchmal, dass ich etwas aus dem BA-Studium brauche, und damit kann ich ja auch den Zusammenhang sehen. [ZH2: Heute, da ich einen Master studiere, sehe ich aber manchmal, dass ich etwas aus dem BA-Studium brauche, und insofern kann ich ja auch den Zusammenhang erkennen.] (FalkoEssayL2v2.4, cbs016_2006_09)
Mehrfache Koordinationen (und auch Einschübe) wurden in der vergleichenden Analyse nur einmal gezählt, bis auf einen einzigen komplexen Satz, in dem die Wortstellung einmal falsch und einmal richtig war (in allen übrigen Fällen wurde die Wortstellung bei jeder weiteren Koordination konsequent weitergeführt). Ein Beleg hierfür mit der normgerechten Wortstellung ist Satz (27).
- (27)
- Ich glaube, dass sich Kriminalität nur so wirklich lohnt, wenn man richtig abräumt und keine spuren hinterlässt, sich in Luft auflöst und auf irgend einer Insel in Paradies leben kann (FalkoEssayL2v2.4, cbs002_2007_10)
Die Ergebnisse der vergleichenden Analyse für die Koordination von subjunktionalen Nebensätzen enthält Tabelle 8; die Koordination von Relativsätzen war so selten belegt, dass dieses Phänomen hier unberücksichtigt bleibt.
Korpus | Belege mit abweichender Wortstellung (%) | Belege insgesamt (%) |
DulkoEssay-v1.0 | 5 (42%) | 12 (100%) |
Falko-EssayL2v2.4 | 16 (24%) | 67 (100%) |
KobaltL2v1.4 | 0 (0%) | 12 (100%) |
MERLIN_German | 19 (36%) | 53 (100%) |
Falko-EssayL1v2.3 | 1 (2%) | 55 (100%) |
KobaltL1v1.4 | 7 (21%) | 34 (100%) |
Im Folgenden soll auf weil-Sätze mit Verbend- bzw. Verbzweitstellung eingegangen werden, da aufgrund der Dulko-Analyse diese Subjunktion ohne spezifische syntaktische Kontexte eine höhere Fehlerrate aufwies (12% aller Verwendungen, s. Tabelle 5)19. Bei der Suche nach Belegen für weil-Sätze mit Verbzweitstellung konnten keine ZH- bzw. ZHDiff-bezogene Suchanfragen formuliert werden, da die Verbstellung nicht überall korrigiert wurde, vgl. z.B. den folgenden weil-Satz mit V2-Stellung:
- (28)
- Ich finde das Thema besonders intressant, weil im vorigen Jahr habe ich in Deutschland gelebt, wo viele Einwanderer verschiedener Nationen neben den Deutschen wohnen. [ZH: Ich finde das Thema besonders interessant, weil im vorigen Jahr habe ich in Deutschland gelebt, wo viele Einwanderer verschiedener Nationen neben den Deutschen wohnen.] (MERLIN_German, 1031_0003239)
Der Anteil der weil-Sätze mit Verbzweitstellung liegt in den Lernendenkorpora im Durchschnitt bei 9% (46 von 515 Belegen), aber auch in den L1-Vergleichskorpora bei 5% (5 von 105 Belegen):
Korpus | Belege mit abweichender Wortstellung (%) | Belege insgesamt (%) |
DulkoEssay-v1.0 | 6 (12%) | 49 (100%) |
Falko-EssayL2v2.4 | 25 (8%) | 327 (100%) |
KobaltL2v1.4 | 1 (2%) | 54 (100%) |
MERLIN_German | 15 (17%) | 85 (100%) |
Falko-EssayL1v2.3 | 4 (4%) | 96 (100%) |
KobaltL1v1.4 | 1 (11%) | 9 (100%) |
Des Weiteren wurden auch obwohl-Sätze analysiert. Der Anteil der Belege mit abweichender Wortstellung liegt bei 8%, in den muttersprachlichen Vergleichskorpora findet sich jedoch kein einschlägiger Beleg.
Korpus | Belege mit abweichender Wortstellung (%) | Belege insgesamt (%) |
DulkoEssay-v1.0 | 0 (0%) | 4 (100%) |
Falko-EssayL2v2.4 | 5 (7%) | 68 (100%) |
KobaltL2v1.4 | 0 (0%) | 6 (100%) |
MERLIN_German | 2 (20%) | 10 (100%) |
Falko-EssayL1v2.3 | 0 (0%) | 25 (100%) |
KobaltL1v1.4 | - | - |
5. Diskussion der Ergebnisse
In der explorativen Analyse konnten typische Kontexte für Abweichungen in den Daten von Lernenden mit L1 Ungarisch festgestellt werden, und diese sind anscheinend auch für Daten von Lernenden mit anderen Muttersprachen relevant. Aufgrund der eingesehenen Daten scheinen die belegten Phänomene typisch für Essaytexte fortgeschrittener Deutschlernender zu sein. Natürlich sind jedoch auch weitere typische Fehlerkontexte möglich. Ursprünglich wurde auch eine Differenzierung nach L1 geplant, aber wegen der geringen Anzahl der Belege wäre dies nicht aussagekräftig genug. Im Bereich der Essaykorpora stellen Daten für Ungarisch als L1 keine besonders solide Grundlage für vergleichende Forschungen dar, und bei anderen Muttersprachen ist die Datengrundlage z.T. noch dürftiger.
