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CORPORA OF SPOKEN LANGUAGE AS A SOURCE FOR THE CREATION OF MICRO-LISTENING TASKS WITH AUTHENTIC LISTENING MATERIALS IN GFL/GSL LESSONS

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  • CORPORA OF SPOKEN LANGUAGE AS A SOURCE FOR THE CREATION OF MICRO-LISTENING TASKS WITH AUTHENTIC LISTENING MATERIALS IN GFL/GSL LESSONS

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    CORPORA OF SPOKEN LANGUAGE AS A SOURCE FOR THE CREATION OF MICRO-LISTENING TASKS WITH AUTHENTIC LISTENING MATERIALS IN GFL/GSL LESSONS

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Abstract

Mein Beitrag möchte dem Desiderat eines Hörtrainings mit authentischen Texten Rechnung tragen und dabei die Möglichkeiten der Nutzung von Korpora gesprochener Sprache zum Zweck der Förderung des fremd- und zweitsprachlichen Hörverstehens ausloten. Hierzu erfolgt zunächst ein kurzer Abriss der auditiven Perzeption in der Fremdsprache. Sodann werden Problemstellen der traditionellen Hörverstehensdidaktik benannt und neuere didaktische Ansätze skizziert. Nach einem Überblick über relevante Korpora gesprochener Sprache werden zwei unterschiedlich fokussierte Zugangsweisen zu den Korpora vorgestellt: (1) die Suche nach Belegen für auditiv relevante Phänomene mündlicher Sprache wie Verschmelzungen, Intonationsmuster, regionale Varianten, schwierige Lautkontraste u.a. und (2) die didaktische Aufbereitung konkreter Diskursexemplare. Beide Zugriffe werden exemplarisch an Übungssequenzen veranschaulicht, die sich am Ansatz des „Mikro­­-Hörens“ (Field 2008) orientieren. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion der Verwendung von Mikro-Hörübungen, einem Fazit zur Nutzung von Korpora in der Hörverstehensdidaktik und der Benennung von Perspektiven für die weitere Hörverstehensforschung und -praxis.

 

My paper takes account of the claim to use authentic material from spoken language corpora in L2 listening instruction. It starts with a short survey on auditory perceptionin L2, then lists shortcomings of the traditional “comprehension approach” in foreign language listening instruction, and sketches alternative approaches. After a discussion of relevant corpora of spoken German, the paper proposes two different ways to access the corpora: (1) the corpus-based collection of samples of auditory relevant features of spoken language, and (2) the use of complete discourse exemplars. Both approaches will be demonstrated by samples of “micro-listening tasks” (Field 2008). Finally, the paper discusses the use of “micro listening” and of spoken language corpora, and opens perspectives for listening research and instruction.

Keywords: Korpusbasierter Fremdsprachenunterricht, Mikro-Hören, Dekodieren, Hörverstehensdidaktik, authentische Materialien, utsch als Fremdsprache (DaF), Deutsch als Zweitsprache (DaZ), corpus-based language teaching, micro-listening, decoding, listening instruction, authentic texts, German as a Foreign Language (GFL), German as a Second Language (GSL)

How to Cite:

Dietz, G., (2021) “CORPORA OF SPOKEN LANGUAGE AS A SOURCE FOR THE CREATION OF MICRO-LISTENING TASKS WITH AUTHENTIC LISTENING MATERIALS IN GFL/GSL LESSONS”, Korpora Deutsch als Fremdsprache 1(1), 97-123. doi: https://doi.org/10.48694/tujournals-41

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2021-08-08

Peer Reviewed

1. Hinführung: Hörverstehen und Korpora

Korpora des gesprochenen Deutsch stellen mittlerweile eine Vielzahl und Vielfalt authentischer mündlicher Diskurse bereit, die bislang jedoch für die Vermittlung der zweit- und fremdsprachlichen Hörverstehenskompetenz kaum genutzt werden.

In meinem Beitrag gehe ich zunächst auf die „sperrige Fertigkeit“ fremdsprachliches Hörverstehen ein und gebe einen Abriss der auditiven Perzeption in der Fremdsprache (Kap. 2.1). Sodann werden Problemstellen der traditionellen Hörverstehensdidaktik benannt und neuere didaktische Ansätze vorgestellt, die insbesondere das Training des Dekodierens mittels sog. Mikro-Hörübungen (Field 2008) fokussieren (Kap. 2.2). In Kap. 3 werden relevante Korpora gesprochener Sprache – insbesondere die Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD) und die Plattform Gesprochenes Deutsch (PGD) – vorgestellt und Szenarien ihrer Nutzung für die Hörverstehensdidaktik diskutiert.

Im Zentrum des Beitrags werden zwei unterschiedlich profilierte Zugriffe auf Korpora gesprochener Sprache skizziert und exemplarisch an Übungen bzw. Übungssequenzen vorgestellt (Kap. 4). Der erste Zugriff ist phänomenbasiert: Mithilfe der Suchmöglichkeiten (wie Tokensuche u.a.) werden Belege für auditiv relevante Phänomene mündlicher Sprache (Verschmelzungen, Intonationsmuster, regionale Varianten auf segmental-phonetischer Ebene u.a.) ermittelt und in Mikro-Hörübungen verwendet. Der zweite Zugriff ist exemplarbasiert: Mittels der Metadaten der Korpora werden geeignete Diskursexemplare ermittelt und – basierend auf Ansätzen des „micro-listenings“ (Field 2008, 2019) – am Beispiel eines Verkaufsgesprächs didaktisch aufbereitet.

Abschließend wird in einem Fazit die Verwendung von Mikro-Hörübungen reflektiert (Kap. 5.1), die Nutzung von Korpora in der Hörverstehensdidaktik diskutiert (Kap. 5.2) und es werden Perspektiven für die weitere Hörverstehensforschung und -didaktik benannt (Kap. 5.3).

2. Zur Vermittlung des Hörverstehens

Dieser Abschnitt ist zum einen den Herausforderungen gewidmet, denen sich fremdsprachliche Hörer*innen gegenübergestellt sehen (Kap. 2.1), zum anderen werden Schwachstellen der traditionellen Hörverstehensdidaktik benannt und alternative didaktische Ansätze vorgestellt (Kap. 2.2).

2.1 Was (fremdsprachliche) Hörer*innen leisten – Abriss der auditiven Perzeption in der L2

Das Hören ist – im Vergleich zum Lesen oder Schreiben – von der Fremdsprachendidaktik erst relativ spät als „skill in its own right“ (Field 2008: 1) entdeckt worden1. Gerade im Vergleich zu den anderen Fertigkeiten erweist sich das Hörverstehen als „sperrige Fertigkeit“ (Dietz 2021: 67), da sowohl die bei ihm ablaufenden Prozesse, als auch das „Verstehensprodukt“ einer unmittelbaren Beobachtung nicht zugänglich sind. Zwar geht man in psycholinguistischen Modellbildungen davon aus, dass erfolgreiches Hören ebenso wie erfolgreiches Lesen in einem interaktiven Zusammenspiel von daten- und wissensgeleiteten Teilprozessen verläuft (Field 2019: 285-288), aber insbesondere die Teilprozesse der bottom-up-Verarbeitung bzw. des Dekodierens unterscheiden sich beim Hören fundamental von denen des Lesens: Hörer*innen sind beim Dekodieren bekanntlich der Flüchtigkeit eines instabilen (variablen), zusammenhängenden, schnellen und mehrdeutigen Inputs ausgesetzt (Grotjahn 2005: 123; Dietz 2017: 98-100)2. Dies bedeutet unter anderem, (a) dass Wörter nicht wie beim Lesen einfach dem Input entnommen werden können, sondern im kontinuierlichen Lautstrom erst ermittelt werden müssen, (b) dass Hörer*innen mit der variablen Realisierung einzelner Laute, Silben und Wörtern umgehen müssen und (c) dass keine Möglichkeit besteht, den Lautstrom „anzuhalten“.

Während es kompetenten erstsprachlichen Hörer*innen in der Regel gelingt, daten- und wissensgeleitete Prozesse so zu verknüpfen, dass der Hörverstehensprozess flüssig und mühelos abläuft, ergeben sich für fremd- und zweitsprachliche Hörer-Lerner*innen3 zahlreiche Hürden:

  1. Nicht zuletzt aufgrund des Einflusses der phonemischen Kategorien ihrer L1 haben L2-Hörer-Lerner*innen häufig Probleme damit, Phoneme der Zielsprache korrekt wahrzunehmen, wodurch der zentrale Prozess der Worterkennung gefährdet oder zumindest verzögert wird. Die Folgen unzureichender Phonemerkennung – etwa das Heraushören von „Phantomwörtern“, von Pseudohomophonen und die verlängerte Vagheit bei der Worterkennung – werden ausführlicher beschrieben bei Cutler (2012: 312ff.), Dietz (2017: 105-109) und Weber / Broersma (2018: 57-63);

  2. L2-Hörer-Lerner*innen können Signale zur Segmentierung von Wörtern nicht so souverän nutzen wie L1-Hörer*innen. Oft werden Segmentierungsstrategien – etwa das Nutzen rhythmischer Information oder phonotaktischer Regularitäten – aus ihrer L1 auf den L2-Input übertragen (Weber / Broersma 2018: 64-67);

  3. Generell wirkt sich der Wortschatzumfang auf die Dekodierfähigkeit aus: Fehlende (oder nicht erkannte) Einträge im mentalen Lexikon führen zu massiven Störungen des Online-Verstehensprozesses;

  4. Auf der Ebene der syntaktischen Verarbeitung (Parsing), überhören L2-Hörer*innen oft Funktionswörter oder Flexive, zumal diese im lautlichen Input – im Deutschen zumindest – unbetont und damit wenig salient sind (Field 2019: 292f.). Weiterhin können L2-Hörer-Lerner*innen aufgrund eines oft noch eingeschränkten grammatischen Wissens weniger verlässliche syntaktische Erwartungen an den weiteren Verlauf ausbilden;

  5. Auch defizitäres außersprachliches Wissen („Weltwissen“, „kulturspezifisches Wissen“) kann dazu führen, dass ein angemessenes Verständnis des Gehörten nicht erreicht werden kann (Buck 2001: 51; Yeldham / Gruba 2014: 35).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die meisten der skizzierten Handicaps von L2-Hörer*innen auf der Ebene des Dekodierens angesiedelt sind. Die Vielfalt der Einzelprobleme summieren sich dabei und führen zu längeren Verarbeitungszeiten und zu einem oft nur fragmentarischen Verstehen.

