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VARIABILITÄT ALS FAKTOR IN DER ZWEITSPRACHLICHEN ENTWICKLUNG SYNTAKTISCHER STRUKTUREN - TEILERGEBNISSE EINER LONGITUDINALEN EINZELFALLSTUDIE

Author: Matthias Schwendemann orcid logo (Herder-Institut, Universität Leipzig)

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Abstract

Der vorliegende Beitrag stellt exemplarische Teilergebnisse einer explorativen longitudinalen Einzelfallstudie zum gesteuerten Zweitspracherwerb erwachsener Deutschlernender mit Arabisch als L1 vor. Hierbei werden die Daten von zwei Geschwistern, die über einen Zeitraum von 18 Monaten denselben Intensivsprachkurs besuchten, ausgewertet. Die beiden Lernenden beginnen als Nullanfänger und erreichen zu Ende der Studienzeit etwa das Sprachniveau B2. Die Daten beziehen sich auf insgesamt 24 Zeitpunkte, zu denen anhand verschiedener Analysemethoden und aus den produzierten Texten extrahierter syntaktischer Variablen die Entwicklung der schriftlichen syntaktischen Kompetenzen der beiden Lernenden analysiert werden. Mithilfe von Visualisierungen (min-max-Diagrammen) und statistischer Verfahren (Change Point-Analysen) wird der Frage nachgegangen, welche Rolle Variabilität in zweitsprachlichen Daten aus entwicklungs- bzw. erwerbstheoretischer Perspektive spielen könnte. 

This article presents exemplary partial results of an explorative longitudinal single-case study onthe controlled second language acquisition of adult learners of German with Arabic as L1. The data of two siblings who attended the same intensive language course over a period of 18 months are analysed. The two learners start as zero beginners and reach approximately the B2 language level by the end of the study period. The data refer to a total of 24 points in time, at which the development of the two learners' written syntactic competences is analysed using various methods of analysis and syntactic variables extracted from the texts produced. With the help of visualisations (min-max diagrams) and statistical procedures (change point analyses), the question of what role variability in second language data could play from a developmental oracquisition theory perspective is investigated. 

Keywords: Deutsch als L2, Arabisch als L1, longitudinale Einzelfallstudie, Complex Dynamic Systems Theory, Variabilität, German as L2, Arabic as L1, longitudinal single-case study, complex dynamic systems theory, variability

How to Cite:

Schwendemann, M., (2022) “VARIABILITÄT ALS FAKTOR IN DER ZWEITSPRACHLICHEN ENTWICKLUNG SYNTAKTISCHER STRUKTUREN - TEILERGEBNISSE EINER LONGITUDINALEN EINZELFALLSTUDIE”, Korpora Deutsch als Fremdsprache 2(2), 63–92. doi: https://doi.org/10.48694/kordaf.3546

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Published on
22 Dec 2022
Peer Reviewed

1. Einleitung2

Der Erwerb bzw. die Entwicklung syntaktischer Strukturen im größeren Rahmen der Entwicklung grammatischer Strukturen bei Lernenden des Deutschen als L2 wurde vielfach in verschiedenen Erwerbskontexten und für unterschiedliche Altersgruppen untersucht (ein historischer Abriss der ‚klassischen Studien‘ in Bezug auf das Deutsche als L2 findet sich in Ahrenholz 2020). Bryant / Rinker (2021: 286–287) verorten dabei die Anfänge der systematischen Analyse zweitsprachlicher Erwerbs- und Entwicklungsprozesse in den amtlich deutschsprachigen Ländern in der Zeit des größer werdenden Fachkräftemangels der 1950er Jahre im Kontext des raschen Wirtschaftswachstums. Ein wesentlicher Bestandteil der Forschung im Bereich des Zweitspracherwerbs leitet sich dabei aus der Frage ab, über welche grammatischen Kompetenzen Lernende zu bestimmten Zeitpunkten der zweitsprachlichen Entwicklung verfügen oder noch nicht verfügen und warum dies jeweils der Fall ist. Hierbei wird ein besonderes Augenmerk darauf geworfen, in welcher Reihenfolge Strukturen für Lernende verfügbar werden und wie Lernende dann mit diesen Strukturen sprachlich handeln können (vgl. Fandrych 2013).

Der Erwerb syntaktischer Strukturen des Deutschen als L2 wird dabei häufig anhand von für das Deutsche typischen Wortstellungsregularitäten untersucht (siehe hierzu Kap. 2.6.1). In diesem Kontext analysieren viele Studien zweitsprachliche Entwicklungen mit einem theoretischen Fokus, der von den Annahmen der Processability Theory (vgl. Pienemann 1998) ausgeht und daher implikationelle und universelle Erwerbssequenzen in der Entwicklung lernersprachlicher Syntax voraussetzt, die sich unabhängig vom Lernkontext und verschiedenen Erstsprachen bei allen Lernenden zeigen. Diese Annahmen wurden in zahlreichen Studien belegt, die sich sowohl in ‚klassischen‘ DaF-Kontexten verorten und mit Schülerinnen und Schülern oder mit Studierenden arbeiten (vgl. beispielsweise Diehl et al. 2000; Bohnacker 2006; Ballestracci 2008; Jansen 2008; Winkler 2017) als auch in DaZ-Kontexten. Für Kinder und erwachsene Lernende mit Deutsch als Zweitsprache spielen dabei oft eher ungesteuerte Erwerbskontexte eine große Rolle (vgl. Czinglar 2014)3. Dazu kommen in jüngster Zeit Studien, die die Daten aufbereiteter Lernerkorpora nutzen und versuchen, auf diese Weise erwerbsstufenspezifische Unterschiede zwischen GER-Niveaustufen herauszuarbeiten (vgl. Wisniewski 2020).

Gerade für erwachsene und geflüchtete Lernende in gesteuerten Lernkontexten im Allgemeinen und erwachsene Lernende mit Arabisch als L1 und Deutsch als L2 im Speziellen liegen bis heute nur vereinzelt Daten hinsichtlich ihrer syntaktischen Entwicklung vor. Gleichzeitig stellen diese Lernenden aber eine relevante und zahlenmäßig prominente Lernendengruppe in unterschiedlichen Bildungskontexten innerhalb der amtlich deutschsprachigen Länder dar (vgl. etwa Hünlich et al. 2018; Cindark / Hünlich 2019)4. Die Situation durch die Migrationsbewegungen im Anschluss an den Bürgerkrieg in Syrien eröffnete die Möglichkeit zur Realisierung von Längsschnittstudien zum Zweitspracherwerb erwachsener Lernender. In diesem Kontext ist die gemeinsame Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften und des Herder-Instituts der Universität Leipzig zu sehen, in deren Rahmen in den Jahren 2016–2017 die zweitsprachliche Entwicklung erwachsener Lernender aus verschiedenen Perspektiven erforscht wurde und auch die Daten der hier vorliegenden Studie erhoben wurden.

Als ein zentrales Charakteristikum von Lernersprache wird neben ihrer Tendenz zu einer größer werdenden Stabilität bereits seit langer Zeit ihre große inter- und intraindividuelle Variabilität gesehen (vgl. Selinker 1972; vgl. Pienemann 1998; de Bot / Lowie / Verspoor 2007). Zudem wird das Thema in jüngster Zeit auch aus der DaF/DaZ-Perspektive konzeptuell stärker in den Fokus gerückt und eine verstärkte Auseinandersetzung mit lernersprachlicher Variation bzw. Variabilität gefordert (vgl. Wisniewski / Lüdeling / Czinglar i. Dr.). Interindividuelle Variabilität bezieht sich dabei auf Unterschiede zwischen verschiedenen Lernenden, während sich intraindividuelle Variabilität auf das unterschiedliche Verhalten einzelner Lernender im Zeitverlauf bezieht. Pienemann (1998: 231–330) etwa beschreibt ausführlich lernersprachliche Variabilität und sieht diese als absolut grundlegend an. Gleichzeitig geht er davon aus, dass diese prinzipiell innerhalb eines Hypothesenraums abläuft, der durch die implikationellen und universellen Erwerbssequenzen bzw. den diesen zugrundeliegenden Verarbeitungsprozeduren beschränkt wird (vgl. außerdem Lenzing 2015: 92). Variabilität ist im Kontext dieser Perspektive zwar konstitutiv für lernersprachliche Entwicklung, aber letztlich nur ein Hintergrundgeräusch, das den Blick auf zugrundeliegende Erwerbssequenzen schwieriger macht und keinen direkten Einfluss auf größere Entwicklungsmuster nehmen kann.