In unserer Studie hat sich das in 2.2 diskutierte Erwerbskriterium von 90% Korrektheit in obligatorischen Kontexten als praktikabel erwiesen. Während der Anteil der Wortstellungsfehler im Korpus Dulko sowohl in den Haupt- als auch in den Nebensätzen die 10%-Grenze unterschritt (5% aller finiten Formen in Haupt- und 9% in Nebensätzen, s. Tabelle 3), fanden sich Kontexte, in denen die Fehlerquote wesentlich höher lag: Die Stellung von Ausdrücken wie zum Beispiel, meiner Meinung nach, vielleicht usw. vor dem eigentlichen Vorfeld der Hauptsätze umfasste 28% aller Verbstellungsfehler im Hauptsatz. Während die ermittelten typischen Fehlerkontexte im homogenen Lernendenkorpus Dulko für L1 Ungarisch gelten, konnte bei der vergleichenden Analyse festgestellt werden, dass die untersuchten Kontexte auch bei anderen Muttersprachler:innen häufig Verbstellungsfehler provoziert haben dürften. Die Verwendung bestimmter epistemischer bzw. metapragmatischer Adverbien am Satzanfang stellt also selbst auf fortgeschrittenem Niveau eine Art syntaktische Falle dar.
Außer der jeweiligen Muttersprache spielen beim Spracherwerb/Sprachlernen, so auch beim Erlernen der Wortstellung, natürlich auch andere Faktoren mit. Unter diesen möchten wir nur einen weiteren Aspekt ansprechen: den Einfluss der authentischen (konzeptuell) gesprochenen Sprache. Wie aus den Analyseergebnissen in Abschnitt 4 hervorgeht, kommen – zwar immer in deutlich geringerem Maße als in den L2-Korpora – selbst in den muttersprachlichen Vergleichskorpora abweichende Verbstellungen vor, besonders bei der Koordination von Nebensätzen und nach dem Konnektor weil. Inwieweit diese Abweichungen tatsächlich eine Normverletzung darstellen, wird weiter unten besprochen.
Zwar wurde bei der Erstellung des Korpus Dulko eine Homogenität der Probandengruppe auch dadurch angestrebt, dass Texte von Proband:innen, die längere Auslandsaufenthalte in den zielsprachlichen Ländern hatten, ausgeschlossen wurden. Doch wurden die Daten anderer untersuchter Lernendenkorpora z.T. in zielsprachiger Umgebung erhoben. Auch der Einsatz authentischer Texte im Unterricht, die Auslandsaufenthalte, der Medienkonsum (Internet, Fernsehen usw.) beeinflussen potenziell den Spracherwerb und -gebrauch der Lernenden20, da L1- und L2-Erwerb gleichermaßen sensitiv gegenüber Frequenzeffekten sind (vgl. Ellis 2019). Infolge der Informalisierung der Medien sind alltagssprachliche, gesprochensprachliche Phänomene stärker in den Medien präsent, so dass auf diesem Wege auch weniger normgerechte Formen Eingang in die Lernersprache finden könnten. Des Weiteren ist es auch möglich, dass diese nicht gesteuert vermittelten Formen und Muster in die Lernersprache entweder ohne die entsprechenden kontextuell-pragmatischen Informationen oder durch die L1 beeinflusst übernommen und übergeneralisiert werden. So sind z.B. in der deutschen gesprochenen (aber auch in der geschriebenen) Sprache scheinbare doppelte Vorfeldbesetzungen, sog. Operator-Skopus-Strukturen, für Sicherheitsmarker wie sicher etabliert, während in der Lernersprache auch andere Operator-Skopus-Strukturen erscheinen (z.B. meiner Meinung nach, vielleicht; dazu näher in 5.1). Ein anderes wohlbekanntes Phänomen ist die Verbzweitstellung nach dem Konnektor weil in bestimmten Kontexten (epistemische Begründung), wobei in den Lernendentexten die V2-Stellung auch häufig in kausalen Zusammenhängen erscheint (s. dazu 5.2).
5.1 Verbstellung in Hauptsätzen
Der am häufigsten beobachtete Kontext für eine abweichende Verbstellung in Hauptsätzen war die scheinbare doppelte Vorfeldbesetzung. Nach der Auswertung des Dulko-Essaykorpus hatten wir die Vermutung, dass ein Grund dafür in den Einflüssen der L1 liegen könnte. Im Ungarischen können nämlich, wie in 2.1 beschrieben, mehrere Themata vor dem Fokus stehen – auch nicht-topikale Typen von Themata, die Hallidays Terminologie entsprechend als textuelle und interpersonelle Themata bezeichnet werden können. Ähnliche Stellungen sind jedoch – wenngleich in einem etwas geringeren Maße – auch in deutschsprachigen Texten anderer Muttersprachler:innen zu beobachten. Das Phänomen der sog. Topikalisierung ist unter den beteiligten L1-en z.B. auch im Englischen bekannt; im Falko-Teilkorpus der englischen Muttersprachler:innen konnte jedoch nur beim Ausdruck zum Beispiel eine doppelte Vorfeldbesetzung nachgewiesen werden (6/10 Verwendungen von zum Beispiel am Satzanfang wiesen diese Wortstellung auf).