Mit Tsui / Fullilove (1998) und Field (2008: 135-137; 2019: 295-296) gehe ich davon aus, dass sich Defizite beim Dekodieren auch nicht einfach durch den Rückgriff auf Weltwissen etc. kompensieren lassen, sondern die Aufgabe einer Hörverstehensdidaktik zumindest in den Anfangsstadien des Erwerbsprozesses darin bestehen sollte, die Abhängigkeit von L2-Hörer-Lerner*innen von text-externer Information („Weltwissen“) zu verringern (s. Kap. 2.2).

2.2 Schwachstellen der traditionellen Hörverstehens-Vermittlungspraxis und Leitlinien einer alternativen Hörverstehensvermittlung

Seit etwa 15 Jahren wird – vornehmlich in der anglophonen Fremdsprachendidaktik – Kritik an der traditionellen Hörverstehensdidaktik geäußert. Die wichtigsten Kritikpunkte insbesondere am sog. „comprehension approach“ (Field 2008: 26-33 und Field 2019: 283-285) werden wie folgt zusammengefasst (vgl. auch Dietz 2017: 110):

  1. Der Fokus der traditionellen Hörverstehenspraxis liegt auf der Überprüfung des Textverständnisses als Produkt des Verstehensvorgangs mittels „Fragen zum Text“. Dabei werden die Hörer-Lerner*innen jedoch insbesondere mit der Aufgabe des Dekodierens weitgehend allein gelassen (Field 2008: 30-31; Cauldwell 2013: 250-251);

  2. Eine Arbeit an der „sound substance“ (Cauldwell 2013: 265), den lautlichen Eigenschaften von Hörtexten findet nicht statt, wodurch das Lernpotential von Hörmaterialien weitgehend ungenutzt bleibt;

  3. Methoden aus der Lesedidaktik – etwa Kontextraten – werden unreflektiert auf die Hörverstehensdidaktik übertragen (Field 2008: 136; Cauldwell 2013: 252; Cauldwell 2018: 53);

  4. Anstelle des eigentlich relevanten „Modells der spontanen Sprache“ liegt der konventionellen Hörverstehensdidaktik das hierfür ungeeignete Modell der „gepflegten Sprache“ zugrunde (Cauldwell 2013: 18-20)4.

Als Konsequenz aus den eingangs dargestellten psycholinguistischen Befunden zum fremdsprachlichen Hören (Kap. 2.1) und den Schwachstellen der traditionellen Vermittlungspraxis ergeben sich folgende Leitlinien für die Gestaltung einer alternativen Hörverstehensdidaktik (vgl. Dietz 2017: 111; Dietz 2021: 71-73).

  1. Eine zukünftige Hörverstehensdidaktik sollte stärker das Training von Dekodierprozessen fokussieren. Dies wird seit geraumer Zeit von zahlreichen Forscher*innen gefordert (Hulstijn 2003; Wilson 2003; Brown 2011; Thorn 2011; Field 2012; Grotjahn 2012; Rossa 2012; Siegel / Siegel 2015; Cauldwell 2018; Field 2019);

  2. Die Lerner*innen sollten nicht ausschließlich, aber doch in weitaus stärkerem Maße als bislang üblich mit authentischen Hörtexten konfrontiert werden, um sie fit für die „echte Welt“ zu machen (Cauldwell 2013: 19)5;

  3. Gefordert ist jedoch ebenso ein anderes Arbeiten mit Hörmaterial, das in weitaus stärkerem Maße die Eigenschaften gesprochener/gehörter Sprache berücksichtigt als bisher. Dazu gehören u.a. eine kleinschrittige Vorgehensweise, bei der zum Teil sehr kurze Passagen des Hörmaterials oft mehrfach auditiv präsentiert werden.

Einen Vorschlag hierzu hat Field (2008: 88) mit seinem Konzept der sog. „micro-listening tasks“ 6 gemacht und ca. 70 solcher Übungsformate für verschiedene Teilprozesse des Dekodierens skizziert – von der Phonem-, der Silben- und Wortebene über die syntaktische Ebene hin zur Ebene der Intonation und der Gewöhnung an Sprechervariation (2008: 163-208). Field begründet die Verwendung dieses Formats explizit mit ihrem zu erwartenden förderlichen Effekt für eine schnellere Dekodierung:

The principal conclusion drawn has concerned the need for focused small-scale practice in decoding samples of connected speech. This […] is likely to increase the speed and accuracy of processing, boost listeners confidence and leave a more systematic set of traces than simple exposure to extended passages. (Field 2008: 161f.)

3. Relevante Korpora gesprochener Sprache

In den letzten Jahren ist die Nutzung digitaler Korpora für den DaF- und DaZ-Unterricht immer stärker in den Fokus des fachdidaktischen Diskurses gerückt (z.B. Fandrych / Tschirner 2007; Siepmann 2009; Weidner 2012; Bartz / Radtke 2014). Lüdeling / Walter (2009: 3) unterscheiden in ihrem Überblicksartikel zwischen Korpora, die in der Sprachvermittlung und solchen, die in der Spracherwerbsforschung eingesetzt werden. Mit Blick auf die Verwendung von Korpora in der Sprachvermittlung unterscheiden sie zum einen zwischen qualitativen und quantitativen Analysen und zum anderen zwischen den Adressaten des korpuslinguistischen Wissens (Lehrende, Didaktiker und Lernende). So können qualitative Analysen – in Form von Korpussuchen, bei denen Belege als Konkordanzen ausgegeben werden – für Lehrende als Quelle für die Erstellung von Unterrichtsmaterialien mit authentischen Daten, oft im Rahmen des didaktischen Konzepts des „datengesteuerten Lernens“ (Lüdeling / Walter 2009: 6), und zum anderen als „Orientierungspunkt für die Korrektur von Lernertexten“ (Lüdeling / Walter 2009: 6) dienen. Für die Didaktik sehen die Autor*innen insofern ein Desiderat, als von einem „systematischen Einsatz von Korpusdaten in DaF keine Rede sein“ (Lüdeling / Walter 2009: 7), kann. Jedoch sei „authentischer Input ein gutes Fundament einer reichhaltigen Lernumgebung“ (Lüdeling / Walter 2009: 7). Unter der Voraussetzung eines spezifischen Trainings, das zum Aufbau einer corpus literacy führen soll, sehen die Autor*innen auch Chancen, dass Lernende von der Arbeit mit Korpora profitieren (Lüdeling / Walter 2009: 8). Quantitative Korpusanalysen – etwa in Form von Frequenzlisten oder multifaktoriellen Verfahren – helfen Lehrenden, curriculare Entscheidungen zu treffen und Lehrmaterial zu erstellen (Lüdeling / Walter 2009: 10-11). Für die Didaktik spielen Frequenzlisten eine Rolle, etwa um ein Curriculum empirisch abzusichern, aber auch für eine „korpusbasierte Lehrwerksanalyse“ (Lüdeling / Walter 2009: 12).

Das Anliegen dieses Beitrags kann gemäß der vorgestellten Kategorisierung verortet werden als qualitativer Zugriff auf Korpora gesprochener Sprache mit dem Zweck, die dort vorfindlichen authentischen Daten als Quelle für die Erstellung von Unterrichtsmaterialien, also für Lehrende, zu nutzen. Für diesen Zweck haben sich insbesondere zwei Korpora als brauchbar erwiesen: das Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch (FOLK) und die Plattform Gesprochenes Deutsch (PGD)7. In beiden Korpora werden Hör- und Hörsehtexte aus der alltäglichen, der institutionellen sowie der öffentlichen Kommunikation zur Verfügung gestellt, die „nicht inszeniert [sind] und aus keinem experimentellen Setting [stammen]“ (Imo / Weidner 2018: 239).

Im Folgenden stelle ich beide Korpora kurz vor und diskutiere ihre Eignung für die hier verfolgte Zielsetzung.

3.1 Das Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch (FOLK) der Datenbank Gesprochenes Deutsch (DGD)

FOLK ist ein Teilkorpus der Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS)8, das seit 2008 sukzessive aufgebaut wird (Schmidt 2014; Kaiser / Schmidt 2016; Kaiser 2018; Imo / Weidner 2018: 238-239). Es enthält derzeit (Stand April 2021) 332 Sprechereignisse mit einer Gesamtdauer von knapp 286 Stunden und einer Tokenzahl von über 2,7 Mio. (transkribierter) Wörter.