Ein Ansatz der Zweitsprachenerwerbforschung, der die lernersprachliche Variabilität als zentralen Faktor zweitsprachlicher Entwicklungen konzeptualisiert und an dem sich der vorliegende Beitrag maßgeblich orientiert, ist die Complex Dynamic Systems Theory (CDST). Aus einer CDST-Perspektive macht Variabilität einerseits die Neuorientierung bzw. die Anpassungsfähigkeit eines Systems sichtbar und markiert bestimmte Zeitpunkte innerhalb der zweitsprachlichen Entwicklung, kann aber andererseits verantwortlich für Entwicklungen in komplex-dynamischen Systemen sein (vgl. Bot / Lowie / Verspoor 2007). Phasen mit geringerer Variabilität werden als Indikator größerer Stabilität innerhalb eines komplex-dynamischen Systems gesehen und könnten darauf hindeuten, dass Lernprozesse vorläufige Endpunkte erreichen (vgl. van Dijk / Verspoor / Lowie 2011: 76).

Historisch hat sich die CDST aus verwandten Ansätzen wie der Komplexitätstheorie in den Naturwissenschaften entwickelt (vgl. Lenzing 2015: 97; für eine Zusammenfassung komplex-dynamischer Ansätze und ihrer Theoriebildung vgl. Hiver / Al-Hoorie 2019: 14–44). Der Hauptgegenstand der Komplexitätstheorie ist die Erforschung komplexer Systeme (vgl. de Bot / Lowie / Verspoor 2007: 8). Solche dynamischen Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich immer wieder verändern und dabei in unterschiedlichen Zuständen emergent werden. Eingeschränkt werden sie bei ihrer Entwicklung unter anderem durch die zur Verfügung stehenden Ressourcen (vgl. de Bot / Lowie / Verspoor 2007: 14). ‚Komplex‘ sind Prozesse dann, wenn sie „Teil eines Ganzen [sind], das aus seinen Komponenten nicht analytisch ableitbar ist und in Kombination größere Fähigkeiten hat als die Summe seiner Teile“ (Hiver / Al-Hoorie 2019: 15)5. Komplex bezeichnet demnach eine Beziehung zwischen Bestandteilen eines Systems und ist nicht als Antonym zu ‚einfach‘ zu verstehen.

Die CDST stellt folglich im Hinblick auf zweitsprachliche Entwicklungsprozesse eine grundsätzliche Nichtlinearität dieser Prozesse heraus. Gleichzeitig folgt aus der komplexen Verbindung der vielen an der zweitsprachlichen Entwicklung beteiligten Faktoren eine prinzipielle Unberechenbarkeit bzw. eine Nichtvoraussagbarkeit dieser Entwicklung (vgl. Lowie / Verspoor 2015: 70). Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu erwerbssequenziellen Ansätzen, die zwar ebenfalls von großer lernersprachlicher Variabilität ausgehen, gleichzeitig aber letztlich universelle und vorhersagbare Entwicklungssequenzen annehmen. Eine solche Konzeption von zweitsprachlicher Entwicklung als komplex-dynamisches System wird von CDST-Vertreter:innen immer wieder mit unterschiedlichen Metaphern verdeutlicht. Ein Bild, das bisher nicht auftauchte, aber zahlreiche der relevanten Aspekte des Ansatzes erklären kann, ist das einer Lernerin als sich bewegender Zug innerhalb eines weitläufigen Schienennetzes. Deutlich wird zunächst, dass die Strecken, die der Zug potenziell zurücklegen kann, durch externe Faktoren oder Ressourcen, nämlich die Schienen, beschränkt wird. Der mögliche Weg, den ein Zug in diesem Schienennetz zurücklegen kann, steht dabei für den zweitsprachlichen Erwerbs- bzw. Entwicklungsprozess, der letztlich ebenfalls durch bestimmte neuronale Voraussetzungen im menschlichen Gehirn begrenzt wird. Es existieren allerdings zahlreiche Start- und Zielbahnhöfe (im Kontext der CDST Attraktorzustände, also solche Zustände, die sehr wahrscheinlich im Kontext zweitsprachlicher Entwicklungen erreicht werden; vgl. de Bot / Lowie / Verspoor 2007: 8). Gleichzeitig gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten, potenzielle Zielpunkte bzw. Bahnhöfe zu erreichen. Dazu kommt, dass der Zeitpunkt, zu dem ein Bahnhof erreicht werden kann, einerseits entscheidend davon abhängt, um was für einen Zug es sich eigentlich handelt (Motor, Maschine, Länge etc.) und andererseits von externen Faktoren, die auf den Zug und auf das Schienennetz einwirken (Beschädigungen, Stürme, Stromausfälle, Verspätungen aufgrund anderer Züge). Dies könnte dazu führen, dass Züge langsamer fahren müssen oder sogar Teilstrecken zurückfahren müssen, in Bahnhöfen ankommen und warten müssen, die gar nicht Teil der ursprünglichen Reiseroute waren usw. Darüber hinaus ist es natürlich so, dass nicht alle Züge dieselben Zielbahnhöfe vor Augen haben. Es existieren unzählige Gründe dafür, Sprachen zu lernen, die jeweils mit sehr unterschiedlichen Zielvorstellungen einhergehen und die dann sicherlich einen Einfluss auf den Verlauf der sprachlichen Entwicklung haben. Die sich daraus entwickelnden Verläufe sind letztlich nicht vorhersagbar und nur retrospektiv zu erklären. Es gibt zwar hohe Wahrscheinlichkeiten, dass bestimmte Bahnhöfe erreicht werden, aber wann genau bzw. mit wie viel ‚Verspätung‘ und über welche Umwege Bahnhöfe letztlich erreicht werden oder ob diese überhaupt erreicht werden, lässt sich nicht mit Sicherheit und nicht reliabel vorhersagen.

Vor diesem Hintergrund wird in diesem Beitrag der Teilaspekt der Variabilität innerhalb der lernersprachlichen Daten fokussiert. Konzeptuell besitzt der Beitrag einen methodischen Schwerpunkt und ist an den folgenden Forschungsfragen orientiert:

  1. Wann in der syntaktischen Zweitsprachentwicklung lässt sich in den Daten von zwei ausgewählten Lernenden Variabilität feststellen?

  2. Wann ergeben sich in den Zeitreihendaten der ausgewählten Lernenden systematische Veränderungen?

  3. Lässt sich ein Zusammenhang zwischen Variabilität und systematischen Veränderungen in der beobachteten Entwicklung herstellen?

Im Folgenden wird zunächst das methodische Vorgehen dieses Beitrags vorgestellt (s. Kap. 2), wobei das verwendete Korpus (s. Kap. 2.1), der longitudinale Aufbau der Studie (s. Kap. 2.2), die Teilnehmenden (s. Kap. 2.3), die Textauswahl (s. Kap. 2.4) und die Aufbereitung der Daten sowie die operationalisierten Variablen (s. Kap. 2.6) besprochen werden. Die Ergebnisse werden in Kap. 3 aufgezeigt und in Kap. 4 in einem größeren Kontext diskutiert.

2. Methodisches Vorgehen

Der vorliegende Beitrag beruht ausschließlich auf schriftlichen lernersprachlichen Daten, die in Unterrichtssettings erfasst bzw. in Sprachtestsituationen erhoben wurden. Zur Analyse dieser Daten werden zwei analytische Verfahren (min-max-Diagramme und ChangePoint-Analysen) in einem explorativen Ansatz miteinander kombiniert. Dies wird exemplarisch mithilfe von zwei Variablen durchgeführt: Einerseits ist dies die mithilfe von Profilanalysen nach Grießhaber (2012, 2016) ermittelte in den analysierten Texten erreichte Erwerbsstufe und andererseits das syntaktische Komplexitätsmaß der durchschnittlichen Länge minimaler syntaktischer Einheiten6. Die Profilanalyse wird dabei aus unterschiedlichen Gründen verwendet. Einerseits hat sie sich in den letzten Jahren zu einem der am meisten eingesetzten diagnostischen Verfahren im Bereich DaF/DaZ entwickelt; die vorliegenden Daten und Analysen sind dadurch leichter mit anderen bereits analysierten Daten vergleichbar und in Beziehung zu setzen. Gleichzeitig ist die Profilanalyse relativ niederschwellig anwendbar, was die mögliche Replizierbarkeit der hier vorliegenden Ergebnisse vergrößert. Das Komplexitätsmaß der durchschnittlichen Länge minimaler syntaktischer Einheiten wird ebenfalls deshalb verwendet, weil es in der Vergangenheit weite Verbreitung gefunden hat und zum Teil als sehr allgemeines Maß für zweitsprachliche Entwicklung herangezogen wurde (vgl. Lu 2011; Vyatkina 2013). Auch hier spielen also Vergleichbarkeitsaspekte eine entscheidende Rolle bei der Auswahl der operationalisierten Variablen. Sowohl was den Einsatz von Profilanalysen angeht, als auch für die Verwendung von Komplexitätsmaßen liegen relevante Einschränkungen vor, die bei der Interpretation der Ergebnisse dieses Beitrags nicht aus den Augen gelassen werden dürfen und im Diskussionsteil ausführlicher behandelt werden (vgl. für eine kritische Betrachtung der Testgütekriterien der Profilanalyse Ehl et al. 2018, wobei die Autor:innen vor allem die fehlende Durchführungs- und Auswertungsobjektivität kritisieren. Vgl. zudem das Diskussionsforum in Deutsch als Fremdsprache, welches sich in mehreren Diskussionsbeiträgen umfassend verschiedenen Aspekten der Konzeption und der Verwendung der Profilanalyse nach Grießhaber widmet (vgl. Gamper i.Dr.; Wisniewski i.Dr.).

