Thematic issue articles

SPRACHSENSIBILISIERUNG IM FLÜCHTLINGSDISKURS ALS GEGENSTAND EINES PROBLEM- UND REFLEXIONSORIENTIERTEN DAF-/DAZ-UNTERRICHTS. Potenziale korpusgestützter Diskursanalysen der Wikipedia

Authors: Janja Polajnar Lenarčič (Universität Ljubljana) , Lena Rebhan (Universität Duisburg-Essen)

  • SPRACHSENSIBILISIERUNG IM FLÜCHTLINGSDISKURS ALS GEGENSTAND EINES PROBLEM- UND REFLEXIONSORIENTIERTEN DAF-/DAZ-UNTERRICHTS. Potenziale korpusgestützter Diskursanalysen der Wikipedia

    Thematic issue articles

    SPRACHSENSIBILISIERUNG IM FLÜCHTLINGSDISKURS ALS GEGENSTAND EINES PROBLEM- UND REFLEXIONSORIENTIERTEN DAF-/DAZ-UNTERRICHTS. Potenziale korpusgestützter Diskursanalysen der Wikipedia

    Authors: ,

Abstract

Angesichts der wachsenden Relevanz digitaler Medien und dem Anspruch, im Unterricht auch digitalisierungsbezogene Kompetenzen zu stärken, erscheint der Einbezug internetbasierter Kommunikation in den korpusgestützten Unterricht sinnvoll und ergiebig. Eine digitale Ressource, die als multilingualer Diskursraum gerade für DaF-/DaZ-Lernende vielseitige Untersuchungsmöglichkeiten bietet, ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia. An ihrem Beispiel zeigt dieser Beitrag didaktische Potenziale korpusgestützter Diskursanalysen auf. Es werden zwei didaktische Szenarien entworfen, durch die im Sinne eines problem- und reflexionsorientierten DaF-/DaZ-Unterrichts ein tiefergehendes Verstehen diskursrelevanter Personenbezeichnungen und Metaphern angeregt werden soll, welches ihre diskursspezifische Verwendung und insbesondere deren metasprachliche Aushandlung einschließt und somit einen sensiblen Umgang mit der Zielsprache ermöglicht.

Considering the increasing relevance of digital media and the claim to also strengthen digitalisation-related competences in didactic contexts, the incorporation of computer mediated communication in corpus-based lessons seems reasonable and productive. A digital resource and multilingual discourse space which offers versatile possibilities of investigation, especially for learners of German as a Foreign or as a Second Language, is the online encyclopedia Wikipedia. Therefore, this article points out the didactic potential of corpus-based discourse analyses on Wikipedia. Two didactic scenarios are outlined that represent problem- and reflection-oriented teaching of German as a Foreign or as a Second Language. Both aim to make learners understand discourse-relevant terms and metaphors more deeply, including their discourse-specific context of use as well as their meta-linguistic negotiation in particular, in order to create language awareness and sensitivity.

Keywords: Internetbasierte Kommunikation, Korpuslinguistik, Wikipedia, Sprachsensibilisierung, Metasprachdiskurs, computer-mediated communication, corpus linguistics, language sensitivity, meta-linguistic discourse, migration discourse

How to Cite:

Polajnar Lenarčič, J. & Rebhan, L., (2023) “SPRACHSENSIBILISIERUNG IM FLÜCHTLINGSDISKURS ALS GEGENSTAND EINES PROBLEM- UND REFLEXIONSORIENTIERTEN DAF-/DAZ-UNTERRICHTS. Potenziale korpusgestützter Diskursanalysen der Wikipedia”, Korpora Deutsch als Fremdsprache 3(2), 13–40. doi: https://doi.org/10.48694/kordaf.3844

202 Views

70 Downloads

Published on
23 Dec 2023
Peer Reviewed

1. Einleitung

Der Einsatz von Korpora im DaF-/DaZ-Unterricht wird bereits seit Jahren in der Fremd- und Zweitspracherwerbsforschung diskutiert (vgl. z.B. Fandrych / Tschirner 2007; Lüdeling / Walter 2009; Wallner 2013) und zunehmend um exemplarische didaktische Szenarien erweitert (vgl. z. B. Wallner 2013; Bartz / Radtke 2014; Imo / Weidner 2018). Damit wird der Forderung nach Berücksichtigung authentischer Sprachdaten Rechnung getragen, die nicht nur von den allgemeinen Sprachwissenschaften, sondern etwa auch im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (Europarat 2001) gestellt wird. Bisher lag der Fokus dabei jedoch überwiegend auf Korpora geschriebener Sprache, etwa aus Zeitungen (vgl. Wallner 2016) sowie Korpora, die gesprochene Sprache enthalten (vgl. Imo / Weidner 2018; Schmidt et al. 2023 zum Projekt ZuMult). Vor diesem Hintergrund und angesichts der wachsenden Relevanz digitaler Medien wird (nicht nur) in diesem Beitrag und dieser Themenausgabe der Einbezug von Korpora internetbasierter Kommunikation in den DaF-/DaZ-Unterricht diskutiert (vgl. Gredel 2021). Ein solcher reagiert etwa auf den Anspruch, im Unterricht digitalisierungsbezogene Kompetenzen zu stärken (vgl. KMK 2016).

Um die Potenziale digitaler Plattformen zu verdeutlichen, bietet sich die Wikipedia als weltweit größte Online-Enzyklopädie und zentrale Informationsquelle mit hoher gesamtgesellschaftlicher Relevanz an (vgl. Gredel et al. 2018: 480). Sie wird den Lernenden in mehreren Sprachversionen in den Wikipedia-Korpora des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) für korpusgestützte Studien und Lerneinheiten zugänglich gemacht (vgl. Margaretha / Lüngen 2014). Ihre kollaborative Funktionsweise macht sie nicht nur zu einem prototypischen Gegenstand für die Untersuchung internetbasierter Kommunikation (vgl. Margaretha / Lüngen 2014: 59), sondern gar zu einem Laborfall für Diskurse und Metasprachdiskurse (vgl. Lobin 2021: 9-10). So ermöglicht sie nicht nur die ständige Aushandlung der in Artikeln dargebotenen Informationen durch die Nutzer:innen, sie archiviert diese kommunikativen Prozesse auch und macht sie somit vollständig rekonstruierbar. Die Reflexion dieser (metasprachlichen) Diskurse auf den Diskussionsseiten ist das zentrale Element der in diesem Beitrag vorgestellten didaktischen Szenarien, die den aktuellen Flüchtlingsdiskurs fokussieren. Im Beitrag wird ausgearbeitet, wie der Einsatz der Wikipedia-Korpora sowie der selbst erstellten Korpora aus Diskursfragmenten1 der Wikipedia für einen problem- und reflexionsorientierten DaF-/DaZ-Unterricht fruchtbar gemacht werden kann.

Im ersten didaktischen Szenario werden Personenbezeichnungen als zentrale lexikalisch-semantische Einheiten des Flüchtlingsdiskurses sowie deren metasprachliche Aushandlung auf den Diskussionsseiten der Wikipedia untersucht. Dafür spielen die Wikipedia-Korpora des Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) und insbesondere die Funktion der Kookkurrenzanalyse eine tragende Rolle. Im zweiten didaktischen Szenario geht es um die Identifikation von verbalen Wassermasse-Metaphern sowie ihre korpuslinguistische Erfassung als diskursive Muster mithilfe der Analysesoftware AntConc. Von zentralem Interesse ist, wie sich die zunehmende gesellschaftliche Sensibilisierung für den unangemessenen Metapherngebrauch im Migrationsdiskurs (vgl. Niehr 2020) auf den Diskussionsseiten der Wikipedia zeigt. Anhand der beiden vorgestellten Szenarien kann eine Diskussion über den reflektierten Sprach- und Metapherngebrauch im aktuellen Flüchtlingsdiskurs2 und darüber hinaus eingeleitet werden.

2. Potenziale korpusgestützter Diskursanalysen der Wikipedia

In diesem Beitrag werden exemplarische didaktische Szenarien für einen DaF-/DaZ-Unterricht vorgestellt, der Sprache und Inhalte nicht nur vermittelt, sondern auch zur umfassenden Reflexion derselben anregen soll. Wie für den schulischen Deutschunterricht in den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (s. z.B. KMK 2022: 13) ist dieser Anspruch auch für die Vermittlung von DaF und DaZ festgeschrieben. So zählt in DaZ-Lehrplänen die Reflexion von Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen zu den zentralen Kompetenzzielen (s. z.B. TM 2022: 15). DaF-Lernende sollen laut dem Rahmenplan ‚Deutsch als Fremdsprache‘ für das Auslandsschulwesen (vgl. ZfA 2009: 48) die Fähigkeit erwerben, Struktur, Funktion und Gebrauch der deutschen Gegenwartssprache sowohl in mündlichen als auch in schriftlichen Kommunikationsprozessen zu reflektieren und zu analysieren.

Für einen so ausgerichteten Unterricht erweist sich die Betrachtung von Diskursen als besonders ergiebig. Unter Diskurs verstehen wir in diesem Beitrag gemäß der transtextuell orientierten Diskurslinguistik einen „textübergreifenden Verweiszusammenhang von thematisch gebundenen Aussagen“ (Warnke 2019: 37). Diskurslinguistische Untersuchungen zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie Meinungspluralität innerhalb einer Sprach-, Kultur- oder Diskursgemeinschaft erfassen und unter Berücksichtigung der kontextuellen Gebundenheit von Sprache und Wissen differenziert analysieren. Über eine so orientierte Herangehensweise werden Lernende mit dem Perspektivreichtum gerade politischer Debatten vertraut gemacht. Sie lernen, akteursbezogene Perspektiven und zeitlich-situative Kontexte zu berücksichtigen und zu reflektieren, und erfassen Diskurspositionen, d.h. Wissen, Argumente sowie Meinungen, als sprachlich vermittelt. Anhand spezifischer Vokabulare, Metaphernfelder, Argumentationsmuster etc., durch die Diskurspositionen voneinander abgegrenzt werden, können Lernende in diskurslinguistischen Unterrichtseinheiten sprachliche Differenzen in Diskursen herausarbeiten. Insbesondere dann, wenn Korpus-Daten herangezogen werden, kommen die Lernenden in Kontakt mit authentischer Sprache in problembezogenen Aushandlungsprozessen.

Noch deutlicher als in ‚klassischen‘ Diskursen, die traditionell z.B. anhand von Zeitungstexten untersucht wurden („newspaper bias“, vgl. Warnke 2013: 191), zeigen sich diese Aushandlungsprozesse im digitalen Raum, insbesondere im Web 2.0. Am Beispiel von nutzergenerierten Online-Formaten wie der Wikipedia lässt sich eindrucksvoll aufzeigen, warum digitale Plattformen im Web 2.0 für diskurslinguistische Studien so ergiebig sind und welche didaktischen Potenziale sich daraus ergeben. Wie in zahlreichen diskurslinguistischen Arbeiten der jüngeren Vergangenheit (vgl. z.B. Thimm et al. 2011; Gredel 2020; Gredel / DFG-Netzwerk Diskurse - digital 2022; Flinz 2022; Flinz / Mell 2023) wird also auch in diesem Beitrag das Diskursverständnis um das ‚Öffentlichkeitsforum Internet‘ erweitert (vgl. Kralj / Polajnar 2021: 38-39). Darin ist aufgrund veränderter Rahmenbedingungen die Herstellung neuer Öffentlichkeiten vereinfacht sowie demokratisiert und diskursive Partizipation, die zuvor Institutionen vorbehalten war, für interessierte Nutzer:innen möglich (vgl. Dang-Anh et al. 2013: 138-139; Kralj / Polajnar 2021: 39). Diese Offenheit ist nach Gredel (2018) kennzeichnend für digitale Diskurse. Sie ist gerade im Fall der Wikipedia eng mit dem Merkmal der Interaktivität bzw. Kollaboration verknüpft. Wikipedia-Artikel entstehen im kollaborativen Bearbeitungsmodus potenziell durch zahlreiche Diskursakteur:innen aus unterschiedlichen Lebenswelten (vgl. Schlieker / Lehmann 2007: 257; Gredel 2018: 42). Außerdem werden auf den zu den Artikeln gehörenden Diskussionsseiten inhalts- und sprachbezogene Entscheidungen problematisiert, d.h. metadiskursiv und metasprachlich ausgehandelt (vgl. Gredel 2018: 46). Aus den Interdependenzen zwischen dem Meta(sprach)diskurs und der Gestaltung von Wikipedia-Einträgen ergibt sich dann auch eine besondere Diskursdynamik (vgl. Gredel 2018: 42-45; Polajnar 2022: 270-278).