Zu finden ist eine große Vielfalt an Interaktionen aus privater, öffentlicher und institutioneller Kommunikation, wobei für jedes Sprechereignis umfangreiche Metadaten – wie beispielsweise der Lebensbereich, die Art der Aktivität, die mediale Realisierung, die Zahl der beteiligten Kommunikant*innen, die Aufnahmeregion u.a. – erhoben wurden. Metadaten können auch als Filter für die Suche nach spezifischen Sprechereignissen verwendet werden. Die aufwendige Aufbereitung der Daten bietet diverse Suchmöglichkeiten, darunter die Tokensuche (nach transkribierter, lemmatisierter, normalisierter Form sowie nach Wortartenmerkmalen mittels des POS-Taggings), die Eingabe von Positionsdaten (z.B. Vorkommen am Anfang oder Ende eines Beitrags) oder die Suche nach Kontextdaten (z.B. „5 Tokens links“).

Die DGD stellt zudem umfangreiche Datensets (Audio-/Video-Dateien, Transkripte, Trefferlisten) zum Download und/oder zur Speicherung auf der DGD-Plattform bereit, was für eine Weiterverarbeitung der Daten – etwa zum Zwecke der Erstellung von Unterrichtsmaterial – hilfreich ist. Leider lassen es die datenschutzrechtlichen Bestimmungen für das FOLK-Korpus derzeit nur sehr eingeschränkt zu, Audiomaterial aus FOLK außerhalb der DGD, so auch in Unterrichtsmaterialien zu nutzen9. Insofern stehen meine Vorschläge hierzu (insbesondere in Kap. 4.1) unter diesem Vorbehalt.

3.2 Die Plattform Gesprochenes Deutsch (PGD)

Die Plattform Gesprochenes Deutsch (PGD) ist 2017 an der Universität Münster im Rahmen eines Projektes des Centrums für Sprache und Interaktion unter der Leitung von Susanne Günthner und Beate Weidner entstanden. Die PGD umfasst aktuell (Stand April 2021) 102 Hörtexte und Videos aus unterschiedlichen Interaktionssituationen in einem Gesamtumfang von ca. sechs Stunden. Auch bei dieser Sammlung wurde eine Vielfalt an institutionellen und informellen Interaktionssituationen angestrebt, wobei die institutionellen (n=90) deutlich überwiegen. Es handelt sich meist um ganze Sprechereignisse in überwiegend guter Ton- / Bildqualität, wobei auch zahlreiche Audios von kürzerer Dauer zu finden sind.

Auch die PGD stellt Datensets aus Audio-/Video-Dateien, verschiedenen Transkript-Versionen (GAT, FOLKER) und Metadaten bereit, die eine gute Basis für die Weiterverarbeitung bzw. Didaktisierung von Texten darstellen. Anders als bei FOLK stehen bei diesem Projekt didaktische Zielsetzungen klar im Vordergrund. Das zeigt sich auch daran, dass die Plattform einige beispielhafte Didaktisierungen („Lerneinheiten“) zu Phänomenen gesprochener Sprache und zum Hörverstehen zum Download anbietet10.

3.3 Zwischenfazit

Mit FOLK und der PGD liegen zwei Quellen authentischer gesprochen-sprachlicher Daten vor, die mit Blick auf die hier relevante Verwendung zum Zwecke der Erstellung von Hörtrainingsmaterialien Vor- und Nachteile aufweisen.

Bei FOLK liegt die eigentliche Stärke im großen Umfang des Korpus und den differenzierten Suchoptionen, die es erlauben, viele und vor allem auch vielfältige Belege für auditiv relevante Phänomene gesprochener / gehörter Sprache zu finden. Dagegen hat sich trotz der stattlichen Zahl an Sprechereignissen gezeigt, dass es nicht ganz so einfach ist, geeignete „Ganztexte“ zu finden. Die meisten Sprechereignisse sind zu lang, um sie als Ganzes zu verwenden: Nur 19 der 332 in FOLK aufgeführten Sprechereignisse sind kürzer als 3 Minuten. Zudem trifft man immer wieder in den Audiodateien auf „Pieps“ zur Maskierung von Eigennamen, die dann nicht verwendet werden können. Nicht immer ist die Tonqualität ausreichend, um sie Lerner*innen zuzumuten. In anderen Fällen erscheinen die in den Gesprächen verhandelten Thematiken für Lerner*innen irrelevant. An diesen Einschränkungen zeigt sich, dass FOLK keine „dezidierte Lehrdatenbank für den DaF- oder DaZ-Unterricht“ (Imo / Weidner 2018: 238) ist, sondern in erster Linie für korpuslinguistisch arbeitende Linguist*innen gedacht ist11.

Auch wenn sie nur einen Bruchteil des Datenbestands von FOLK umfasst, liegt in der Plattform Gesprochenes Deutsch der Anteil der für den vorliegenden Zweck brauchbaren Sprechereignisse (Ganztexte) höher. So sind 58 der 102 Texte kürzer als 3 Minuten. Die Auswahl der Sprechereignisse scheint auch thematisch tendenziell eher den Interessen und der Lebenswelt von DaF-Lernenden entgegenzukommen. Die Tonqualität ist durchgängig gut. Auf der anderen Seite sind die Suchoptionen in der PGD deutlich weniger ausgefeilt: Eine Stichwort-Suche in den Transkripten ist zwar möglich, aber nicht nach lemmatisierten Formen, Parts-of-Speech-Annotationen oder Platzhalterzeichen.

4. Zwei Zugriffe auf Korpora gesprochener Sprache im Rahmen der Hörverstehensvermittlung

Für hörverstehensdidaktische Zwecke lassen sich prototypisch zwei Zugriffe auf das in den Korpora verfügbare Material unterscheiden: die Zusammenstellung von Belegen für auditiv relevante Phänomene gesprochener Sprache (Kap. 4.1) sowie die didaktische Aufbereitung von vollständigen Gesprächen (Kap. 4.2).

4.1 Arbeit an auditiv relevanten Phänomenen gesprochener Sprache – am Beispiel von Klitika

Am Beispiel der „Verschleifungen“ von Verb und Pronomen in der 2. Person (willste, haste, kannste …) soll gezeigt werden, wie dieses Phänomen in Datenbanken ermittelt und in Hörübungen verwendet werden kann. Die Schritte von der Auswahl eines auditiv relevanten Phänomens bis hin zur Verwendung im Unterricht sind dabei: 1. die Wahl des Phänomens, 2. die Erstellung und Durchführung von geeigneten Suchabfragen in der Datenbank, und sodann 3. das Erstellen von Mikro-Hörübungen mithilfe des ermittelten Materials (Audiodateien und/oder Transkriptionen).

4.1.1 Schritt 1: Phänomenauswahl

Die Festlegung, welche Phänomene gesprochener Sprache als „auditiv relevant“ für L2-Hörer*innen einzustufen sind, kann meines Erachtens nicht abschließend erfolgen. In Betracht kommen dabei zum einen typische Phänomene gesprochener Sprache (Günthner / Wegner / Weidner 2013; Imo / Weidner 2018) wie etwa Assimilation, Elision, Klitika und „schwache Formen“ (vgl. Kohler 1995: 201-220; Kunkel-Razum 2015: 74-77), regionale Aussprache-Varianten, gefüllte und ungefüllte Pausen, Intonationsmuster, Rhythmusmuster / Akzente, Sprecherwechsel- bzw. Überlappungsphänomene, Diskursmarker, „Hörersignale“, weil / obwohl mit Verbzweit-Stellung, Partikeln, Gesprächseinstiege und -ausstiege und viele andere. Zum anderen sollten empirisch ermittelte oder vermutete Dekodierprobleme von L2-DaF-Hörer-Lerner*innen (vgl. Bohn 1998) auf unterschiedlichen Ebenen berücksichtigt werden. Dazu gehören (L1-bedingte) notorisch „schwierige“ Laute bzw. Lautkontraste wie etwa Glottisverschluss, /h/-Frikativ, reduzierte Vokale, Konsonantencluster (vgl. Trouvain / Zimmerer 2016; Hirschfeld / Reinke 2018). Eine umfassende Systematik auditiv relevanter Phänomene gehört nach wie vor zu den Desideraten der DaF-Hörverstehensforschung.

Beim Phänomen der Enklise, also der „orthographisch-phonologischen Inkorporation eines schwachtonigen Wortes durch seinen linken Nachbarn“ (Glück / Rödel 2016: 178), ist die auditive Relevanz für L2-Hörer*innen insofern gegeben, als bei Formen wie willste, haste, kannste etc.12 eine Diskrepanz zwischen der gehörten und der schriftsprachlich normierten Variante vorliegt. Diese besteht hier darin, dass der Vokal im Pronomen „du“ reduziert, d.h. als Schwa, realisiert wird und zudem der letzte Konsonant im Silbenendrand [t] der Verbform mit dem Silbenanfangsrand [d] des Pronomens verschmilzt, so dass eine Lautsequenz entsteht, die aus auditiver Perspektive als eine lautliche Einheit (Kunkel-Razum 2015: 76) bzw. ein Wort wahrgenommen wird. Hinzu kommt, dass im Deutschen das phonologische Schema „betonte Silbe + unbetonter Auslaut auf -ste“ auch von zahlreichen, auch höherfrequenten Nomen (Paste, Küste, Künste, Kiste, Liste, Feste, Dienste, Würste u.a.) und von Adjektiven im Superlativ (beste, kleinste, ärmste, längste u.a.) genutzt wird, so dass hier eine partielle Homophonie vorliegt bzw. beim Prozess der Worterkennung möglicherweise ein (phonologisches) Schema aktiviert wird, dass (fälschlicherweise) mit Nomen oder Adjektiven assoziiert wird13.