2.1 Verwendetes Korpus

Die in diesem Artikel verwendeten Daten entstammen dem bisher unveröffentlichten MPI-HI-Korpus, welches im Rahmen der bereits erwähnten longitudinalen Zweitspracherwerbsstudie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Zusammenarbeit mit dem Herder-Institut der Universität Leipzig erhoben wurde7. Im Rahmen dieser Studie wurden neben neurowissenschaftlichen Daten (MRT- und fMRT-Scans) und psychologischen Daten longitudinale Sprachdaten und zahlreiche Daten zur Sprachbiografie der Teilnehmenden erhoben. Insgesamt besteht das MPI-HI-Korpus aus etwa 1250 schriftlichen und 120 mündlichen Texten (vgl. Schwendemann 2022: 119; hier findet sich zudem eine ausführliche Darstellung der vorhandenen Sprachdaten und des longitudinalen Aufbaus der Studie)8. In das Korpus gehen dabei Daten von insgesamt n = 94 Lernenden ein, wobei nur für etwa 60 Lernende tatsächlich longitudinale Sprachdaten zur Verfügung stehen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass etwa ein Drittel der Lernenden bereits relativ früh die Teilnahme an der Studie wieder abgebrochen haben (vgl. Schwendemann 2022: 127–131). Zu allen Lernenden stehen zusätzlich umfangreiche Metadaten zur Verfügung, die sich unter anderem auf den sprachlichen Hintergrund beziehen. Die schriftlichen Daten entstammen dabei einerseits Texten, die im Unterrichtskontext unter jeweils vergleichbaren Bedingungen über die Studiendauer erfasst wurden und andererseits Texten, die im Rahmen von Sprachtests bzw. Sprachprüfungen im Studienverlauf von den Lernenden produziert wurden. In beiden Fällen wurden vor allem Texte ausgewählt, die als narrativ oder als argumentativ eingestuft werden können (eine Übersicht über die Aufgabenstellungen aller produzierten Texte und der Rohdaten der beiden Teilnehmenden findet sich im Anhang dieses Beitrags).

2.2 Longitudinaler Aufbau

Die vorliegende Studie ist longitudinal angelegt. Es werden über insgesamt 18 Monate Daten zum Zweitspracherwerb der Lernenden erhoben (vgl. für eine ausführliche Beschreibung Schwendemann 2022: 114–119). Längsschnittstudien sind besonders gut dafür geeignet, individuelle Entwicklungsverläufe zu rekonstruieren (vgl. Schramm 2018: 36) und in diesen intraindividuelle Variabilität sichtbar zu machen, weil durch longitudinale Daten die Beziehungen zwischen verschiedenen Variablen bzw. Faktoren detailliert modelliert werden können und diese Modellierungen dann Informationen über den zeitlichen Verlauf von Entwicklungen liefern können (vgl. Barkaoui 2014: 66). Dies stellt einen entscheidenden Vorteil gegenüber Querschnittsstudien oder pseudo-longitudinalen Studien dar, die oft Gruppendurchschnitte zu bestimmten Zeitpunkten aggregieren, um Aussagen über Entwicklungen innerhalb einer angenommenen Entwicklung von Individuen zu treffen, wobei in Querschnittsstudien in der Regel unterschiedliche Individuen zu den ausgewählten Zeitpunkten untersucht werden.

2.3 Teilnehmende

In der vorliegenden Studie werden zu 24 Zeitpunkten die Daten von zwei in vielen Punkten vergleichbaren Lernenden in einer longitudinalen Einzelfallstudie ausgewertet, wobei für die beiden Lernenden zu diesen 24 Zeitpunkten 45 Texte zur Verfügung stehen. Bei den Lernenden handelt es sich um die Geschwister TN024 und TN025. Zu Beginn der Datenerhebung im Jahr 2016 ist TN024 28 Jahre alt. TN025 ist zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt. Beide geben für sich dasselbe Geschlecht an. Familiär sind die Geschwister in einer Stadt im Süden Syriens verwurzelt, in der beide zudem ihre Schulbildung durchlaufen und abschließen. Im Anschluss daran studiert TN024 für drei Jahre einen Studiengang im Bereich der Wirtschaftswissenschaften. TN025 hingegen kann sein geplantes Studium nicht aufnehmen, da zu diesem Zeitpunkt der Bürgerkrieg in Syrien beginnt. Zusammen mit der ganzen Familie flüchten die beiden Geschwister über Jordanien nach Europa und erreichen 2015 Deutschland.

Arabisch ist die Erstsprache der beiden, wobei hier die grundsätzliche Diglossie-Situation des Arabischen zu beachten ist (vgl. Riedner / Kassem 2010 für einen generellen Überblick; vgl. zudem Visonà / Plonsky 2020: 601). In dem eingesetzten Fragebogen zur eigenen Sprachbiografie schätzen sich beide im syrischen Dialekt, mit dem sie seit ihrer Geburt aufgewachsen sind, als kompetenter als im modernen Standardarabisch ein. Mit diesem kommen sie erstmals im Schulalter in intensiveren Kontakt. Während TN024 geringe Englischkenntnisse angibt, vermerkt TN025 keine weiteren Fremdsprachenkenntnisse. Beide lernen nach ihrer Ankunft in Deutschland ungesteuert ein wenig Deutsch in einer Sammelunterkunft in Leipzig.

Innerhalb der Studie besuchen die Geschwister über die gesamte Zeit der Datenerhebung dieselbe Kursgruppe und erhalten somit prinzipiell denselben zweitsprachlichen Input von denselben Lehrpersonen9. Dazu kommt, dass sich beide durch sehr hohe Anwesenheitsquoten auszeichnen. Nach 18 Monaten hat TN024 1292 von maximal 1605 Unterrichtseinheiten besucht. Dies entspricht einer Anwesenheitsquote von etwa 80 %. TN025 besucht im selben Zeitraum 1368 Unterrichtseinheiten, was sogar einer Quote von etwa 85 % entspricht. Es lässt sich feststellen, dass zwischen den beiden Lernenden relativ große Ähnlichkeiten bestehen, die Vergleich der beiden im Kontext einer Einzelfallstudie besonders relevant machen.

2.4 Textauswahl

Für die Analysen in diesem Beitrag werden nicht alle verfügbaren Texte der beiden Lernenden herangezogen. Für TN024 und TN025 stehen insgesamt zu 40 Zeitpunkten, die sich über 18 Monate, also den gesamten Studienverlauf, erstrecken, Texte zur Verfügung. Die Auswahl orientiert sich dabei an Schwendemann (2022). 16 dieser Zeitpunkte werden aus der Analyse ausgeschlossen, wodurch sich potenziell 24 Zeitpunkte ergeben, die in die Analyse einfließen10. Da die 24 ausgewählten Texte in einer chronologischen Abfolge gemessen wurden und angeordnet sind, handelt es sich bei den vorliegenden Daten um Zeitreihendaten (vgl. Backhaus et al. 2018: 127). Die Teilnehmenden erstellten diese Texte jeweils in Einzelarbeit und, abgesehen von den Fragestellungen und unter Umständen vorhandenen Textbausteinen ohne weitere Hilfsmittel wie z.B. Wörterbücher. Die Texte der beiden hier untersuchten Teilnehmenden wurden kursorisch auf direkte Textübernahmen aus den Aufgabenstellungen untersucht. Hierbei wurden nur selten direkte Übernahmen gefunden. Die Texte der Teilnehmenden wurden vollständig in die vorliegenden Analysen übernommen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass es dennoch vereinzelt zu Übernahmen aus den Aufgabenstellungen oder zur Übernahme von Textbausteinen gekommen ist, die etwa davor im Unterricht eingeführt wurden.

Für TN024 stehen zu 22 dieser 24 Zeitpunkte Texte zur Verfügung und für TN025 zu 23 der 24 Zeitpunkte (vgl. für weitere Informationen zu den Aufgabenstellungen der einzelnen Texte und der Rohdaten und der Verteilungen der Daten für die beiden Lernenden die zusätzlichen Informationen den Anhang). Damit ergibt sich eine Gesamtzahl von 45 Texten, die in diesem Beitrag analysiert werden. Zusätzlich wird bei dieser Auswahl darauf geachtet, dass sich die einzelnen Texte über die gesamte Studiendauer erstrecken, um die zweitsprachliche Entwicklung möglichst gleichmäßig abzubilden (vgl. Abb. 1).