Die Offenheit als zentrales Merkmal digitaler Diskurse beschränkt sich nicht auf die Partizipation und die Interaktion interessierter User:innen. ‚Geöffnet‘ wird der digitale Diskursraum auch für diverse Sprach- und Kulturgemeinschaften (vgl. Gredel 2018: 45-48). Da die Wikipedia (2023b) in mittlerweile 315 Sprachversionen verfügbar ist und verschiedene Sprachversionen ihrer Artikel über InterWiki-Links miteinander vernetzt sind, eignet sie sich zum einen als Untersuchungsgegenstand für sprach- und kulturvergleichende Diskursanalysen (vgl. Gredel 2018: 48-49; Polajnar / Gredel 2018; Polajnar 2021). Zum anderen bietet sie sich insbesondere für den Fremdsprachenunterricht an, weil sie Lernenden die Möglichkeit bietet, die Plattform zunächst in ihrer Erstsprache zu explorieren und sich so interessengeleitet mit dem hypertextuellen Angebot vertraut zu machen – sofern sie nicht bereits damit vertraut sind (vgl. Dobstadt et al. 2022: 407). Damit bietet sich die Arbeit mit der Wikipedia auch für sprachsensiblen Fachunterricht (vgl. Röttger 2019) im Sinne eines Content and Language Integrated Learning in German (CLILiG, vgl. Leisen o.J.) an (vgl. Flinz / Luppi / Mell i. E.).

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeit mit der Wikipedia in didaktischen Formaten umso sinnvoller ist, je mehr digital literacy die Lernenden mitbringen. Das gilt auch mit Blick auf die Merkmale Non-Linearität und Multimodalität, welche digitale Diskurse im Allgemeinen und die Wikipedia im Speziellen weiter charakterisieren (vgl. Gredel 2018: 40, 55). Wenn bereits eine grundsätzliche Vertrautheit mit der hypermedialen Umgebung besteht, kann diese die Lernmotivation fördern (vgl. Chudak / Nardi 2016: 50). Ein weiterer Vorteil der Arbeit mit digitalen Diskursen ist, dass ihre vielseitigen Stränge inklusive diverser Metadaten im digitalen Raum vollständig erfassbar und damit umso ergiebiger für Korpus-Studien sind (vgl. Lobin 2021: 9-10). Die didaktischen Szenarien, welche in diesem Beitrag vorgestellt werden, adressieren demnach neben der Fähigkeit zur reflektierten und sensiblen Sprachverwendung auch data und corpus literacy. Abschließend sei auch darauf verwiesen, dass digitale Unterrichtsinhalte sowie -formate für den DaF-/DaZ-Unterricht insofern Integrationsarbeit leisten und Barrieren überwinden können, als sie z.B. geografische Distanz überbrücken und auch bei niedrigem Niveau eine komplexe interessengeleitete Themenauswahl durch orientierendes Lesen in Fremd-/ bzw. Zweit- und Erstsprache behandeln können (vgl. Dobstadt et al. 2022: 407). Damit bietet das Digitale

Möglichkeiten, über die das Analoge nicht verfügt und nicht verfügen kann; und diese Erkenntnis ist insbesondere relevant für ein Fach wie Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, das lokal wie weltweit Lernende dabei unterstützen möchte, einen (mit-)gestaltenden Zugang zur deutschen Sprache und zu den deutschsprachigen Gesellschaften und ihren Diskursen zu finden. (Dobstadt et al. 2022: 410)

3. Methodische Überlegungen zum Einsatz von Korpora im DaF-/DaZ-Unterricht

Diskurslinguistischen Analysen werden Korpora zugrunde gelegt, in denen man textübergreifende Sprachstrukturen im Diskursverlauf analysiert. Somit ist die Engführung der Diskurs- mit der Korpuslinguistik legitimiert. Mit korpuslinguistischen Methoden können qualitative diskurslinguistische Analysen ergänzt werden (vgl. Bubenhofer 2009; Felder 2012: 125). Hierbei werden vor allem ausdrucksseitige rekurrente Muster fokussiert (vgl. Felder 2012), wie in unserem Fall der Gebrauch von rekurrenten Personenbezeichnungen und Wassermasse-Metaphern, die für den Flüchtlingsdiskurs typisch sind und Diskurspositionen stärken sowie unsere Wahrnehmung prägen. Für die Bearbeitung diskurslinguistischer Fragestellungen im DaF-/DaZ-Unterricht sollen Lehrende und Lernende forschungspraktisch „virtuelle Korpora“ (Busse / Teubert 1994: 14) bilden und analysieren, die einen zeitlich-medialen Diskursausschnitt fokussieren, denn der Diskurs als Gesamtheit aller Aussagen und Texte zu einem Thema lässt sich empirisch nicht vollständig erfassen. Folglich sollen Lernende darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Ergebnisse nicht uneingeschränkt auf den gesamten Diskurs übertragbar sind (vgl. Felder 2012: 121-122). Für linguistische Diskursanalysen können elektronische Korpora wie die Wikipedia-Korpora des DeReKo verwendet werden oder man erstellt ein eigenes Korpus (z.B. Brambilla / Flinz 2020; Flinz / Leonardi 2023). Wenn man mehrere, z.B. multilinguale Korpora erstellt, müssen die Kriterien möglichst ähnlich sein, damit Korpora vergleichbar bleiben (vgl. Gür-Şeker 2019: 219-221). Erstellt man sein eigenes thematisches Korpus, was bei diskurslinguistischen Analysen sehr nahe liegt, so stehen einem für die quantitative Analyse zum einen Analyseprogramme wie Sketch Engine, AntConc oder Wordsmith zur Verfügung, die nur reine Texte erkennen können und sich für Frequenz-, Konkordanz-, Kollokations- und Clusternanalysen von sprachlichen Daten anbieten. Zum anderen kann man Softwareprogramme wie MAXQDA einsetzen, die Medientexte als Gesamtheit unterschiedlicher Zeichenmodalitäten erkennen können, womit man Bild- oder Videoanalysen durchführen kann.

Im ersten didaktischen Szenario wird die Anwendung COSMAS II (Corpus Search, Management and Analysis System) (2023a) eingesetzt. Dabei handelt es sich um das webbasierte Korpus-Recherchesystem des IDS, das überwiegend auf das DeReKo zurückgeht und „zurzeit etwa 58,4 Mrd. laufende Wortformen (oder etwa 146,1 Mio. Buchseiten bei ca. 400 Wörtern / Seite) in 573 Korpora verwaltet“ (COSMAS II 2023b). In den Archiven WP, WPE und WP_FS sind Teilkorpora organisiert, die aus deutsch-, englisch- und fremdsprachlichen Wikipedia-Artikeln und -Diskussionen bestehen. Der Zugriff erfordert eine (kostenlose) Registrierung. Damit kann der Großteil der Korpus-Daten eingesehen werden. Das gesamte Korpus ist nur im Netz des IDS zugänglich. Eine Einführung in die Arbeit mit der Plattform, die sowohl Lehrende als auch Lernende unterstützen kann, bietet etwa Bubenhofer (2023a).

Der Fokus liegt im ersten didaktischen Szenario darauf, wie und in welchem Kontext die ausgewählten Personenbezeichnungen tatsächlich verwendet werden, wobei mit Kontext das sprachliche Umfeld gemeint ist. Dieses kann im Rahmen einer Kookkurrenzanalyse untersucht werden, welche signifikante Regelmäßigkeiten bei der Verwendung von Wortkombinationen aufdeckt. In einem ersten Schritt werden dabei die auffälligsten Kookkurrenzpartner angezeigt. Es ist jedoch auch möglich, die Belege, die den entsprechenden Kookkurrenzpartner beinhalten, in der KWIC- oder Volltextanzeige zu öffnen, um auch eine thematische Einordnung treffen zu können. Zudem werden zur Berücksichtigung des Kontexts im Sinne der Verwendungssituation Sprachdaten, die den enzyklopädischen Artikeln entstammen, von denen, die in der Diskussion entstanden sind, separat voneinander betrachtet.

Für das zweite didaktische Szenario wird das frei verfügbare Konkordanz-Programm AntConc verwendet, das dafür eingesetzt werden kann, eigene (themengebundene) Korpora aus unterschiedlichen Quellen (z.B. Texte aus unterschiedlichen Zeitungen oder Namensräumen der Wikipedia) und Sprachen (z.B. englisch- und deutschsprachige Diskussionsseiten) zu erstellen und vergleichend zu untersuchen. Mit AntConc können zudem die aus DeReKo exportierten Ergebnisse der Suchanfragen, wie z.B. aus 4.1, genauer untersucht werden. In 4.2 wird ein eigenständiges virtuelles Korpus aus den Diskussionsseiten zum Wikipedia-Eintrag Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 erstellt und mit AntConc untersucht. Den Schwerpunkt der Analyse in 4.2 stellt das Ermitteln bzw. die Identifikation von Metaphern über Flüchtlinge und ihr kontextueller Gebrauch dar, was in AntConc mit Softwarefunktionen Concordance, Concordance Plot und Collocations (vgl. Bubenhofer 2023b) untersucht werden kann: Die Softwarefunktion Concordance zeigt Konkordanzen eines Suchworts im Analysekorpus in ihrem direkten textuellen Umfeld (KWIC: Keyword In Context) an, was bei der Identifikation von Metaphern zentral ist. Nach der Ermittlung von Metaphern kann man mit der Softwarefunktion Collocates Kollokatoren erarbeiten, was mit der Kookkurrenzanalyse bei COSMAS II vergleichbar ist. In diskurslinguistischen Analysen können dadurch Informationen zu semantischen Präferenzen und Assoziationen mit Bezug auf das Suchwort im Diskurskorpus eruiert werden, z.B. ob Metaphern pejorativ gebraucht werden. Interessant ist zudem die Softwarefunktion Concordance Plot, welche die Ergebnisse in einem Barcode-Format visualisiert. Die Diskursabschnitte intensiven Gebrauchs von Personenbezeichnungen und Metaphern werden im Concordance Plot durch angehäufte Striche sowie die darüberstehenden Frequenzangaben repräsentiert, was zeitliche Entwicklungen bzw. Dynamiken von Suchwörtern offenlegt.

4. Problem- und reflexionsorientierter DaF-/DaZ-Unterricht

In den vorangegangenen Abschnitten wurde aufgezeigt, welche didaktischen Potenziale in der korpusgestützten Analyse digitaler Diskurse liegen. Wie diese Potenziale praktisch ausgeschöpft werden können, zeigen exemplarisch im Folgenden zwei aufeinander aufbauende didaktische Szenarien. Lernvoraussetzung ist mindestens die Fähigkeit selbstständiger Sprachverwendung (Niveaustufe B2 des GER, Europarat 2001) sowie eine grundlegende Vertrautheit mit digitalen Umgebungen, idealerweise auch der Wikipedia. Bei Lernenden höherer Kompetenzniveaus oder bei höheren zeitlichen Kapazitäten sind Erweiterungen, auf die im Beitrag auch verwiesen wird, möglich und ergiebig. Die Arbeit mit den Wörterbuch- und Korpusressourcen erfordert das Vorhandensein von Computern3 sowie einen stabilen Internetzugang. Die nachfolgend beschriebenen Einheiten können in Kleingruppen durchgeführt und mit Ergebnispräsentationen abgeschlossen werden, eignen sich aber auch für synchronen sowie asynchronen Distanzunterricht. Als Hinführung zu den vorgestellten Szenarien könnte eine Einstiegsreflexion zur Wikipedia dienen, wie sie Gredel (2021: 76) beschreibt.

4.1 Didaktisches Szenario 1: Korpusgestützte Reflexion von Personenbezeichnungen

Das vorgestellte exemplarische didaktische Szenario verfolgt das Ziel, ein tiefergehendes Verstehen diskursrelevanter lexikalisch-semantischer Einheiten bei den Lernenden anzuregen, welches über reine Vokabelkenntnisse hinaus ihre diskursspezifische Verwendung und insbesondere deren metasprachliche Aushandlung einschließt und somit einen sensiblen Umgang mit der Zielsprache ermöglicht.

I. Aktivierende Einheit

Dass sich der Kontext des Flüchtlingsdiskurses für die Vermittlung von Sprachsensibilität beispielhaft anbietet, wird schon nach einem ersten Blick auf den Wikipedia-Artikel Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 (Wikipedia 2023a) deutlich. In der aktuellen Version der deutschsprachigen Wikipedia werden bereits unter der ersten Überschrift Bezeichnungen thematisiert (s. Abb. 1; vgl. Wikipedia 2023a). Zu den Personenbezeichnungen, um die es im folgenden Szenario gehen wird, heißt es dort u.a.: „‚Flüchtlinge‘ bzw. ‚Geflüchtete‘ und ‚Asylbewerber‘ wurden während der Krise im Jahr 2015 im allgemeinen Sprachgebrauch nicht präzise von ‚Migranten‘ unterschieden“ (Wikipedia 2023a).

Die ausgewählte Artikelseite und insbesondere der zitierte Auszug können ideal als Aktivierungseinheit in den problem- und reflexionsorientierten Sprachunterricht genutzt werden, da sie durch die bestenfalls bekannte digitale Umgebung motivieren und sich darüber hinaus für eine aktivierende Mini-Studie anbieten:

Aufgabe 1: Rufen Sie den Artikel Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 auf. Wie wird die von Flucht betroffene Personengruppe benannt?

Antwort 1: Flüchtling, Geflüchtete:r, Asylbewerber:in und Migrant:in

Beim Zusammentragen und Diskutieren der Ergebnisse kann optional eine kontrastive Perspektive eingenommen werden4, die den thematischen Einstieg und die Begriffsreflexion in ein vertrautes sprachliches Umfeld integriert. Ausgehend von den Personenbezeichnungen kann die Frage nach Entsprechungen in anderen Sprachen und Sprachversionen gestellt werden. Diese sind über InterWiki-Links abrufbar (s. Abb. 1). Im Zuge der kontrastiven Betrachtung können auffällige Unterschiede respektive Gemeinsamkeiten diskutiert werden5. An dieser Stelle kann auch zum reflektierten Austausch über persönliche Erfahrungen mit sprach(un)sensiblen Personenbezeichnungen im Kontext einer Migrationsgeschichte angeregt werden.