4.1.2 Schritt 2: Datenbankabfrage

Auf die vielfältigen konkreten Formulierungsmöglichkeiten von Suchabfragen in der DGD kann hier nicht näher eingegangen werden (vgl. hierzu die Anleitungen in der DGD). Im Idealfall gibt die Datenbank eine mehr oder minder umfangreiche Zahl an Treffern bzw. Belegen aus (Abb. 1), die dann „händisch“ auf ihre Geeignetheit (Audioqualität, Kontext) hin überprüft werden. Diese Überprüfung kann in der DGD direkt im Browser erfolgen, so dass nur die brauchbaren Belege zur weiteren Verarbeitung heruntergeladen werden.

Abbildung 1
Abbildung 1

Suchmaske mit KWIC-Trefferliste (Anfang) zu „willste“ in FOLK (DGD) (20.07.2020)

In Abb. 1 ist eine einfache Tokensuche in der DGD nach der transkribierten Form „willste“ zu sehen, für die 70 Treffer in einem Keyword-in-Context-Format ausgegeben werden.

Die so gewonnenen Treffer der Datenbankrecherche können von der DGD als Audio-Dateien heruntergeladen und sodann – mit den in Fußnote 9 genannten Einschränkungen – in Mikro-Hörübungen verwendet werden.

4.1.3 Schritt 3: Erstellen von Mikro-Hörübungen

Zur Veranschaulichung soll die folgende kurze Trainingssequenz (Abb. 2) dienen: In der ersten Übung sollen die Hörer*innen drei auditiv präsentierte Mini-Sequenzen, in denen jeweils willste-Formen vorkommen, analysieren und mithilfe der vorgegebenen partiell-orthographischen Graphemsequenzen in die orthographische Form umsetzen. Je nach Niveau der Hörer*innen kann auch auf die Vorgabe einer Verschriftung verzichtet werden. Diese Hörübung mündet in eine Bewusstmachung der Regularität, die auch mündlich in einem Unterrichtsgespräch erfolgen kann. In der zweiten Mikro-Hörübung kommen nun noch elf weitere Belege für das Enklise-Phänomen bei vier anderen (häufigen) Verben aus dem FOLK-Korpus hinzu, die die Hörer*innen auditiv erkennen und dann in die Lücken eintragen sollen.

Abbildung 2
Abbildung 2

Mikro-Hörübungen zu Verschleifungen bei Verbformen der 2. Person Singular

In diesem Beispiel, das etwa ab dem B1-Niveau anzusiedeln ist, spielen die kommunikativen Kontexte der einzelnen Belege keine größere Rolle. Dennoch haben gerade auch solche formfokussierten Trainingssequenzen insofern ihre Berechtigung, als sie dem Anspruch eines „high-variability trainings“ (Trouvain / Zimmerer 2016: 210) nahekommen, bei dem die Hörer-Lerner*innen mit Input unterschiedlicher L1-Sprecher*innen und damit variablen Realisierungsformen desselben Phänomens konfrontiert werden.

An dieser Stelle soll und kann (noch) keine genaue unterrichtliche Verortung dieser ca. 10 Minuten dauernden Trainingssequenz erfolgen. Denkbar ist ihre Verwendung im Rahmen eines Trainingsprogramms, bei dem in jeder Kursstunde ein anderes relevantes Phänomen trainiert wird14. Die konkrete Entwicklung und Progression eines solchen Programms eigenständiger kurzer Höraktivitäten ist jedoch noch weitgehend ein Desiderat (s. Kap. 5).

Im nächsten Kapitel wird am Beispiel eines Verkaufsgesprächs aus der PGD gezeigt, wie ein auf Mikrohören basierendes Training mit einem authentischen spontansprachlichen Text aussehen kann.

4.2 Arbeit an authentischen Diskursen – am Beispiel eines Verkaufsgesprächs („Fahrscheine“)

4.2.1 Gründe für die Auswahl des Diskursexemplars

Für die Wahl des Diskursexemplars „Fahrscheine“15 als Hörtext (Transkript im Anhang 7.1 und 7.2) sprechen folgende Gründe.

  1. Die Diskursart – eine Mischung aus Beratungs- und Verkaufsgespräch zwischen einem Bediensteten des ÖPNV in Dresden und einer Kundin, die Fahrscheine für sich und ihre „Rentnergruppe“ kaufen möchte – ist von ihrer Thematik her von lebensweltlicher Relevanz;

  2. Mit einer Länge von etwa 2:06 Minuten handelt es sich um einen eher kürzeren Hörtext, der einerseits eine intensive Arbeit an der lautlichen Substanz, andererseits die Thematisierung / Nutzung als Ganztext ermöglicht;

  3. Das Gespräch weist typische Merkmale der Diskursart Verkaufsgespräch auf – wie Begrüßungs- und Verabschiedungshandlungen, Formulieren des Anliegens, Formulierung von Empfehlungen etc.;

  4. Durch das Auftreten von zwei Sprecher*innen, deren Stimmen sich auch geschlechtsbedingt deutlich unterscheiden, bleibt die Sprecherwechsel-Interaktion überschaubar (vgl. Field 2019: 293).

Der Text bietet für „fremde Ohren“ zahlreiche Herausforderungen:

  1. Der Text weist durchgehend für Alltagslautung typische „schwache Formen“ auf wie beispielsweise „n_ schwerbehindertenausweis hat–mit ner WERTmarke“ (012, meine Hervorhebung, GD) oder fünfe ham NICHTS (016);

  2. In der Beratungshandlung hinsichtlich des Reiseziels kommen zahlreiche Ortsnamen vor (Radebeul, Altkötzschenbroda, Dresden, Wasserstraße, Bahnhof Neustadt). Hier sind die Hörer-Lerner*innen in der auditiven Wahrnehmung dieser „Pseudowörter“ (ohne Eintrag im mentalen Lexikon) weitgehend auf eine datengeleitete Dekodierung angewiesen. Andererseits kommen einige der Ortsnamen wiederholt im Gespräch vor – z.B. Altkötzschenbroda insgesamt sechs Mal –, so dass eine Art Wiedererkennungseffekt erhofft werden kann;

  3. Beide Sprecher*innen weisen mehr oder weniger starke Merkmale eines sächsischen Dialekts auf, der sich unter anderem in einer von der überregionalen Standardlautung abweichenden phonetischen Realisierungen einzelner Phoneme äußert (z.B. in der Realisierung der Endung -ig als /ɪʃ/ im Wort gültig oder eener statt einer);

  4. Die Sprechgeschwindigkeit – vor allem der Kundin – ist relativ hoch.

Diese Merkmale – schnelles Sprechtempo und die dialektale Prägung der Sprecher*innen – sprächen für eine Einstufung des Textes auf dem C-Niveau16. Allerdings ist der Text von Diskursart und Thematik her etwa auf dem B1-Niveau anzusiedeln („kann Alltagsgesprächen und Diskussionen über weite Strecken folgen“, vgl. Europarat 2020: 60). Auch das prinzipielle Argumente, dass Lernende schon recht früh im Lernprozess mit spontansprachlichem gehörtem Input konfrontiert werden sollten (Field 2008: 281), sowie die angestrebte Entlastung der Höraufgabe durch Prinzipien des Mikro-Hörens (s. Kap. 5.1) sprechen meines Erachtens für eine Verwendung ab dem B1-Niveau.

4.2.2 Struktur der Unterrichtssequenz

Wie aus dem Strukturschema (Tabelle 1) ersichtlich wird, kommen darin Phasen vor, die auch in traditionellen Hörverstehenstrainings üblich sind, wie Globalverstehen, Vorentlastung, Fragen zum Inhalt, Arbeit am Transkript (vgl. Field 2012: 208; Koeppel 2016: 254-269).

Vom Standardablauf, demzufolge der Hörtext vorentlastet, dann max. zwei Mal präsentiert wird und schließlich Fragen zum Text geklärt werden, unterscheidet sich die vorgeschlagene Sequenz dennoch in mehrerlei Hinsicht.

Tabelle 1

Strukturschema zur Übungssequenz „Fahrscheine“ (PGD 949) [MHÜ: Mikro-Hörübung]

Phase Ziele Übungen zu „Fahrscheine“ Audio / Präsentationshäufigkeit
Globalverstehen Klären der Interaktionssituation (Sprecher*innen, Ort, Diskursart …) Ü1 Globalverstehen Ganztext (einmal)
Mikro-Hörübungen zur Lexik und zu Phänomenen Gesprochener Sprache (a) Lexikalische Vorentlastung: Erarbeiten zentraler Lexik
(b) Vorentlastung durch auditive Konfrontation mit relevanten gesprochensprachlichen Phänomenen aus dem Text
Ü2 Ortsnamen erkennen (MHÜ) Kurzausschnitte (mehrfach)
Ü3 Speziellen Wortschatz klären (MHÜ) Kurzausschnitte (mehrfach)
Ü4 Schwache Formen: Indefinitartikel (MHÜ) Kurzausschnitte (mehrfach)
Ü5 Regionale Varietäten: Aussprache von <-ig> (Belege aus Hörtext) (MHÜ)
Ü6 Regionale Varietäten: Aussprache von <-ig> (Belege aus FOLK)
Kurzausschnitte (mehrfach)
Fragen zum Inhalt Klären von inhaltlichen Aspekten Ü7 - Ü14 Fragen zum Inhalt (MHÜ) Kurzausschnitte (mehrfach)
Arbeit am Transkript Vertiefende Bewusstmachung der Merkmale gehörter / gesprochener Sprache unter Nutzung des Schriftbilds und der Bedingungen der schriftlichen Rezeption Ü15 Zuordnung von Teiltexten (Makrostruktur erarbeiten) Ganztext (einmal)
Ü16 „Fang den Klang“: Zuordnung von Lautsequenzen zum Schriftbild (MHÜ) Kurzausschnitte (mehrfach)