Abbildung 1
Abbildung 1

Produzierte Texte bzw. ausgewählte Zeitpunkte im Studienverlauf – TN024 + TN025

In Abbildung 1 werden die einzelnen Zeitpunkte durch die Dreiecke markiert. Deutlich werden aber, trotz des Versuches, möglichst gleichmäßige Abstände zu wählen, einige Lücken (rote Pfeile). Diese lassen sich zum Teil durch den Ausschluss von Texten erklären und zum Teil durch Ereignisse im Studienverlauf. Der erste und der vierte Pfeil in der Abbildung markieren die Ramadanmonate der Jahre 2016 und 2017, in denen keine Texte von den Lernenden verfasst wurden. Der zweite rote Pfeil markiert eine etwa zweiwöchige Pause der Sprachkurse zum Jahreswechsel 2016/2017. Und der dritte Pfeil verdeutlicht eine weitere Kurspause, die sich im Februar 2017 aufgrund der Sprachprüfungen der letzten Kursgruppen ergab (vgl. Schwendemann 2022: 117). In dem Schaubild wird zudem deutlich, dass drei der erfassten Texte im letzten Teil der Datenerfassung sehr eng beieinander liegen. Dies sollte bei der Auswertung der Ergebnisse mitbedacht werden.

2.5 Aufbereitung und operationalisierte Variablen

Die handschriftlichen Texte werden zunächst transkribiert und dann in minimale satzwertige Einheiten segmentiert11. Mithilfe dieser Transkripte werden dann Profilanalysen nach Grießhaber (u.a. 2005 und 2016) durchgeführt. Ähnlich wie in der Processability Theory (vgl. exemplarisch Pienemann 1998; Jansen 2008), auf der die Profilanalyse konzeptuell aufbaut, sind minimale satzwertige Einheiten für Grießhaber Strukturen, die mindestens aus einem finiten Verb und einem Subjekt bestehen (vgl. Grießhaber 2016: 154). Eine solche Operationalisierung ist damit vergleichbar mit der in englischsprachigen Kontexten verwendeten Definition eines clause, der oft die Grundlage von zahlreichen Komplexitätsmaßen bildet (vgl. Lu 2011; Vyatkina 2013: 18).

Tabelle 1

Übersicht über die Profilstufen der Profilanalyse nach Grießhaber

Grießhaber (2012: 176)
mündlich, schriftlich DaF/DaZ
6 Integration Sie will den [von Hans empfohlenen] Roman kaufen.12
5 Insertion zum schluss empfehle ich each wenn es möglich ist dort zu lieben. (TN025; Zeitpunkt 21)
4 Nebensatz-Endstellung Ich habe mich lang nicht gemeldet, weil ich eine prüfung hatte. (TN025; Zeitpunkt 13)
3 Inversion Heute gehe ich nach dem Deutschkurs zur nach Hause. (TN024; Zeitpunkt 2)
2 Separation Ich habe ein schönes Schluss gesehen, (TN025; Zeipunkt 11)
1 Finitum Ich erhielt eine einjährige Aufenthalt. (TN024; Zeitpunkt 17)
0 Bruchstücke Dann links ab bis zur der Haltestelle. (TN025; Zeitpunkt 4)

Profilanalysen sind an die Theoriebildung der Processability Theory und der frühen Arbeitsgruppen um das ZISA-Projekt (vgl. Clahsen / Meisel / Pienemann 1983; Clahsen 1986) angelehnt, auch wenn von Grießhaber (2012: 177) eine erwerbstheoretische Unabhängigkeit der Profilanalyse herausgestellt wird. Die Profilanalyse nach Grießhaber geht, analog zur PA, davon aus, dass bestimmte syntaktische Erwerbs- bzw. Profilstufen nacheinander und in einer festen Reihenfolge durchlaufen werden (vgl. Tab. 1). Diese Stufen bilden dabei eine zunehmende syntaktische Komplexität ab, wobei die „Stufen eins bis vier die zentralen Satzmuster [des Deutschen]“ (Grießhaber 2019: 548) enthalten. Grießhaber (2012) ergänzt diese vier Satzmuster um die Profilstufen 5 und 6 (vgl. Tab. 1), die allerdings eher im bildungssprachlichen Bereich verortet scheinen.

Auf der Grundlage der angesprochenen Segmentierung wird jede der MSE einer syntaktischen Profilstufe zugeordnet. Der gesamte Text wird dann der höchsten Erwerbsstufe zugeordnet, die das Emergenzkriterium von mindestens drei produktiven Verwendungen innerhalb des Textes erfüllt (vgl. Grießhaber 2012; vgl. zudem Kap. 2.6.1). Auf diese Weise wird aus jedem der produzierten Texte die Variable ‚Erreichte Erwerbsstufe‘ ermittelt.

Zusätzlich wird aus den Texten exemplarisch die Variable ‚Durchschnittliche Länge einer MSE‘ als syntaktisches Komplexitätsmaß extrahiert. Das Komplexitätsmaß der durchschnittlichen Länge einer MSE wird berechnet, indem die Gesamtzahl aller Wörter in einem Text durch die Anzahl minimaler satzwertiger Einheiten dividiert wird. Die Grundlage dieser Berechnung bilden die im Rahmen der Profilanalysen segmentierten MSE. In die Zählung der Wörter gehen alle von den Lernenden produzierten Wörter, also auch Eigennamen, Ortsbezeichnungen und Zahlwörter, mit ein. Dieses Komplexitätsmaß entstammt dem CAF-Ansatz (complexity, accuracy und fluency; vgl. Housen / Kuiken / Vedder 2012), der Möglichkeiten bietet, den Zustand und die Entwicklung von Lernersprache durch quantitative Maße zu beschreiben (vgl. Rosmawati 2020: 111). Komplexität bezieht sich konzeptuell auf die lernersprachliche Elaboriertheit bzw. die Fähigkeit von Lernenden, unterschiedliche grammatische Formen (d.h. Strukturen, Muster oder Regeln; vgl. Housen et al. 2019: 8) oder lexikalische Einheiten zu realisieren. Sie zeichnet sich allerdings durch unterschiedliche und kontextabhängige Operationalisierungen aus (vgl. Housen et al. 2019: 4). Nach wie vor fehlt eine einheitliche Definition (vgl. Pallotti 2015: 118–119).

2.6 Verwendete Analysemethode

Für die Analysen des vorliegenden Beitrags werden einerseits min-max-Diagramme, die intraindividuelle Variabilität sichtbar machen, und andererseits Change Point-Analysen, die untersuchen, ob es in den Zeitreihendaten der Lernenden zu signifikanten Veränderungen kommt, verwendet. Während diese Verfahren vor allem im englischsprachigen Kontext bereits mehrfach zur Anwendung kamen, wurden sie m.W. bisher nicht bei der Erforschung deutschsprachiger L2-Daten eingesetzt. Dies bedeutet allerdings gleichzeitig, dass die eingesetzten Verfahren für das Deutsche als L2 bisher noch eher explorativen Charakter besitzen und in der Zukunft sicherlich verfeinert und weiterentwickelt werden müssen.

2.6.1 Min-max-Diagramme

Um die den Daten inhärente Variabilität sichtbar zu machen, werden min-max-Diagramme eingesetzt (vgl. für eine Einführung in diese Art der Datenvisualisierung Verspoor / Lowie / van Dijk 2008; vgl. zudem van Dijk / Verspoor / Lowie 2011: 76). Während auf klassischen Liniendiagrammen lediglich die ursprünglichen Datenpunkte im Zeitverlauf zu sehen sind und so vor allem einzelne Ausreißer in Zeitreihen gefunden werden können, ermöglichen es min-max-Diagramme, auf einen Blick Phasen sich verändernder Variabilität zu identifizieren, die sich über mehrere Datenpunkte erstrecken können und in einem min-max-Diagramm jeweils in ihrer maximalen und in ihrer minimalen Ausdehnung gezeigt werden (vgl. Abb. 2 und 3). Daher eignet sich diese Art von Diagrammen in besonderer Weise für die Analyse von longitudinalen Daten. Min-max-Diagramme legen bewegliche Fenster (moving windows) an die Daten an, die sich jeweils über eine bestimmte Breite erstrecken, d.h. eine bestimmte Anzahl an Datenpunkten umfassen und dann um jeweils einen Datenpunkt bzw. Zeitpunkt weiterbewegt werden. Im vorliegenden Beitrag wird eine Fenstergröße von fünf Datenpunkten gewählt. Dadurch kommt es in jedem der angelegten Fenster zu deutlichen Überlappungen mit den vorangegangenen und den folgenden Fenstern, was einen detaillierteren Blick auf die zugrundeliegenden Muster ermöglicht, aber gleichzeitig dazu führt, dass Entwicklungssprünge nicht direkt in ihrer tatsächlichen Größe einschätzbar sind (vgl. für eine Diskussion von Vor- und Nachteilen dieser Methode Murakami 2014: 127–128). Für die Erstellung eines min-max-Diagramms werden in jedem dieser Fenster jeweils die minimalen und die maximalen Werte berechnet und als eigene Graphen wiedergegeben. Durch diesen Ansatz wird die Bandbreite der Variabilität in den zugrundeliegenden Daten sichtbar. Wird die Bandbreite zwischen den Graphen für die minimalen und die maximalen Werte größer, deutet dies auf eine größer werdende Variabilität hin. Verringert sich der Abstand, wird auch die Variabilität kleiner und es kann von einer größeren Stabilität in der Datenreihe ausgegangen werden.

