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ERWERB DER VERBSTELLUNG BEI NEU ZUGEWANDERTEN SEITENEINSTEIGER:INNEN IN DER SEKUNDARSTUFE. Eine Fallstudie aus dem DaZ-Lerner:innenkorpus SeiKo

Author: Julia Schlauch (Justus-Liebig-Universität Gießen)

  • ERWERB DER VERBSTELLUNG BEI NEU ZUGEWANDERTEN SEITENEINSTEIGER:INNEN IN DER SEKUNDARSTUFE. Eine Fallstudie aus dem DaZ-Lerner:innenkorpus SeiKo

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    ERWERB DER VERBSTELLUNG BEI NEU ZUGEWANDERTEN SEITENEINSTEIGER:INNEN IN DER SEKUNDARSTUFE. Eine Fallstudie aus dem DaZ-Lerner:innenkorpus SeiKo

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Abstract

Der Beitrag untersucht Aspekte des Zweitspracherwerbs von drei neu zugewanderten Schüler:innen (Seiteneinsteiger:innen) in Intensivklassen der Sekundarstufe. Für diese Lerner:innengruppe besteht wie für den Erwerbskontext der Intensivklasse ein drängendes Forschungsdesiderat. Im Fokus der vorliegenden Studie steht der Erwerb grammatischer Kompetenzen, die hier am Beispiel der Verbstellung im Deutschen untersucht werden. Anhand der Erwerbsstufen, die sich über zentrale Verbstellungsstrukturen wie Separation, Subjektinversion oder die Verbendstellung im Nebensatz beschreiben lassen, erfolgt ein Vergleich der Erwerbsgeschwindigkeit der hier beschriebenen Untersuchungsgruppe mit neu zugewanderten Lerner:innen in anderen Erwerbskontexten. 

This article examines aspects of the second language acquisition of three newly migrated pupils (lateral entry students) in intensive classes at secondary schools. For this group of learners, as for the acquisition context of intensive classes in general, there is an urgent research desideratum. The focus of the present study is on the acquisition of grammatical competences, which are examined here using the example of the position of the verb in German. Based on thed evelopmental stages, which can be described by central verb position structures such as separation, subject inversion or the verb-end-position in the subordinate clause, the study group is compared to recently migrated learners in other acquisition contexts based on the speed of acquisition. 

Keywords: Zweitspracherwerb, Deutsch als Zweitsprache (DaZ), Verbstellung, Erwerbsstufen, Seiteneinsteiger:innen, Intensivklassen, Lernerkorpus, second language acquisition, German as a second language (GSL), developmental stages, lateral entry students, intensive classes, learner corpus

How to Cite:

Schlauch, J., (2022) “ERWERB DER VERBSTELLUNG BEI NEU ZUGEWANDERTEN SEITENEINSTEIGER:INNEN IN DER SEKUNDARSTUFE. Eine Fallstudie aus dem DaZ-Lerner:innenkorpus SeiKo”, Korpora Deutsch als Fremdsprache 2(2), 43–62. doi: https://doi.org/10.48694/kordaf.3550

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22 Dec 2022
Peer Reviewed

1. Einleitung

Für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter ist die Integration in das deutsche Schulsystem ein erster und wichtiger Schritt hin zur gesellschaftlichen Teilhabe. Zwar wird der Auf- und Ausbau entsprechender Sprachkenntnisse des Deutschen dabei meist als Schlüssel für Partizipation und Bildungserfolg dieser Schüler:innen1 angesehen, dem gegenüber steht jedoch ein großes Forschungsdesiderat für diese Lerner:innen im Allgemeinen sowie für spezifische Erwerbskontexte integrativer Beschulung im Besonderen. Diese Lücke in der empirischen Grundlagenforschung wirkt sich nicht zuletzt auf bildungspolitische und didaktische Konzeptionen oder die Entwicklung sprachdiagnostischer Instrumente für diese sogenannten Seiteneinsteiger:innen aus. Doch während Zuwanderung in der Bundesrepublik Deutschland, die seit ihrem Bestehen als Einwanderungsland zu charakterisieren ist, eine Kontinuität darstellt, rücken Fragen zur schulischen Integration neu zugewanderter Schüler:innen in gesamtgesellschaftlichen (und nicht zuletzt auch medial repräsentierten) Diskursen interessanterweise meist im Kontext von Krisensituationen in den Vordergrund. Zuletzt wurde das im Kontext der Beschränkungen des Präsenzunterrichts im Zuge der COVID-19-Pandemie und möglichen Folgen für die Schüler:innen sowie der aktuell höheren Anzahl an Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, deutlich. Dabei fragte etwa die ZEIT im Rückblick auf das sogenannte Flüchtlingsjahr 2015 am 17.03.2022: Machen wir es diesmal besser?2.

Der vorliegende Beitrag nähert sich dem oben beschriebenen Forschungsdesiderat zum Zweitspracherwerb neu zugewanderter Schüler:innen, die sogenannte Intensiv- oder Willkommensklassen besuchen, indem er eine Fallstudie mit drei Schüler:innen zum Syntaxerwerb mit Forschungsergebnissen neu zugewanderter Schüler:innen aus anderen Erwerbskontexten vergleicht. Im Fokus steht dabei der Erwerb der Verbstellung, da es sich dabei zum einen um einen verhältnismäßig gut erforschten Erwerbsgegenstand handelt, der also verschiedene Anknüpfungspunkte für einen Vergleich bietet, und dem zum anderen eine gewisse Indikatorfunktion für den Spracherwerb im Allgemeinen zugeschrieben wird (vgl. z.B. Grießhaber 2012: 175). Von zentralem Interesse sind dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede insbesondere in Bezug auf die Erwerbsgeschwindigkeit verschiedener Lerner:innen in unterschiedlichen Erwerbskontexten.

In Abschnitt 2 erfolgt zunächst eine Diskussion des Begriffs Seiteneinsteiger:in sowie der bildungspolitischen Spezifika des Erwerbskontexts Intensivklasse. Anschließend wird der Forschungsstand zum Erwerb der Verbstellung bei neu zugewanderten DaZ-Lerner:innen in anderen Erwerbskontexten dargestellt (Abschnitt 3). Abschnitt 4 umfasst die konkreten Forschungsfragen, das methodische Vorgehen und die Datengrundlage. Die Daten sind dem im Aufbau befindlichen Seiteneinsteiger:innen-Lernerkorpus (SeiKo) entnommen. Im Anschluss werden die Ergebnisse dargestellt, welche in Abschnitt 5 zusammengefasst und diskutiert werden. Abschließend erfolgt ein Ausblick auf weiterführende Fragestellungen.

2. Seiteneinsteiger:innen in Intensivklassen

Im Folgenden wird der Begriff Seiteneinsteiger:in für jene Kinder und Jugendlichen genutzt, die im schulpflichtigen Alter neu nach Deutschland zuwandern, also nicht von Beginn an im deutschen Bildungssystem sozialisiert wurden und sich dieses daher neu erschließen müssen (vgl. auch Ahrenholz / Maak 2013: 82). Zusätzlich gilt hier in Anlehnung an die Definition von Massumi / von Dewitz, dass der Umfang an Sprachkenntnissen in der Zweitsprache Deutsch bei Seiteneinsteiger:innen nicht ausreicht, um unmittelbar am Unterricht einer altersgerechten Regelklasse teilnehmen zu können (vgl. Massumi / von Dewitz 2015: 11–14)3. Sie stellen damit eine Untergruppe der Schüler:innen mit Deutsch als Zweitsprache dar, die sich allgemein durch einen Erwerbsbeginn nach dem dritten Lebensjahr auszeichnen, wobei der Spracherwerb in einem für das tägliche Leben relevanten Kontext stattfindet und die sich damit klar von Schüler:innen abgrenzen, die in Deutschland geboren oder früh als Kinder zugewandert und mit (einer) nicht-deutschen Erstsprache(n) aufgewachsen sind.

Es gilt in diesem Kontext unbedingt zu beachten, dass die Konstruktion dieser Lerner:innengruppe vor allem bildungspolitisch motiviert und an zwei sehr groben Kriterien orientiert ist: der aktuellen Neuzuwanderung im schulpflichtigen Alter und den mangelnden Sprachkenntnissen. Diese Zuordnung zu einer Gruppe verschleiert allerdings in gewissem Umfang die große Heterogenität der Lerner:innen auf unterschiedlichen Ebenen, die zum Teil massiven Einfluss auf den Spracherwerbsprozess und letztlich den Bildungserfolg haben können. Maak (2014: 320) nennt dabei etwa „vorherige Lernerfahrungen und -gewohnheiten, Herkunftssprache(n) und Herkunftskultur, das Alter bei Ankunft, die Migrationsursache und den Aufenthaltsstatus sowie den familiären Hintergrund“. Für die Spracherwerbsforschung im Kontext von Intensivklassen bedeutet dies, dass die u.U. große Heterogenität der untersuchten Schüler:innen stets reflektiert werden sollte, um keine generalisierenden Aussagen über Lerner:innen mit sehr unterschiedlichen Erwerbsbedingungen zu treffen.