Die erste Phase ‚Globalverstehen‘, in der der Gesamttext einmal präsentiert wird, dient dazu, dass die Lerner*innen einen ersten Eindruck der vorliegenden Interaktionssituation gewinnen, indem sie die Sprecher*innen, den Ort und den Gesprächstyp identifizieren sollen. Dieser Einstiegsphase schließt sich sodann eine längere Phase mit verschiedenen Mikro-Hörübungen an, die die Aufmerksamkeit der Hörer-Lerner*innen auf zentrale Lexik (im Hörtext „Schwerbehindertenausweis“ und „Wertmarke“; Ü3), auf vorkommende Ortsnamen (Ü2) sowie auf relevante Phänomene gehörter bzw. gesprochener Sprache lenken sollen. Letztere sind im vorliegenden Gespräch etwa das gehäufte Auftreten von „schwachen Formen“ des Indefinitartikels (Ü4) sowie die regional geprägte Aussprache des Suffix -ig im Wort gültig (Ü5-Ü6). Erst dann folgen in einer dritten Phase Fragen zum Inhalt (Ü7-Ü14), die ebenfalls als Mikro-Hörübungen gestaltet sind, d.h. zu den einzelnen Inhaltsfragen wird nicht das komplette Audio angehört, sondern die betreffenden Segmente von einer Länge zwischen ca. 10 bis 20 Sekunden.

Erst in der abschließenden Phase ‚Arbeit am Transkript‘ wird den Lerner*innen der komplette Hörtext in einer weitgehend orthographisch verschrifteten Form präsentiert17. Die Übungen in dieser Phase dienen insbesondere dazu, mithilfe des Schriftbilds Aspekte der Makrostruktur des Hörtextes (wie Handlungsmuster, Gesprächsbausteine etc.) zu thematisieren, aber auch noch einmal Unterschiede zwischen der lautlichen / gehörten und verschrifteten Form bewusstzumachen.

Ein wesentliches Merkmal des Mikro-Hörens ist es, die Hörer-Lerner*innen mit vergleichsweise kurzen Sequenzen aus dem Hörtext zu konfrontieren, die zudem mehrfach auditiv präsentiert werden (s. Spalte „Audio / Präsentationshäufigkeit“ in Tabelle 1). Die Länge der Audiosequenzen schwankt dabei zwischen einer Sekunde bis zu ca. 20 Sekunden. Um zu entscheiden, wie oft die einzelnen Ausschnitte wiederholt werden, muss die Lehrkraft ein Gefühl dafür entwickeln, wie viele Wiederholungen in der konkreten Unterrichtssituation sinnvoll sind. Tendenziell sollte jedoch mehrfaches Anhören von Sequenzen erfolgen, um gerade auch schwächeren Hörer*innen ein intensives Arbeiten an der lautlichen Substanz zu ermöglichen, die der Zwecksetzung des Übens (und nicht Testens) entspricht.

Im Folgenden sollen exemplarisch drei Mikro-Hörübungen zu Phänomenen gesprochener Sprache aus der Unterrichtssequenz zu „Fahrscheine“ vorgestellt werden.

Abbildung 3
Abbildung 3

Mikro-Hörübung zu schwachen Formen des Indefinitartikels

Die Hörer*innen sollen hier (Abb. 3) an sieben Kurzsequenzen, in denen jeweils eine Nominalgruppe mit einem „schwach“ realisierte Indefinitartikel vorkommt, den Artikel heraushören und in die orthographisch übliche Form umsetzen. Als „visuelle Anker“ für diese formfokussierende Übung dienen dabei die Transkriptausschnitte mit den vorgegebenen Kernnomen bzw. attributiven Adjektiven.

Abbildung 4
Abbildung 4

Mikro-Hörübung zu regionalen Varietäten: Aussprache von <-ig> (Belege aus Hörtext)

Durch Ü5 und Ü6 soll der Aufmerksamkeitsfokus der Hörer*innen auf die variable Realisierung des Suffixes -ig gelenkt werden. Hierfür bietet sich das im Text viermal vorkommende Adjektiv gültig an, das von den beiden Sprecher*innen jeweils verschieden ausgesprochen wird: Der Verkäufer (V) spricht die Endung mit einem [ʃ] (Abb. 5; Partiturzeilen 16 und 34), während die Kundin (K) die Endung mit einem Ich-Laut [ç] spricht (Abb. 5; Partiturzeilen 19 und 32).

Abbildung 5
Abbildung 5

Transkriptausschnitte aus PGD 949 mit Belegen für gültig

Mittels Übung Ü5 sollen die Hörer auf diesen Realisierungsunterschied aufmerksam gemacht werden.

Abbildung 6
Abbildung 6

Mikro-Hörübung zu regionalen Varietäten: Aussprache von <-ig>

Ü6 (Abb. 6) stellt insofern eine Ausweitung dar, als die Hörer-Lerner*innen nun noch mit weiteren Belegen für die Aussprache von richtig und gültig konfrontiert werden, die auch die süddeutsch-österreichische Variante der Realisierung mit [ɪk] einschließen (Kunkel-Razum 2015: 68). Hierzu wurden zusätzliche Belege aus der PGD zusammengestellt (Tabelle 2).

Tabelle 2

Belegstellen für richtig und gültig aus dem PGD-Korpus, die für die Audiosequenzen in Ü6 verwendet wurden; rechte Spalte mit der jeweiligen Realisierung von -ig

PGD-Audio/Partiturzeile (PZ) Transkriptauszüge [ɪç] [ɪk] [ɪʃ]
1 913 / PZ 44 schauen sie nochmal dass alles RICHtig is, x
2 1074 / PZ 672-674 Ja| genau richtig| x
3 1075 / PZ 210 damit das richtig gut verheilen kann| x
4 949 / PZ 34-36 die ist dann ab da entwertung GÜLtisch– bis nachts um VIER x
5 916 / PZ 316 die sind jetzt richtig IN x
6 887 / PZ 3 =dass ich RECHTS nicht (.) so richtig kucken kann x
7 953 / PZ 497 kucken sie mal ob ich das richtig geschrieben hab| x
8 949 / PZ 32 aha (-) o↑kay?wie lang ist die GÜLtich? x

Mikro-Hörübungen sind jedoch meines Erachtens nicht nur geeignet, um Phänomene gehörter Sprache bewusst zu machen, sondern auch, um das Heraushören von inhaltlichen Aspekten zu trainieren. Anders als in der herkömmlichen Praxis, in der die Lernenden „Fragen zum Text“ beantworten sollen und dazu den Gesamttext maximal zwei Mal anhören, wird der Hörtext hier in (sieben) Segmente unterteilt, zu denen jeweils eine inhaltliche Frage gestellt wird (Abb. 7).

Abbildung 7
Abbildung 7

Mikro-Hörübungen zur Phase ‚Fragen zum Inhalt‘

Die Länge der Audio-Segmente pro Frage liegt zwischen 9 und 20 Sekunden, ist also länger als in den Mikro-Hörübungen zu den Phänomenen gesprochener Sprache (Ü2-6). Fragen und Segmente sind dabei am Gesprächsverlauf orientiert. Die Fragen sind bewusst „textnah“ formuliert und fokussieren relevante Informationen des Gesprächs. Bei fortgeschritteneren Lernenden könnten auch die Einfachwahl-Vorgaben (Ü12; Ü14) oder Lückentexte (Ü10, Ü11) als visuelle Stützen weggelassen werden.

Erst in der abschließenden Phase der Unterrichtssequenz erhalten die Hörer-Lerner*innen das vollständige Transkript des Gesprächs und damit die Möglichkeit, das Gehörte mit einer Schriftversion zu vergleichen. Um die Lernenden nicht zu überfordern, sollte auch hier auf ein gesprächsanalytisches Transkript verzichtet werden zugunsten einer orthographienahen Version (s. Anhang 7.2), die weitgehend noch das tatsächlich Gesprochene (also Abbrüche, Wiederholungen, Ähms etc.) wiedergibt.

Es gibt viele Möglichkeiten, mit einem Transkript (weiter) zu arbeiten (vgl. Brown 2011: 13-15). Ein Fokus kann dabei auf grammatischen oder lexikalischen Phänomenen liegen, die nun besser geortet werden können als unter den Flüchtigkeitsbedingungen der auditiven Rezeption. Ein anderer Fokus könnte auf einer funktionalen Analyse des Gesprächs mit seinen Handlungsmustern liegen, die das Diskursmusterwissen der Lernenden fördern soll. Eine solche Aufgabe stellt Ü15 (Abb. 8) dar, in der die Lernenden zunächst das Transkript während einer (zweiten) Gesamtpräsentation des Gesprächs mitlesen und dann die vorgegebenen Teiltexte im Transkript finden sollen18.