Abbildung 1
Abbildung 1

Artikelseite Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 (Wikipedia 2023a).

Aus der Mini-Studie zu unterschiedlichen Personenbezeichnungen, die laut deutschsprachiger Wikipedia (2023a) präzise zu trennen sind, lässt sich für die nachfolgenden Lerneinheiten die Frage ableiten, wie sich diese im Deutschen voneinander unterscheiden.

II. Lexikographische Einheit

Um diese Frage umfassend zu bearbeiten, sollen beginnend mit der zweiten Einheit des didaktischen Szenarios Wortprofile für die Personenbezeichnungen Flüchtling, Geflüchtete:r, Asylbewerber:in und Migrant:in erarbeitet werden. Die lexikographische Einheit kann in Gruppen bearbeitet werden, denen je eine Personenbezeichnung zugeordnet wird. Die Erkenntnisse zur Wortbedeutung können beispielsweise auf einem Poster festgehalten und später um Erkenntnisse aus den nachfolgenden Einheiten erweitert werden.

Ein erster und zentraler Schritt dafür ist die Konsultation eines (Online-)Wörterbuchs. Für eine Ersteinschätzung kann das im Unterricht verwendete Wörterbuch herangezogen werden, (oder) etwa der Duden (2023a), der neben einer sachlichen Bedeutungsangabe auch Informationen zu Grammatik, Synonymen und typischen Wortverbindungen bereithält6. Es ist außerdem im Sinne der Sprachreflexion und der damit angestrebten Sprachsensibilität, mindestens ein weiteres Wörterbuch heranzuziehen. Eine nennenswerte Ressource ist das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS)7.

Aufgabe 2: Was bedeutet die ausgewählte Personenbezeichnung? Gehen Sie im Wörterbuch auf die Suche. Vergleichen Sie im Anschluss Ihre Ergebnisse mit den anderen Gruppen.

Tabelle 1

Übersicht der Bedeutungsangaben von Flüchtling, Geflüchtete:r, Asylbewerber:in und Migrant:in in Duden (2023a) und DWDS (2023)8

Lemma Bedeutung (Duden) Bedeutung (DWDS)
Flüchtling „Person, die aus politischen, religiösen, wirtschaftlichen oder ethnischen Gründen aus ihrer Heimat geflohen ist“ „jmd., der vor jmdm., etw. geflüchtet ist und dabei alles verloren hat“
Geflüchtete:r „[…] Person, die aus politischen, religiösen, wirtschaftlichen oder ethnischen Gründen aus ihrer Heimat geflohen ist“ „1. jmd., der vor jmdm. oder etw. die Flucht ergriffen hat, vor einer drohenden Gefahr geflüchtet ist; jmd., der (nach einem Gefängnisausbruch) auf der Flucht ist
2. jmd., der aus seiner Heimatregion (wegen eines Kriegsgeschehens, wegen seiner politischen oder religiösen Einstellung o. Ä.) geflüchtet ist oder von dort vertrieben wurde“
Asylbewerber:in „[…] Person, die um Asyl nachsucht“ „Person, die in einem anderen Staat um Asyl nachsucht“
Migrant:in „[…] Person, die in ein anderes Land, eine andere Region, an einen anderen Ort abwandert“ - Gebrauch: besonders Soziologie (2. Bedeutung: Zoologie) „jmd., der migriert, der seine Heimat aus politischen, religiösen oder wirtschaftlichen Gründen verlässt, um zeitweise oder dauerhaft in einem anderen Land zu leben“

Antwort 2: Tabelle 1 liefert eine Bedeutungsübersicht der Personenbezeichnungen. Im Vergleich der Gruppenergebnisse wird auffallen, dass Flüchtling und Geflüchtete:r im Duden gleich definiert sind. Die Bedeutungsangabe von Asylbewerber:in weicht davon deutlich ab (vgl. Tab. 1). Während die ersten beiden Bezeichnungen auf den Hintergrund der Flucht, also ein ‚Gehen‘, bezogen werden, fokussiert die Bedeutungsangabe der dritten das Asyl und damit das ‚Kommen‘ respektive das (angestrebte) ‚Bleiben‘. Die Duden-Bedeutungsangabe des vierten Lemmas, Migrant:in, knüpft insofern an die von Flüchtling und Geflüchtete:r an, als sie ebenfalls das ‚Gehen‘ fokussiert. Sie unterscheidet sich allerdings dadurch von den anderen, dass sie keine Gründe anführt. Im Austausch über die im DWDS angegebenen Bedeutungen kann etwa die Beschreibung eines Flüchtlings als jemand, der „[bei der Flucht] alles verloren hat“ (DWDS9) oder die Ähnlichkeit der Definition von Migrant:in mit der von Flüchtling und Geflüchtete:r im Duden fokussiert werden (s. Tab. 1).

In dieser Einheit kann die Lehrperson Impulse geben, um die Lernenden etwa auf die skizzierte Kontrastierung von ‚Gehen‘ und ‚Kommen‘ oder auch typische Wortverbindungen sowie die Tempora der Bedeutungsangaben aufmerksam zu machen. Je nach Kapazität und Lernstufe können zudem vertiefende Einheiten zu Synonymen, Wortbildung, Wortgeschichte und Wortkarrieren integriert werden10.

III. Korpuslinguistische Einheit und diskurslinguistisches Moment

Oft hört traditioneller, vokabelbasierter Fremdsprachenunterricht beim wörterbuchbasierten Erfassen von Wortbedeutungen unter Einbezug weiterer sprachlicher Informationen auf. Ein problem- und reflexionsorientierter DaF-/DaZ-Unterricht, wie er hier vorgestellt wird, tut das nicht. In einer korpuslinguistischen Einheit sollen die Lernenden daher mithilfe der Wikipedia-Korpora des DeReKo die konkrete Verwendung der behandelten Personenbezeichnungen und insbesondere deren Aushandlung in einem spezifischen Diskursfragment erarbeiten. Die Arbeit kann, wie schon in der II. Einheit angeregt, in Gruppen erfolgen, wobei sich je eine Gruppe mit einer Personenbezeichnung befasst. Die korpuslinguistische Einheit mit diskurslinguistischem Moment bildet den Kern des didaktischen Szenarios und soll zeigen, dass sich Wortbedeutungen aus einem spezifischen Kontext heraus entwickeln und insofern veränderbar und verhandelbar sind. Für die korpuslinguistische Einheit sind zwei Arbeitsschritte vorgesehen, die je nach Fokus und Kapazität entweder innerhalb der vorbestimmten Gruppen aufgeteilt und dann parallel oder gemeinsam nacheinander bearbeitet werden können. Die erste Einheit fokussiert Artikel- (III.a), die zweite Diskussionsseiten (III.b). Beide basieren auf Korpus-Recherchen, die im Folgenden angeleitet werden. Sie können entweder von den Lernenden selbst oder von den Lehrpersonen zur Bereitstellung korpusbasierten Unterrichtsmaterials durchgeführt werden.

Anleitung zur Erfassung von Korpus-Daten:

  1. Öffnen Sie die Anwendung COSMAS IIweb (2023a) im Browser und registrieren Sie sich dort.

  2. Archive Wählen Sie das Archiv WP - Wikipedia Artikel u. Artikel- & Benutzerdiskussionen 2013/15/17/19 aus.

  3. Korpus Wählen Sie ein vordefiniertes Korpus aus und zwar für III.a wpd19 - alle Wikipedia-Artikel bis 2019 und für III.b wdd19 - alle Wikipedia-Diskussionen zu Artikeln bis 2019.

  4. Suchanfragen Geben Sie als Suchanfrage entsprechend Ihrer Gruppenzuordnung „&Flüchtling“, „Geflüchtete ODER Geflüchteter ODER Geflüchteten“, „&Asylbewerber“ oder „&Migrant“ ein11. Starten Sie die Suche, indem Sie auf Suchen klicken.

  5. Wortformen Wählen Sie diejenigen Wortformen ab, die Sie aufgrund von Normabweichungen aus Ihrer Suche ausschließen möchten (z.B. FLÜCHTlingen oder geflüchteten)12. Klicken Sie auf Ergebnisse.

  6. Kookkurrenzanalyse Öffnen Sie den Reiter Kookkurrenzanalyse und übernehmen Sie die Einstellungen von Abbildung 2. Starten Sie die Analyse, indem Sie auf Starten klicken.

Abbildung 2
Abbildung 2

Sucheinstellungen für die Kookkurrenzanalyse in COSMAS II (2023a).

III.a Diskurssemantische Korpusanalyse

Der erste Arbeitsschritt innerhalb der korpuslinguistischen Einheit fokussiert die konkrete Verwendung der Personenbezeichnungen auf den Artikelseiten der Wikipedia. Diese stellen im übertragenen Sinne das Produkt dar, die Diskussionsseiten die Produktion. Sie zeigen an, was die Wikipedia-Autor:innen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung konsensuell als neutral gesetztes Wissen erachten. Mittels einer Kokkurrenzanalyse sollen die Lernenden untersuchen, wie die ermittelten Personenbezeichnungen im Diskursfragment denotiert und konnotiert sind.

Wenn es die zeitliche Kapazität und das Kompetenzniveau der Lernenden zulässt, können sie die Kookkurrenzanalyse im Unterricht selbst durchführen und auswerten (s. Anleitung). Das hat den Vorteil, dass sie das Korpus explorieren und auffällige Wortkombinationen durch die Durchsicht der Textbelege (in KWIC- oder Volltextansicht) besser einordnen und verstehen können. Da die Korpus-Arbeit jedoch komplex und insbesondere für Laien zeitintensiv ist, kann diese auch durch die Lehrperson erfolgen und für die Entwicklung von Unterrichtsmaterialien, wie z.B. Tabelle 2 genutzt werden.

Tabelle 2

Die zehn häufigsten Kookkurrenzpartner von Flüchtling, Geflüchtete:r, Asylbewerber und Migrant in wpd19.

Personenbezeichnung Flüchtling (23.299 Treffer) Geflüchtete:r (576 Treffer) Asylbewerber (1.873 Treffer) Migrant (4.260 Treffer)
Kookkurrenzpartner 1. vertrieben Integration abgelehnt Migrantin
2. Migration Flüchtlingsunterkunft Unterkunft Flüchtling
3. Heimatvertriebener jung geduldet Integration
4. jüdisch évadés Aussiedler Seelsorge
5. Zuzug Migrant Abschiebung türkisch
6. unbegleitet Integrationsprojekt Unterbringung unterwegs
7. Integration Projekt Aufnahmestelle illegal
8. kriegsgeschädigt Unterbringung Zentrale muslimisch
9. Zustrom Heimatvertrieben Aufnahmeeinrichtung afrikanisch
10. Migrant Arbeitsmarktintegration abgewiesen Workers

Sofern sie durch die Lehrperson bereitgestellt werden, können dann auch ausgewählte Textbelege in den Blick genommen werden. Nach der Bearbeitung in den bereits zu Beginn festgelegten Gruppen kann wiederum der Austausch im Plenum ergiebig sein, wobei unter der Diskussionsführung der Lehrperson insbesondere Unterschiede zwischen den sprachlichen Kontexten der verschiedenen Personenbezeichnungen herausgearbeitet werden können.

Aufgabe 3: Schauen Sie sich die Kookkurrenzpartner der ausgewählten Personenbezeichnung genau an. Können Sie hinsichtlich denotativer und konnotativer Bedeutung (ein) Muster erkennen? Passt Ihr Ergebnis zu den erfassten Wortbedeutungen (II.)? Nehmen Sie die wichtigsten Erkenntnisse in das erarbeitete Wortprofil auf.

Antwort 3: Aus dem Vergleich auf Grundlage von Tabelle 2 lassen sich Ähnlichkeiten im sprachlichen Umfeld von Geflüchtete:r und Asylbewerber feststellen. Beide weisen in signifikanter Weise Kookkurrenzpartner auf, die staatliche Einrichtungen und Bemühungen bezogen auf ein ‚(An-)Kommen‘ benennen, so etwa (Flüchtlings-)Unterkunft, Aufnahmestelle oder Unterbringung (vgl. Tab. 2). Bei Asylbewerber deckt sich das mit dem Eindruck aus der lexikographischen Einheit, bei Geflüchtete:r dagegen weniger (vgl. Tab. 1). Dabei scheint Geflüchtete:r mit positiven Bleibeperspektiven assoziiert zu sein (s. Integration, Integrationsprojekt oder auch Arbeitsmarkintegration, Tab. 2), Asylbewerber dagegen mit negativen (s. abgelehnt, abgewiesen oder Abschiebung, Tab. 2). Das sprachliche Umfeld von Flüchtling gestaltet sich dagegen diverser; überwiegend wird die Flucht bzw. der ‚Flüchtling‘ ohne deutlich erkennbares Muster attribuiert (vgl. Tab. 2). Aus der Kookkurrenzanalyse von Migrant:in geht ein Fokus auf das Heimatland und das Verlassen desselben hervor, was sich mit den Ergebnissen der lexikographischen Einheit deckt (vgl. Tab. 1, 2). So weist die Liste der Kookkurrenzpartner Zuordnungen von Nationalitäten bzw. Ethnien auf (s. türkisch, muslimisch, afrikanisch, Tab. 2). Workers (vgl. Tab. 2) stammt aus der frequenten englischen Wortverbindung Migrant Workers, wie aus der Durchsicht der Textbelege hervorgeht, und ist mit Blick auf den Aspekt der Integration und die Bleibeperspektiven positiv konnotiert. Eine negative Konnotation hat dagegen das Adjektiv illegal (vgl. Tab. 2). Gleichzeitig legt der Verweis auf illegale Migration nahe, dass der Gegensatz, nämlich legale Migration, nicht nur existent, sondern der Normalfall ist und insofern nicht explizit dazu gesagt werden muss.