Beim Thema der doppelten Vorfeldbesetzung stellt sich auch die Frage, ob diese tatsächlich bei jedem Gebrauch als fehlerhaft gelten soll. Barden, Elstermann und Fiehler (2001) stellen fest, dass die Verwendung von Operator-Skopus-Strukturen im Fall von „Ausdrücke[n], die eine hohe bzw. relativ hohe Sicherheit anzeigen (sicher, gewiss, kein Zweifel), etabliert“ sei (Barden / Elstermann / Fiehler 2001: 20), und prognostizieren in diesem Bezug zwei Entwicklungstendenzen. Einerseits dürfte die Struktur in Zukunft auch bei Ausdrücken, die eine geringere Sicherheit indizieren (z.B. wahrscheinlich, vielleicht) vermehrt eingesetzt werden. Andererseits scheine der Gebrauch der Operator-Skopus-Strukturen auch in schriftlichen Texten zuzunehmen (vgl. Barden / Elstermann / Fiehler 2001: 20).
In den untersuchten Lernendenkorpora waren die beobachteten Verwendungen überwiegend Marker der Unsicherheit. Es könnte sich hierbei also um eine formal ähnliche, aber inhaltlich abweichende Verwendung der bereits etablierten Operator-Skopus-Strukturen handeln, die teilweise mit den aktuellen Entwicklungstendenzen im Deutschen im Einklang steht und auch durch die muttersprachlichen Muster unterstützt wird.
Einen anderen, weitaus selteneren Typ der scheinbaren Vorfeldbesetzung repräsentieren vorangestellte periphere Adverbialsätze. In einigen Fällen wurden adverbiale wenn- und wie-Sätze mit nicht-integrativer Stellung belegt. Bei peripheren Adverbialsätzen ist eine lockere Anbindung an den Hauptsatz zu beobachten. Sie sind nicht in dessen Vorfeld integriert und drücken (anders als prototypische Adverbialsätze) keine Umstände des im Hauptsatz dargestellten Ereignisses aus. Bei metakommunikativen Beiträgen zu einer nachgestellten Äußerung wie Weil du es unbedingt wissen willst oder Falls dich jemand fragen sollte ist die nicht-integrative Stellung funktionalisiert und daher keineswegs falsch. Syntaktische Desintegration markiert hier eine semantische bzw. konzeptuelle Distanz zwischen den Teilsätzen (vgl. Kappel 2021: 29). Das bedeutet aber nicht, dass die Integration des vorangestellten Nebensatzes nur bei der propositionalen Verknüpfung möglich wäre. Alle diskursstrukturierenden wie-Sätze in den von Kappel (2021: 267–269) untersuchten neuhochdeutschen Texten werden integrativ angebunden.
5.2 Verbstellung in Nebensätzen
Als zweifellos schwierigster Kontext für die Nebensatzwortstellung stellte sich der Einschub eines Nebensatzes in einen anderen heraus. Dies war in allen L2-Korpora mit einer Fehlerrate von mindestens 50% belegt (im Fall von subjunktionalen Nebensätzen), wohingegen das Phänomen in den L1-Vergleichskorpora kaum präsent war. Überhaupt war der Einschub von Nebensätzen in letzteren viel seltener vorhanden. Im Laufe der manuellen Analyse ist aufgefallen, dass die beiden Subjunktionen in den L2-Korpora sehr oft (z.B. im Korpus MERLIN in 11 von 13 Fällen, im Falko-L2 24 von den 29) direkt nacheinander auftraten (z.B. dass wenn, dass bevor dass, dass obwohl usw.); dies schien in den L1-Korpora weniger häufig vorzukommen, aber die geringe Anzahl der Einschubstrukturen lässt hier leider keine weitergehenden Folgerungen zu.
Was die Normativität dieses Phänomens betrifft, so ist jedenfalls augenfällig, dass die Einschubstruktur selbst nicht sehr oft in den Vergleichskorpora vorkam. In den wenigen Belegen konnte aber auch eine abweichende Wortstellung beobachtet werden, was aufgrund der Fachliteratur keine neue Entwicklungstendenz sei. Bereits Behaghel (1903: 459) verweist auf „[die] Erscheinung, daß ein Nebensatz in seinem weitern Verlauf sich dem Hauptsatz annähert oder in einen solchen übergeht.“ Die sog. Herstellung der syntaktischen Ruhelage, die keineswegs neu ist und schon bei Luther nachgewiesen wurde, ist auch in den untersuchten Lernerkorpora belegt:
- (29)
- Hinzukommt noch, dass wenn sie eine Straftat begangen haben und dafür auch ins Gefängnis gehen müssen, haben sie immer die Möglichkeit dort eine Ausbildung zu absolvieren. [ZH1: Hinzu kommt noch, dass wenn sie eine Straftat begangen haben und dafür auch ins Gefängnis gehen müssen, sie immer die Möglichkeit haben, dort eine Ausbildung zu absolvieren.] (FalkoEssayL1v2.3, dew25_2007_09_L1v2.3)
Dies steht im Einklang mit der folgenden Beschreibung der syntaktischen Ruhelage nach Behaghel (1903: 442): „Das Bestreben des Nebensatzes, in den Hauptsatz zurückzufallen, kann sich geltend machen, wenn der Nebensatz kaum begonnen hat (…), so daß außer der Satzeinleitung keinerlei Kennzeichen des Nebensatzes in die Erscheinung tritt“.