Abbildung 8
Abbildung 8

Übung zur Bewusstmachung des Gesprächsaufbaus (Phase ‚Arbeit am Transkript‘)

Eine abschließende Hörübung in der Transkript-Phase könnte eine Aktivität sein, die Michael Grinberg für das Englische19 vorgeschlagen hat: Den Hörer-Lerner*innen werden sehr kurze Lautsequenzen aus dem Gespräch (jeweils zwei Mal) präsentiert und sie sollen im Transkript markieren, was sie gehört haben. Die Lautsequenzen können dabei an Grenzen von Einzelwörtern oder Wortgruppen, aber auch inmitten von Wörtern geschnitten werden. Als Feedback erhalten die Lerner*innen neben den markierten Klangfragmenten im Transkript auch eine Audiosequenz, die den näheren Kontext des Fragments miteinschließt, so dass die Einbettung des Fragments akustisch verdeutlicht wird (Abb. 9).

Abbildung 9
Abbildung 9

Fang-den-Klang-Aktivität als eine Möglichkeit für die Arbeit am Transkript [Lösungsblatt mit unterstrichenen Lautfragmenten und jeweiligem Kontext für das Audio-Feedback (grau hinterlegt)]

Diese Catch-the-Sound-Aktivität, von Grinberg als eigenständige Übung gedacht, die nicht länger als 10 Minuten dauern sollte20, ist meines Erachtens sehr gut dazu geeignet, die Diskrepanz zwischen gehörter und geschriebener Sprache für die Hörer*innen erfahrbar zu machen und sie zu genauem Hinhören – Grinberg spricht hier von „auditory acuity“ – zu veranlassen.

5. Fazit

5.1 Zur Verwendung von Mikro-Hörübungen

Die in Kap. 4.1 und 4.2 skizzierten Übungsformate unterscheiden sich in mehrerlei Hinsicht von der gängigen Vermittlungspraxis. Allein die Verwendung eines authentischen Gesprächs mit der ganzen Fülle an Merkmalen spontaner gesprochener Sprache dürfte die Hörer-Lerner*innen in der Regel vor größere Herausforderungen stellen als beim Hören von sorgfältig geskripteten und von Profis eingesprochenen Aufnahmen, wie sie nach wie vor in den DaF-Lehrmaterialien die Regel sind. Andererseits bieten genau solche Exemplare echter Kommunikation die Gelegenheit bzw. den Input, den die Lernenden benötigen, um lebensweltlich relevantes Hören zu trainieren.

Damit dieses Training gelingen kann und nicht aus einer Art verkapptem Testen von Verstehensleistungen (Field 2008: 30) besteht, ist ein alternatives Trainingsformat erforderlich, das den Hörer-Lerner*innen die Möglichkeit bietet, sich intensiv mit unterschiedlichen Aspekten der lautlichen Gestalt des Hörtextes zu beschäftigen, ohne sie zu überfordern. Mikro-Hörübungen scheinen hierfür aus folgenden Gründen geeignet zu sein:

Durch das kleinschrittige Vorgehen und die Arbeit an kurzen, zum Teil sehr kurzen Passagen des Hörtextes, die zudem mehrmals präsentiert werden, wird der Verstehensprozess für die Hörer*innen entlastet. Es findet hier eine bewusste Reduktion von Komplexität statt, die es ermöglichen soll, dass die Hörer*innen in weit höherem Maße als in traditionellen Hörverstehensaufgaben den Aufmerksamkeitsfokus auf Signale des lautlichen Inputs legen können und so Verstehens-Hypothesen – etwa bezüglich der Identifikation von Einträgen in ihrem mentalen Lexikon oder der vermuteten Fortsetzung (syntaktische Erwartungen) aufstellen und überprüfen können. Die Besprechung von Hörerfahrungen inklusive der „richtigen Lösungen“ unmittelbar im Anschluss an die einzelnen Übungen – und nicht erst am Ende eines längeren, „einsamen“ Hörens – trägt dazu bei, dass bei den Hörer*innen der individuelle Wissensstand bzw. das Textverständnis sukzessive gesichert wird. So wird auch die weitere Bearbeitung erleichtert und verhindert, dass sie den Faden bzw. die Motivation verlieren (vgl. Dietz 2013: 32).

Meine Vorschläge sind somit auch ein Plädoyer für die Umsetzung des didaktischen Prinzips „grading the task – not grading the text“ (Thorn 2008: 8): Nicht der Hörtext selbst sollte didaktisch bearbeitet werden, sondern die Aufgaben und Übungen sollten so gestaltet werden, dass die Lerner*innen von einem authentischen Hörtext möglichst viel an Hörerfahrungen mitnehmen können.

5.2 Zur Nutzung von Korpora für die Erstellung von Hörverstehensmaterialien

Korpora gesprochener Sprache werden bislang kaum von Lehrwerkautor*innen und DaF-Lehrenden als Materialquelle berücksichtigt. Das mag daran liegen, dass digitale Korpora generell noch nicht im Aufmerksamkeitsfokus von Fremdsprachendidaktiker*innen und -praktiker*innen liegen oder, falls doch, der Zugang zu ihnen möglicherweise als zu aufwändig empfunden wird oder – wie im Falle von FOLK – auch datenschutzrechtliche Vorgaben entgegenstehen. Auch wenn für die hier vorgeschlagenen Verfahrensweisen gewisse korpuslinguistische und medientechnische Kenntnisse erforderlich sind, stellt dies jedoch keinen prinzipiellen Einwand gegen die Nutzung von Korpora dar.

Für eine Nutzung von Korpora gesprochener Sprache bei der Suche nach geeigneten Materialien für die Förderung des Hörverstehens in der Zweit- oder Fremdsprache Deutsch sprechen folgende Gründe:

  1. Korpora gesprochener Sprache enthalten eine Fülle an authentischen Sprechereignissen. Sie bündeln somit eine Vielfalt und Vielzahl an Sprecher*innen, Redeweisen, Diskursarten, Kommunikationsbereichen, Varietäten u.a.;

  2. Die vielfältigen Such- und Filteroptionen ermöglichen es, sowohl geeignete Diskursexemplare (Metadatensuche) als auch sprachliche Phänomene auf verschiedenen linguistischen Beschreibungsebenen (Tokensuche) zu ermitteln;

  3. Die Korpusdaten werden in verschiedenen medialen Formaten (Audio-, Videodateien, Transkripte, Trefferlisten etc.) zur Verfügung gestellt und können in der Regel noch weiterbearbeitet werden.

Über diese allgemeinen Merkmale hinaus hat sich in der Arbeit mit konkreten Korpora gezeigt, dass diese aufgrund ihrer jeweiligen Spezifika auch zu unterschiedlichen Zugriffen einladen: das umfangreiche FOLK-Korpus mit seinen komplexen Suchoptionen eher zur Suche nach Hörbeispielen für auditiv relevante Phänomene, die PGD mit eher kürzeren Sprechereignissen tendenziell zur Nutzung von Ganztexten.

5.3 Weitere Perspektiven

Als Desiderate für eine mit authentischem Hörmaterial arbeitende DaF-Hörverstehensdidaktik sehe ich einmal die systematische Erfassung und Beschreibung von Phänomenen gehörter deutscher Sprache, die für L2-Hörer-Lerner*innen – auch aus sprachkontrastiver Perspektive – besonders schwierig sind. Dass hier ein Forschungsbedarf besteht, zeigt sich symptomatisch in der Einschätzung eines aktuellen linguistischen Einführungswerks, derzufolge die „auditive Phonetik […] für DaZ/DaF praktisch irrelevant“ sei (Horstmann / Settinieri / Freitag 2020: 63, Fußnote 1).

Während für Englisch als Fremdsprache mittlerweile eine Reihe von instruktiven Lehrwerken vorliegen (z.B. Cauldwell 2013; Thorn 2013; Hancock / McDonald 2014; Caudwell 2018), haben in der DaZ-/DaF-Vermittlung Lehrmaterialien, die mit authentischen spontansprachlichen Hör- oder Hörsehtexten arbeiten, nach wie vor Seltenheitswert, insbesondere solche, die dem Konzept des Mikrohörens verpflichtet sind. Insofern wäre die Entwicklung solcher Materialien, für die außer Korpora gesprochener Sprache auch andere Quellen genutzt werden können und sollten (vgl. Dietz 2019 und Dietz 2021: 72), dringend notwendig. Der vorliegende Beitrag soll als explorativer Vorschlag hierzu verstanden werden.