Alle vier Kookkurrenzanalysen zeigen, dass im Umfeld der jeweiligen Personenbezeichnungen auffällig häufig alternative Personenbezeichnungen auftreten (vgl. Tab. 2). Bei genauerer Betrachtung zeigt sich beispielhaft, dass der Blick in die zugrundeliegenden Textbelege aufschlussreich und insofern für den Unterricht ergiebig ist. Denn das Auftreten der alternativen Personenbezeichnungen kann zu der Annahme verleiten, sie träten in definitorischen Propositionen wie z.B. ‚Flüchtlinge sind Migranten, die…‘ auf. Tatsächlich wird bei der Durchsicht der Belege aber deutlich, dass sie überwiegend additiv aufeinander Bezug nehmen (z.B. ‚Flüchtlinge und Migranten‘). Die einfache additive Relation mit und zeigt an, dass es einen nennenswerten Bedeutungsunterschied zwischen den Bezeichnungen geben muss, aufgrund dessen beide angeführt werden.

III.b Diskurspragmatische Korpusanalyse

Um diese Unterschiede weiter zu erforschen, bietet sich ein Blick in das Korpus aus Wikipedia-Diskussionsseiten an. Dort werden nicht nur Inhalte und Relevanz der jeweiligen Artikel thematisiert, sondern auch die richtigen Benennungen für die zentralen Konzepte in Form von semantischen Kämpfen ausgehandelt (vgl. Gredel 2018: 46). Weil dabei die divergierenden Charakteristika benannt und diskutiert werden, sind diese Korpus-Daten für das skizzierte didaktische Szenario sehr ergiebig.

Auch die den Diskussionsseiten entnommenen Korpus-Daten können nach der obigen Anleitung erhoben werden. Als Korpus ist bei diesem Arbeitsschritt wdd19 zu wählen. Es werden darin dieselben Suchanfragen gestellt wie in III.a und erneut eine Kookkurrenzanalyse durchgeführt. Während im vorangegangenen bzw. parallel bearbeiteten Arbeitsschritt der Fokus auf die Liste der Kookkurrenzpartner gelegt werden kann, sind für diese Einheit die konkreten Textbelege unabdingbar. Die Lernenden sollten daher die Korpus-Recherche entweder selbst durchführen oder umfassende Einblicke in die Textbelege durch die Lehrperson zur Verfügung gestellt bekommen. Für einen ersten Überblick können auch hier die auffälligsten Kookkurrenzpartner betrachtet werden (vgl. Tab. 3).

Tabelle 3

Die zehn häufigsten Kookkurrenzpartner von Flüchtling, Geflüchtete:r, Asylbewerber und Migrant in wdd19.

Personenbezeichnung Flüchtling (6.614 Treffer) Geflüchtete:r (159 Treffer) Asylbewerber (838 Treffer) Migrant (2.312 Treffer)
Kookkurrenzpartner 1. Migrant abgelehnt Flüchtling
2. vertrieben vertrieben Flüchtling Mordserie
3. html Flüchtling online|datum=2016-01-09|zugriff=2016-01-09 illegal
4. Migration Epoch Migrant html
5. unbegleitet Aufnahme Ausländer
6. syrisch Frau kriminell Schleusung
7. minderjährig Zahl html Migrantin
8. Flüchtlingsunterkunft aufnehmen asylberechtigt Asylbewerber
9. Asylbewerber allgemein eingereist Integration
10. Mensch anerkannt

Aufgabe 4: Schauen Sie sich die Kookkurrenzpartner der ausgewählten Personenbezeichnung genau an. Können Sie (ein) Muster erkennen? Welche Unterschiede sehen Sie im Vergleich zu den Kookkurrenzpartnern, die in III.a erhoben wurden? Passt Ihr Ergebnis zu den erfassten Wortbedeutungen (II.)? Nehmen Sie die wichtigsten Erkenntnisse in das erarbeitete Wortprofil auf.

Antwort 4: Neben den deutlich geringeren Trefferzahlen können wikipediaspezifische Okkurrenzen wie online|datum=2016-01-09|zugriff=2016-01-09 und html, die auf eingesetzte Links, d.h. die Quellenarbeit der Autor:innen zurückzuführen sind, oder auch Auslassungszeichen thematisiert werden (vgl. Tab. 3). Zudem kann auf Überschneidungen mit den Kookkurrenzpartnern aus Arbeitsschritt III.a, insbesondere hinsichtlich alternativer Personenbezeichnungen verwiesen werden.

Um mögliche Bedeutungsunterschiede von Flüchtling, Geflüchtete:r, Asylbewerber:in und Migrant:in zu fokussieren, sollen die Lernenden anschließend innerhalb ihrer Gruppen konkrete Textbelege im Korpus explorieren.

Aufgabe 5: Suchen Sie innerhalb der zur Verfügung stehenden Belege nach Charakterisierungen und Abgrenzungen der Personenbezeichnungen und vervollständigen Sie aufbauend auf Ihre Erkenntnisse das erarbeitete Wortprofil.

Antwort 5: Aus Beiträgen wie den folgenden können die Lernenden divergierende Merkmale der jeweiligen Bezeichnungen herausarbeiten. An dieser Stelle sei nur exemplarisch auf einige Auszüge verwiesen, aus denen etwa zu schließen wäre, dass Flüchtling sich auf Personen bezieht, die aus festgelegten, anerkannten Gründen aus ihrer Heimat fliehen und für die dabei die legale Einreise nicht möglich ist.

    1. (1)
    1. "'2."' Es wird oft von "'Flüchtlingen"' geschrieben. Man sollte besser "Migranten" schreiben, denn nicht alle Migranten sind Flüchtlinge und viele von ihnen wollen hier nur ein besseres Leben. (WDD19/B0101.10728)
    1. (2)
    1. Flüchtlinge und Migranten unterscheiden sich insofern, dass letztere nicht von den Genfer Flüchtlingskonventionen unterstützt werden und die Möglichkeit hatten, auf legalem Wege nach Europa einzureisen (WDD19/C0108.58875)

Gleichzeitig wird in Metasprachdiskursen die Verwendung ebendieses Ausdrucks von den einen kritisiert (3), von den anderen verteidigt (4), wieder andere plädieren aufgrund dieser metasprachlichen Diskussionen für Sprachsensibilität und sprachliche Alternativen (5).

    1. (3)
    1. […] Ebenso bildet das Wort Flüchtling eine zu überwindende sprachliche Hürde, da hier durch die Endung "-ling" eine abwertende Wirkung erzeugt wird. […] Elisabeth Wehling schlägt vor, alternativ von "Flüchtenden"/"Geflüchteten" zu sprechen, um die Individualität der Betroffenen nicht außer Acht zu lassen. […] (WDD19/F0092.42338)
    1. (4)
    1. Der 2015 geprägte Begriff 'Flüchtling' für bislang 'Asylbewerber' war m. E. eine bewusste Manipulation 'gutmeinender', bürgerlicher bis links-grüner Presseverantwortlicher, um eine 'rechte' Stimmung in der Bevölkerung abzuwehren […]. (WDD19/F0090.06238)
    1. (5)
    1. […] Begriffe wie "Flüchtling" oder "Geflüchtete" sind stark emotional aufgeladen und deshalb in einer Enzyklopädie schwierig. […] (WDD19/P0108.05785)

Die Durchsicht solcher Metasprachdiskurse kann Lernenden verschiedene Perspektiven auf Sprachverwendung aufzeigen. Sie regt zur Reflexion derselben an und schafft idealerweise Sprachsensibilität. Dabei wird deutlich, dass auch scheinbar denotative Personenbezeichnungen konnotativ aufgeladen werden können.

4.2 Didaktisches Szenario 2: Korpusgestütze Metaphernerschließung und Reflexion über sensiblen Metapherngebrauch

Das zweite didaktische Szenario verfolgt das Ziel, im Flüchtlingsdiskursfragment relevante Metaphern(-komposita) mit Hilfe von AntConc zu eruieren, ihre kontextuelle Bedeutung bzw. ihren diskursspezifischen Gebrauch sowie ihre metasprachliche Aushandlung durch Wikipedia-Autor:innen offenzulegen, um die Reflexion über einen sensiblen Metapherngebrauch anzuregen. Dadurch wird zum einen Metaphernidentifikation und -entschlüsselung sowie ihr sensibler Gebrauch und zum anderen das Diskursverständnis korpusgestützt trainiert. Dieses didaktische Szenario bietet sich thematisch als ein Aufbaumodul des ersten Szenarios an. Zudem kann das Szenario an die Behandlung von Metaphern und der figurativen Sprache, im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen auf den höheren Niveaustufen (B2-C2) vorgesehen, anknüpfen. Dadurch wird den Anforderungen Rechnung getragen, dass der Berücksichtigung von Metaphern im Fremdsprachenunterricht mehr Bedeutung beigemessen werden soll, denn Metaphern stellen wichtige Bausteine der Alltagssprache dar, die unser Sprechen und Handeln wesentlich prägen sowie Diskurse strukturieren und konstituieren.

I. Aktivierende Einheit

Um in den Arbeitsschritt zu diskursiven Metaphern(-komposita) einzuleiten, soll der Blick erneut auf das Diskursfragment Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 und das Kapitel zur Terminologie gerichtet werden, wo unter der Überschrift Flüchtlingskrise folgende Passage über Metaphern im Flüchtlingsdiskurs vorzufinden ist:

    1. (6)
    1. Sozial- und Politikwissenschaftlerin Hannah von Grönheim kritisiert die verbreiteten Bezeichnungen „Flüchtlingskrise“, „Flüchtlingsproblem“ oder „Flüchtlingsproblematik“ als „Konstruktion eines Sicherheitsbedarfs“: Mit den Ausdrücken werde nahegelegt, dass Europa durch Flüchtlinge bedroht sei, um eine schon bestehende EU-Politik der Abschottung und Abwehr zu legitimieren und zu verstärken. Oft würden die Bezeichnungen mit Ausdrücken wie „Drama“ oder (englisch) challenge, risk, large-scale humanitarian crisis, particularly strong and unforeseen pressure und mit Flutmetaphern ergänzt, die als Dramatisierung wirkten. So verknüpften Politiker den Diskurs um Flucht und Migration oft direkt mit dem Diskurs um europäische oder nationale Sicherheitsbedürfnisse und setzten Flüchtlinge und Migranten mit Kriminellen sprachlich gleich. Von Grönheim verwies auf den Anthropologen David Turton: Dieser hatte schon 2003 festgestellt, dass Europäer Migrationsprozesse oft mit Flutmetaphern beschreiben und Flüchtlinge wie Einwanderer der eigenen Gruppe gegenüberstellen („sie“ gegen „uns“), obwohl ihre Vorfahren selbst Migranten waren. Dies sei mitverantwortlich dafür, dass Migration nach Europa als etwas Unnormales und Migranten als fremde, bedrohliche oder gar feindliche Gruppe wahrgenommen, ausgegrenzt und entmenschlicht würden, mit deren Lage Europa historisch nichts zu tun habe. (Wikipedia 2023a)

Der zitierte Abschnitt problematisiert den Gebrauch von Flutmetaphern und anderen Ausdrücken aus Perspektive der Wissenschaftler:innen. Hierbei werden Metaphern nicht gebraucht, um von Flucht betroffene Personen zu bezeichnen, sondern ihr Gebrauch wird aus Sicht diskursrelevanter Akteur:innen metasprachlich und metadiskursiv kommentiert.

Aufgabe 1: Rufen Sie den Artikel Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 auf. Welche Bezeichnungen, die sich auf die Flüchtlingsbewegung beziehen, werden im Kapitel zur Terminologie (Überschrift: Flüchtlingskrise) genannt? Werden darunter auch Metaphern genannt? Wie werden die Bezeichnungen von Wissenschaftler:innen bewertet?

Antwort 1: „Flüchtlingskrise“, „Flüchtlingsproblem“ oder „Flüchtlingsproblematik“, „Drama“ oder (englisch) challenge, risk, large-scale humanitarian crisis, particularly strong and unforeseen pressure sowie Flutmetaphern.

Im Beleg werden Argumente zweier Wissenschaftler:innen angeführt, die den Gebrauch von genannten Metaphern und Ausdrücken negativ bewerten, denn diese spitzen den Flüchtlingsdiskurs in einer problematischen Weise zu.