Die zeitnahe Aneignung der fehlenden Sprachkenntnisse stellt für die Seiteneinsteiger:innen wie auch aus Sicht der verantwortlichen bildungspolitischen Akteur:innen die zunächst zentrale Aufgabe dar. Für die Schüler:innen bedeutet dies die Herausforderung eines Spracherwerbs, der in einem begrenzten zeitlichen Rahmen nicht nur auf alltagssprachliche Kompetenzen, sondern auf eine Sprachverwendung abzielt, die dem altersentsprechenden Bildungskontext angemessen ist4.

Die einzelnen Bundesländer machen sehr unterschiedliche bildungspolitische Vorgaben, unter welchen Bedingungen diese Erwerbsaufgabe stattzufinden hat. Eine häufige Form der Beschulung stellen die sogenannten Intensiv- oder Vorbereitungsklassen zur intensiven Sprachförderung dar5.

In Hessen, woher die hier vorliegenden Daten stammen, können Intensivklassen „jahrgangs- und schulübergreifend“ für Gruppen von 12 bis 16 Seiteneinsteiger:innen eingerichtet werden (VOGSV 2011: §50). Der Unterrichtsumfang beträgt dabei für weiterführende Schulen 28 Wochenstunden. Daneben ist eine Teilnahme am Unterricht in einer Regelklasse in „geeigneten Unterrichtsfächern“ empfohlen6. Die Verweildauer in der Intensivklasse ist auf ein Jahr beschränkt, wobei eine Verlängerung um maximal ein weiteres Jahr nach Ermessen der Schule möglich ist. Der Erwerbszeitraum, um den sprachlichen Anforderungen der Regelklasse (weitestgehend) gerecht zu werden, wird also rechtlich auf ein bis zwei Jahre festgelegt7.

Dabei bleibt jedoch offen, welche Anforderungen und Kriterien konkret mit dem Übergang in die Regelklasse verbunden werden. Zwar soll für die Benotung in Zeugnissen der Intensivklassen und -kursen auf den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) (vgl. Europarat 2001) zurückgegriffen werden (vgl. VOGSV 2011: §57), es werden jedoch keine Vorgaben zum Erreichen bestimmter Kompetenzniveaus gemacht. In anderen Bundesländern werden für den Übergang in eine Regelklasse meist die Niveaus A2 oder B1 angestrebt (vgl. Gamper / Schroeder 2021: 65). Angaben zu (sprachdiagnostischen) Testverfahren wie zu curricularen Vorgaben gibt es ebenfalls keine.

Das Lernziel bleibt für Seiteneinsteiger:innen (aber auch die in Intensivklassen tätigen Lehrer:innen) also abstrakt. Welche sprachlichen Strukturen und Handlungskompetenzen konkret den Erwartungen in einer Regelklasse entsprechen, also Gegenstand der Sprachförderung und schließlich der Diagnostik für Übergangsentscheidungen sein sollten, ist unklar. Unklar ist dabei zum einen, mit den Leistungen welcher Schüler:innen einer Regelklasse die neu zugewanderten Schüler:innen verglichen werden sollen, zum anderen fehlt es gänzlich an Referenzwerten, wie der Zweitspracherwerb von Lerner:innen unter ähnlichen Bedingungen überhaupt erfolgt.

Die große empirische Forschungslücke in Bezug auf den Zweitspracherwerb von Seiteneinsteiger:innen, die sich unmittelbar auf die didaktische Begleitung und Förderung des bildungssprachlichen Kompetenzausbaus auswirkt, ist nicht zuletzt der eingangs betonten Heterogenität8 geschuldet, die sich in fast jeder Intensivklasse abbildet (s. dazu auch die Darstellung der hier untersuchten Lerner:innen in Kap. 4). Die Vielfältigkeit der Lerner:innen in Bezug auf z.B. die Erstsprache(n), Sprachlernerfahrung, Schulerfahrung, Alter, Bildungshintergrund der Eltern u.v.m. erschweren zusammen mit einer gewissen Fluktuation, die für Intensivklassen durchaus charakteristisch ist, eine systematische Beforschung. Dennoch stellen Kenntnisse über erwartbare Spracherwerbsverläufe eine unabdingbare Voraussetzung für Sprachförderung und schulische Integration dar. Hier setzt der vorliegende Beitrag an.

3. Forschungsstand zum Erwerb der Verbstellung bei neu zugewanderten DaZ-Lerner:innen im Schulalter

Es stellt sich zunächst die Frage, anhand welcher Erwerbsgegenstände der Zweitspracherwerb von Seiteneinsteiger:innen untersucht werden kann. Die vorliegende Arbeit wählt dazu einen in der Zweitspracherwerbsforschung besonders für frühe Erwerbsphasen robust erforschten Gegenstand, dem zudem eine Indikatorfunktion für die Entwicklung der allgemeinen Sprachkompetenz zugesprochen wird (vgl. etwa Settinieri / Spaude 2014): die Verbstellung im deutschen Haupt- und Nebensatz. Es handelt sich dabei um eine kerngrammatische Kompetenz, deren grundlegender Erwerb von den meisten Lerner:innen erwartbar sein und die in einem schulischen Erwerbskontext ausgebaut werden sollte. Dabei weist Grießhaber darauf hin, dass auch Schüler:innen mit Deutsch als Zweitsprache, die von der Primarstufe an eine deutsche Schule besuchten, in der Sekundarstufe durchaus Texte ohne oder mit nicht zielsprachlicher Verbstellung in Nebensatzstrukturen produzieren (vgl. Grießhaber 2012: 188). Aus Forschungskontexten des Deutschen als Zweitsprache liegen zudem verschiedene Studien zum Erwerb der Verbstellung bei neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen vor, welche eine gute Vergleichsgrundlage bieten. Die folgende Zusammenfassung beruht auf Studien, die entweder in Bezug auf den Erwerbskontext bzw. die Beschulungsform (institutionelle Verortung in einer Intensivklasse) oder das Alter der Lerner:innen mit den Seiteneinsteiger:innen der vorliegenden Fallstudien vergleichbar sind.

Anhand des topologischen Feldermodells (vgl. etwa Wöllstein 2018) lassen sich die zielsprachlichen Verbstellungsmuster deutscher Sätze wie folgt beschreiben: Die Prädikatsteile besetzen in allen Satztypen die Positionen der linken (LSK) bzw. rechten Satzklammer (RSK). Tabelle 1 zeigt verschiedene Satzstrukturen bzw. Verbstellungsmuster des Deutschen. In deklarativen Hauptsätzen steht das finite Verb in der LSK, wobei das Vorfeld entweder durch ein Subjekt (wie in Beispiel 1) oder eine andere Konstituente besetzt werden kann. In letzterem Fall ergibt sich eine Inversionsstruktur wie in (2), in welcher das Subjekt hinter dem finiten Verb im Mittelfeld realisiert wird. Inversionsstrukturen sind darüber hinaus auch charakteristisch für Interrogativ- oder Imperativsätze, bei denen das Vorfeld unbesetzt bleibt. Bei komplexen Prädikaten stehen die infiniten Prädikatsteile in der RSK wie in (3), wodurch die für das Deutsche typische Verbklammer oder Separation entsteht. In Nebensätzen (4) hingegen steht das finite Verb in satzfinaler Position in der RSK (ggf. hinter infiniten Prädikatsteilen) (V-END).

Tabelle 1

Verbstellungsmuster im topologischen Feldermodell mit Beispielen aus SeiKo

Vorfeld LSK Mittelfeld RSK
(1)
(2)
FIN
INV
ich
dann
lese
kommt
ein buch
eine mann
ATI_10
ARA_16
(3) SEP die beiden haben ee kuchen gebacken LEA_12
(4) V_END wenn ich bei meiner oma bin LEA_9

Ausgangspunkt der Forschung zur Verbstellung im Zweit- und Fremdspracherwerb waren Studien im Kontext des ZISA-Projekts („Zweitspracherwerb italienischer, spanischer und portugiesischer Arbeiter“) in den späten 70er Jahren, welches den Spracherwerb sogenannter Arbeitsmigrant:innen fokussierte, die keine Sprachkurse o.Ä. besuchten. So beschrieben Clahsen / Meisel / Pienemann (1983), Meisel / Clahsen / Pienemann (1981) oder Pienemann (1981) die Erwerbsreihenfolge der oben beschriebenen Verbstellungsmuster. Demnach produzieren Lerner:innen als erste zielsprachliche Strukturen deklarative Hauptsätze mit einfachem Prädikat wie in (1). Bei Voranstellung von Adverbien oder anderen Konstituenten treten dann zunächst nicht-zielsprachliche Lerner:innenäußerungen mit Verbdrittstellung auf, also ohne die zielsprachliche Inversion (z.B. jetzt ich lerne gern deutsch, ATI_13). Darauf folgt der Erwerb der Separation komplexer Prädikate. Erst im Anschluss daran produzieren Lerner:innen Inversionsstrukturen. Nebensätze mit satzfinalem Finitum stellen schließlich die letzte Erwerbsstufe dar. Die Abfolge dieser Erwerbsstufen und ihr implikativer Charakter gelten als robust und werden modifiziert in Form der Profilanalyse (vgl. z.B. Grießhaber 2005 und 2012) auch diagnostisch genutzt. Auch in Studien, die einen Erwerbskontext des Deutschen als Fremdsprache fokussieren, wird diese Erwerbsreihenfolge weitestgehend bestätigt (vgl. zu erwachsenen Lerner:innen z.B. Ellis 1989; Tschirner / Meerholz-Härle 2001; Jansen 2008). Im Fokus steht in diesem Kontext häufig die Frage nach der Robustheit der Erwerbsstufen gegen den Einfluss expliziter Instruktion. So findet sich etwa bei Diehl et al. (2000) und Boss (2004) eine abweichende Erwerbsreihenfolge, wobei V-END teils vor INV auftritt.