2.6.2 Change Point-Analysen

Mithilfe von Change Point-Analysen (CPAs) können in Zeitreihendaten plötzliche und signifikante Veränderungen, sogenannte Change Points (CPs), entdeckt werden (vgl. für eine Anwendung des Verfahrens im Kontext der Zweitspracherwerbsforschung Baba / Nitta 2014; vgl. zudem MacIntyre et al. 2017). Diese können sich beispielsweise auf die Mittelwerte oder die Standardabweichungen (bzw. die Varianz) der Zeitreihendaten beziehen. Die Entdeckung eines CP deutet darauf hin, dass die Daten sich vor und nach dem CP signifikant voneinander unterscheiden (vgl. Taylor 2000/2018)13. Übertragen auf zweitsprachliche Lernerdaten können Change Point-Analysen dabei helfen, Punkte in der Entwicklung von Lernenden zu identifizieren, an denen sich das sprachliche Verhalten der Lernenden statistisch signifikant von dem unterscheidet, was die Lernenden bis zu diesem Punkt getan haben. Gerade dann, wenn einerseits mehrere Change Point-Analysen und andererseits verschiedene Analysemethoden mit Change Point-Analysen kombiniert werden, versprechen diese Analysen einen sehr detaillierten Blick auf zweitsprachliche Entwicklungen freizugeben, der sonst nicht direkt möglich ist. Gerade hinsichtlich der Diskussion darum, wann bestimmte Dinge als erworben gelten und auch, was genau, erworben‘ eigentlich tatsächlich heißt, können solche Analysetechniken unabhängig von verschiedenen und letztlich unter Umständen arbiträr gesetzten Emergenzkriterien wertvolle Erkenntnisse über den zeitlichen Verlauf von Entwicklungsprozessen liefern.

Die hier durchgeführten CPAs beruhen auf einem cumulative sum chart-Algorithmus (CUSUM), der sowohl CUSUM-Diagramme (Kumulativsummen-Diagramme) als auch Bootstrap-Techniken verwendet. Hierbei werden die „kumulative[n] Summen der Differenzen zwischen den Werten und dem Durchschnitt [addiert]. Diese Differenzen summieren sich zu null, so dass die kumulative Summe immer bei null endet“14 (Taylor 2000/2018: 5). Steigen die Werte in einem CUSUM-Diagramm, bedeutet dies, dass sich die Werte der Ursprungsvariable oberhalb des ermittelten Mittelwerts befinden. Abfallende Werte hingegen signalisieren, dass die Werte im CUSUM-Diagramm unterhalb des Mittelwerts liegen. Ändern sich diese Tendenzen relativ zum Mittelwert der Zeitreihe, ist dies ein Hinweis auf eine systematische Veränderung, einen Change Point.

Im Anschluss daran werden zusätzlich Bootstrapping-Analysen durchgeführt, die die aus den CUSUM-Analysen berechneten Differenzwerte verwenden und zufällige Neuanordnungen der Daten unter der Annahme simulieren, dass es zu keiner systematischen Veränderung innerhalb der Zeitreihe gekommen ist. Liegen die Differenzen der Bootstrap-CUSUM-Diagramme tendenziell näher an null als die der Ausgangsdiagramme, deutet dies auf systematische Veränderungen der Zeitreihe an diesen Stellen hin (vgl. Taylor 2000/2018: 7). In derselben Weise werden CPAs mit den Daten zur Variation innerhalb der Daten durchgeführt. In der vorliegenden Studie werden Konfidenzniveaus aus 1000 Bootstraps berechnet. Die Konfidenzniveaus zeigen an, wie hoch der prozentuale Anteil an Bootstrap-Iterationen ist, bei dem diese näher an null lagen als die Daten der ursprünglichen CUSUM-Diagramme. Wenn von 1000 Bootstraps 900 näher an null liegen als dies in den Ausgangsdaten der Fall ist, ergibt sich ein Konfidenzniveau von 90 %. Zuletzt werden zeitliche Konfidenzintervalle angegeben, die mit einem Niveau von 95 % einen Hinweis darauf geben, zwischen welchen Zeitpunkten ein identifizierter CP zu verorten ist. Voraussetzung für die Durchführung einer CPA ist die Annahme einer unabhängigen Fehlerstruktur (independent error structure). Zwischen den einzelnen Datenpunkten dürfen keine Überschneidungen oder Korrelationen vorhanden sein. Ein solches Vorgehen deckt sich mit grundlegenden Annahmen aus der CDST, in der davon ausgegangen wird, dass Variation bzw. Variabilität einen Auslöser für Veränderung darstellt (vgl. Bot / Lowie / Verspoor 2007; Verspoor et al. 2008; Spoelman / Verspoor 2010).

3. Ergebnisse

Insgesamt gehen 45 Texte der beiden Lernenden (n = 22 von TN024; n = 23 von TN025) in die hier durchgeführten Analysen ein (vgl. Kap. 2.4). In diesen Texten produzieren TN024 und TN025 insgesamt 4423 Wörter und 727 minimale satzwertige Einheiten (vgl. Tabelle 2). Der Mittelwert der produzierten Wörter pro Text liegt dabei bezogen auf die gesamte Studiendauer und beide Lernende bei 98,29 Wörtern (Mdn = 101, SD = 42,654). Für die Anzahl von MSE pro Text liegt der Mittelwert bei 16,16 (Median (Mdn) = 15, Standardabweichung (SD) = 7,176), wobei diese eine durchschnittliche Länge von 6,140 Wörtern (Mdn = 6,105, SD = 1,135) aufweisen15. Die an dieser Stelle relativ hohen Standardabweichungen für ‚Anzahl MSE‘ und ‚Anzahl Wörter‘ könnten hier ein Hinweis darauf sein, dass sich die Texte im Studienverlauf hinsichtlich dieser Werte deutlich unterscheiden und dass beispielsweise zu Beginn der Studie kürzere Texte als am Ende der Studie von den beiden Lernenden geschrieben werden.

Tabelle 2

Deskriptive Statistik – Gesamtstudie (TN024 + TN025)16

Deskriptive Statistik - Gesamtstudie (TN024 + TN025)
Erreichte Erwerbsstufe Anzahl MSE Anzahl Wörter Ø-Länge MSE
N Gültig 45 45 45 45
Fehlend 0 0 0 0
Mittehvert 3,089 16,156 98,289 6,140
Standardfehler des Mittelwerts 0,145 1,070 6,35 ,16925
Median 3,000 15,000 101,000 6,105
Modus 3a 19 62a 5,440a
Std. -Abweichung 0,973 7,176 42,654 1,135
Varianz 0,946 51,498 1819,346 1,289
Minimum 1 7 36 3,59
Maximum 4 38 215 9,33
Summe 727 4423
Perzentile 25 3,000 10,500 62,000 5,324
75 4,000 19,000 122,000 6,817
  • a. Mehrere Modi vorhanden. Der kleinste Wert wird angezeigt.

Im Vergleich der beiden Lernenden fällt auf, dass TN024 (vgl. Tab. 3) insgesamt 310 MSE mit 2000 Wörtern und damit etwas weniger Wörter und minimale satzwertige Einheiten als TN025 produziert (vgl. Tab. 4). Hier liegen die Werte aus 23 Texten mit insgesamt 417 MSE und 2423 Wörtern etwas höher. Zudem wird deutlich, dass TN025 mehr MSE schreibt und die produzierten Texte länger als die von TN024 sind. Die relativ großen Standardabweichungen könnten darauf hindeuten, dass die Textlänge der geschriebenen Texte im Studienverlauf sehr variabel ist. Im Gegensatz zur Textlänge sind die MSE von TN024 etwas länger als die von TN025.