Notes

  1. Zur Methodengeschichte vgl. auch Flowerdew / Miller (2005: 3-21). [^]
  2. Ausführlich hierzu Cutler (2012: 33-39). [^]
  3. Im Folgenden mit „L2-Hörer-Lerner*innen“ bezeichnet. [^]
  4. Cauldwell (2018: 61-64) unterscheidet für die Vermittlung des Englischen zwischen zwei Sprachmodellen: dem präskriptiven „careful speech model“, das Regeln für die normgerechte Aussprache von Wörtern anbietet, und dem „spontaneous speech model“, das all die Merkmale spontaner Sprache berücksichtigt. [^]
  5. Zur Diskussion über die Verwendung authentischer Materialien für die L2-Hörverstehensvermittlung vgl. Field (2008: 269-285) sowie Brown (2011: 132-149) und Field (2019: 307) mit differenzierten Empfehlungen. Zu den wenigen empirischen Arbeiten gehört Gilmore (2011). [^]
  6. In der deutschen Übersetzung werden sowohl die Ausdrücke „Mikro-Höraufgaben“ als auch „Mikro-Hörübungen“ verwendet. Da es sich in den meisten Fällen eher um Übungen als um genuine Aufgaben (im Sinne des task-based-language-learning-Konzepts) handelt, habe ich mich für „Mikro-Hörübung“ entschieden. Konkrete Beispiele für Mikro-Hörübungen werden in Kap. 4 vorgestellt. Umsetzungen des Mikrohören-Konzepts im Englisch-als-Fremdsprache-Bereich finden sich in Thorn (2013), Cauldwell (2013, 2018) sowie in den „Pronunciation for listeners“-Abschnitten in Hancock / McDonald (2014). [^]
  7. Einen guten Überblick über Korpora gesprochener Sprache für DaZ/DaF geben Imo / Weidner (2018: 235-240), bevor sie im Speziellen die Plattform Gesprochenes Deutsch (PGD) vorstellen. Prinzipiell relevant wäre auch die vom DAAD geförderte Datenbank Gesprochenes Deutsch für die Auslandsgermanistik, die jedoch auf die Nutzung in der Auslandsgermanistik beschränkt ist und quasi das Vorläuferprojekt der PGD darstellt. [^]
  8. https://dgd.ids-mannheim.de/dgd/ (22.04.2021). [^]
  9. Möglich ist derzeit das Abspielen von FOLK-Audios im Unterricht durch Lehrende, die über eine DGD-Zugangsberechtigung verfügen, wobei die Audio-Dateien den Lerner*innen nicht zum Selbstlernen (als Audiodateien) zur Verfügung gestellt werden dürfen. Diese Einschränkungen sind mit Blick auf das DaF-didaktische Potenzial von FOLK natürlich bedauerlich. Bleibt zu hoffen, dass bei der Weiterentwicklung von FOLK die Nutzungsinteressen aus dem Bereich der DaF-Didaktik stärker durch entsprechend angepasste datenschutzrechtliche Regelungen bzw. Nutzungsrechte berücksichtigt werden. [^]
  10. Diese finden sich auf der Projektseite der PGD https://dafdaz.sprache-interaktion.de/lerneinheiten/ (22.04.2021). Die „Lerneinheit zum Hörverstehen: Lerneinheit zum Hörverstehen: Fahrscheine kaufen“ enthält die komplette Unterrichtssequenz aus Kap. 4.2 in diesem Beitrag inklusive Aufgabenstellungen, Lösungen und Audiodateien. [^]
  11. Es ist zu erwarten, dass mit der Realisierung des DFG-geförderten ZuMult-Projekts https://zumult.org/ (22.04.2021) die Suchmöglichkeiten nach geeigneten Sprechereignissen in der DGD noch einmal deutlich verbessert werden (vgl. Fandrych / Meißner / Wallner 2018: 11). Um die Anforderungen der DaF-Lehre stärker zu berücksichtigen, wird zudem derzeit am Institut für Deutsche Sprache an der Bereitstellung eines Subkorpus „FOLK für DaF“ (Kaiser / Schedl 2021: 46) gearbeitet. Durch das Ansetzen von relevanten Kriterien wie zum Beispiel akzeptable Aufnahmequalität, relative Standardnähe, wenig Simultansprechen sollen so geeignete Interaktionen für die DaF-Vermittlung ausgewählt werden (Kaiser / Schedel 2021: 54). Das Subkorpus kann unter https://tinyurl.com/FOLK-Subkorpus-DaF (22.04.2021) erreicht werden. [^]
  12. An dieser Stelle bleiben weitere regionale Varianten der Realisierung von Verbformen in der 2. Person + Pronomina – willst, willsch, wuist etc. – unberücksichtigt. [^]
  13. In einigen wenigen Fällen kommt es sogar zu vollständiger Homophonie: küsste (‚küsst du‘) vs. Küste, dienste (‚dienst du‘) vs. Dienste; lenkste (‚lenkst du‘) vs. längste. Im Aussprache-Duden wird generell zu Reduktionsformen vermerkt, dass dadurch homophone Formen entstehen, „die aber ebenso wie der Verlust grammatischer Informationen (in den Kurzformen der Artikel) normalerweise nicht zu Verstehensschwierigkeiten im Gespräch führen“ (Kunkel-Razum 2015: 76). Ob dieser pauschale Befund auch für L2-Hörer*innen gilt, darf bezweifelt werden. [^]
  14. So schlägt Field (2012: 210) vor, „to use microlistening practice as part of a parallel program that prepares learners for comprehension work“ (Hervorhebung im Original, GD). [^]
  15. Die Audioversion ist (nach kostenloser Registrierung auf der PGD) unter der URL https://dafdaz-db.spracheinteraktion.de/upload/949/949.mp3 zu finden, ein GAT-Transkript unter https://dafdaz-db.spracheinteraktion.de/?p=transkript&transkript_id=949 (22.04.2021). [^]
  16. So heißt es in der C2-Beschreibung zu „Hörverstehen allgemein“: „auch wenn schnell und in natürlicher Geschwindigkeit gesprochen wird“ (Europarat 2020: 58) und in der C1-Beschreibung: „bei ungewohnter Varietät“ (58). [^]
  17. Im Gegensatz zu Didaktisierungen aus der Gesprochene-Sprache-Forschung, in denen auch die Lernenden selbst mit gesprächsanalytischen Transkriptionen arbeiten sollen, habe ich mich bewusst für eine orthographienahe Transkription entschieden. Zum einen ist es Lernanfänger*innen kaum zuzumuten, auch noch ein weiteres Zeichensystem zu erlernen, zum anderen werden durch ein orthographienahes Transkript die Diskrepanzen zwischen dem Gehörten und dem Geschriebenen noch deutlicher bewusst gemacht. [^]
  18. Bei fortgeschritteneren Hörer*innen könnten die Teiltext-Benennungen nicht vorgegeben, sondern selbst gesucht werden. [^]
  19. Diese Aktivität wird von Grinberg im Youtube-Video „A weird activity“ (https://ogy.de/d2mr. 22.04.2021) vorgestellt. [^]
  20. Es ist auch denkbar, diese Aktivität nicht als Abschluss der vorgestellten Unterrichtssequenz, sondern als Einstieg in die nächste Unterrichtsstunde durchzuführen. Grinberg schlägt zudem vor, ein Spiel mit Wettbewerbscharakter daraus zu machen. [^]

Literatur und Ressourcen

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Kunkel-Razum, Kathrin (2015): Duden - Das Aussprachewörterbuch. 7., komplett überarb. und akt. Aufl. Unter Mitarbeit von Stefan Kleiner und Ralf Knöbl. Mannheim - Wien - Zürich: Duden (Der Duden 6).

Lüdeling, Anke / Walter, Maik (2009): Korpuslinguistik für Deutsch als Fremdsprache. Sprachvermittlung und Spracherwerbsforschung [Stark erweiterte Fassung von Lüdeling / Walter (2010) Korpuslinguistik]. https://www.linguistik.hu-berlin.de/de/institut/professuren/korpuslinguistik/mitarbeiter-innen/anke/pdf/LuedelingWalterDaF.pdf (22.04.2021).

(PGD). Plattform Gesprochenes Deutsch. https://dafdaz.sprache-interaktion.de/lerneinheiten/ (22.04.2021).

Rossa, Henning (2012): Mentale Prozesse beim Hörverstehen in der Fremdsprache. Eine Studie zur Validität der Messung sprachlicher Kompetenzen. Zugl.: Dortmund, Techn. Univ., Diss., 2011. Frankfurt am Main u.a: Peter Lang (Inquiries in language learning 5).

Schmidt, Thomas (2014): Gesprächskorpora und Gesprächsdatenbanken am Beispiel von FOLK und DGD. In: Gesprächsforschung - Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion 15, 196–233. http://www.gespraechsforschung-online.de/fileadmin/dateien/heft2014/px-schmidt.pdf (22.04.2021).

Selting, Margret et al. (2009): Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem 2 (GAT 2). In: Gesprächsforschung - Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion 10, 353–402.

Siegel, Joseph / Siegel, Aki (2015): Getting to the bottom of L2 listening instruction. Making a case for bottom-up activities. In: Studies in Second Language Learning and Teaching 5: 4, 637.

Siepmann, Dirk (2009): Korpuslinguistik und Fremdsprachenunterricht. In: Jung, Udo O. H. / Jung, Heidrun (Hrsg.): Praktische Handreichung für Fremdsprachenlehrer. 5., durchges. Aufl. Frankfurt am Main: Lang (Bayreuther Beiträge zur Glottodidaktik, 2), 321–330.

Thorn, Sheila (2008): Mining listening texts. In: Modern English Teacher 18: 2, 5–13.

Thorn, Sheila (2011): Debunking authentic listening. In: Modern English Teacher 21: 2, 65–69.

Thorn, Sheila (2013): Real lives, real listening. Elementary. Glasgow: Collins.

Trouvain, Jürgen / Zimmerer, Frank (2016): Phonetische Lernerkorpora und ihr Nutzen im DaF-Bereich – eine Fallstudie. In: Deutsch als Fremdsprache 53: 4, 204–212.

Tsui, Amy B. M. / Fullilove, John (1998): Bottom-up or Top-down Processing as a Discriminator of L2 Listening Performance. In: Applied Linguistics 19: 4, 432–451.

Weber, Andrea / Broersma, Mirjam (2018): Die Erkennung gesprochener Wörter in einer L2. In: Schimke, Sarah / Hopp, Holger (Hrsg.): Sprachverarbeitung im Zweitspracherwerb. Berlin / Boston: de Gruyter (DaZ-Forschung, 13), 55–74.

Weidner, Beate (2012): Gesprochenes Deutsch für die Auslandsgermanistik. Projektvorstellung. In: Informationen Deutsch als Fremdsprache 39, 31–51.

Wilson, Magnus (2003): Discovery listening - improving perceptual processing. In: ELT Journal 57: 4, 335–343.