Ein nächster typischer Kontext für abweichende Verbstellung in Nebensätzen war die Koordination von Nebensätzen, wenngleich die Fehlerquote bei diesem Typ nicht so hoch lag und auch die Unterschiede zwischen den L2- und L1-Korpora weniger ausgeprägt waren. Ein naheliegender Auslöser der Fehlstellung von Verben könnte das eingeübte V2-Muster nach den Konjunktionen ‚ADUSO‘ (aber, denn, und, sondern, oder) sein. In diesem Kontext zeigte sich ein bemerkenswertes Phänomen: In Sätzen, in denen im Hauptsatz eine Meinungsäußerung oder ein Fazit angedeutet wurde, wurde häufig nur beim ersten Nebensatz Verbendstellung, bei dem mit der Konjunktion und angeschlossenen nächsten Nebensatz aber eine V2-Stellung realisiert (s. den Satz 30).
- (30)
- Ich denke auch, dass man den Frauen notwendigen Wert gibt und sie sollen ihre Rechte bekommen (FalkoEssayL2v2.4, trk001_2006_05)
Zum Schluss sollen hier noch einige Gedanken zum Problem der Verbzweitstellung in weil-Sätzen stehen. In der Fachliteratur werden die mit weil, obwohl, wobei und während eingeleiteten Sätze, die V2-Stellung (oder seltener V1-Stellung, vgl. Ágel 2016: 75–76) aufweisen, detailliert beschrieben (vgl. z.B. Keller 1993; Freywald 2010; Ágel 2016). Auch dieses Phänomen ist sprachgeschichtlich nicht neu und wurde bezüglich seiner angeblichen Fehlerhaftigkeit diskutiert. Heutzutage wird kaum mehr die Auffassung vertreten, dass es hier um einen Systemfehler im engeren Sinne geht. Nach Keller (1993) liegt bei weil-Sätzen mit V2- bzw. Verbendstellung eine Form-Funktion-Korrelation vor: Während zur Begründung der im Bezugssatz ausgedrückten Proposition faktische weil-Sätze mit Verbendstellung verwendet werden, finden sich weil-Sätze mit V2 bei epistemischen Begründungen. Im folgenden Beleg für epistemische Begründung aus dem L1-Vergleichskorpus liefert der weil-Satz eher Informationen dazu, wie der/die Schreibende zur im Bezugssatz ausgedrückten Auffassung gelangt (Wissensstand des Schreibenden).
- (31)
- Das ist eigentlich in meiner sicht schon fast mit Prostitution gleichzusetzten, weil sie locken zum Beispiel Mädchen, oder junge Frauen aus dem Ausland damit an das sie ihenn doch erzähen wie toll es in Deutschland oder anderen Ländern ist. (FalkoEssayL1v2.3, dew08_2007_09)
Ob weil-Sätze mit Verbzweitstellung im geschriebenen Deutsch immer in Verbendstellung zu korrigieren sind, ist jedoch fraglich. Beim nächsten Beleg liegt keine propositionale Verknüpfung vor:
- (32)
- Vielleicht gehe ich ja später auf Verbrecherjagt, weil die wird es immer geben. [ZH2: Vielleicht gehe ich ja später auf Verbrecherjagd, weil es die immer geben wird.] (FalkoEssayL1v2.3, dhw024_2007_06_L1v2.3)
In diesem Satz ist weil kaum sachverhaltsbegründend, sondern hat eher eine diskursorganisierende Funktion. Die Verbstellung ist also auch in diesem Fall motiviert, die Verbendstellung wäre hier, obwohl sie in ZH2 angesetzt wird, unseres Erachtens nicht korrekter als die Verbzweitstellung. Auf der Ebene der Zielhypothese könnte stattdessen der Konnektor (denn statt weil) geändert werden. Im folgenden Beleg wurde die Verbzweitstellung nach weil auch auf der Zielhypothesenebene beibehalten:
- (33)
- Die eigenen Traditionen kann man ja immer für sich selber behalten, weil sonst ist unvorhersehbarer Ärger vorprogrammiert ZH: […, weil sonst ist unvohersehbares Ärger vorprogrammiert] (MERLIN_German, 1031_0003169)
Bei Belegen für weil-Sätze mit Verbzweitstellung ist nicht immer klar, wie stark die Sachverhaltsbegründung in den Hintergrund rückt. Ágel (2016: 94) geht von einer skalaren Gewichtung von Sachverhaltsbegründung und Diskursorganisation aus. Beide „sind […] präsent, wenn auch in unterschiedlichem Maße: Je stärker der diskurspragmatische Aspekt in den Fokus tritt, desto unauffälliger wird die Sachverhaltsbegründung für den Rezipienten und umgekehrt“ (Ágel 2016: 94). In vielen Fällen können bei weil-Sätzen mit V2 keine Fehler im engeren Sinne, sondern eventuell nur Normabweichungen, bestimmt werden. Mit Recht wird im Duden-Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle lediglich auf Normunterschiede verwiesen:
Mit der Konjunktion weil werden im geschriebenen Standarddeutsch Nebensätze eingeleitet (…). Im gesprochenen Standarddeutsch kommt weil jedoch auch in Sätzen mit dem finiten Verb nach dem ersten Satzglied wie im Aussagehauptsatz (…) vor. (…) Im Geschriebenen gilt dieser Gebrauch bei weil jedoch nicht als standardsprachlich. (Hennig 2016: 1015–1016)