Wie oben bereits thematisiert, liegen zum Erwerb der Verbstellung durch jugendliche Seiteneinsteiger:innen in Intensivklassen bisher keine Erkenntnisse vor. Als Referenz für die vorliegende Untersuchung müssen daher Erkenntnisse zu Lerner:innen herangezogen werden, die sich zumindest in Bezug auf bestimmte Eigenschaften – Alter bei Erwerbsbeginn oder Beschulungssituation – für einen Vergleich eignen.

Im Folgenden werden dazu die Arbeiten von Pagonis / Karas-Bauer (2020), die den Erwerb der Verbstellung bei Seiteneinsteiger:innen in einer Grundschulintensivklasse untersuchen9, Czinglar (2014a und 2014b), welche zwei Seiteneinsteiger:innen in Regelklassen an einer Grundschule und einem Gymnasium miteinander vergleicht, und Czinglar (2018) dargestellt, die den Erwerbsprozess eines jugendlichen Geflüchteten u.a. im Kontext einer Intensivklasse an einer Berufsschule zu vorliegenden Forschungsbefunden in Beziehung setzt. Da sich in Bezug auf den Erwerbsweg in den bisher vorliegenden Studien keine grundlegenden Unterschiede zeigten, liegt der Fokus im Folgenden auf der Erwerbsgeschwindigkeit. Lernende in DaF-Kontexten werden hier als Vergleichsgrundlage nicht eingeschlossen, da Art und Umfang des Inputs bzw. die Kontaktzeit zur Zielsprache stark variieren und nur schwer mit Befunden zur Erwerbsgeschwindigkeit bei DaZ-Lernenden vergleichbar sind.

Pagonis / Karas-Bauer (2020) erfassen für zwölf Seiteneinsteiger:innen einer Vorbereitungsklasse an einer Grundschule die Wortstellungskompetenz nach einem Jahr der Beschulung. Die Analyse erfolgt dabei auf Grundlage der Profilanalyse nach Grießhaber (z.B. 2005 und 2012). Trotz der Heterogenität, welche die Autor:innen auch ihrer Proband:innengruppe attestieren, zeigt sich nach einem Jahr ein relativ einheitliches Bild. Neun der zwölf Schüler:innen erreichen Profilstufe 3, indem sie zielsprachliche Inversionsstrukturen produzieren. Eine Schüler:in erreicht sogar die Stufe der Verbendstellung im Nebensatz, während zwei Schüler:innen die Stufe der Separation und eine Schüler:in die Stufe des Finitums erreicht. Anzumerken ist hier, dass eine Zuordnung zu einer Profilstufe bei dreimaligem Auftreten einer Struktur im Text erfolgt (vgl. z.B. Grießhaber 2012: 174) und zwar unabhängig davon, wie häufig nicht zielsprachliche Äußerungen parallel dazu auftreten10. So geben auch Pagonis / Karas-Bauer (2020: 368–369) eine individuelle Varianz in Bezug auf die Anteile zielsprachlicher Strukturen an und diskutieren in einem Fall darüber hinaus die Zuordnung zur Profilstufe Inversion, die lediglich aufgrund von Interrogativ- oder Imperativsätzen erfolgt, bei denen das Vorfeld unbesetzt bleibt.

Die umfangreichsten Ergebnisse zum Erwerb der Verbstellung durch Seiteneinsteiger:innen liegen zum Lernerkorpus DaZ-AF („Deutsch als Zweitsprache – Altersfaktor“)11 vor, das longitudinale Daten von zwei Halbschwestern über einen Beobachtungszeitraum von 18 Monaten umfasst (vgl. Czinglar 2014b: 106–109). Die beiden Seiteneinsteiger:innen besuchen während ihres Aufenthalts in Deutschland je eine Regelklasse an einer Grundschule sowie an einem Gymnasium – zuvor bestand kein Kontakt zur deutschen Sprache. Nastja ist zu Beginn der Datenerhebung acht und Dascha 14 Jahre alt. Die Erstsprache der beiden ist Russisch und Dascha hat zusätzlich Erfahrung mit dem Englischen als Fremdsprache.

Czinglar nimmt ein niedrigschwelliges Kriterium von 50 % Korrektheit in obligatorischen Kontexten an, um den Beginn des Erwerbs einer Struktur zu erfassen, sowie ein Erwerbskriterium von 90 % Korrektheit (welches nach Brown 1973 über eine gewisse Zeit stabil bleiben sollte, vgl. Czinglar 2014b: 247) in mindestens fünf obligatorischen Kontexten (Czinglar 2014a: 28)12.

Während auch Czinglar (2014a und 2014b) keine Unterschiede in Bezug auf die Erwerbsreihenfolge zwischen den beiden Lerner:innen ausmachen kann, unterscheiden sie sich deutlich in Bezug auf die Erwerbsgeschwindigkeit. Tabelle 2 stellt u. a. den jeweiligen Kontaktmonat bei Erreichen der 50 %- bzw. 90 %-Korrektheitsrate für die beiden Lerner:innen gegenüber.

Tabelle 2

Übersicht zur Erwerbsgeschwindigkeit von Lerner:innen in DaZ-Kontexten (SEP = Satzklammer, INV = Inversion, V-END = Nebensatz mit Verbendstellung); modifiziert nach den Überblicksdarstellungen in Czinglar (2014b: 177), Czinglar (2018: 168)

Erwerbskontext Regelklasse ohne zusätzliche Sprachförderung Integrations- und Sprach- kurse Keine institutionelle Sprach-vermittlung Sprachkurs + Intensiv-klasse Berufsschule
Lerner:in/Alter bei Erwerbsbeginn Nastja/8 Dascha/14 Çevdet/ 15 Bruno/16 Zia/16
Korpus/Projekt DaZ-AF DaZ-AF ESF ZISA DaZ-UMF
Erwerbskriterium >50 % >90 % >50 % >90 % >50 % >50 % >50 %
SEP 3. KM 4. KM 2. KM 4./5. KM 12. KM 14. KM 12. KM
INV 4. KM 8. KM 6. KM (16. KM) 20. KM k.A. nicht bis 12. KM
V-END 4. KM 9. KM 14. KM nichtvoll-ständig k.A. 23. KM nicht bis 12. KM

Czinglar (2014a und 2018) vergleicht diese Entwicklung zusätzlich mit zwei jugendlichen Arbeitsmigrant:innen auf Grundlage des geringeren Erwerbskriteriums von 50 % Korrektheit.

Çevdet ist einer der erfolgreichen Lerner:innen des ESF-Projektes („European Science Foundation“) (vgl. Klein / Perdue 1992; Schwartz / Sprouse 1994). Er ist zum Zeitpunkt der Migration nach Deutschland 15 Jahre alt und seine Erstsprache ist Türkisch. Çevdet besucht über einen Zeitraum von einem Jahr einen Integrationskurs sowie einen dreimonatigen Sprachkurs. Der Erwerbsprozess wird über insgesamt 23 Kontaktmonate begleitet. Bruno (vgl. Müller 1998) ist bei Zuwanderung 16 Jahre alt und spricht Italienisch als Erstsprache. Er ist Teil des ZISA-Projektes, dessen Proband:innenauswahl festlegte, dass die Lerner:innen keine Sprachkurse besuchten. Die Ergebnisse zur Erwerbsgeschwindigkeit der beiden Lerner:innen sind ebenfalls in Tabelle 2 dargestellt.

Czinglar (2018) ergänzt Erkenntnisse aus einer Pilotstudie des Projektes DaZ-UMF („Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“) zu einem Lernenden, der Deutsch in verschiedenen Erwerbskontexten erwirbt. Zia kommt im Alter von 16 Jahren nach Deutschland. Nach zwei Aufenthaltsmonaten besucht er einen viermonatigen Sprachkurs, dessen zeitlicher Umfang nicht bekannt ist. Nach sechs Monaten wird er einer Intensivklasse an einer Berufsschule zugeteilt (vgl. Czinglar 2018: 161). Nach etwa einem Jahr Aufenthalt in Deutschland hat Zia die Verbklammer erworben, wobei er in zwei Dritteln der obligatorischen Kontexte eine zielsprachliche Distanzstellung über ein besetztes Mittelfeld produziert. Vereinzelt treten daneben Inversionsstrukturen und Verbendstellungen im Nebensatz auf, jedoch sind die meisten Äußerungen dahingehend nicht zielsprachlich (vgl. Czinglar 2018: 164).

Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf die hier dargestellten Lernern:innen Folgendes festhalten: bei Nastja handelt es sich um eine besonders schnelle Lerner:in, die alle Verbstellungsmuster inkl. V-END bis zum 9. Kontaktmonat stabil erwirbt. Als ähnlich erfolgreich kann höchstens eine der Lerner:innen bei Pagonis / Karas-Bauer (2020) angesehen werden, für welche die Emergenz von V-END innerhalb des ersten Beschulungsjahres nachweisbar ist. Die jugendlichen Lerner:innen Zia, Çevdet und Bruno weisen hingegen eine deutlich geringere Erwerbsgeschwindigkeit auf. So erreichen sie das niedrigschwellige Erwerbskriterium von 50 % Korrektheit lediglich für SEP nach ungefähr einem Jahr Kontaktzeit. Neben dem von Czinglar fokussierten Einfluss des Alters auf den Spracherwerb wird hier auch ein möglicher Einfluss des Erwerbskontexts sichtbar. Czinglar führt als zusätzlichen Erklärungsansatz für unterschiedliche Erwerbsgeschwindigkeiten die Bildungsaffinität der Lerner:innen bzw. ihrer Familien (vgl. Czinglar 2014a: 36) oder die Motivation der Lerner:innen an (vgl. Czinglar 2014a: 27). Die Erwerbskontexte und damit verbundenen Unterschiede in Bezug auf Menge und Qualität des Inputs werden hingegen nicht systematisch diskutiert. Der Einfluss dieser Erwerbskontexte – und im Besonderen die schulische bzw. institutionelle Sprachvermittlung – stellt damit ein grundlegendes Desiderat in der Zweitspracherwerbsforschung dar. Dabei gilt zu beachten, dass Einzelfallstudien lediglich Hinweise auf mögliche Einflussfaktoren auf den Spracherwerb liefern können, ohne eine systematische Erforschung dieser Faktoren zu ermöglichen.

4. Erwerb der Verbstellung bei Seiteneinsteiger:innen in Intensivklassen

4.1 Forschungsfragen

Der vorliegende Beitrag nähert sich dem Forschungsdesiderat in Bezug auf den Zweitspracherwerb von (insbesondere jugendlichen) Seiteneinsteiger:innen im Kontext einer Intensivklasse. Die Forschungsfragen sind dabei so gewählt, dass die Ergebnisse mit vorliegenden Studien zum Erwerb der Verbstellung bei Lerner:innen in anderen Erwerbskontexten vergleichbar sind.

    1. (1)
    1. Wie verläuft der Erwerb der Verbstellungsregeln (für SEP, INV und V-END) bei den hier untersuchten Seiteneinsteiger:innen in Intensivklassen der Sekundarstufe?
    1. (2)
    1. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich in Bezug auf die Erwerbsgeschwindigkeit zu bisher untersuchten Lerner:innen in anderen Erwerbskontexten feststellen?

In Bezug auf den mit (2) angestrebten Vergleich der Erwerbsgeschwindigkeiten sind folgende Unterschiede zwischen den verschiedene Lerner:innen zu beachten. Die Seiteneinsteiger:innen der vorliegenden Arbeit unterscheiden sich von den Lerner:innen in Intensivklassen der Primarstufe (vgl. Pagonis / Karas-Bauer 2020) zum einen durch ihr Alter und zum anderen durch die zugeordnete Schulstufe (Sekundar- vs. Primarschule). Von den anderen in Abschnitt 3 dargestellten Lerner:innen unterscheiden sie sich hingegen nach Art der Beschulung. So werden die DaZ-AF Lerner:innen aus Czinglar (2014a, 2014b) nicht in einer separierten Intensivklasse sondern unmittelbar in einer Regelklasse beschult, während Czinglar (2018) einen Lerner beschreibt, der zunächst einen außerschulischen Sprachkurs und dann eine Intensivklasse an einer Berufsschule besucht. Der Lerner des ESF-Projektes, der in Klein / Perdue (1992) und Schwartz / Sprouse (1994) beschrieben wird, nimmt hingegen nur an einem außerschulischen Sprachkurs teil, während der Lerner aus dem ZISA-Korpus (vgl. Müller 1998) Deutsch ohne institutionelle Sprachförderung erwirbt. Für alle Lerner:innen gilt, dass der Spracherwerb im deutschsprachigen Inland erfolgt und dass Deutsch als Zweitsprache eine wichtige Rolle in der gegenwärtigen Lebenswelt der Lerner:innen spielt.

4.2 Datengrundlage und Methode

Die hier untersuchten Lerner:innendaten sind Teil des DaZ-Lerner:innen-Korpus SeiKo. Das Seiteneinsteiger:innenkorpus SeiKo entsteht aktuell an der Justus-Liebig-Universität Gießen und ist Teil des Dissertationsprojekts der Autorin. Es umfasst mündliche und schriftliche longitudinale Daten von aktuell 15 Seiteneinsteiger:innen aus verschiedenen Intensivklassen zweier Sekundarschulen in Hessen. Ziel ist eine Begleitung der Lerner:innen über zwei Jahre (vgl. dazu bildungspolitische Vorgaben zur maximalen Verweildauer in Intensivklassen in Hessen in Abschnitt 2). Eine Veröffentlichung des Korpus ist nach Projektabschluss geplant. Die in einem Abstand von je etwa vier Wochen stattfindenden Datenerhebungen umfassen die Versprachlichung von Bildergeschichten sowie einen freien Gesprächsteil, in welchem etwa der Alltag in der Intensiv- und / oder Regelklasse, Aufgaben und Lehr-/ Lernmaterialien aus dem Unterricht sowie schulische Aktivitäten im Vordergrund stehen. Die Bildimpulse zeigen alltagsnahe Problemanlässe, wie z.B. verschütteten Tee auf einem Schulbuch (vgl. Abb. 1). Die Schüler:innen werden bei der Erhebung zunächst dazu aufgefordert, das gezeigte Geschehen für die Interviewer:in wiederzugeben, welche die Bilder dabei selbst nicht sehen kann. Bei stockender Sprachproduktion können die Lerner:innen durch Aufforderungen und Rückfragen aus einem Interviewleitfaden unterstützt werden. Im Anschluss daran werden die Lerner:innen dazu aufgefordert das Geschehen noch einmal für eine nicht co-präsente Adressat:in zu versprachlichen. Im abgebildeten Beispiel ist diese Adressat:in z.B. eine Lehrer:in, die über den Grund für das beschädigte Schulbuch informiert werden muss. An das Interview schließt sich die Erhebung eines schriftlichen Textes an, im Folgenden werden jedoch lediglich die mündlichen Sprachprodukte der Schüler:innen berücksichtigt.

Abbildung 1
Abbildung 1

Bildimpuls Teekanne

Dabei wird nicht nach sprachlichen Aktivitäten (Versprachlichung der Bildergeschichte für co-präsente und nicht co-präsente Adressat:inne, Erzählen aus dem Schulalltag etc.) unterschieden, was dem Datenmaterial der zugrunde gelegten Vergleichsstudien entspricht. Die erhobenen Daten werden nach modifizierten HIAT-Konventionen (vgl. Rehbein et al. 2004; Schellhardt / Schroeder 2015a) im EXMARaLDA Partitur-Editor13 (vgl. Schmidt / Wörner 2014) transkribiert und mit Hilfe von EXMARaLDA Dulko (vgl. Nolda 2019) mit einem automatischen Wortarten(POS)-Tagging versehen. Die manuelle Annotation umfasst die Satzart und ggf. das Satzgefüge, den kommunikativen Modus (Wiederholung von Interviewer:innenäußerungen, direkte Rede etc.), die Position des Verbs im Verhältnis zu anderen Konstituenten sowie eine Zuordnung zu verschiedenen an den Erwerbsstufen orientierten Verbstellungsmustern. Bei Letzteren handelt es sich um eine implikative Analyse. Das bedeutet, dass Äußerungen, die Eigenschaften mehrerer Erwerbsstufen aufweisen (z.B. Inversionen mit Distanzstellung komplexer Prädikate) gemäß der je höchsten Stufe annotiert werden (hier: INV). In der Auswertung wird zwischen Äußerungen differenziert, die ein finites Verb und ein overtes Subjekt enthalten, sowie Bruchstücken, die diese Konstituenten nicht aufweisen und somit in Hinblick auf die Verbstellung nicht auswertbar sind (vgl. Czinglar 2014a: 28; Jansen 2008: 196)14.

Als Separationsstrukturen (SEP) werden Äußerungen mit einem komplexen Prädikat in Distanzstellung erfasst, welche über ein besetztes Mittelfeld nachweisbar ist. Anders als bei Grießhaber (2005) werden Äußerungen, die neben dem Subjekt und dem komplexen Prädikat keine weiteren Konstituenten (und damit ein leeres Mittelfeld) enthalten, nicht als Belege für Separationsstrukturen gewertet und auch nicht als obligatorische Kontexte für Separation gezählt (vgl. Tschirner / Meerholz-Härle 2001: 164).