Yeldham, Michael / Gruba, Paul (2014): Toward an instructional approach to developing interactive second language listening. In: Language Teaching Research 18: 1, 33–53.

ZuMult. Zugänge zu multimodalen Korpora gesprochener Sprache – Vernetzung und zielgruppenspezifische Ausdifferenzierung. https://zumult.org (22.04.2021).

6. Anhang

„Fahrscheine“ (PGD-949) – GAT 2-Transkript (vgl. Selting et al. 2009)

Quelle: https://dafdaz-db.spracheinteraktion.de/?p=transkript&transkript_id=949 (22.04.2021).

{00:00} 002 AT ((schnalzt mit der Zunge))hallo
{00:01} 003 (0.23)
{00:01} 004 ML SCHÖnen guten tag;
{00:02} 005 (0.12)
{00:02} 006 ML was kann ich für sie TUN.
{00:03} 007 (0.2)
{00:03} 008 AT ich will mit meiner rentnergruppe–eine fahrt nach radebeul (0.55) machen–= =nach (.) altkötzschenbroda–
{00:09} 009 (0.37)
{00:10} 010 ML oh (.) DAS klingt schön.äh altkötzschenbroda ist immer ne reise wert–
{00:14} 011 (0.25)
{00:14} 012 ML äm wie viele (.) rentner<<stotternd>ist_n in> sind in ihrer GRUPpe?
{00:17} 013 (0.12)
{00:18} 014 AT wir sind (.) fünf leute und äh (.) die NICHTS haben und eener der °h n_ schwerbehindertenausweis hat–mit ner WERTmarke
{00:23} 015 (0.22)
{00:24} 016 ML eener hat n <<leicht hustend> schwer>behindertenausweis–und fünfe ham NICHTS.°hh der den SCHWERbehindertenausweis hat hat der eine gültische äh wertmarke und ein beiblatt dabei?
{00:27} 017 AT hm_m
{00:34} 018 (0.1)
{00:34} 019 AT der hat ne GÜLtiche wertmarke ja;
{00:36} 020 (0.12)
{00:36} 021 ML GUT.dann fährt der schon mal FREI mit der esbahn oder mit der STRAßenbahn–nach (.) altkötzschenbroda –
{00:42} 022 (0.9)
{00:43} 023 ML und äh die andern fünfe kaufen sich am besten eine
{00:48} 024 (0.16)
{00:48} 025 ML KLEINgruppenkarde.
{00:49} 026 (0.33)
{00:49} 027 AT (achso)
{00:49} 028 ML zwei ta↑RIFzonen–
{00:51} 029 (0.47)
{00:51} 030 ML dresden und ↑RAdebeul –und würde zusammen einundzwanzisch EUro kosten
{00:55} 031 (0.22)
{00:55} 032 AT aha (-) o↑kay?wie lang ist die GÜLtich?
{00:58} 033 (0.31)
{00:58} 034 ML die ist dann ab da entwertung GÜLtisch–
{01:00} 035 (0.1)
{01:00} 036 ML bis nachts um VIER.
{01:02} 037 (0.35)
{01:02} 038 AT ist das EIne karte?oder sind das MEHrere kar[t°]en;
{01:04} 039 ML das sind ↑EIne ↓KARte.
{01:05} 040 (0.1)
{01:05} 041 ML sie müssten sich dann allerdings dafür entscheiden –äh zusammen in_ner GRUPpe zu bleiben.
{01:10} 042 (0.51)
{01:10} 043 AT achso müssen alle zuSAMmen bleiben,
{01:11} 044 (0.94)
{01:12} 045 AT hoa s kriegen wir schon HIN. hh°
{01:14} 046 (0.1)
{01:14} 047 ML <<schnalzt mit der Zunge>>GUT.
{01:14} 048 AT okay.
{01:14} 049 ML dann ham wa_n DEAL,
{01:15} 050 (0.1)
{01:15} 051 ML ich geb ihnen die ↓KARte –
{01:17} 052 (0.1)
{01:17} 053 ML einundzwanzig ↓EUro– °hh
{01:18} 054 (0.08)
{01:18} 055 ML WIE sie dann nach altkötzschenbroda fahrenis e↑GAL?sie können die ESbahn nutzen–
{01:23} 056 (0.1)
{01:23} 057 ML sie können die STRAßenbahn nutzen –°h äh BEIde verkehrsmittel kommen schnEll dahin.
{01:27} 058 (0.31)
{01:27} 059 AT wir wollten (.) mit der ↑STRAßenbahn fahren –und (-) uns das de: de: ER museum angucken –und dann nach altkötzschen↓BROda weiterfahren.das de: de: ↑ER museum ist (xxx xxx) WAS↓serstraße.
{01:35} 060 ML °h das WAR an der wasserstraße ,das ist jetzt UMgezogen –das ist VIEL näher als sie denken, das ist nämlich hier am ALbertplatz;
{01:42} 061 (0.1)
{01:42} 062 AT ↑ah_ha,
{01:42} 063 ML von DORT aus –
{01:43} 064 können sie erschtmal zum de: de: er museum gehen –
{01:46} 065 ML und dann (.) _n paar schritte zum bahnhof NEUstadt machen –und dort dann mit der ESbahn –äh nach äh altkötzschenbroda fahren.
{01:53} 066 (0.8)
{01:54} 067 AT o↑KAY? (-) GUT.
{01:55} 068 (0.25)
{01:55} 069 AT (dann) (-) wer ma das wohl so machen;
{01:57} 070 (0.22)
{01:57} 071 ML GUT; dann geb ich ihnen das ↑TIcket –einundzwanzig EUro –einmal entWERten bitte nicht vergessen –
{02:02} 072 AT hm_hm ;
{02:03} 073 (0.2)
{02:03} 074 ML und dann wünsch ich gute FAHRT:
{02:04} 075 (0.12)
{02:04} 076 AT DANkeschö:n –
{02:05} 077 (1.41)

„Fahrscheine“ (PGD 949) - Orthographienahes Transkript (Zeilenumbruch nach Sprecherwechsel, erstellt von G.D.)

(K: Kundin | V: Verkäufer)

002 K: ((schnalzt mit der Zunge)) Hallo!
005 V: Schönen guten Tag! Was kann ich für Sie tun?
009 K: Ich will mit meiner Rentnergruppe eine Fahrt nach Radebeul machen, nach Altkötzschenbroda.
015 V: Oh. Das klingt schön. Äh Altkötzschenbroda ist immer ne Reise wert. Äm, wie viele Rentner ist_n in sind in Ihrer Gruppe?
021 K: Wir sind fünf Leute und (äh), die nichts haben, und einer, der ‘n Schwerbehindertenausweis hat mit ner Wertmarke.
026 V: Einer hat _n Schwerbehindertenausweis und fünfe haben nichts.
028 K: Hmm
029 V: Der den Schwerbehindertenausweis hat, hat der eine gültige Wertmarke und ein Beiblatt dabei?
033 K: Der hat ne gültige Wertmarke, ja.
035 V: Gut. Dann fährt der schon mal frei mit der S-Bahn oder mit der Straßenbahn nach Altkötzschenbroda. Und äh die anderen fünfe kaufen sich am besten eine Kleingruppenkarte.
045 K: Ach so!
046 V: Zwei Tarifzonen: Dresden und Radebeul. Und würde zusammen einundzwanzig Euro kosten.
051 K: Aha. Okay. Wie lang ist die gültig?
054 V: Die ist dann ab der Entwertung gültig bis nachts um vier.
058 K: Ist das eine Karte oder sind das mehrere Karten?
060 V: Das sind eine Karte. Sie müssten sich dann allerdings dafür entscheiden, zusammen in ner Gruppe zu bleiben.
065 K: Ach so, müssen alle zusammenbleiben? Hoah, das kriegen wir schon hin.
069 V: ((schnalzt mit der Zunge)) Gut.
071 K: Okay
072 V: Dann haben wir n Deal. Ich geb ihnen die Karte. Einundzwanzig Euro. Wie Sie dann nach Altkötzschenbroda fahren, ist egal. Sie können die S-Bahn, Sie können die Straßenbahn nutzen. Beide Verkehrsmittel kommen schnell dahin.
085 K: Wir wollten mit der Straßenbahn fahren und uns das DDR-Museum angucken und dann nach Altkötzschenbroda weiterfahren. Das DDR-Museum ist an der Wasserstraße?
089 V: Das war an der Wasserstraße, das ist jetzt umgezogen, das ist viel näher, als Sie denken. Das ist nämlich hier am Albertplatz.
094 K: Aha!
095 V: Von dort aus können Sie erstmal zum DDR-Museum gehen und dann n paar Schritte zum Bahnhof Neustadt machen und dort dann mit der S-Bahn nach Altkötzschenbroda fahren.
101 K: Okay. Gut. Dann werden wir das wohl so machen.
105 V: Gut, dann geb ich Ihnen das Ticket. Einundzwanzig Euro, einmal entwerten bitte nicht vergessen
109 K: Hm.
111 V: Und dann wünsch ich gute Fahrt!

Kurzbio:

Gunther Dietz ist Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache und seine Didaktik der Universität Augsburg und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den theoretischen Grundlagen und didaktischen Perspektiven des zweit- und fremdsprachlichen Hörverstehens.

Anschrift:

Gunther Dietz

Lehrstuhl für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache und seine Didaktik

Philologisch-Historische Fakultät

Universität Augsburg

Universitätsstraße 10

86159 Augsburg

gunther.dietz@philhist.uni-augsburg.de