Die Meinungen der Wissenschaftler:innen müssen an dieser Stelle nicht vertieft behandelt werden, denn sie werden in der abschließenden diskurspragmatischen Korpusanalyse (III.b) der Wikipedia-Autor:innen vergleichend diskutiert. An dieser Stelle soll der Fokus der Lernenden auf den kontextuellen Gebrauch von Flutmetaphern gelenkt werden.

Aufgabe 2: Suchen Sie in Beleg (7) nach Flutmetaphern. Wird im Text über Flutmetaphern gesprochen (wie in Beleg (6)) oder werden Flutmetaphern gebraucht, um Menschen zu charakterisieren? Welche Bedeutungsaspekte werden durch die Metaphern hervorgehoben? Sind in den Beispielen noch weitere Metaphern vorzufinden?

    1. (7)
    1. Im Herbst 2014 vertrieben islamistische Milizen während des zweiten Bürgerkriegs den bisher international anerkannten Abgeordnetenrat nach Tobruk und bildeten den Neuen Allgemeinen Nationalkongress (NGNC) in Tripolis. Einen Vorschlag der UNO, die Regierungsmacht zu teilen, um dann mehr Hilfe für Wiederaufbau und Migrationsbekämpfung zu erhalten, lehnten beide Parteien ab. Der NGNC drohte Anfang November 2015, Schiffe anzumieten und Europa mit hunderttausenden Migranten zu überfluten, falls die EU ihn nicht als rechtmäßige Regierung Libyens anerkenne. (Wikipedia 2023a)

Antwort 2: Die Metapher Europa mit Migranten überfluten wird in Beleg (7) gebraucht, um Migrant:innen aus einer bestimmten Perspektive zu charakterisieren, und zwar wird ihr Kommen mit einer Überflutung gleichgestellt. Überflutung wird als Naturkatastrophe bzw. Naturgewalt mit negativen Assoziationen verknüpft.

Über die Flutmetaphern hinaus wird in Beleg (7) die Kampfmetapher Migrationsbekämpfung genannt, die eine Kampfsituation und Gegenüberstellung der eigenen Gruppe gegen Migrant:innen suggeriert.

Anhand der Belege (6) und (7) wird das Ziel des didaktischen Szenarios, d.h. der kontextuelle Gebrauch von Metaphern im Flüchtlingsdiskurs und die Sprachreflexion darüber, fokussiert. In der folgenden lexikographischen Einheit soll zunächst die Rolle von Sprachwörterbüchern bei der Erschließung von Metaphern aufgezeigt werden.

II. Lexikographische Einheit

Obwohl bei den Deutschlernenden auf höheren Niveaustufen das Grundwissen zu Metaphern vorausgesetzt werden kann, sollen Lehrende ihr Metaphernwissen und die relevanten Termini anhand von authentischen Textbeispielen (z.B. Beleg (7)) rekapitulieren. Die Arbeitsdefinition von Metaphern können Lernende in Gruppenarbeit mit Online-Sprachwörterbüchern (z.B. DWDS, Duden) und (Online-)Sachwörterbüchern (z.B. Hadumond Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft, Wikipedia) selbst erarbeiten oder die Lehrperson bespricht eine mitgebrachte Arbeitsdefinition mit ihnen. Ein zentrales Element der Metapherndefinitionen ist die Ähnlichkeit von Bildspender, dem konkreteren beider interagierender Bereiche, und Bildempfänger, dem zu konkretisierenden Bereich. Lernende sollen mit Blick auf identifizierte Metaphern zunächst feststellen, welche Bildspender bei den identifizierten Metaphern relevant sind, um dann anhand von Sprachwörterbüchern zu bestimmen, welche Bedeutungsaspekte des Bildspenders mit Blick auf den konkreten Kontext für die Perspektivierung des Bildempfängers relevant sind. Neben Beleg (7) könnten Lernende zudem mit Beleg (8) arbeiten, in dem Wassermasse- und Naturkatastrophenmetaphern aufgezählt und metasprachlich reflektiert werden, darunter auch eine Flutmetapher. Dieser Beleg hilft den Lernenden bei der Suche nach weiteren Metaphern aus den Bildfeldern Wassermasse und Naturkatastrophe in der nächsten Einheit.

    1. (8)
    1. Die Opfer der Verhältnisse werden zum Problem, zur Krise, zum Strom, zur Flut, Schwemme, Welle, Tsunami, Lawine erklärt. Also zu bedrohenden Naturgewalten.
    2. Der Subtext springt jedem reflektierten Menschen ins Auge, doch davon gibt es anscheinend leider nur wenige. […] --Über-Blick 22:43, 14. Nov. 2016 (CET) (Wikipedia 2022)

Aufgabe 3: Welche Bildspender und Bildempfänger interagieren in Beleg (7) und (8)? Welche Bedeutungsaspekte des Bildspenders werden auf Flüchtlinge, Migrant:innen übertragen und sind kontextuell relevant? Schlagen Sie in DWDS und Duden die Bedeutung von überfluten, Überflutung und Flut nach. Sind die identifizierten Flutmetaphern lexikalisiert? Sind Komposita mit -flut und Flut- metaphorisch?

Antwort 3: Migrant:innen werden in Beleg (7) als manipulierbare große Wassermenge imaginiert, wodurch Europa überflutet werden kann. In Beleg (8) werden die von Flut Betroffenen als Opfer der Verhältnisse bezeichnet und thematisiert, dass diese mit Flut gleichgesetzt werden. Flut fungiert in dieser Metapher also als Bildspender, dessen Bedeutungsaspekte „eine (plötzlich vorhandene) große Menge von etw.” (DWDS13) auf den Bildempfänger Migrant:innen bzw. Flüchtlinge übertragen werden. Allerdings wird im ersten Fall durch das Verb überfluten suggeriert, dass die große Menge (von Migrant:innen) als Hochwasser bereits die Grenzen überschritten hat.

Die Komposita mit Flut- als Bestimmungswort sind selten metaphorisch14. Die Komposita mit -flut als Grundwort sind hingegen alle metaphorisch, z.B. Ausgaben-, Bilder-, Farbenflut, darunter auch Flüchtlingsflut. Bei Flüchtlingsflut kann von einer lexikalisierten und konventionalisierten Metapher ausgegangen werden.

Anschließend soll thematisiert werden, dass Metaphern unterschiedliche grammatische Erscheinungsformen haben können:

  1. Metaphern als Nomen bzw. Nominalphrasen (Genitivmetapher: der Strom der Flüchtlinge, der Kamm des Berges; Kompositionsmetaphern/Metaphernkomposita: Flüchtlingswelle),

  2. als Verben (Verbalmetapher: Flüchtlinge überfluten etw./ strömen nach),

  3. als Adjektive (attributive Metapher: zerschnittene Landschaft) oder

  4. als Gleichsetzung (Prädikationsmetapher: Migranten werden zur Flut., auch: die Marke Schweiz, eine Landschaft als Kapital).

Optional kann an dieser Stelle die Einheit erweitert werden, indem darauf hingewiesen wird, dass Metaphern auch visuell und multimodal repräsentiert werden können. Nach Forceville (2006: 384) sind bei multimodalen Metaphern Bildspender und -empfänger in unterschiedlichen Zeichenmodalitäten repräsentiert. Es können aber auch beide Bereiche verbal realisiert werden und nur ergänzend wird einer der Bereiche visuell oder in einer anderen Modalität repräsentiert (vgl. Gredel 2014: 201). Dadurch entstehen semantisch besonders „dichte“ Textstellen (vgl. Stöckl 2010: 62), die kohärenzstiftend wirken. Im Unterricht könnten dazu die Bilder von der Wikipedia-Artikelseite genutzt werden, die Flüchtende von Weitem auf Brücken und Straßen(-seiten), einem Wasserstrom ähnelnd bzw. als strömende oder überflutende Massen zeigen (vgl. Abb. 3; auch Gredel / Flinz 2019)15.

Abbildung 3
Abbildung 3

Bilder aus der Wikipedia-Artikelseite (Wikipedia 2023a).

Aufgabe 4: Welche sprachlichen Erscheinungsformen haben die Metaphern in Beleg (7) und (8)? Können Metaphern noch weitere sprachliche (und nichtsprachliche) Erscheinungsformen haben? Betrachten Sie den Artikel Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 mit Blick auf visuelle und multimodale Metaphern.

Antwort 4: Opfer werden zur Flut = Prädikationsmetapher; Europa mit Migranten überfluten = Verbalmetapher

Im virtuellen Korpus findet man zudem viele Metaphernkomposita (Flüchtlingswelle, -strom, -zustrom) sowie nominale Metaphern Wellen von Flüchtlingen oder Flüchtlinge in Wellen, Strom an Migranten, Flut von Migranten sowie weitere Verbalmetaphern wie strömen.

Im Artikel findet man einige Bilder, die Flüchtlinge so darstellen, dass sie an einen Wasserstrom oder eine Überflutung erinnern (vgl. Abb. 3). Wenn im Begleit- oder Bildtext Wassermassemetaphern oder Flüchtlinge erwähnt werden, so kann von einer multimodalen Metapher gesprochen werden.

III. Korpuslinguistische Einheit und diskurslinguistisches Moment

In dieser Einheit werden Lernende zwei virtuelle Korpora erstellen: ein Korpus mit dem Text des Artikels Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 (vgl. Wikipedia 2023a) und eines mit dem Text aus den zugehörigen Diskussionsseiten (vgl. Wikipedia 2022). Beide Korpora stellen ein Diskursfragment dar, das nun mit AntConc untersucht wird.

Anleitung zur Korpus-Erstellung:

  1. Laden Sie bitte das kostenlose Konkordanzprogramm AntConc (vor dem Unterricht) unter https://www.laurenceanthony.net/software/antconc/ herunter. In folgender Einheit wird mit der Version AntConc 3x series Windows (3.5.9) gearbeitet.

  2. Kopieren Sie den gesamten Text des Artikels Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 in ein Dokument und den Text der Diskussionsseiten, der in verschiedenen Archiven gespeichert ist, in ein zweites Dokument16.

  3. Speichern Sie jeden Text im txt-Format, z.B. im Notepad, und geben Sie jeder Datei einen Namen. Löschen Sie im kopierten Text alle Bilder und Metainformationen.

  4. Öffnen Sie das Konkordanzprogramm AntConc und klicken Sie auf den Reiter File und dann Open File(s). Wählen Sie eine oder beide erstellte Datei(en), die blau gefärbt wird bzw. werden. Man kann nämlich beide Dateien gleichzeitig oder getrennt bearbeiten.

  5. Damit AntConc alle Sonderzeichen erkennt, klicken Sie bitte auf Global Settings - Edit: Standard encodings: Auto detect17.

Nun kann mit der Untersuchung des Diskursfragments angefangen werden. Im DaF-/DaZ-Unterricht kann man AntConc zunächst einsetzen, um die häufigsten Diskurs-Types im virtuellen Korpus automatisch berechnen zu lassen. Die sog. Wordlist gewährt den Lernenden einen Einblick in die zentralen diskursiven Einheiten, in die (potenziellen) Bildspender bei Metaphern sowie in die thematischen Schwerpunkte des Diskursfragments. Dieser erste Schritt soll für jede Datei separat durchgeführt werden.

Aufgabe 5: Erarbeiten Sie eine Wortliste der häufig gebrauchten Wörter im virtuellen Korpus.

Antwort 5:

  1. Wählen Sie den Reiter Word List und erstellen Sie eine Liste der häufig vorkommenden Wörter im Text (sog. Tokens).

  2. Mit Start starten Sie die automatische Berechnung der häufigsten Wörter, die im Fenster angezeigt werden.

  3. Links oben klicken Sie auf File und dann auf Save Output to Text File, um die Wortliste im txt-Format zu speichern.

  4. Öffnen Sie die txt-Datei im Notepad und kopieren Sie den Inhalt in eine Excel-Datei. Nun können Sie die Wortliste in der Excel-Tabelle bearbeiten, indem Sie z.B. die Funktionswörter (der, die, das, mit, dass, noch usw.) und weniger häufige Wörter löschen18. Reduzieren Sie die Wortliste so lange, bis Sie die häufigsten 20 bzw. 30 Wörter erhalten.

Den Schwerpunkt der Analyse stellt jedoch die korpuslinguistische Ermittlung von Metaphernkomposita aus dem Bildfeld Wassermasse und ihr kontextueller Gebrauch dar, was in AntConc mit den Softwarefunktionen Concordance, Concordance-Plot und Collocations untersucht wird. „Metaphernkomposita“ (Thurmair 2000: 23) oder „Kompositions- oder Kompositummetaphern“ (Skirl 2010: 23) „sind Determinativkomposita der Form AB, bei denen A oder B als metaphorisch gebraucht verstanden wird“ (Skirl 2010: 25) wie Flüchtlingsflut. Es handelt sich um „die kürzestmögliche formale Realisierung von Metaphern“ (Skirl 2010: 25), eine Sonderform, die nicht selten ist und mit AntConc relativ einfach erarbeitet werden kann. Bei Metaphernkomposita ist die Wortbildungsbedeutung semantisch unbestimmt und besagt nichts mehr als „B hat etwas mit A zu tun“ (Willems 2001: 150). Das semantische Verhältnis beider Konstituenten stellt eine weitreichende Interpretationsleistung dar und ergibt sich nicht aus der Wortbildungsstruktur und -bedeutung des Kompositums (vgl. Skirl 2010: 28)19.