Inversionsstrukturen (INV) werden immer dann als solche markiert, wenn eine Subjektinversion ins Mittelfeld auftritt. Über die Annotation der Konstituenten wird nach Art der Vorfeldbesetzung (leeres Vorfeld bei Interrogativen oder Imperativen, Fragepronomen bei W-Interrogativen, Adverbien oder Objekten) differenziert15.

Für die Verbendstellung im Nebensatz (V-END) werden Äußerungen berücksichtigt, in denen eindeutig eine satzfinale Stellung des Finitums nachweisbar ist. Damit werden Äußerungen ausgeschlossen, die ambig zu interpretieren sind, nämlich dort, wo das Finitum satzfinal auf das Subjekt folgt und keine weitere Konstituente vorliegt. Solche Äußerungen werden ebenso wie Nebensätze, die nach gesprochenen Standards im Deutschen als zielsprachlich angesehen werden können (vgl. etwa Czinglar 2014b: 164), nicht als obligatorische Kontexte für V-END gezählt.

In der Auswertung werden die jeweiligen Korrektheitswerte der Erwerbsstufen SEP, INV und V-END für die Lerner:innen über die erhobenen Beschulungsmonate (BM)16 ermittelt. Dabei wird jeweils die Anzahl der obligatorischen Kontexte für die verschiedenen Strukturen angeben, anhand derer diese Korrektheitswerte berechnet werden. Zu betonen ist dabei noch einmal, dass die obligatorischen Kontexte sich aus dem spontansprachlichen Verhalten der Proband:innen ergeben und nicht aus bestimmten (elizitierenden) Fragen der Interviewer:in. Dass Lerner:innen ggf. Strategien nutzen, um bestimmte Strukturen zu ‚vermeiden‘, kann dabei nicht ausgeschlossen werden.

Die ermittelten Korrektheitswerte können dann grundsätzlich mit verschiedenen Erwerbskriterien verglichen werden. In der vorliegenden Arbeit erfolgt der Vergleich mit den Erwerbskritierien von Czinglar (2014a, 2014b und 2018). Ein Vergleich mit dem Emergenzkriterium (vgl. Pienemann 1998) hingegen würde bei schnellen Lerner:innen in fortgeschrittenen Beschulungsmonaten kein differenziertes Bild ermöglichen, da es eher den Erwerbsbeginn einer Struktur markiert; hier steht hingegen eher die Stabilität der erworbenen Strukturen im Vordergrund.

4.3 Proband:innen

Für die vorliegende Beispielstudie wurden exemplarisch drei Lerner:innen aus SeiKo ausgewählt, für die bereits Daten aus mehreren Beschulungsmonaten vorliegen. Im Folgenden werden die Proband:innen individuell vorgestellt, wobei grundsätzlich zu betonen ist, dass ein unmittelbarer Vergleich nur sehr eingeschränkt möglich ist. Die Auswahl steht exemplarisch für die große Heterogenität, die sich in Bezug auf Alter, Erstsprache(n), Sprachlernerfahrung, Erwerbsdauer u.a. in Intensivklassen darstellt.

LEA ist bei Datenerhebungsbeginn zehn Jahre alt. Die Erstsprache ist Italienisch und LEA hat in der Intensivklasse zusätzliche Unterrichtsstunden für Englisch. Außerhalb der Schule und auch in der Familie hat LEA viel Gelegenheit, Deutsch zu sprechen. Nach der Zuwanderung wird LEA im ersten Aufenthaltsmonat in die Intensivklasse aufgenommen. Die erste Datenerhebung findet sieben Monate später statt. Nach einem Jahr (BM14) beginnt LEA die Teilintegration in eine Regelklasse, die sie zunächst stundenweise in Fächern wie Englisch oder Mathematik besucht.

ATI ist zu Beginn der Datenerhebungen 15 Jahre alt. Die Erstsprache ist Türkisch, zusätzlich findet Fremdsprachenunterricht für Englisch sowohl in der Intensiv- als auch später in der Regelklasse statt. Auch ATI gibt an, außerhalb der Schule und auch in der Familie Deutsch zu sprechen. ATI wartet nach der Zuwanderung zwei Monate auf die Einschulung in die Intensivklasse, die ATI bei Erhebungsbeginn bereits neun Monate besucht. Auch für ATI beginnt nach einem Jahr (BM 13) eine stundenweise Teilintegration in eine Regelklasse.

ARA ist bei Projektbeginn 13 Jahre alt. Die Erstsprache ist Arabisch, außerdem wurde Türkisch in einem schulischen Kontext über vier Jahre als erste Zweitsprache erworben. ARA spricht vor allem in der Schule und manchmal zu Hause mit ihren Geschwistern Deutsch, die ebenfalls eine Intensivklasse besuchen. Zum Zeitpunkt der ersten Datenerhebung ist ARA bereits 15 Monate der Intensivklasse zugeordnet. Die Einschulung erfolgte im zweiten Monat des Aufenthalts in Deutschland. Auch zum Zeitpunkt der letzten hier untersuchten Datenerhebung nach 23 Monaten der Beschulung ist für ARA vorerst keine Teilintegration in eine Regelklasse geplant.

LEA und ATI waren während ihrer Beschulungszeit in vergleichbarem Umfang von Unterbrechungen der Präsenzbeschulung im Zuge der COVID-Pandemie von November 2020 bis April 2021 betroffen. ARA war durch die längere Verweildauer in der Intensivklasse auch von der Distanzbeschulung von März bis Mai 2020 betroffen. Die ersten Datenerhebungen finden im März 2021 statt, daher fällt lediglich der Beschulungsmonat 7 bei LEA noch in die Zeit eines Wechselmodells von Präsenz- und Distanzbeschulung. Für ATI und ARA beginnen die Datenerhebungen mit vollständigem Wiedereinsetzen der Präsenzbeschulung.

4.4 Ergebnisse

Tabelle 3 stellt zunächst den Umfang aller potenziell satzförmigen Äußerungen dar. Ausgeschlossen sind dabei einfache Responsive wie ja, nein, da oder direkte Wiederholungen der Interviewer:innen. Zusätzlich wird der Anteil an Äußerungen angegeben, die in Hinblick auf die Verbstellung auswertbar sind, also ein finites Verb und ein overtes Subjekt enthalten.

Diese variieren individuell. Bei LEA lässt sich der zu Beginn niedrigere Anteil auswertbarer Äußerungen auf das gehäufte Auftreten subjektloser Äußerungen zurückführen, während ARA grundsätzlich überwiegend bruchstückhafte Äußerungen ohne (finites) Verb produziert. Tendenziell nimmt der Anteil auswertbarer Äußerungen für alle drei Lerner:innen über den Erhebungszeitraum zu.

Tabelle 3

Anteil der in Hinblick auf die Verbstellung ausgewerteten Äußerungen pro Beschulungsmonat und Lerner:in

Beschulungsmonat 7 9 10 11 12 13 14 15 16 23
LEA Äußerungen 64 100 196 169 140 161
ausgewertet 64 % 63 % 73 % 70 % 75 % 86 %
ATI Äußerungen 58 132 75 98 37
ausgewertet 83 % 87 % 88 % 92 % 92 %
ARA Äußerungen 58 162 146
ausgewertet 38 % 19 % 49 %

LEA produziert vom ersten Erhebungsmonat (BM 7) an in Kontexten, die eine Separation komplexer Prädikate im Sinne der Satzklammer obligatorisch machen, beinahe ausschließlich zielsprachliche Äußerungen. Die Korrektheitswerte schwanken dabei zwar etwas, liegen aber nie unter dem von Czinglar (2014a und 2014b) postulierten hohen Erwerbskriterium von 90 %. Der detaillierte Erwerbsverlauf ist in Tabelle 4 dargestellt17.

In Bezug auf Inversionsstrukturen lässt sich für BM 7 ein Korrektheitswert von 53 % ermitteln. Doch bereits ab BM 9 liegt der Wert über 90 %. Die Anzahl der obligatorischen Kontexte ist auch hier durchgehend ausreichend für die Analyse. Ab BM 9 stellen außerdem die meisten der obligatorischen Kontexte für Inversionen deklarative Hauptsätze mit besetztem Vorfeld dar. Die hohen Korrektheitswerte lassen sich also nicht durch Inversionsstrukturen in (W-)Interrogativen erklären, denen auch Diehl et al. (2000) eine Sonderstellung im Inversionserwerb attestieren18.

Für die Verbendstellung im Nebensatz lassen sich ebenfalls ab BM 9 hohe Korrektheitswerte von über 90 % ermitteln. In BM 7 liegt der Wert bei 50 %, wobei die Berechnung auf nur zwei obligatorischen Kontexten19 beruht.

Zusammenfassend können für LEA alle drei Verbstellungsmuster als erworben angenommen werden – bei einem hohen Erwerbskriterium von 90 % Korrektheit für INV und V-END ab BM 9.