In Abschnitt 2.2 wurde bereits die Längsschnittstudie von Fekete (2016: 167) erwähnt, die zu Beginn der Erhebung den Erwerb der Verbendstellung in der Lernendensprache von ungarischen Schüler:innen nicht nachweisen konnte. Der in Abschnitt 4.2 aufgeführte Beleg (28) stammt jedoch von einer Person mit L1 Ungarisch, die die Verbendstellung bereits erworben hat. Im entsprechenden Aufsatz werden sogar komplexe Sätze mit vier finiten Teilsätzen und zwei Infinitivkonstruktionen mit korrekter Wortstellung realisiert:
- (34)
- In so einem liberalischen Staat wie Deutschland, wo die Einwanderer die Möglichkeit habe in Freiheit zu leben, sollten die Minderheiten zeigen, dass auch sie die Wille haben integriert zu werden. [ZH: In so einem liberalischen Staat wie Deutschland, wo die Einwanderer die Möglichkeit haben, in Freiheit zu leben, sollten die Minderheiten zeigen, dass auch sie den Willen haben, integriert zu werden.] (MERLIN_German, 1031_0003239)
In diesem Aufsatz kommen 14 Nebensätze mit korrekter Verbendstellung vor, nur bei koordinierten und unterbrochenen Nebensätzen, die durch einen weiteren Nebensatz zweiten Grades erweitert werden, sind Abweichungen zu finden. Wieviel Zeit der/die Lernende in Deutschland verbrachte, inwiefern er/sie neben dem gesteuerten Fremdsprachenunterricht auch im Alltag grammatische Strukturen der gesprochenen Sprache als Input erhielt und somit eventuell Kontakt mit gesprochensprachlichen Phänomenen wie weil-Sätzen mit V2 hatte, lässt sich allerdings aufgrund der Metadaten nicht nachvollziehen.
6. Fazit und Ausblick
Die Fragestellung der Untersuchung war, welche Verbstellungsfehler bei fortgeschrittenen Deutschlernenden ab der Niveaustufe B2 immer noch vorkommen und in welchen Kontexten diese Fehler bevorzugt auftreten. Bei der Untersuchung der Verbstellungsfehler im Dulko-Essaykorpus wurde festgestellt, dass der Anteil fehlerhafter Verbstellung im Vergleich zur Anzahl der finiten Verben ausgesprochen niedrig ist (in Verbzweitsätzen sind ca. 5%, in Verbletztsätzen ca. 9% der finiten Verben in einer fehlerhaften Stellung zu finden, so dass die Verbstellungstypen V2 und V-End selbst nach den strengsten Erwerbskriterien als ‚erworben‘ gelten). Jedoch weisen die Fehler in einzelnen Kontexttypen eine hohe Wiederholungsrate auf und sind somit für einen großen Anteil der Verbstellungsfehler bzw. -abweichungen verantwortlich, was eine gute Möglichkeit bietet, im Unterricht gezielt an den wenigen wiederkehrenden Typen zu arbeiten. Dabei könnten den Deutschlernenden standardsprachlich normgerechte Stellungen durch Analyse von authentischen Beispielen (statt der Analyse von Fehlern, was oftmals mit Schamgefühlen behaftet ist) nahegebracht werden. Die Relevanz der Kontexttypen, die die Verbstellungsfehler zu begünstigen scheinen, wurde in einer vergleichenden Korpusanalyse auch in anderen Lernendenkorpora (Falko, Kobalt und MERLIN) bestätigt. Demnach bereiten die ermittelten Kontexte nicht nur ungarischen Muttersprachler:innen Schwierigkeiten.
In Verbzweitsätzen traten die Verbstellungsfehler und -abweichungen in erster Linie bei der Voranstellung von textuellen und interpersonellen Ausdrücken wie meiner Meinung nach, zum Beispiel oder vielleicht auf, die (scheinbare) doppelte Vorfeldbesetzung war in den L1-Vergleichskorpora eher selten.
Die größte Herausforderung für Deutschlernende bedeutete der Einschub von Nebensätzen in Nebensätze – in den Korpora Dulko und MERLIN war die Verbstellung des einbettenden Nebensatzes zu 100% fehlerhaft bzw. abweichend, aber auch in den anderen beiden L2-Lernendenkorpora erreichte die Fehlerquote einen Wert von 50%. In den L1-Vergleichskorpora kamen nicht nur abweichende Wortstellungen, sondern selbst die genannten Einschubstrukturen deutlich seltener vor. Die Platzierung der beiden Subjunktionen zeigte ebenfalls bemerkenswerte Unterschiede, in den L2-Lernendenkorpora folgten sie, anders als in den L1-korpora, meist direkt aufeinander. Ein weiterer Kontext für Abweichungen war die Koordination von Nebensätzen, wobei die Unterschiede zwischen den L2- und L1-Korpora weniger stark ausgeprägt waren. Untersucht wurde auch die Verbzweitstellung nach der Subjunktion weil und obwohl, mit ebenfalls stufenweisen Unterschieden bei der abweichenden Verbstellung zwischen den L2- und L1-Korpora.