Tabelle 3

Deskriptive Statistik – Gesamtstudie (TN024)

Deskriptive Statistik – TX024
Erreichte Erwerbsstufe Anzahl MSE Anzalil Wörter Ø-Länge MSE
N Gültig 22 22 22 22
Fehlend 0 0 0 0
Mittelwert 3,000 14,091 90,909 6,453
Standardfehler des Mittelwerts 0,208 1,032 7,487 0,255
Median 3 13,000 87,000 6,550
Modus 3 9a 62a 4,750a
Std. -Abweichung 0,976 4,839 35,117 1,195
Varianz 0,952 23,420 1233,229 1,429
Minimum 1 7,00 44 4,750
Maximum 4 28 185 9,33
Summe 310 2000
Perzentile 25 3 10,000 61,500 5,513
75 4 17,250 117.500 6,930
  • a. Mehrere Modi vorhanden. Der kleinste Wert wird angezeigt.

Tabelle 4

Deskriptive Statistik – Gesamtstudie (TN025)

Deskriptive Statistik – TX025
Erreichte Erwerbsstufe Anzahl MSE Anzahl Wörter Ø-Länge MSE
N Gültig 23 23 23 23
Fehlend 0 0 0 0
Mittehwert 3,174 18,130 105,348 5,840
Standardfehler des Mittelwerts 0,205 1,773 10,119 0,211
Median 3,000 16,000 107,000 5,727
Modus 4 8 103a 6,44
Std. -Abweichung 0,984 8,503 48,528 1,011
Varianz 0,968 72,300 2354,964 1,022
Minimum 1 8 36 3,590
Maximum 4 38 215 7,500
Summe 417 2423
Perzentile 25 3 11,000 63,000 5,154
75 4 24,000 130.000 6,792
  • a. Mehrere Modi vorhanden. Der kleinste Wert wird angezeigt.

3.1 Min-max-Diagramme: ‚Erreichte Erwerbsstufe‘

Die Graphen für das Minimum und das Maximum beginnen in den folgenden min-max-Diagrammen ab dem dritten Zeitpunkt. Dieser bildet den Mittelpunkt des ersten angelegten Intervalls. Im Folgenden werden für TN024 und TN025 die beiden min-max-Diagramme für die Variablen (‚Erreichte Erwerbsstufe‘, ‚Durchschnittliche Länge MSE‘) gezeigt. Die Graphen für die minimalen und maximalen Werte innerhalb der angelegten moving windows werden dabei durch die grauen Linien markiert. Ergänzend wird in den Beschreibungen der Diagramme jeweils in Klammern angegeben, wann im Studienverlauf ein bestimmter Zeitpunkt zu verorten ist. Dabei werden die Zeit in Wochen nach Studienbeginn und die bis dahin besuchten Unterrichtseinheiten aufgeführt. Zusätzlich werden in den Diagrammen die in den Daten identifizierten Change Points mit Konfidenzintervallen gezeigt. Die dazugehörigen Daten werden in den Tabellen unter den Diagrammen zusammengefasst. Die Bezeichnungen ‚Zeitpunkt‘ und ‚(produzierter) Text‘ werden im Folgenden synonym verwendet.

Abbildung 2
Abbildung 2

min-max-Diagramm ‚Erreichte Erwerbsstufe‘ (TN024)

Das min-max-Diagramm zu den erreichten Erwerbsstufen (schwarze Linie) zeigt für TN024 drei Phasen unterschiedlich großer Variabilität, in denen folglich sehr unterschiedliche Erwerbsstufen in den produzierten Texten erreicht werden (vgl. Abb. 2)17. In der ersten Phase, die sich zwischen Zeitpunkt 1 (nach 3 Tagen bzw. in der ersten Unterrichtswoche / nach 15 Unterrichtseinheiten) und Zeitpunkt 6 (nach 12 Wochen / 231 UE) erstreckt, ist keine Variabilität in den Daten feststellbar. Die beiden Graphen liegen aufeinander. Die sich anschließende zweite Phase ist durch eine größer werdende Variabilität gekennzeichnet, die ab Zeitpunkt 10 die größte Variabilität innerhalb der Datenreihe beinhaltet. Diese Phase beginnt zu Zeitpunkt 7 (nach 15 Wochen / 292 UE) und dauert bis zu Zeitpunkt 18 (nach 45 Wochen / 756 UE). In diese Phase der größten Variabilität innerhalb der Zeitreihe fällt außerdem die B1-Prüfung (Zeitpunkt 13). Auffällig ist hier, dass TN024 Erwerbsstufe 1 erreicht, während bis dahin durchgehend Erwerbsstufen 3 und 4 erreicht werden. Die dritte Phase zwischen Zeitpunkt 19 (nach 45 Wochen / 766) und Zeitpunkt 24 (nach 61 Wochen / 1037 UE) stellt wiederum eine stabilere Phase dar, die sich durch geringer werdende Variabilität auszeichnet.

In den Daten zu den erreichten Erwerbsstufen von TN024 kann kein Change Point nachgewiesen werden, was darauf hindeutet, dass die Variabilität innerhalb der Daten so groß ist, dass keine systematische Veränderung identifiziert werden kann. Dies zählt ebenfalls für Veränderungen in der Varianz der Werte. Zudem werden keine Abweichungen von der zugrundeliegenden Annahme einer unabhängigen Fehlerstruktur festgestellt18. Ein Abfallen der herausgearbeiteten Profilstufen bedeutet nun allerdings nicht zwangsläufig, dass die entsprechenden Strukturen den Lernenden nicht mehr produktiv zur Verfügung stehen würden. Es verdeutlicht in diesem Fall zunächst vor allem individuelle Schreibpräferenzen und Tendenzen in der lernersprachlichen Entwicklung. Die longitudinalen Daten zeigen so allerdings deutlich auf, dass Profilanalysen, die nur zu einem Zeitpunkt in der lernersprachlichen Entwicklung durchgeführt werden, unter Umständen ein sehr unvollständiges Bild dieser und des assoziierten Erwerbsstands der Lernenden aufzeigen können.

Abbildung 3
Abbildung 3

min-max-Diagramm ‚Erreichte Erwerbsstufe‘ + Change Points (TN025)

Tabelle 5

Zusammenfassung der CPA ‚Erreichte Erwerbsstufe‘ (TN025)

Change Point (Zeitpunkt) Konfidenzintervall (Zeitpunkte) Konfidenzniveau Von Zu Level
5 (3,8) 96% 1,75 3,4737 2

Wie in den Daten von TN024 lassen sich für TN025 Phasen unterschiedlich großer Variabilität identifizieren (vgl. Abb. 3). Während für TN024 die erste Phase durch relative Stabilität gekennzeichnet ist und in den meisten der Texte Erwerbsstufe 3 erreicht wird, zeigt sich in den Daten von TN025 bereits zu Beginn der Studiendauer zwischen Zeitpunkt 1 (nach drei Tagen bzw. in der ersten Woche des Unterrichts / 15) und Zeitpunkt 7 (nach 15 Wochen Unterricht / 285 UE) eine relativ große Variabilität. TN025 erreicht entweder Erwerbsstufe 1 oder Erwerbsstufe 3. Zwischen Zeitpunkt 5 (nach zehn Wochen / 205 UE) und Zeitpunkt 7 (der Text zu Zeitpunkt 6 liegt für TN025 nicht vor) erreicht die Variabilität ihre größten Werte. Ab Zeitpunkt 8 (nach 17 Wochen / 300 UE) beginnt die zweite beobachtete Phase, die sich durch eine konstant bleibende Variabilität auszeichnet. In dieser Phase erreicht TN025 in seinen Texten die Erwerbsstufen 2,3 und 4. Diese Phase endet zu Zeitpunkt 18 (nach 45 Wochen / 793 UE). Die dritte Phase hinsichtlich der in dieser Zeitreihe beobachteten Variabilität beginnt ab Zeitpunkt 19 (nach 45 Wochen / 803 UE) und zeichnet sich durch große Stabilität aus. TN025 erreicht in dieser Phase in allen Texten Erwerbsstufe 4, die hier unter Umständen ein Deckenniveau für die beiden Lernenden darstellt.

In den Zeitreihendaten für TN025 zeigt sich in Bezug auf die erreichte Erwerbsstufe mit einem Konfidenzniveau von 96 % ein Change Point zu Zeitpunkt 5 (nach 10 Wochen / 205 UE) (blauer Stern im Diagramm, die Pfeile verdeutlichen das Konfidenzintervall) (vgl. Tab. 6). Das zeitliche Konfidenzintervall (KI 95 %) verortet diese Veränderung zwischen Text 3 (7 Wochen / 110 UE) und Text 8 (17 Wochen / 300 UE). Damit fällt das errechnete Konfidenzintervall mit der ersten Phase größerer Variabilität in den Daten zusammen. Vor dem Change Point liegt der durchschnittliche Wert für die erreichte Erwerbsstufe bei 1,75 und danach bei 3,47. TN025 erreicht also nach dem Change Point durchschnittlich die nächsthöhere Erwerbsstufe.