Tabelle 4

Erwerb der Verbstellungsmuster SEP, INV und V-END der Lerner:in LEA

Beschulungsmonat 7 9 10 11 12 13 14 15 16 23
SEP KORREKTHEIT 100 % 100 % 96 % 94 % 100 % 90 %
obligatorische (und ausgeschlossene) Kontexte 6
(2)
11
(0)
24
(5)
16
(4)
17
(3)
20
(9)
INV KORREKTHEIT 53 % 96 % 100 % 98 % 95 % 100 %
obligatorische Kontexte 17 27 49 47 43 33
davon dekl. Hauptsätze 44 % 81 % 78 % 76 % 90 % 73 %
V-END KORREKTHEIT 50 % 91 % 100 % 91 % 100 % 93 %
obligatorische (und ausgeschlossene) Kontexte 2
(1)
11
(5)
10
(8)
11
(10)
3
(6)
15
(5)

ATI (vgl. Tabelle 5) produziert im ersten Erhebungsmonat (BM 9) keine obligatorischen Kontexte für Separationen. Ab BM 10 liegt der Korrektheitswert über dem 90 %-Erwerbskriterium.

In Bezug auf die Inversion erreicht ATI im Erhebungszeitraum dieses Erwerbskriterium nicht, überschreitet aber in BM 10 die 50 % Schwelle, die Czinglar (2014a, 2014b) als Startpunkt des Erwerbs einer Struktur annimmt. Die obligatorischen Kontexte für Inversion umfassen hier allerdings überwiegend (W-)Interrogative oder Imperative und keine deklarativen Hauptsätze, für welche lediglich in BM 14 die Voraussetzung von mindestens fünf obligatorischen Kontexten vorläge.

Für Nebensätze finden sich im Beobachtungszeitraum nur wenige obligatorische Kontexte, wobei ATI in keinem Fall eine zielsprachliche Realisierung von V-END produziert.

Während die Separation für ATI als erworben angenommen werden kann, scheint der Erwerb über den Beobachtungszeitraum im Sinne der Erwerbssequenz auf die Stufe der Inversion fokussiert, die bis BM 14 nicht stabil erreicht wird, also unter der Schwelle von 90 % Korrektheit bleibt. Die Verbendstellung im Nebensatz scheint im Untersuchungszeitraum hingegen noch keine Rolle zu spielen.

Tabelle 5

Erwerb der Verbstellungsmuster SEP, INV und V-END der Lerner:in ATI

Beschulungsmonat 7 9 10 11 12 13 14 15 16 23
SEP KORREKTHEIT 0 % 100 % 100 % 100 % 100 %
obligatorische (und ausgeschlossene) Kontexte 0
(4)
8
(5)
7
(4)
20
(14)
10
(2)
INV KORREKTHEIT 38 % 52 % 64 % 69 % 50 %
obligatorische Kontexte 8 23 14 13 12
davon dekl. Hauptsätze 0 % 17 % 33 % 0 % 67 %
V-END KORREKTHEIT 0 % - - 0 % -
obligatorische (und ausgeschlossene) Kontexte 2
(0)
0
(1)
0
(1)
1
(3)
0
(0)

ARA (vgl. Tabelle 6) produziert für alle relevanten Strukturen sowohl in BM 15 und 16 als auch in BM 23 nur wenige obligatorische Kontexte. Die berechneten Korrektheitswerte sind daher kaum aussagekräftig. Für die hohen Korrektheitswerte, die für Inversionskontexte angegeben sind, muss dabei zusätzlich beachtet werden, dass sich diese vor allem auf Interrogative und auf nur sehr wenige Deklarative beziehen.

ARA produziert über alle drei untersuchten Monate vor allem bruchstückhafte Äußerungen ohne finites Verb. Selbst die erste Erwerbsstufe des Finitums (Subjekt im Vorfeld gefolgt von einem finiten Verb in der LSK) kann von ARA über den Untersuchungszeitraum nicht stabil erworben werden.

Tabelle 6

Erwerb der Verbstellungsmuster SEP, INV und V-END der Lerner:in ARA

Beschulungsmonat 7 9 10 11 12 13 14 15 16 23
SEP KORREKTHEIT - 100 % 75 %
obligatorische (und ausgeschlossene) Kontexte 0
(0)
1
(0)
4
(3)
INV KORREKTHEIT 75 % 50 % 100 %
obligatorische Kontexte 8 6 14
davon dekl. Hauptsätze 0 % 33 % 21 %
V-END KORREKTHEIT 100 % - -
obligatorische (und ausgeschlossene) Kontexte 1
(0)
0
(0)
0
(0)

5. Zusammenfassung und Diskussion

In Bezug auf die Frage, wie der Erwerb der Verbstellungsregeln von SEP, INV und V-END bei den hier untersuchten Lerner:innen verläuft (Forschungsfrage (1)), wird in Tabelle 7 dargestellt, in welchem Beschulungsmonat die Lerner:innen je die Schwelle von 50 % bzw. 90 % Korrektheit in obligatorischen Kontexten erreichen.

Tabelle 7

Erwerbsgeschwindigkeit der SeiKo-Lerner:innen (Anmerkungen: * basierend auf nur zwei obligatorischen Kontexten; ** keine Belege in BM 9: *** in geringerem Umfang für deklarative Hauptsätze)

LEA ATI ARA
>50 % >90 % >50 % >90 % >50 % >90 %
SEP vor BM 7 vor BM 7 vor BM 10** BM 9 BM 23 nicht bis BM 23
INV vor BM 7 BM 9 BM 10 nicht bis BM 14 (vor BM 15)*** (vor BM 23)***
V-END (BM7)* BM 9 nicht bis BM 14 nicht bis BM 14 nicht bis BM 23 nicht bis BM 23

Diese Befunde werden nun direkt in Hinblick auf Forschungsfrage (2), nämlich die nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden mit der Erwerbsgeschwindigkeit bisher untersuchter Lerner:innen (vgl. Tabelle 2), diskutiert.

Zunächst lässt sich feststellen, dass die vorliegenden Befunde mit den Ergebnissen von Pagonis / Karas-Bauer (2020) zu Seiteneinsteiger:innen in einer Grundschulintensivklasse vergleichbar sind. Zu beachten ist hier, dass Pagonis / Karas-Bauer (2020) mit einem einfachen Emergenzkriterium zum Nachweis des Erreichens einer Erwerbsstufe argumentieren, während für die vorliegenden Daten eine Korrektheit von mindestens 50 % in obligatorischen Kontexten gefordert wird. LEA übertrifft die Lerner:innen aus Pagonis / Karas-Bauer (2020) deutlich. Während dort für lediglich eine Lerner:in das Erreichen der Stufe V-END beschrieben wird, hat LEA diese nach weniger als einem Jahr stabil erworben (Überschreiten des 90 %-igen Erwerbskriteriums bei BM 9 nachweisbar). ATIs Erwerbsstand hingegen entspricht der Mehrzahl der Lerner:innen, die am Ende des Untersuchungszeitraums die Erwerbsstufe Inversion erreicht haben, für das ATI den Schwellenwert der 50 %-igen Korrektheit im Untersuchungszeitraum überschreitet. ARA, für die leider erst Daten ab BM 15 vorliegen, ist mit der Lerner:in vergleichbar, die nach einem Jahr der Beschulung lediglich die erste Erwerbsstufe (finites Verb in der LSK) erreicht20.

In Bezug auf die dargestellten Erwerbsverläufe der DaZ-AF-Lerner:innen (vgl. Czinglar 2014a) lassen sich die vorliegenden Lerner:innendaten folgendermaßen einordnen:

LEA ist mit der als besonders schnell beschriebenen Lernerin Nastja (vgl. Tabelle 2) vergleichbar. Zwar lässt sich der Beginn des Erwerbs der jeweiligen Verbstellungsmuster (50 % Korrektheit in obligatorischen Kontexten) vor Erhebungsbeginn nicht abbilden, jedoch erreicht sie wie Nastja alle hier untersuchten Erwerbsstufen nach etwa neun Monaten des Sprachkontakts.

Die Erwerbsgeschwindigkeit von ATI hingegen liegt etwas unterhalb der Geschwindigkeit der Lerner:innen aus Immersionskontexten (Nastja und Dascha). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die langsamere Lernerin Dascha INV erst im 16. Kontaktmonat erwirbt, der für ATI bisher noch nicht vorliegt, und V-END am Ende des 18-monatigen Untersuchungszeitraum noch nicht stabil erworben hat. Für eine abschließende Bewertung von ATIs Erwerbsgeschwindigkeit steht daher die Auswertung weiterer Beschulungsmonate aus. In Gegensatz zu Lernenden wie Zia, der nur über einen Teil des Untersuchungszeitraums eine Intensivklasse an einer Berufsschule besucht, Çevdet, der lediglich Sprachkurse außerhalb der Schule besucht, und Bruno, der keine explizite Sprachvermittlung erhält, erreicht ATI das niedrigere Erwerbskriterium von mindestens 50 % Korrektheit in obligatorischen Kontexten für SEP und INV bis zum BM 10. Zia erreicht die Stufe INV nach 12 Kontaktmonaten21 hingegen nicht und Çevdet erst zum 20. Kontaktmonat.