Als mögliche Einflüsse auf die Verbstellung wurden neben kontrastiv-typologischen Unterschieden der L1 und der L2 der Proband:innen auch Einwirkungen des (konzeptuell) gesprochenen Deutsch erwähnt, wobei die nicht gesteuert vermittelten Formen und Muster in die Lernendensprache möglicherweise ohne die erforderlichen kontextuell-pragmatischen Informationen übernommen werden. Somit erscheinen abweichende Verbstellungsmuster auch in Kontexten, die nicht den zielsprachlichen Normen (auch nicht denen der gesprochenen Sprache) entsprechen.
Die vorliegende Studie konnte aus technischen Gründen (u.a. aus Mangel an einheitlich annotierten und recherchierbaren Korpora) keine durchgängige Analyse der Wortstellungsbesonderheiten in den Daten von Lernenden auf fortgeschrittenem Niveau liefern, vielmehr wurde die Ermittlung syntaktischer „Fallen“ anvisiert, die in verschiedenen Satzarten häufig zu einer nicht normgerechten Wortstellung führen. Die Zusammenführung mehrerer DaF-Korpora mit einheitlicher Annotation und einheitlichen Recherchemöglichkeiten, wie sie etwa im Rahmen des DAKODA-Projekts vorgesehen ist, könnte einen wichtigen Meilenstein bei der Erforschung der Lernendenvarietäten darstellen und – auch im Bereich der Wortstellung – umfassende Analysen ermöglichen.
Notes
- Für eine vergleichende Korpusanalyse der orthografischen Fehler s. Rauzs (2024). [^]
- Hinsichtlich einer möglichen Grundwortstellung des Deutschen herrscht innerhalb der sprachtypologischen Forschung keine Einigkeit. Das Deutsche ist weder dem Typ SVO noch dem Typ SOV eindeutig zuzuordnen, sondern erweist sich „als ein sprachtypologischer Mischtyp“ (Roelcke 2003: 56-59). [^]
- Übergangsfälle und Unsicherheiten entstehen jedoch bei der Stellung einiger textueller Themata wie z.B. indes, doch oder entweder, deren Vorfeldfähigkeit schwankt. Weitere Unsicherheitsfälle, die die interpersonalen Themata betreffen, werden in Abschnitt 5 diskutiert. [^]
- In diesem Fall kann nur anhand der Intonation entschieden werden, ob es sich um einen Aussagesatz oder um einen Entscheidungsinterrogativsatz handelt. [^]
- Als ‚Topik‘ werden in Péteri (2015: 38) den (typischen) Vorfeldelementen funktional ähnliche, ‚referierende‘ Phrasen am Satzanfang genannt. [^]
- Zu den syntaktischen Erwerbsstufen siehe auch Wisniewski et al. (2023: 192-199). [^]
- Dies wird mit Längsschnittstudien zum Erwerb von syntaktischen Mustern begründet: „[E]in Muster, das in einer Erhebung mindestens dreimal enthalten war, [wurde] auch in folgenden Erhebungszeitpunkten verwendet […]. Es kann somit als erworben gelten“ Grießhaber (2013: o.S.). [^]
- Das MERLIN-Korpus enthält 90 Essaytexte zur Traditionswahrung und Anpassung in neuem Lebensumfeld und 42 Essaytexte zum Wert des Deutschlernens. Dabei wurden 11 Essaytexte aufgrund des Sprachniveaus B1 ausgefiltert. Die Tokens aus dem so bestimmten Essayteilkorpus von MERLIN_German lassen sich in diesem Sinne mit der folgenden Suchabfrage bestimmen: tok=/.*/ & meta::_rating_general_linguistic_range=/(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en=/(write article.*|essay.*)/ [^]
- Dass in der Trefferliste die Verben mit falscher Stellung nicht nur in dass- bzw. wenn-Sätzen, sondern etwa auch im darauffolgenden Hauptsatz erscheinen können, ist hier nicht relevant, da unser Ziel an dieser Stelle die Veranschaulichung der Unterschiede in der Suchabfragesprache und nicht die Formulierung von präzisen Suchanfragen ist. [^]
- Vgl. z.B. Suchabfragen nach Wortstellungsfehlern in Nebensätzen, die das Wort weil enthalten: Falko: ZH1S=/.*/ & lemma="weil" & ZH1Diff="MOVT" & ZH1pos=/V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #3_=_#4 & #2.*#3 MERLIN: sentence=/weil.*/ & tok_lemma="weil" & TH1Diff="MOVT" & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.*#3 Die vollständige Liste der verwendeten Suchabfragen befindet sich im Anhang des Beitrags. [^]
- Damit meinen wir den potenziellen direkten Einfluss des muttersprachlichen Vorlagetextes, der den Lernenden bei der Erhebung des Übersetzungs-Teilkorpus DulkoTranslation-v1.0 (Beeh et al. 2021: 4, 31) zur Verfügung gestellt wurde. [^]
- Zum Problem der Anwendbarkeit des Standardbegriffs auf gesprochene Sprache vgl. Schneider (2013: 32-34). [^]
- „Mit StV wird die falsche Stellung des Finitums getaggt“ (Beeh et al. 2021: 39). [^]
- Die Werte für Dulko, die in Tabelle 2 aufgeführt sind, wurden durch eine manuelle Auszählung korrigiert. [^]
- Hier sind z.B. Orthografiefehler wie das für die Subjunktion dass zu erwähnen, bei denen auf POS-Ebene fälschlicherweise der Wert für Artikel oder Demonstrativpronomen angegeben wird (vgl. z.B. MERLIN_German, 1031_0003262, 764-778). [^]
- Das Schwedische als Verbzweitsprache als L1 wäre hier besonders interessant, aber es finden sich insgesamt nur zwei Belege für meiner Meinung nach und für vielleicht, beide mit richtiger Wortstellung. [^]