3.2 Min-max-Diagramme: ‚Durchschnittliche Länge MSE‘

Die nächsten beiden Diagramme beziehen sich auf die Daten von TN024 und TN025 zur durchschnittlichen Länge einer MSE in den produzierten Texten.

Abbildung 4
Abbildung 4

min-max-Diagramm ‚Durchschnittliche Länge MSE‘ (TN024)

Tabelle 6

Zusammenfassung CPA ‚Durchschnittliche Länge CPA‘ (TN024)

Change Point (Zeitpunkt) Konfidenzintervall (Zeitpunkte) Konfidenzniveau Von Zu Level
15 (7,23) 92% 5,886 7,134 1

In den Daten zur durchschnittlichen Länge einer MSE von TN024 lassen sich hinsichtlich der beobachteten Variabilität insgesamt vier unterschiedliche Phasen ausmachen (vgl. Abb. 4). Dabei wechseln sich Phasen großer Variabilität mit Phasen scheinbarer Stabilität ab. Zu Beginn der Studie lässt sich zunächst eine Phase relativ großer Variabilität beobachten, die zu Zeitpunkt 6 (nach zwölf Wochen / 231 UE) mit stark abnehmender Variabilität endet. An diese erste Phase schließt sich zwischen Zeitpunkt 7 (nach 15 Wochen / 292 UE) und 11 (nach 25 Wochen / 481 UE) eine stabilere Phase an. Die dritte und darauffolgende Phase von Zeitpunkt 11 (nach 25 Wochen / 481 UE) bis zu Zeitpunkt 18 (nach 45 Wochen / 756 UE) zeichnet sich wiederum durch größere Variabilität aus. Die letzte der vier hier beobachtbaren Phasen ist zwischen Zeitpunkt 19 (nach 45 Wochen / 766 UE) und 24 (nach 61 Wochen / UE 1037 UE) anzusetzen. Hierbei handelt es sich wiederum um eine stabilere Phase mit geringer Variabilität. Zu beachten sind in dieser Datenreihe die hervorstechenden Zeitpunkte 4 und 16, zu denen im Vergleich zu den übrigen Zeitpunkten deutlich längere MSE produziert werden. Damit beeinflussen diese beiden Zeitpunkte unter Umständen die beobachtbare Variabilität in besonderer Weise.

Für die durchschnittliche Länge einer MSE ergibt sich in den Daten von TN024 mit einem Konfidenzniveau von 92 % ein Change Point zu Zeitpunkt 15 (35 Wochen / 573 UE). Auffällig ist hier das sehr breite zeitliche Konfidenzintervall, welches sich von Text 7 (15 Wochen / 292 UE) bis zu Text 23 (60 Wochen / 1010 UE) und damit über etwa 45 Wochen erstreckt. Vor dem gefundenen CP hat eine MSE eine durchschnittliche Länge von 5,9 und danach steigt dieser Wert auf 7,1. TN024 schreibt also MSE, die im Schnitt etwa ein Wort mehr beinhalten. Analog zu den Daten zur erreichten Erwerbsstufe bei TN025 liegen sowohl der CP als auch das in der CPA errechnete Konfidenzintervall in einer Phase großer Variabilität.

Abbildung 5
Abbildung 5

min-max-Diagramm ‚Durchschnittliche Länge MSE‘ (TN025)

Die Zeitreihendaten zur durchschnittlichen Länge einer MSE wirken für TN025 im Gegensatz zu den Daten von TN024 stabiler und es lassen sich schwerer als in den übrigen Diagrammen Phasen unterschiedlich großer Variabilität identifizieren (vgl. Abb. 5). Die Werte der Variable liegen während der gesamten Studiendauer zwischen 4 und 7. Werte, die wie bei TN024 darüber liegen, finden sich in den Daten von TN025 nicht. Auffällig ist, dass die Werte der Variable im Zeitverlauf nicht durch eine wesentliche Zunahme geprägt scheinen. Es finden sich bereits zu Beginn der Studie Texte, in denen ähnlich lange MSE wie zum Ende der Studie produziert werden. Aufgrund der relativen Stabilität der Daten lassen sich zudem keine systematischen Veränderungen in dieser Datenreihe von TN025 identifizieren. Dies zählt ebenfalls für die Daten der Varianz.

Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf die Beantwortung der gestellten Forschungsfragen festhalten, dass sich in den Daten beider Lernender hinsichtlich der beobachtbaren Variabilität unterschiedliche Phasen erkennen lassen, die sich darüber hinaus innerhalb der analysierten Variablen nicht decken. Eine besondere Rolle scheint dabei die Phase im zeitlichen Kontext der B1-Prüfung zu spielen. Die gefundenen Change Points sind für TN024 und TN025 ebenfalls unterschiedlich. Es lässt sich aber ein Zusammenhang zur identifizierten Variabilität herausarbeiten. Die CPs fallen jeweils in Phasen, in denen anhand der min-max-Diagramm eine große Variabilität in den Daten festgestellt werden konnte. Umgekehrt finden sich nicht in allen Phasen großer Variabilität systematische Veränderungen der Zeitreihe.

4. Diskussion und Limitationen

In diesem Beitrag wurde das Ziel verfolgt, einen Blick auf die intra- und interindividuelle Variabilität in ausgewählten Datenreihen zweier in vielen Aspekten vergleichbarer Lernender zu werfen. Gleichzeitig wurde die Frage verfolgt, ob es einen Zusammenhang zwischen intraindividueller Variabilität und systematischen Veränderungen in den analysierten Zeitreihendaten gibt. Dies wurde anhand der in den Texten jeweils erreichten Erwerbsstufe und der durchschnittlichen Länge minimaler satzwertiger Einheiten untersucht. Bereits auf deskriptiver Ebene ergeben sich Unterschiede zwischen den beiden Lernenden. Über die gesamte Studiendauer werden von TN025 längere Texte mit einer größeren Anzahl an MSE als von TN024 produziert. Die von TN024 verwendeten MSE sind dafür länger als die von TN025. Die beiden Lernenden scheinen also die ihnen gestellten Aufgaben unterschiedlich zu bearbeiten und Texte zu schreiben, die sich bereits anhand von syntaktischen Oberflächen- bzw. Komplexitätsmaßen unterscheiden lassen.

Für TN024 kann in der Zeitreihe für die ‚Durchschnittliche Länge MSE‘, nicht aber in der Zeitreihe zu den erreichten Erwerbsstufen, ein Change Point herausgearbeitet werden. In den Zeitreihen von TN025 hingegen wird eine systematische Veränderung in der Zeitreihe ‚Erreichte Erwerbsstufe‘ identifiziert und keine für ‚Durchschnittliche Länge MSE‘. Dass sich nicht in allen Zeitreihen systematische Veränderungen finden lassen, spricht darüber hinaus dafür, dass sich diese Zeitreihen durch eine zu große intraindividuelle Variabilität auszeichnen. Insgesamt geben die herausgearbeiteten Unterschiede Hinweise darauf, dass auch oberflächlich scheinbar ähnliche Lernende sehr unterschiedliche und individuelle zweitsprachliche Entwicklungsmuster aufweisen.

Die Kombination der beiden Verfahren der min-max-Diagramme und der Change Point-Analysen macht sichtbar, dass systematische bzw. signifikante Veränderungen einer Zeitreihe immer in Phasen großer oder größer werdender Variabilität gefunden werden. Gleichzeitig wird nicht in jeder Phase großer Variabilität ein Change Point identifiziert. Variabilität scheint also eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für systematische Veränderungen in der zweitsprachlichen Entwicklung zu sein und gleichzeitig einen indikativen Charakter hinsichtlich möglicher Veränderungen zu besitzen. In jedem Fall ist sie an konkrete Entwicklungsphasen in den Daten der beiden Lernenden gekoppelt und damit mehr als ein Phänomen im Hintergrund. Diese potenziellen Zusammenhänge müssen sicherlich weiter untersucht und sowohl mit den Daten von weiteren Lernenden in Beziehung gesetzt als auch mit einer größeren Anzahl an Komplexitätsmaßen überprüft werden.