Für ARA lässt sich das Erreichen des 50 %-Kriteriums bis zum BM 23 nur für SEP belegen – ein Meilenstein, den Nastja und Dascha nach zwei bzw. drei Kontaktmonaten, Zia und Çevdet je bis zum 12. und Bruno zum 14. Kontaktmonat erreichen.

Ein möglicher Erklärungsansatz für die unterschiedlichen Befunde zur Erwerbsgeschwindigkeit könnte im Erwerbskontext und dem Input liegen. Die schnellsten Lerner:innen sind Nastja und Dascha, die von Anfang an eine Regelklasse besuchen. Die schnelleren SeiKo-Lerner:innen LEA und ATI haben in der Intensivklasse ebenfalls viel Input in der Zweitsprache sowie zusätzliche Sprachförderung. Daneben gaben beide Lerner:innen an, auch außerhalb der Schule viel Sprachkontakt zum Deutschen zu haben. ARA hingegen, die in ihrer Freizeit nur wenig Deutsch spricht und während ihrer Zeit in der Intensivklasse zusätzlich häufig von Unterbrechungen des Präsenzunterrichts betroffen war, lernt selbst im Vergleich zu den Lerner:innen mit reduziertem Input (Zia, Çevdet und Bruno) verhältnismäßig langsam. Neben dem Erwerbskontext und der tatsächlichen Inputmenge und -qualität, die individuell sehr unterschiedlich sein können, können auch weitere individuelle Faktoren (etwa kognitive Lernvoraussetzungen, Motivation u.a.m.) den Spracherwerb beeinflussen. Hier zeigt sich einmal mehr, dass umfassendere Untersuchungen zu möglichen Einflussfaktoren auf den Spracherwerb weiterhin ein grundsätzliches Forschungsdesiderat darstellen. Häufig stehen die notwendigen umfassenderen Erhebungen zu den relevanten Metadaten in Spracherwerbsstudien bei Schüler:innen jedoch den Vorgaben zum Datenschutz und der Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Proband:innen entgegen.

Individuelle Unterschiede lassen sich grundsätzlich auch bei den sprachlichen Strategien beobachten, die Lerner:innen bei der Bewältigung kommunikativer Aufgaben wählen. Dies zeigt sich in den vorliegenden Daten bei den unterschiedlichen obligatorischen Kontexten, die ATI und LEA für SEP und INV produzieren. Stellt die Datengrundlage keine experimentell elizitierten Äußerungen oder Testergebnisse dar, sondern authentische Spontansprache, lassen sich solche unterschiedlichen Verhaltensweisen jedoch nicht kontrollieren.

Eine letzte Beobachtung lässt sich in Bezug auf die Übergangsentscheidungen in die (Teil)-Integration in eine Regelklasse beschreiben. Wie in Abschnitt 2 dargestellt, gibt es keine bildungspolitischen Vorgaben dazu, inwiefern konkrete sprachliche Kompetenzen dabei (systematisch) zu berücksichtigen sind. Gamper et al. (2020b: 420) stellen diesbezüglich ebenfalls fest, dass die Übergangsentscheidung meist auf einer „subjektiven Einschätzung“ der Schüler:innen durch einzelne Lehrer:innen beruht.

In den hier vorliegenden Fällen lässt sich beobachten, dass LEA und ATI, die beide nach einem Jahr teilintegrativ eine altersentsprechende Regelklasse besuchen, zuvor eher fortgeschrittene Erwerbsstufen erreichen. Für ARA hingegen, für die trotz der sehr langen Verweildauer in der Intensivklasse kein Übergang in eine Regelklasse erfolgte, lässt sich in den untersuchten Beschulungsmonaten kein eindeutiger Erwerbserfolg in Bezug auf die Verbstellung nachweisen, da insgesamt nur sehr wenige obligatorische Kontexte für die einzelnen Strukturen vorliegen und ARA überwiegend bruchstückhafte Äußerungen ohne finite Verben produziert. Wird angenommen, dass Lehrer:innen bei ihrer Einschätzung der (Teil-)Integrationseignung einer Schüler:in im Wesentlichen sprachliche Kompetenzstände berücksichtigen und dass dem Erwerb der Verbstellung eine Indikatorfunktion für den allgemeinen Spracherwerb zukommt, wären die Entscheidungen bezüglich der hier untersuchten Schüler:innen wenig überraschend.

Es muss an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass sich aus der großen Heterogenität der Gruppe der Seiteneinsteiger:innen grundsätzliche Probleme der methodischen Zugänglichkeit und der Repräsentativität von Untersuchungsergebnissen ergeben. So erlauben Fallstudien zwar einen detaillierten Einblick in verschiedene Erwerbsverläufe, sind aber grundsätzlich sehr beschränkt in Hinblick auf Aussagen zu verschiedenen Einflussfaktoren auf den Spracherwerb. Die vorliegende Arbeit stellt daher v.a. einen Versuch des Zugangs zum bisher kaum bearbeiteten Forschungsfeld des Zweitspracherwerbs im Kontext der Intensivklasse dar. Das Seiteneinsteiger:innen-Korpus SeiKo versucht der Heterogenität in Intensivklassen Rechnung zu tragen, indem es longitudinale Daten verschiedener Lerner:innen aus Intensivklassen korpuslinguistisch aufbereitet. Die aktuell andauernden Datenerhebungen werden in Zukunft detailliertere Studien zu dieser Lerner:innengruppe ermöglichen.

6. Ausblick

Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand der Anschluss an Forschungsergebnisse zum Erwerb der Verbstellung. Andere Desiderata, die hier z.T. auch benannt wurden, mussten angesichts des Umfangs und den bisher zu SeiKo vorliegenden Daten unberücksichtigt bleiben. Eines dieser Desiderate soll im Folgenden noch einmal ganz konkret benannt werden.

So stellt die Verbstellung zwar einen Indikator für die sprachliche Entwicklung im Allgemeinen dar, jedoch ist bisher kaum diskutiert worden, wo die Grenzen dieses Zugangs liegen. In den meisten bisher vorliegenden Studien erreichen die Lerner:innen die letzte Erwerbsstufe der Verbendstellung im Nebensatz in den Untersuchungszeiträumen nicht. Für die erfolgreichen Lerner:innen des DaZ-AF-Korpus (vgl. z.B. Czinglar 2014a, 2014b), die diese Stufe zwar erreichen oder sich ihr zumindest annähern, spielt die Frage danach, wie es (sprachlich) nach der Verbendstellung weiter geht, kaum eine Rolle, da die Aufenthaltsdauer in Deutschland von Anfang an begrenzt und eine vollständige Integration in das deutsche Bildungssystem nie angedacht war. Für Seiteneinsteiger:innen allerdings, die eine langfristige Integration in das deutsche Bildungssystem und auch Bildungsabschlüsse anstreben, stellt der Erwerb komplexer Verbstellungsregeln nicht das finale Ziel des Zweitspracherwerbs dar. Um die verbale Syntax fortgeschrittener Lerner:innen weiter differenzieren zu können, schlägt Grießhaber (2010) dazu zwei weitere Stufen des Ausbaus in Form der Insertion von Nebensätzen oder der Integration erweiterter Partizipialattribute vor. Es bildet sich dabei eine Erweiterung des syntaktischen Ausbaus im Bereich auf Nominalgruppen ab, der bisher vor allem für mehrsprachige Lerner:innen ohne Migrationserfahrung untersucht wurde (vgl. z.B. Boneß 2011, Schellhardt / Schroeder 2015b). Es müssen daher in Zukunft unbedingt auch andere sprachliche Indikatoren und Kompetenzen berücksichtigt werden, die einen Sprachausbau im Sinne der Bildungsinstitution Schule abbilden können.