- Obwohl der erste Teilsatz in (18) nicht durch wie eingeleitet wird, und dies auch in der Zielhypothese nicht eingefügt wird, wäre aufgrund der Verbendstellung auch die alternative Zielhypothese „Wie ich schon erwähnt habe…“ denkbar. [^]
- Zur Erinnerung: der Wert der Entfernung betrug 0, wenn der StV im selben Nebensatz wie das Einleitungselement stand. [^]
- Nicht eindeutige Belege wie weil sie wissen, dass … (FalkoEssayL1v2.3, dew22_2007_09) werden nicht mitgezählt. [^]
- Wolff (2003: 834) weist auf die Schwierigkeit hin, die gesteuerte Unterrichtsform von der ungesteuerten abzuheben, besonders im Kontext der Globalisierung, Migration bzw. Mehrsprachigkeit. [^]
Literatur und Ressourcen
Korpora
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Falko = Reznicek, Marc / Lüdeling, Anke / Krummes, Cedric / Schwantuschke, Franziska / Walter, Maik / Schmidt, Karin / Hirschmann, Hagen / Andreas, Torsten (2012): Das Falko-Handbuch. Korpusaufbau und Annotationen Version 2.01. Berlin: Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für deutsche Sprache und Linguistik – Korpuslinguistik. https://www.linguistik.hu-berlin.de/de/institut/professuren/korpuslinguistik/forschung/falko/FalkoHandbuchV2/@@download/file/Falko-Handbuch_Korpusaufbau%20und%20 Annotationen_v2.01.pdf (23.10.2024).
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MERLIN = Wisniewski, Katrin / Schöne, Karin / Nicolas, Lionel / Vettori, Chiara / Boyd, Adriane / Meurers, Detmar / Abel, Andrea / Hana, Jirka (2013): MERLIN. An Online Trilingual Learner Corpus Empirically Grounding the European Reference Levels in Authentic Learner Data. In: ICT for Language Learning 2013. Conference Proceedings. https://conference.pixel-online.net/conferences/ICT4LL2013/common/download/Paper_pdf/322-CEF03-FP-Wisniewski-ICT2013.pdf (23.10.2024).
Literatur
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Biographische Notiz
Bernadett Modrián-Horváth ist Oberassistentin am Institut für Germanistik der Universität Szeged und Mitglied der funktional-kognitiven Forschungsgruppe DiAGram der Universität ELTE. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der gebrauchsbasierten Linguistik, der kontrastiven und Lernenden-Grammatik, der Wortstellung und dem Genus verbi. Von 2019 bis 2021 hat sie im Rahmen des Projekts DeutUng: Deutsch-ungarischer Sprachvergleich: korpustechnologisch, funktional-semantisch und sprachdidaktisch als Mitverantwortliche bei der Erstellung des Korpus Dulko mitgewirkt.
Kontaktanschrift:
Dr. Bernadett Modrián-Horváth
Institut für Germanistik
Universität Szeged
Egyetem utca 2
H-6722 Szeged
Biographische Notiz
Péter Kappel ist Oberassistent am Institut für Germanistik der Universität Szeged und Mitglied des Projekts Lexikographische Darstellung der ungarndeutschen Mundarten. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Syntax, Variationslinguistik, Sprachgeschichte und der Analyse von Lernendensprache. Von 2019 bis 2021 hat er im Rahmen des Projekts DeutUng: Deutsch-ungarischer Sprachvergleich: korpustechnologisch, funktional-semantisch und sprachdidaktisch als Mitverantwortlicher bei der Erstellung des Dulko-Korpus mitgewirkt.
Kontaktanschrift:
Dr. Péter Kappel
Institut für Germanistik
Universität Szeged
Egyetem utca 2
H-6722 Szeged
Anhang (Suchabfragen)
Finite Verben
DulkoEssay-v1.0:
- pos = /V.FIN/
FalkoEssayL2v2.4, KobaltL2v1.4, FalkoEssayL1v2.3, KobaltL1v1.4:
- ctokpos = /V.FIN/ pos = /V.FIN/
MERLIN_German:
- tok_pos = /V.*FIN/ & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /(write article.*|essay.*)/
- tok_pos = /V.*FIN/ & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /(write article.*|essay.*)/ & meta::_author_L1 = "Hungarian"
Eingeleitete Nebensätze
DulkoEssay-v1.0 (manuell weiter sortiert):
- pos = /KOUS|PRELS|PWS|PWA./
FalkoEssayL2v2.4, KobaltL2v1.4, FalkoEssayL1v2.3, KobaltL1v1.4:
- ZH1pos = /KOUS|PRELS/
- ZH1S = /.*/ & ZH1pos = "PWS" & ZH1pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.2,10#3
- ZH1S = /.*/ & ZH1pos = /PWA./ & ZH1pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.3,10#3
MERLIN_German:
- tok_pos = /KOUS|PRELS/ & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /(write article.*|essay.*)/
- sentence = /.*/ & tok_pos = "PWS" & tok_pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.3,10#3 & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /(write article.*|essay.*)/
- sentence = /.*/ & tok_pos = /PWA./ & tok_pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.3,10#3 & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /(write article.*|essay.*)/
Ausdrücke am linken Satzrand / Doppelte Vorfeldbesetzung
DulkoEssay-v1.0:
- word = /(Meiner|Meine)/. word = "Meinung". word = "nach"
- word = "Natürlich"
- word = "Sicher"
- word = "Vielleicht"
- word = "Wahrscheinlich"
- word = "Zum". word = "Beispiel"
- ZH = "B."