Aufgabe 6: Suchen Sie nun in beiden erstellten Korpora nach Komposita mit den Personenbezeichnungen aus 4.1: Flüchtling*, Geflüchteter*, Migrant* und Asylant* sowie Asylbewerber*20. Sind unter den Komposita auch Metaphern vorzufinden? Gruppieren Sie die eruierten Metaphernkomposita nach Bildspendern und bestimmen Sie die Bildempfänger.

Antwort 6: In Tabelle 4 sind die Bildspender- und -empfänger sowie die Metaphernfelder der eruierten Metaphernkomposita aufgeführt.

Tabelle 4

Eruierte Metaphernkomposita, analysiert nach Bildspender, Bildempfänger und Bildfeld.

Metapher Bildspender Bildempfänger Bild-/Metaphernfeld
Flüchtlingswelle Welle Flüchtlinge Wassermasse-M
Migrantenstrom Strom Migranten -//-
Migrationszustrom Zustrom Migration -//-
Asylantenflut Flut Asylant Wassermasse- ODER Naturkata-strophen-Metapher
Flüchtlingsansturm Ansturm Flüchtlinge Kriegsmetaphem
Flüchtlingswelle Welle Flüchtlinge Wassermasse-M
Migrantenstrom Strom Migranten -//-
Migrationszustrom Zustrom Migration -//-
Asylantenflut Flut Asylant Wassermasse- ODER Naturkata-strophen-Metapher
Flüchtlingsansturm Ansturm Flüchtlinge Kriegsmetaphem

Aufgabe 7: Formulieren Sie nun die Suchanfragen mit Bildspendern, indem Sie nur den Wortstamm verwenden (welle, strom, flut, schwemme usw., s. auch Beleg (8)), um unterschiedliche sprachliche Erscheinungsformen von Metaphern zu finden. Können Sie noch weitere Metaphernrepräsentationen ausmachen?

Antwort 7: Welle, eine Welle/Wellen von Migranten, Ströme, Strom an Migranten, Hauptstrom der Flüchtlinge, strömen, Zustrom der Flüchtlinge/Migranten, Zustrom von Flüchtlingen/Asylsuchenden usw.

Einige Metaphern bilden im analysierten Diskursfragment Muster mit Leerstellen, die je nach Kotext gefüllt werden. Lernende können anhand von Parallelmetaphern wie etwa Wellen von Flüchtlingen, Wellen von Migranten, Wellen von Asylbewerbern das Muster Wellen von X bilden. Dadurch werden Aspekte wie das Kommen oder der Zielort (nach Y) hervorgehoben.

Aufgabe 8: Suchen Sie in beiden virtuellen Korpora Parallelmetaphern wie Wellen von Flüchtlingen, Wellen von Migranten und formulieren Sie die metaphorischen Muster mit Leerstellen Wellen von X.

Antwort 8: Wellen von X, X kommen in Wellen, X strömen nach Y usw.

Zudem bietet sich an dieser Stelle an, in anderen Sprachversionen in Wikipedia zu recherchieren, um festzustellen, ob dort auch Wassermasse- und Naturkatastrophen-Metaphern vorzufinden sind. Von entscheidender Bedeutung ist, welche metaphorischen Muster sprachlich und visuell bzw. multimodal in unterschiedlichen Sprachversionen dominieren und wie sie in Metaphernfeldern organisiert sind21. Diese Erweiterung stellt eine „detaillierte[…] Reflexion über die kulturelle Gebundenheit von kommunikativen deutschsprachigen Handlungsmustern im Vergleich mit entsprechenden Mustern aus anderen (Fremd-)Sprachen“ (ZfA 2009: 48) dar, die im Rahmenplan ‚Deutsch als Fremdsprache‘ für das Auslandsschulwesen für die Referenzniveaus B2 und C1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens vorgesehen ist (vgl. ZfA 2009: 39).

III.a Diskurssemantische Korpusanalyse

Nachdem die Metaphern(-komposita-)tabelle nach Bildfeldern erstellt wurde, folgt die lexikographische (s. II) und die kontextuelle Erschließung ihrer Bedeutung, denn die denotative und die konnotative Metaphernbedeutung entwickelt sich aus dem spezifischen diskursiven Umfeld und ist folglich dynamisch bzw. veränderbar. Einzelne Metaphern sollen nun in Gruppen analysiert werden. Um das zu untersuchen, kann man bei kleineren virtuellen Korpora wie bei den hier erstellten bereits aus Konkordanzen (Concordance) viel über ihren Gebrauch erfahren.

Aufgabe 9: Erschließen Sie die Bedeutung der eruierten Metaphern(-komposita) mit Hilfe von Online-Wörterbüchern und anhand der Ko- und Kontextanalyse mit den Funktionen Concordance und Collocations.

Antwort 9: Für die lexikographische Analyse der eruierten Metaphern siehe Einheit II. Aus den Konkordanzen und der Kollokationsanalyse kann man diskursrelevante Attribute oder Prädikationen eruieren, die auf die negative Bewertung von Wassermasse- und Naturkatastrophe-Metaphern verweisen. So werden beispielsweise Flüchtlingsströme als irregulär, groß, wachsend und anhaltend und Flüchtlingswellen als drohend charakterisiert. Zusammen mit Bildern, die Flüchtende in Weitwinkel-Ansicht als strömende und überflutende Massen zeigen, werden die meist konventionalisierten Metaphern in ihrer metaphorischen Wirkung aufgefrischt.

Es kann zudem reflektiert werden, welche Bedeutungsunterschiede durch Metaphern wie Flüchtlingsstrom, -zustrom oder -welle sowie -flut und -tsunami entstehen bzw. welche Aspekte durch eine bestimmte Metapher hervorgehoben werden. Während beispielsweise die (Zu-)Strom-Metaphern auf kontinuierliche Wasserzuläufe aus mehreren Richtungen hinweisen, was das Ausmaß der Zuwanderungsbewegung unterstreicht, heben Wellen-Metaphern hervor, dass die Flüchtlingsbewegung einmalig oder regelmäßig wiederkehrende plötzlich aufkommenden Massen darstellt. Sind diese Metaphernrepräsentationen weitgehend neutral und bezeichnen eine große Menge von Fliehenden oder schwingt mit diesen Metaphernrepräsentationen eine negative Konnotation wie Bedrohung mit? Dies soll in der folgenden Einheit anhand der Diskussionsbeiträge der Wikipedia-Autor:innen zum adäquaten Metapherngebrauch näher betrachtet werden.

III.b Diskurspragmatische Korpusanalyse

Um den sensiblen Gebrauch von Wassermasse- und Naturkatastrophen-Metaphern näher zu explorieren, bietet sich ein Blick in das Korpus aus Wikipedia-Diskussionsseiten an. Dort werden die vermeintlich richtigen Benennungen für die diskursrelevanten Konzepte diskutiert. Mit Blick auf Metapherngebrauch wird zum einen die Konnotation von einzelnen Metaphern(-komposita) thematisiert und zum anderen der Gebrauch von Wassermasse- und Naturkatastrophenmetaphern für die von der Flucht Betroffenen sprachkritisch ausgehandelt (vgl. Polajnar 2022). Die divergierenden Meinungen der Wikipedia-Autor:innen können zunächst schriftlich festgehalten und dann mit den Diskurspositionen der Wissenschaftler:innen aus der aktivierenden Einheit verglichen werden. In einem nächsten Schritt sollen die Ergebnisse im Rahmen einer Pro-Contra-Diskussion von den Lernenden diskutiert werden.

Aufgabe 10: Betrachten Sie nun die kontextuelle Einbettung von gefundenen Wassermasse-Metaphern. Wie werden Metaphern auf den Diskussionsseiten verwendet? Werden sie gebraucht,

  • a) um die Flüchtlingsbewegung und Flüchtlinge zu bezeichnen oder

  • b) um über Metaphern zu sprechen (Metasprachdiskurs)?

Explorieren Sie den Metapherngebrauch mithilfe der Funktion Concordance und Concordance-Plot. Werden Wassermasse- und Naturkatastrophen-Metaphern als neutral empfunden oder verbinden sie die Wikipedia-Autor:innen mit bestimmten Wertungen? Wann kommen sie im Diskurs vor?

Antwort 10: Auf den Diskussionsseiten werden Wassermasse- und Naturkatastrophen-Metaphern vorwiegend metasprachlich kommentiert und sind Teil des Metasprachdiskurses. Interessanterweise kommen sie im deutschen Diskursfragment relativ am Anfang seiner Genese in drei Diskursepisoden (September 2015, November 2015 und November 2016) vor. Es handelt sich um sprachkritische Kontroversen zu Lemma-, Bildüberschrift- und Bildtext-Änderungen. Indem einzelne Wikipedia-Autor:innen sprachkritisch auf metaphorische Mechanismen und Zusammenhänge verweisen, können sie in der Wikipedia-Gemeinde die Sensibilisierung für inadäquaten Metapherngebrauch und seine Auswirkung stärken.

In einer sprachübergreifenden Perspektive ließe sich untersuchen, ob ein Metasprachdiskurs mit Blick auf Metaphern geführt wird22.

Aus diskurspragmatischer Perspektive sind jedoch auch die Wikipedia-Artikelseiten interessant und zwar mit Blick darauf, ob Metaphern in Aussagen (Zitaten) relevanter Diskurs-Akteur:innen vorkommen. Es fällt auf, dass gerade in Aussagen Flüchtlinge häufig als große, unkontrollierte und drohende Ströme, Wellen oder ein Zustrom dargestellt werden, die reduziert, gedrosselt und gestoppt werden müssten, denn sie repräsentierten ein Risiko für die nationale Sicherheit. Auch dieser Aspekt des Metapherngebrauchs lässt sich in unterschiedlichen Sprachversionen explorieren23.

5. Resümee

Ziel dieses Beitrags war es aufzuzeigen, wie diskurslinguistische Fragestellungen mit Korpora internetbasierter Kommunikation bearbeitet und in didaktische Kontexte einbezogen werden können, und zwar an einem höchst aktuellen Diskurs zu Flüchtlingsbewegungen seit 2015. Dabei ist nicht nur für das Diskursthema selbst, sondern auch für die im Diskurs verwendete Sprache zu sensibilisieren. Deshalb wurden exemplarisch Personenbezeichnungen sowie Wassermasse-Metaphern, mit denen im Diskursfragment der Wikipedia auf Flüchtende und die Flucht an sich Bezug genommen wird, identifiziert, analysiert und reflektiert. Die vorgestellten Unterrichtsentwürfe lassen sich variabel erweitern: Nach dem Muster beider Szenarien können weitere zentrale lexikalisch-semantische Einheiten sowie visuelle und multimodale Ausprägungen von Wassermasse-Metaphern in Bildinventaren (vgl. Polajnar 2022) analysiert werden. Außerdem können weitere gesellschaftspolitische Diskursthemen wie Gender und geschlechtergerechte Sprache in den Blick genommen werden (vgl. Gredel 2022).

Ein DaF-/DaZ-Unterricht, der sich diesem Vorhaben korpusgestützt und aus diskurslinguistischer Perspektive widmet, kann auf besondere Weise zeigen, dass sich Wortbedeutungen aus einem spezifischen Kontext heraus entwickeln und insofern veränderbar und verhandelbar sind. Insbesondere die Durchsicht von Metasprachdiskursen kann Lernenden verschiedene Perspektiven auf Sprachverwendung aufzeigen, darunter potenzielle Probleme, die ihnen zuvor nicht bewusst waren. Sie regt zur Reflexion derselben an und schafft idealerweise Sprachsensibilität. Noch viel grundlegender führen die problem- und reflexionsorientierten didaktischen Szenarien zur Erkenntnis, dass Sprache sich nicht auf das beschränkt, was im Wörterbuch steht, sondern in kommunikativen Prozessen wächst. Hier kann auch darauf verwiesen werden, dass sich Wörterbucheinträge infolge solcher Aushandlungsprozesse auch ändern können und die Online-Enzyklopädie Wikipedia mit ihrer besonderen Dynamik ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist.