Notes

  1. Personenbezeichnungen werden im vorliegenden Text in genderinklusiver Form unter Nutzen des Doppelpunktes geschrieben. Zugehörige Artikel und attribuierende Adjektive werden aus Gründen der besseren Lesbarkeit in generisch femininer Form verwendet. [^]
  2. ZEIT Nr. 12/2022: https://www.zeit.de/2022/12/fluechtlinge-ukraine-krieg-deutschland-logistik (29.03.2022). [^]
  3. Massumi / von Dewitz (2015) schlagen zudem eine ‚dynamische‘ Definition des Begriffs vor, wobei Schüler:innen nur so lange als neu zugewandert gelten sollen, bis die entsprechenden Deutschkenntnisse erworben sind. [^]
  4. Abgesehen von sogenannten Drehtürmodellen, wie sie momentan etwa für Schüler:innen aus der Ukraine diskutiert werden, ist für das deutsche Bildungssystem zu beachten, dass Sprachkenntnisse im Deutschen allgemein Voraussetzung für Bildungspartizipation darstellen (vgl. z.B. Gamper / Schroeder 2021: 63). [^]
  5. Für eine Übersicht der Pluralität an Bezeichnungen für diese Klassen in den Bundesländern vgl. Massumi / von Dewitz (2015: 12). Für eine Übersicht verschiedener Modelle der separierten, parallelen oder teilintegrierten Ausgestaltung vgl. Ahrenholz / Fuchs / Birnbaum (2016: 15). [^]
  6. Neben Intensivklassen gibt es an Schulen mit einer geringeren Zahl neu zugewanderter Schüler:innen in Hessen weitere Möglichkeiten der (teilintegrierten) Sprachförderung (vgl. VOGSV 2011: §50–52). [^]
  7. Ähnliche Befristungsregeln finden sich auch in anderen Bundesländern (vgl. Gamper / Schroeder 2021: 65). [^]
  8. Zur Heterogenität in Intensivklassen in Bezug auf Schüler:innen, Lehrer:innen und Curricula vgl. auch Gamper et al. (2020a). [^]
  9. Eine weitere Arbeit zu Grundschulklassen liegt mit Haberzettl (2005) vor. Da es sich dabei jedoch um Lerner:innen der Primarstufe handelt, die z.B. in einer separaten Klasse in ihrer L1 beschult werden und zusätzlich nur stundenweise Deutschunterricht erhalten, werden diese hier nicht dargestellt. [^]
  10. Dieses Vorgehen orientiert sich an dem von Pienemann postulierten Emergenzkritierium, das eine Struktur als emergent in der Lerner:innengrammatik annimmt, wenn sich für diese mindestens ein zielsprachlicher Beleg in einem Kontext findet, in dem es mindesten vier obligatorische Kontexte für diese Struktur gibt (vgl. Pienemann 1998: 145). [^]
  11. Veröffentlicht im Language Archive des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik in Nijmegen: https://hdl.handle.net/1839/00-0000-0000-0000-69D7-E (26.08.2022). [^]
  12. Ein grundlegendes Problem, das hier nicht in angemessenem Umfang diskutiert werden kann, stellt die Validierung von Erwerbskriterien dar. So liegen neben dem Emergenzkriterium (vgl. Pienemann 1998) verschiedene Grenzwerte zum korrekten Gebrauch in obligatorischen Kontexten vor – etwa 50 % als niedrigeres Erwerbskriterium bei Czinglar (2014a, 2014b, 2018), 60 % bei Vainikka / Young-Scholten (1994), 75 % bei Ellis (1989) oder 90 % bei Czinglar (2014a, 2014b) – die jedoch kaum empirisch diskutiert werden. Eine Diskussion zur Operationalisierung des Spracherwerbs durch Erwerbskriterien allgemein und dem Emergenzkriterium im Besonderen findet sich bei Pallotti (2007). [^]
  13. Zur Werkzeugfamilie EXMARaLDA vgl. https://exmaralda.org/de/ (26.08.2022). [^]
  14. Anzumerken ist dabei, dass damit auch Äußerungen ausgeschlossen werden, die als zielsprachlich elliptische Konstruktionen auch für die kompetente Sprachverwendung der Sprecher:innen stehen könnten. Dies betrifft zum Beispiel elliptische Konstruktionen in koordinierten Hauptsätzen wie in: [dann ist diese mann gekommen •• aber ich habe nicht gesehen •••] und hat meine tüte geklaut (LEA_9). In der Forschungsliteratur gibt es dazu m.W. bisher keine Diskussion. [^]
  15. Bei Jansen (2008: 199-200) findet sich eine Diskussion von „Pseudo-Inversionen“, bei denen das Subjekt im Mittelfeld äußerungsfinal steht, da keine weitere Konstituente vorliegt. Diese Äußerungen könnten auch mit einer Subjekt-Letzt-Strategie der Lerner:innen erklärt werden und sollten damit nicht als Belege für den Erwerb der Inversion gelten. In der vorliegenden Studie werden diese Strukturen nicht separat betrachtet. [^]
  16. Die Erwerbsdauer wird in Form der Beschulungsmonate angegeben, da für die meisten Schüler:innen mit Schuleintritt der Sprachkontakt beginnt und zumindest in Bezug auf die Zeit in der Schule in einem vergleichbarem Umfang stattfindet. Grundsätzlich gilt jedoch zu beachten, dass Qualität und Quantität des sprachlichen Inputs für eine Lerner:in – besonders über einen längeren Beobachtungszeitraum – grundsätzlich nur sehr eingeschränkt erfassbar sind. [^]
  17. Äußerungen, die keine weiteren Konstituenten enthalten und damit keine Separation der Prädikatsteile obligatorisch machen, sind (wie in Kapitel 4.2 dargestellt) hier nicht berücksichtigt, werden aber als ausgeschlossene Äußerungen mit angegeben. [^]
  18. Ähnliche Belege finden sich auch in anderen Studien zu DaF-Erwerbskontexten, z.B. auch bei Tschirner / Meerholz-Härle (2001) oder Wisniewski (2020). [^]
  19. Bei der Berechnung der Korrektheit von Nebensätzen sind Kontexte ausgeschlossen, in denen das finite Verb zwar äußerungsfinal steht, aber das Mittelfeld unbesetzt bleibt, sowie Nebensätze, die nach gesprochenen Standards im Deutschen mit Verbzweitstellung zielsprachlich sind. [^]
  20. Da Pagonis / Karas-Bauer (2020) nur einen Ausschnitt aus einem größeren Forschungsprojekt zum Spracherwerb in Intensivklassen an Grundschulen darstellen, ermöglichen folgende Publikationen hoffentlich eine detailliertere Vergleichsgrundlage für die SeiKo-Lerner:innen. [^]
  21. Hier sollte beachtet werden, dass es sich zwar um den 12. Kontaktmonat für Zia handelt, allerdings erst um den 6. Beschulungsmonat in einer Berufsschul-Intensivklasse. Zuvor hatte Zia lediglich einen viermonatigen Sprachkurs besucht, wobei der Stundenumfang nicht bekannt ist (vgl. Abschnitt 3). [^]

Literatur und Ressourcen

Ahrenholz, Bernt / Fuchs, Isabel / Birnbaum, Theresa (2016): “… dann haben wir natürlich gemerkt, der Übergang ist der Knackpunkt…”. Modelle der Beschulung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern in der Praxis. In: BiSS-Journals, 14–17. https://www.biss-sprachbildung.de/pdf/biss-journal-5-november-2016-2.pdf (26.08.2022).

Ahrenholz, Bernt / Maak, Diana (2013): Zur Situation von SchülerInnen nicht-deutscher Herkunftssprache in Thüringen unter besonderer Berücksichtigung von Seiteneinsteigern. Abschlussbericht zum Projekt „Mehrsprachigkeit an Thüringer Schulen (MaTS)“, durchgeführt im Auftrage des TMBWK. http://www.daz-portal.de/images/Berichte/bm_band_01_mats_bericht_20130618_final.pdf (26.08.2022).

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Brown, Roger (1973): A First Language. The Early Stages. Cambridge: Harvard University Press.  http://doi.org/10.4159/harvard.9780674732469 (26.08.2022).

Clahsen, Harald / Meisel, Jürgen M. / Pienemann, Manfred (1983): Deutsch als Zweitsprache. Der Spracherwerb ausländischer Arbeiter. Tübingen: Narr.  http://doi.org/10.1017/S0272263100005283 (26.08.2022).

Czinglar, Christine (2014a): Der Einfluss des Alters auf die Erwerbsgeschwindigkeit. Eine Fallstudie zur Verbstellung im Deutschen als Zweitsprache. In: Ahrenholz, Bernt / Grommes, Patrick (Hrsg.): Zweitspracherwerb im Jugendalter. Berlin u.a.: De Gruyter, 23–39.  http://doi.org/10.1515/9783110318593.23 (26.08.2022).

Czinglar, Christine (2014b): Grammatikerwerb vor und nach der Pubertät. Eine Fallstudie zur Verbstellung im Deutschen als Zweitsprache. Berlin u.a.: De Gruyter.  http://doi.org/10.1515/9783110332605 (26.08.2022).

Czinglar, Christine (2018): Zweitspracherwerb im Jugendalter. Die Bedeutung des Alters und literaler Kompetenzen von neu zugewanderten Jugendlichen. In: von Dewitz, Nora / Terhart, Henrike / Massumi, Mona (Hrsg.): Neuzuwanderung und Bildung. Eine interdisziplinäre Perspektive auf Übergänge in das deutsche Bildungssystem. Weinheim u.a.: Beltz Juventa, 158–173.

Diehl, Erika / Christen, Helen / Leuenberger, Sandra / Pelvat, Isabelle / Studer, Thérèse (2000): Grammatikunterricht: Alles für der Katz? Untersuchungen zum Zweitsprachenerwerb Deutsch. Tübingen: Niemeyer.

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Biographische Notiz

Julia Schlauch ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur für Deutsch als Zweitsprache mit dem Schwerpunkt gesteuerter Zweitspracherwerb an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Ihre Forschungsinteressen sind der Zweitspracherwerb von Seiteneinsteiger:innen, Morphosyntax im Spracherwerb sowie die Lernerkorpusforschung.