FalkoEssayL2v2.4, KobaltL2v1.4, FalkoEssayL1v2.3, KobaltL1v1.4:
- word = /(Meiner|Meine)/. word = "Meinung". word = "nach"
- word = "Natürlich"
- word = "Sicher"
- word = "Vielleicht"
- word = "Wahrscheinlich"
- word = "Zum". word = "Beispiel"
- ZH0 = "Z.". ZH0 = "B."
MERLIN_German:
- TH1 = "Meiner". tok = "Meinung". tok = "nach" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- tok_lemma = "natürlich" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- tok_lemma = "sicher" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- tok_lemma = "vielleicht" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- tok_lemma = "wahrscheinlich" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- tok_lemma = "zum". tok_lemma = "Beispiel" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- tok_lemma = "zum". tok_lemma = "Beispiel" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/ & meta::_author_L1 = "Hungarian"
- TH1 = "B" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- TH1 = "B" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/ & meta::_author_L1 = "Hungarian"
Koordinierte Nebensätze:
DulkoEssay-v1.0:
- pos = "KOUS".1,10 pos = "KON"
FalkoEssayL2v2.4, KobaltL2v1.4, FalkoEssayL1v2.3, KobaltL1v1.4:
- ZH1S = /.*/ & pos = "KOUS" & ZH1pos = /V.FIN/ & pos = "KON" & ZH1pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #1_i_#4 & #1_i_#5 & #2.*#3 & #2.1,8#4 & #3.1,4#4 & #3.*#5 & #4.*#5
MERLIN_German:
- sentence = /.*/ & tok_pos = "KOUS" & tok_pos = "KON" & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.1,10#3 & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- sentence = /.*/ & tok_pos = /PRELS|PW.*/ & tok_pos = "KON" & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.1,10#3 & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
Einschub eines Nebensatzes in einen Nebensatz:
DulkoEssay-v1.0:
- pos = "KOUS".1,10 pos = "KOUS"
- pos = "KOUS".1,10 pos = /PREL.*/
FalkoEssayL2v2.4, KobaltL2v1.4, FalkoEssayL1v2.3, KobaltL1v1.4:
- ZH1S = /.*/ & pos = "KOUS" & pos = "KOUS" & pos = /V.FIN/ & pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #1_i_#4 & #1_i_#5 & #2.*#3 & #2.*#4 & #2.*#5 & #3.*#4 & #3.*#5 & #4.*#5
- ZH1S = /.*/ & pos = "KOUS" & pos = /PREL.*/ & pos = /V.FIN/ & pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #1_i_#4 & #1_i_#5 & #2.1,4#3 & #2.*#4 & #2.*#5 & #3.*#4 & #3.*#5 & #4.*#5
MERLIN_German:
- sentence = /.*/ & tok_pos = "KOUS" & tok_pos = "KOUS" & tok_pos = /V.FIN/ & tok_pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #1_i_#4 & #1_i_#5 & #2.*#3 & #2.*#4 & #2.*#5 & #3.*#4 & #3.*#5 & #4.*#5 & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- sentence = /.*/ & tok_pos = "KOUS" & tok_pos = "PRELS" & tok_pos = /V.FIN/ & tok_pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #1_i_#4 & #1_i_#5 & #2.*#3 & #2.*#4 & #2.*#5 & #3.*#4 & #3.*#5 & #4.*#5 & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
weil-Sätze, obwohl-Sätze
DulkoEssay-v1.0:
- S = /.*/ & lemma = "weil" & pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.*#3
- S = /.*/ & lemma = "weil" & FehlerSyn = "StV" & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.*#3
- S = /.*/ & lemma = "obwohl" & pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.*#3
- S = /.*/ & lemma = "obwohl" & FehlerSyn = "StV" & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.*#3
FalkoEssayL2v2.4, KobaltL2v1.4, FalkoEssayL1v2.3, KobaltL1v1.4:
- lemma = "weil"
- ZH1 = /.*/ & lemma = "weil" & pos = /V.*/ & #1_i_#2 & #2.1,4#3
- ZH1S = /.*/ & lemma = "weil" & pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.1,4#3
- ZH1S = /.*/ & lemma = "weil" & ZH1Diff = "MOVT" & ZH1pos = /V.FIN/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #3_ = _#4
- lemma = "obwohl"
- ZH1 = /.*/ & lemma = "obwohl" & pos = /V.*/ & #1_i_#2 & #2.1,4#3
MERLIN_German:
- tok_lemma = "weil" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- tok_lemma = "obwohl" & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/
- sentence = /.*/ & tok_lemma = "weil" & tok_pos = /V.*/ & #1_i_#2 & #1_i_#3 & #2.1,4#3 & meta::_rating_general_linguistic_range = /(B2|C1|C2)/ & meta::_task_topic_en = /write article.*|essay.*/