Notes

  1. Näheres zum Begriff „digitale Diskursfragmente“ vgl. Gredel / Mell (2022). [^]
  2. Beim Flüchtlingsdiskurs handelt es sich um einen diskursiv geprägten Begriff, der im Beitrag zur Benennung des Diskurses aufgegriffen wurde. [^]
  3. Im Idealfall steht jeder:m Lernenden ein Computer zur Verfügung. [^]
  4. Eine solche Perspektive auf die hier thematisierten konkurrierenden Termini nehmen Flinz / Gredel (2019) ein. [^]
  5. Exemplarisch wurden sieben Sprachversionen durchgesehen: die englische, spanische, dänische, französische, italienische, niederländische und türkische. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass die englische und spanische Version wie die deutsche ein separates Kapitel zur Terminologie enthalten, welches an erster Stelle im Inhaltsverzeichnis steht. Nahezu analog zum deutschen werden im englischen Artikel verschiedene Termini aus unterschiedlichen Perspektiven problematisiert. Das Terminología-Kapitel im Spanischen besteht dagegen lediglich aus einem Zitat, nach welchem die Mehrheit der Migranten in diesem Kontext keine Flüchtlinge, sondern Wirtschaftsmigranten auf der Suche nach einem besseren Leben seien und ist somit vergleichsweise präskriptiv. In allen betrachteten Sprachversionen wird der Begriff Migrant differenziert, diese Differenzierung wird jedoch nicht immer kommentiert (so etwa in der dänischen, italienischen und niederländischen Version). Interessant ist auch die Bezeichnung des Themas selbst: In allen Sprachversionen bildet Flüchtlingskrise das Lemma. Einzig die englische Artikelseite gibt Syrian refugee crisis als alternative Bezeichnung an. In der spanischen Version wird die ‚Krise‘ als situación humanitaria crítica (‚kritische humanitäre Situation‘) referiert. [^]
  6. Die Einträge des Dudens (2023b) sind (auch) online zugänglich, werden regelmäßig aktualisiert und auf der Grundlage eines Korpus erstellt. [^]
  7. Das DWDS (2023) ermöglicht nicht nur das Nachschlagen einzelner Wörter, sondern auch die Recherche in Referenz-, Metadaten-, Zeitungs-, Web-, und Spezialkorpora. Durch seine übersichtliche Aufbereitung und die Vernetzung unterschiedlicher Korpus-Tools sowie das Angebot sogenannter Wort-Spiele schafft es vor allem für Lernende einen guten Einstieg in die korpusbasierte Sprachanalyse. Unter den Spezialkorpora ist auch ein Wikipedia-Korpus zu finden. Da aber in diesem Beitrag die Diskussionsseiten der Wikipedia im Fokus stehen und diese im DWDS-Wikipedia-Korpus nicht eingeschlossen sind, bietet sich die Ressource für die nachfolgend skizzierte korpuslinguistische Einheit nicht an. [^]
  8. Bei den zitierten Wörterbuchartikeln des Duden wurde je nach der männlichen Form gesucht, wobei die weiblichen in separaten Artikeln aber identisch definiert sind. Im DWDS sind beide Formen zusammen erfasst. Hyperlinks der Wörterbucheinträge wurden in der Tabelle fett markiert. [^]
  9. Wörterbucheintrag zu Flüchtling. https://www.dwds.de/wb/Flüchtling (28.04.2023). [^]
  10. Im exemplarischen Fall von Flüchtling kann der Einbezug morphologischer Informationen gewinnbringend sein: Im Wörterbuchartikel des DWDS kann das Affix als Hyperlink angewählt werden, wodurch Lernende auf die gelegentlich negative Konnotation von -ling hingewiesen werden. [^]
  11. Durch den Grundformoperator werden sämtliche ermittelte Flexionsformen eingeschlossen. Im Fall von Geflüchtete:r ergibt die Suche mit dem Grundformoperator keine Treffer. Deshalb werden die drei möglichen Flexionsformen mit dem logischen Operator ODER in das Suchfenster eingetragen, sodass COSMAS II alle Treffer findet, in denen mindestens einer der Suchbegriffe vorkommt. Die Suchanfragen sind möglichst weit simplifiziert, da im DaF-/DaZ-Unterricht kein tiefergehendes korpuslinguistisches Wissen vorausgesetzt werden kann. Gegenderte Formen (z.B. Migrantin) sowie alternative Schreibweisen (z.B. Fluechtling) werden nicht berücksichtigt. [^]
  12. Insbesondere bei Geflüchtete:r ist dieser Schritt wichtig, um verbale und adjektivische Verwendungsweisen so gut wie möglich aus der Suche auszuschließen. [^]
  13. Wörterbucheintrag zu Flut. https://www.dwds.de/wb/Flut (28.04.2023). [^]
  14. Im DWDS kann man unter Wortbildung 15 Komposita mit Flut- einsehen. Darunter ist nur Flutlicht metaphorisch. [^]
  15. Bei der Beschreibung von visuellen und multimodalen Metaphern ist es von Bedeutung, dass man etwa die Perspektive, Einstellungsgröße, Blick des/der Abgebildeten, aus welchem Winkel die Abgebildeten dargestellt werden und wie der Bildraum strukturiert ist (links/rechts, oben/unten), berücksichtigt (vgl. Kress / Leeuwen 2006: 121). [^]
  16. D.h.: Sie öffnen jedes Archiv und kopieren den gesamten Text. [^]
  17. Video Tutorial dazu unter https://youtu.be/kwkX5l5vyr4?list=PLiRIDpYmiC0Ta0-Hdvc1D7hG6dmiS_TZj (28.04.2023). [^]
  18. Rank = Rang, Freq.= Frequenz. [^]
  19. Während bei lexikalisierten Komposita die Bedeutung weitgehend „über den konventionell etablierten Sprachgebrauch gegeben und als fester Eintrag im mentalen Lexikon repräsentiert ist“ (Skirl 2010: 28), sind bei innovativen Metaphernkomposita der Ko- und Kontext für die Identifikation sowie für die Bedeutungszuweisung zentral. [^]
  20. Der Platzhalteroperator * steht für 0-n Zeichen. Beispielsweise ermittelt man mit einer Suchanfrage wie Mond* Formen wie Mond, Mondes, Mondschein. [^]
  21. Die sprachübergreifende synchrone Analyse von (multimodalen) Wassermasse-Metaphern beispielsweise im englischen und deutschen Diskursfragment zeigt, dass diese in beiden Diskursfragmenten zu einem vielfältigen, multimodalen Metaphernfeld ausgebaut werden, wobei sie Flüchtlinge als Gefahr, Bedrohung und Sicherheitsrisiko imaginieren. Trotz einer geringeren Metaphernfrequenz zeigt das deutsche Diskursfragment ein noch vielfältiges Metaphernfeld als das englische, wobei unterschiedliche Bilder dominant gesetzt werden. Während im englischen Diskursfragment die multimodalen Zustrom-Metaphern dominieren, wird das deutsche Diskursfragment durch die multimodalen Strom-Metaphern strukturiert, die häufig kausal mit Metaphern des Drucks vernetzt werden, was bedeutend zum Bild der Bedrohung und Gefahr durch Ströme von Flüchtenden beiträgt (s. z.B. erheblicher Migrationsdruck an den EU-Außengrenzen). Das multimodale Metaphernfeld wird in beiden Diskursfragmenten zudem durch die konventionalisierten Wellen-Metaphern und selten durch die expressiven Naturkatastrophen-Metaphern der Flut oder des Tsunamis (nur im deutschen Diskurs) ausgebaut und potenziert. [^]
  22. Interessanterweise konnten im Gegensatz zum deutschen Diskursfragment weder auf den englischen Diskussionsseiten noch auf der Artikelseite sprachkritische Kommentare zum unsensiblen und inadäquaten Metapherngebrauch im Flüchtlingsdiskurs rekonstruiert werden. Dies scheint auch der Grund für eine niedrigere Frequenz von Wasserlauf-Metaphern im deutschen Diskursfragment zu sein, denn im „Migrationsdiskurs der Bundesrepublik Deutschland“ nach dem Zweiten Weltkrieg (vgl. Niehr 2020: 228) haben der sprachkritische Metadiskurs hinsichtlich des Metapherngebrauchs und die damit einhergehende Sensibilisierung für einen adäquaten Metapherngebrauch lange Tradition. [^]
  23. Eine erste Analyse deutscher und englischer Wikipedia-Artikel zeigt, dass beide durch unkritische Reproduktion von massenmedial verbreiteten Aussagen diskursrelevanter Akteure beeinflusst werden, die Wassermasse-Metaphern mit argumentativer und manipulativer Funktion einsetzen, um ihre (politischen) Handlungen zu legitimieren. [^]

Literatur und Ressourcen

Bartz, Thomas / Radtke, Nadja (2014): Digitale Korpora im Deutschunterricht: Didaktisches Potenzial. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 42: 1, 130–143.

Brambilla, Marina / Flinz, Carolina (2020): Migrationsdiskurse in deutschen und italienischen Zeitungen: eine interlinguale datengeleitete Untersuchung. In: Brambilla, Marina / Flinz, Carolina / Luppi, Rita (2020): Deutsch im Vergleich: Texte und Diskurse (Themenheft). Annali. Sezione Germanica 30 (2020). Napoli: UniorPress, 189–212. http://www.serena.unina.it/index.php/aiongerm/article/view/8224/8945.

Bubenhofer, Noah (2009): Sprachgebrauchsmuster. Korpuslinguistik als Methode der Diskurs- und Kulturanalyse. Sprache und Wissen 4. Berlin / Boston: de Gruyter.

Bubenhofer, Noah (2023a): DeReKo und COSMAS II des Instituts für Deutsche Sprache (IDS): Einführung. https://www.bubenhofer.com/korpuslinguistik/kurs/index.php?id=cosmas_einfuehrung.html (13.07.2023).

Bubenhofer, Noah (2023b): Mit AntConc arbeiten. https://www.bubenhofer.com/korpuslinguistik/kurs/index.php?id=eigenes_AntConc.html (13.07.2023).

Busse, Dietrich / Teubert, Wolfgang (1994): Ist Diskurs ein sprachwissenschaftliches Objekt? Zur Methodenfrage der historischen Semantik. In: Busse, Dietrich / Hermanns, Fritz / Teubert, Wolfgang (Hrsg.): Begriffsgeschichte und Diskursgeschichte. Methodenfragen und Forschungsergebnisse der historischen Semantik. Opladen: Westdeutscher Verlag, 10–28.

Chudak, Sebastian / Nardi, Antonella (2016): Dimensionen der Authentizität im DaF- und DaZ- Unterricht. In: Chudak, Sebastian / Drumbl, Hans / Nardi, Antonella / Zanin, Renata (Hrsg.): IDT 2013. Medien in Kommunikation und Unterricht Bd. 6 – Sektionen F2, F3, F4. Bozen: Bozen-Bolzano University Press, 39–53.

COSMAS II (2023a): Corpus Search, Management and Analysis System. https://cosmas2.ids-mannheim.de/cosmas2-web/faces/home.xhtml (26.04.2023).

COSMAS II (2023b): Korpora. https://www2.ids-mannheim.de/cosmas2/projekt/referenz/korpora.html (26.04.2023).

Dang-Anh, Mark / Einspänner, Jessica / Thimm, Caja (2013): Kontextualisierung durch Hashtags: die Mediatisierung des politischen Sprachgebrauchs im Internet. In: Diekmannshenke, Hajo / Niehr, Thomas (Hrsg.): Öffentliche Wörter: Analysen zum öffentlich-medialen Sprachgebrauch Bd. 9. Perspektiven Germanistischer Linguistik. Stuttgart: ibidem, 137–159.

Deutsche Auslandsschularbeit International [ZfA] (2009): Rahmenplan „Deutsch als Fremdsprache“ für das Auslandsschulwesen. https://www.auslandsschulwesen.de/SharedDocs/Downloads/Webs/ZfA/DE/DSD/DaF-Rahmenplan.pdf?__blob=publicationFilev=2 (26.04.2023).

Dobstadt, Michael / Herzig, Katharina / Riedner, Renate / Vázquez, Valeria (2022): DaF_Z digital: Open-Source-Didaktik. Impulse für eine postdigitale Transformation von Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 27: 1, 397–413.

Duden (2023a): Duden – mehr als ein Wörterbuch. https://www.duden.de (26.04.2023).

Duden (2023b): Wie kommt ein Wort in den Duden? https://www.duden.de/ueber_duden/wie-kommt-ein-wort-in-den-duden (26.04.2023).

DWDS (2023): Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. https://www.dwds.de (26.04.2023).

Fandrych, Christian / Tschirner, Erwin (2007): Korpuslinguistik und Deutsch als Fremdsprache. Ein Perspektivenwechsel. In: Deutsch als Fremdsprache 44: 4, 195–204.

Felder, Ekkehard (2012): Pragma-semiotische Textarbeit und der hermeneutische Nutzen von Korpusanalysen für die linguistische Mediendiskursanalyse. In: Felder, Ekkehard / Müller, Marcus / Vogel, Friedemann (Hrsg.): Korpuspragmatik. Berlin / Boston: de Gruyter, 115–174.

Flinz, Carolina / Gredel, Eva (2019): Bildinventare und konkurrierende Termini im Flüchtlingsdiskurs in der Wikipedia. Eine kontrastive Diskursanalyse der deutschen und der italienischen Sprachversion. In: Schiewe, Jürgen / Niehr, Thomas / Moraldo, Sandro M. (Hrsg.): Sprach(kritik)kompetenz als Mittel demokratischer Willensbildung: sprachliche In- und Exklusionsstrategien als gesellschaftliche Herausforderung. Greifswalder Beiträge zur Linguistik 12. Bremen: Hempen Verlag. 177–196.

Flinz, Carolina (2022): #Verschwörungstheorien, #teorie del complotto. Eine deutsch-italienische Vergleichsstudie zum Corona-Impfverschwörungsdiskurs. In: Muttersprache 4/2022, 331–347.

Flinz, Carolina / Mell, Ruth Maria (2023): Digitale Medien als Identitätsräume – Eine Analyse deutscher und italienischer Tweets zum Coronaleugner-Diskurs 2021. In: Analisi Linguistica e Letteraria XXXI (2023) 5–24; https://www.analisilinguisticaeletteraria.eu/index.php/ojs/article/view/542/458.

Flinz, Carolina / Leonardi, Simona (2023): The Migration Crisis in the Italian Press Discourse – a Corpus-based Approach. In: Fabian, Annamaria (Hrsg.): The representation of ´refugees´ and “migrants” in the European national media discourses from 2015 to 2017 – a contrastive approach (Corpuslinguistics). Berlin, Metzler, 163–194.

Flinz, Carolina / Luppi, Rita / Mell, Ruth Maria (i.E.): Korpusgestützte Diskursanalyse und ihre Anwendbarkeit für den DaF-Unterricht am Beispiel des Klima-Diskurses. In: Pieklarz-Thien, Magdalena / Chudak, Sebastian / Przybył, Jakub (Hrsg.): Forschungsgegenstände und ihre Verwendungsfelder. Exkurse zur Erforschung des Lehrens und Lernens fremder Sprachen. Göttingen: Vandenhoeck Ruprecht.

Forceville, Charles (2006): Non-verbal and multimodal metaphor in a cognitivist framework: Agendas for research. In: Kristiansen, Gitte / Achard, Michel / Dirven, René / Ruiz de Mendoza Ibáñez, Francisco J. (Hrsg.): Cognitive Linguistics: Current Applications and Future Perspectives. Berlin / New York: de Gruyter, 379–402.

Europarat, Rat für Kulturelle Zusammenarbeit (2001): Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Berlin u.a: Langenscheidt.

Gredel, Eva (2014): Diskursdynamiken: Semiotische Muster in den Domänen Journalismus, Politik, Werbung, Wissenschaft. Eine quantitativ fundierte Diskursanalyse. Berlin / New York: de Gruyter.

Gredel, Eva (2018): Digitale Diskurse und Wikipedia. Wie das Social Web Interaktion im digitalen Zeitalter verwandelt. Dialoge. Tübingen: Narr Francke Attempto.

Gredel, Eva (2020): Digitale Diskursanalysen: Das Beispiel Wikipedia. In: Marx, Konstanze / Lobin, Henning / Schmidt, Axel (Hrsg.): Deutsch in Sozialen Medien. Berlin / Boston: de Gruyter, 247–264.

Gredel, Eva (2021): Wikipedistik in Vermittlungskontexten des DaF-/DaZ-Unterrichts. Kollaborative Textproduktion mithilfe von CMC-Korpora analysieren und reflektieren. In: Korpora Deutsch als Fremdsprache 1: 2, 74–94.

Gredel, Eva (2022): Diskursdynamiken zum Gender Bias in der Online-Enzyklopädie Wikipedia. In: Deutsche Sprache 50: 3, 196–213.

Gredel, Eva / Herzberg, Laura / Storrer, Angelika (2018): Linguistische Wikipedistik. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 46: 3, 480–493.

Gredel, Eva / DFG-Netzwerk „Diskurse - digital“ (Hrsg.) (2022): Diskurse – digital: Theorien, Methoden, Anwendungen. Diskursmuster / Discourse Patterns 30. Berlin / Boston: de Gruyter.

Gredel, Eva / Mell, Ruth Maria (2022): Digitale Diskursfragmente. In: Gredel, Eva / Netzwerk „Diskurse – digital“ (Hg.) (2022): Diskurse – digital. Theorien, Methoden und Anwendungen. Berlin/ Boston: De Gruyter (= Diskursmuster 30), 47–74.

Gür-Şeker, Derya (2019): Kontrastive Diskurslinguistik und methodische Perspektivierungen auf Online-Diskurse. In: Rocco, Goranka / Schaffroth, Elmar (Hrsg.): Methoden der vergleichenden Diskurslinguistik. Germanistisch-romanistische Beiträge zur Methodenreflexion und Forschungspraxis. Bern: Peter Lang, 217–234.

Imo, Wolfgang / Weidner, Beate (2018): Mündliche Korpora im DaF und DaZ Unterricht. In: Kupietz, Marc / Schmidt, Thomas (Hrsg.): Korpuslinguistik. Berlin / Boston: de Gruyter, 231–252.

Kultusministerkonferenz [KMK] (2016): Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. https://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2018/Digitalstrategie_2017_mit_Weiterbildung.pdf (26.04.2023).

Kultusministerkonferenz [KMK] (2022): Bildungsstandards für das Fach Deutsch. Erster Schulabschluss (ESA) und Mittlerer Schulabschluss (MSA). https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2022/2022_06_23-Bista-ESA-MSA-Deutsch.pdf (26.04.2023).

Kralj, Saša / Polajnar, Janja (2021): Themendynamiken digitaler Diskurse: Eine kontrastive diskurslinguistische Analyse slowenisch- und deutschsprachiger Kommentarforen zum Abtreibungsgesetz in Polen. In: Linguistica 61: 1, 37–65.

Kress, Gunther / Leeuwen, Theodoor Jacob (2006): Reading Images: A Grammar of Visual Design. 2. Aufl. London / New York: Routledge.

Leisen, Josef (o.J.): Sprachsensibel CLIL unterrichten heißt von den Fremdsprachen lernen. In: Goethe Institut. https://www.goethe.de/de/spr/unt/kum/clg/20996387.html (26.04.2023).

Lobin, Henning (2021): Sprache in Netzen: Typen sprachlicher Netzwerke und ihre Analyse. In: Linguistica 61: 1, 9–21.

Lüdeling, Anke / Walter, Maik (2009): Korpuslinguistik für Deutsch als Fremdsprache. Sprachvermittlung und Spracherwerbsforschung. In: Fandrych, Christian / Hufeisen, Britta / Krumm, Hans-J. / Riemer, Claudia (Hrsg.): Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ein internationales Handbuch. 2. Halbband. Berlin / New York: de Gruyter, 315–322.

Margaretha, Eliza / Lüngen, Harald (2014): Building Linguistic Corpora from Wikipedia Articles and Discussions. In: Journal for Language Technology and Computational Linguistics 29: 2, 59–82.

Niehr, Thomas (2020): Migrationsdiskurs. In: Niehr, Thomas / Kilian, Jörg / Schiewe, Jürgen (Hrsg.): Handbuch Sprachkritik. Stuttgart: J.B. Metzler, 225–232.

Polajnar, Janja (2021): Verbal and multimodal metaphorical patterns in Wikipedia migration discourse. In: XLinguae 14: 2, 181–206.

Polajnar, Janja (2022): Diskursive Dynamiken von multimodalen Wasserlauf-Metaphern im Flüchtlingsdiskurs der Wikipedia: eine sprachübergreifende und mikrodiachrone Perspektivierung. In: Deutsche Sprache 50: 3, 251–280.

Polajnar, Janja / Gredel, Eva (2018): Diskursive Dynamiken zur Bologna-Reform. Eine kontrastive Analyse metaphorischer Muster im Deutschen und im Slowenischen. In: Gredel, Eva / Kämper, Heidrun / Mell, Ruth M. / Polajnar, Janja (Hrsg.): Diskurs - kontrastiv: Diskurslinguistik als Methode zur Erfassung transnationaler und sprachübergreifender Diskursrealitäten. Sprache – Politik – Gesellschaft 23. Bremen: Hempen, 122–149.

Röttger, Evelyn (2019): Sprachsensibler Fachunterricht. Versuch einer Standortbestimmung. In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 24: 1, 87–105.

Schlieker, Christian / Lehmann, Kai (2007): Verknüpft, Verknüpfter, Wikis. In: Lehmann, Kai / Schetsche, Michael (Hrsg.): Die Google-Gesellschaft. Vom digitalen Wandel des Wissens. 2., unveränderte Aufl. Bielefeld: transcript, 253–262.

Schmidt, Thomas / Fandrych, Christian / Frick, Elena / Schwendemann, Matthias / Wallner, Franziska / Wörner, Kai (2023): Zugänge zu mündlichen Korpora für DaF und DaZ. Projekt, Datengrundlagen, technische Basis. In: Korpora Deutsch als Fremdsprache 3: 1, 1–12.

Skirl, Helge (2010): Kompositummetaphern – semantische Innovation und textpragmatische Funktion. In: metaphorik.de 19, 23–45.

Stöckl, Hartmut (2010): Sprache-Bild-Texte lesen. Bausteine zur Methodik einer Grundkompetenz. In: Diekmannshenke, Hajo / Klemm, Michael / Stöckl, Hartmut (Hrsg.): Bildlinguistik. Berlin: Erich-Schmidt, 43–70.

Thimm, Caja / Dang-Anh, Mark / Einspänner, Jessica (2011): Diskurssystem Twitter. Semiotische und handlungstheoretische Perspektiven. In: Anastasiadis, Mario / Thimm, Caja (Hrsg.): Social Media: Theorie und Praxis digitaler Sozialität. Bonner Beiträge zur Medienwissenschaft 10. Frankfurt am Main u.a.: Lang, 265–285.

Thurmair, Maria (2000): Vergleich in der Wortbildung. In: Barz, Irmhild / Schröder, Marianne / Fix, Ulla (Hrsg.): Praxis- und Integrationsfelder der Wortbildungsforschung. Sprache – Literatur und Geschichte Bd. 18. Heidelberg: Winter, 219–238.

Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport [TM] (2022): Lehrplan für allgemein bildende Schulen Sekundarstufe I. Deutsch als Zweitsprache. https://www.schulportal-thueringen.de/media/detail?tspi=2458 (09.11.2023).

Wallner, Franziska (2013): Korpora im DaF-Unterricht – Potentiale und Perspektiven am Beispiel des DWDS. In: Revista Nebrija de Lingüística Aplicada 13, o.S.

Wallner, Franziska (2016): Corpus Literacy im DaF-Studium. In: Chudak, Sebastian / Drumbl, Hans / Nardi, Antonella / Zanin, Renata (Hrsg.): IDT 2013. Medien in Kommunikation und Unterricht Bd. 6 – Sektionen F2, F3, F4. Bozen: Bozen-Bolzano University Press, 273–288.

Warnke, Ingo H. (2013): Urbaner Diskurs und maskierter Protest – Intersektionale Feldperspektiven auf Gentrifizierungsdynamiken in Berlin Kreuzberg. In: Roth, Kersten Sven / Spiegel, Carmen (Hrsg.): Angewandte Diskurslinguistik. Felder, Probleme, Perspektiven. Diskursmuster / Discourse Patterns 2. Berlin: Akademie Verlag, 189–221.

Warnke, Ingo H. (2019): Text und Diskurslinguistik. In: Janich, Nina (Hrsg.): Textlinguistik. 15 Einführungen und eine Diskussion. 2., aktualisierte und erweiterte Aufl. Tübingen: Narr Francke Attempto, 35–53.

Wikipedia (2022): Diskussionsseite zum Artikel Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016. Bearbeitungsstand: 13.10.2022. https://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Flüchtlingskrise_in_Europa_2015/2016 (26.04.2023).

Wikipedia (2023a): Artikel Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016. Bearbeitungsstand: 19.03.2023. https://de.wikipedia.org/wiki/Flüchtlingskrise_in_Europa_2015/2016 (26.04.2023).

Wikipedia (2023b): Sprachen. Bearbeitungsstand: 20.04.2023. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Sprachenoldid=229872660 (26.04.2023).

Willems, Klaas (2001): Produktivität, syntaktische Struktur und Norm. Deskriptive Normregularitäten transparenter nominaler Wortbildungsmuster und kontrastive Wortbildungsforschung. In: Zeitschrift für Germanistische Linguistik 29, 143–166.

Biographische Notiz

A.o. Prof. Janja Polajnar studierte Germanistik und Anglistik an der Philosophischen Fakultät Ljubljana, Slowenien und promovierte an der Universität Regensburg im Bereich der Werbelinguistik. Seit 2004 arbeitete sie als Universitätsassistentin und seit 2017 als A.o. Prof. an der Abteilung für Germanistik der Philosophischen Fakultät Ljubljana. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich der kultur-kontrastiven und digitalen Diskurslinguistik, Korpuslinguistik, Textlinguistik, Werbelinguistik, Genderlinguistik und Lexikographie.

Kontaktanschrift:

A.o. Prof. Dr. Janja Polajnar Lenarčič

Abteilung für Germanistik mit Nederlandistik und Skandinawistik

Universität Ljubljana

Philosophische Fakultät

Raum: 324

Aškerčeva 2

1000 Ljubljana

Janja.PolajnarLenarcic@ff.uni-lj.si

Lena Rebhan, M.A., schloss ihr Studium 2021 an der Universität Mannheim mit dem Abschluss Master of Arts ab und ist seitdem wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Digitale Kommunikation in Vermittlungskontexten unter der Leitung von Prof. Dr. Eva Gredel an der Universität Duisburg-Essen. Sie forscht und lehrt im Bereich der digitalen Diskurslinguistik, Textlinguistik und Korpuslinguistik.

Kontaktanschrift:

Lena Rebhan, M.A.

Germanistische Linguistik: Digitale Kommunikation in Vermittlungskontexten

Universität Duisburg-Essen

Fakultät für Geisteswissenschaften

Institut für Germanistik

Raum: R11 T06 C39

Universitätsstraße 12

45141 Essen

lena.rebhan@uni-due.de