Eine Evaluierung der Profilanalyse war nicht Ziel dieses Beitrags und mithilfe der in diesem Beitrag vorgestellten Methoden lassen sich keine Erwerb- bzw. Entwicklungsschritte ableiten. Dennoch fallen gerade in den longitudinalen Daten potenzielle Herausforderungen bei der Arbeit mit Profilanalysen deutlich ins Auge. Anhand der hier vorgelegten Daten zu den erreichten Erwerbsstufen könnten die durch die Profilanalyse vorausgesagten Erwerbssequenzen nicht ohne weiteres rekonstruiert werden (vgl. Abb. 4 und 5). Für beide Lernenden scheint eindeutig zu sein, dass die Profilstufen 1–3 vor der Profilstufe 4 ‚Verbendstellung‘ emergent werden. Diese Stufe funktioniert aber gleichzeitig innerhalb der Studiendauer als Deckenniveau, das von den Lernenden nicht überschritten wird. Das Emergieren der übrigen Stufen 1, 2 und 3 ist zeitlich allerdings nicht zu differenzieren. Alle drei Stufen werden bereits in den Texten zu Beginn der Studie und zum Teil simultan in denselben Texten emergent, was die Processability Theory jedoch ausschließt. Dies bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass dies eine negative Evidenz im Kontext der Erwerbssequenzen bedingt. Strukturen könnten zwar nicht produziert worden sein, aber prinzipiell zur Verfügung stehen.

In jedem Fall scheinen Stufenmodelle jedoch die Darstellung und Sichtbarkeit von Variabilität unter Umständen zu restringieren, da sie zu breit konzipiert sind, um zeigen zu können, ob und wie sich Entwicklungen innerhalb der Stufen vollziehen. Damit hängt die Frage danach zusammen, wie vergleichbar sehr unterschiedliche Strukturen sind, die aber konzeptuell denselben Stufen zugeordnet werden. Wie vergleichbar ist etwa die Besetzung des Vorfelds mit einer Adverbialphrase, einem Akkusativ- oder Dativobjekt oder einem Nebensatz? Alle drei Strukturen werden im Rahmen der Profilanalyse der Stufe 3 ‚Inversion‘ zugeordnet.

Aus einer longitudinalen Perspektive wird zusätzlich eine weitere Einschränkung der Profilanalyse als diagnostisches Instrument für den einmaligen Einsatz zu einem Zeitpunkt deutlich. Bezogen auf einen einzelnen Zeitpunkt innerhalb der zweitsprachlichen Entwicklung können Profilanalysen ein verzerrtes Bild des Entwicklungsstandes von Lernenden geben. Besonders deutlich wird dies für TN024, denn die Person erreicht im Kontext der B1-Prüfung eine deutlich niedrigere Erwerbsstufe als in den übrigen Texten des bisherigen Studienverlaufs. Eine ähnliche Beobachtung berichten Ehl et al. (2018: 1269). Ob also mithilfe von Profilanalysen zu jedem Zeitpunkt reliable Aussagen über den Entwicklungsstand von Lernenden getroffen werden können, muss vor dem Hintergrund der Daten dieser Studie zumindest vorsichtig gesehen werden.

Die gezeigten Ergebnisse müssen zudem vor dem Hintergrund einiger Einschränkungen gesehen werden. Zunächst beschränken sich die gezeigten Daten nur auf schriftliche Daten. Es können demnach keine modalitätsübergreifenden Hypothesen generiert werden (vgl. Wisniewski 2022: 24). Ob sich ähnliche Effekte in mündlichen Sprachdaten zeigen lassen, bleibt an dieser Stelle also vorerst offen. Ab einem bestimmten Punkt funktioniert zudem Profilstufe 4 ‚Verbendstellung‘ als eine Art Deckenniveau, was dafür sorgt, dass die Ergebnisse nicht mehr direkt vergleichbar sind. In diesem Zusammenhang wird zudem eine grundsätzliche Limitation der Studie deutlich, die sich auf mögliche Aufgabeneffekte (task effects; vgl. Alexopoulou et al. 2017) bezieht. Diese wurden bis jetzt noch nicht systematisch überprüft. In diesem Zusammenhang ist zudem denkbar, dass die Aussagekraft und die Reliabilität der durchgeführten Profilanalysen durch den konkreten Studienaufbau eingeschränkt werden. Es werden erwachsene Lernende in einem stark gesteuerten Lernkontext innerhalb eines Intensivsprachkurs analysiert. Die Profilanalyse wurde aber ursprünglich für den Einsatz bei der Sprachstandsfeststellung von Kindern und Jugendlichen mit Deutsch als Zweitsprache konzipiert (vgl. Grießhaber 2005). Es ist also durchaus möglich, dass die Profilanalyse für die hier untersuchten erwachsenen Lernenden, selbst zu Beginn ihrer zweitsprachlichen Entwicklung, kein passgenaues diagnostisches Instrument darstellt.

Das hier exemplarisch ausgewählte Komplexitätsmaß der durchschnittlichen Länge minimaler satzwertiger Einheiten liefert grundsätzlich vielfältige Informationen über zweitsprachliche Entwicklungsprozesse. Deutlich wird allerdings, dass gerade in Bezug auf die Länge von MSE ein Ansteigen oder ein Abfallen der Werte kein direktes Maß für zunehmende Komplexität oder sogar für die Kompetenz der Lernenden darstellt (vgl. Housen et al. 2019: 8). Besonders deutlich wird dies in den Daten von TN025, die im Verlauf der Studie kontinuierlich schwanken und in denen keine tendenzielle Zunahme festzustellen ist. Was genau dieses und andere Komplexitätsmaße, aber auch die verwendeten Profilanalysen, darüber hinaus auf Textebene, d.h. hinsichtlich ihrer textuellen „Angemessenheit und Funktionalität“ und damit hinsichtlich ihrer Textqualität (Petersen 2014: 80) tatsächlich bedeuten, muss sowohl auf theoretischer Ebene als auch an den einzelnen Texten gezeigt werden (vgl. Rosmawati 2020: 114). Außerdem geben Komplexitätsmaße selbst keine Hinweise darauf, welche lernerexternen und lernerinternen Faktoren letztlich für die beobachteten longitudinalen Entwicklungen in den Zeitreihen der Komplexitätsmaße verantwortlich sind. Dies verdeutlicht, dass die kontextlose Zählung syntaktischer Strukturen nicht hinreichend ist, um syntaktische Kompetenz als Konstrukt eindeutig herauszuarbeiten (vgl. Ortega 2015: 91). Diese Perspektiven können im vorliegenden Beitrag nicht verfolgt werden und bilden vielversprechende Desiderata.

Aus methodischer Sicht muss darüber hinaus noch einmal auf den eher explorativen Charakter der eingesetzten Methoden hingewiesen werden, die sicherlich mit weiteren Daten des Deutschen als L2 validiert und weiterentwickelt werden müssen. Dies bezieht sich im Besonderen auf die CPAs, die etwa durch Monte Carlo-Analysen ergänzt werden könnten, um die statistische Signifikanz der Ergebnisse genauer einschätzen zu können (vgl. Hou / Loerts / Verspoor 2020: 40). Ein weiterer Punkt, der einer genaueren Überprüfung bedarf, sind die zum Teil sehr weiten Konfidenzintervalle, die in den CPAs berechnet werden und sich zum Teil auf mehrere Monate der zweitsprachlichen Entwicklung beziehen.

5. Fazit

Die in diesem Beitrag gezeigten Daten und die Ergebnisse der Change Point-Analysen und der Variabilitätsanalysen verdeutlichen, dass der gezielte Blick auf Variabilität in lernersprachlichen Daten zusätzliche Perspektiven auf zweitsprachliche Entwicklungsschritte aufzeigen kann. Hier erweisen sich Methoden, die im weiteren Sinne als CDST-basiert beschrieben werden können, in besonderer Weise geeignet und zeigen eine große Anschlussfähigkeit an gebrauchsbasierte Theoriebildung im Kontext der zweitsprachlichen Entwicklung. Die Daten deuten darüber hinaus darauf hin, dass die etablierten Stufenmodelle, die der Processability Theory oder der Profilanalyse zugrunde liegen, die Sichtbarkeit und damit unter Umständen die Interpretierbarkeit von Variabilität als relevantes Entwicklungsphänomen einschränken. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass diese Stufen insgesamt zu breit konzipiert sind und hinsichtlich der zweitsprachlichen Entwicklung zu unterschiedliche Strukturen auf denselben Stufen verorten. Eine detaillierte Ausdifferenzierung der einzelnen Stufen hinsichtlich unterschiedlicher Strukturen stellt hier ein dringendes Desiderat dar (vgl. Nicholas / Lenzing / Roos 2019: 397), um zu überprüfen, inwiefern sich tatsächlich implikationelle und sequenzielle stufenförmige Entwicklungen zeigen lassen. Falls darüber hinaus Variabilität, wie in diesem Beitrag aufgezeigt, tatsächlich nicht nur ein Nebenprodukt lernersprachlicher Entwicklung sondern vielmehr ein Phänomen im konkreten zeitlichen Kontext von zweitsprachlichen Entwicklungssprüngen ist, dann stellt dies unterschiedliche Bereiche des Fachkontextes DaF/DaZ vor Herausforderungen. Wie könnten etwa eine variabilitätssensitive Diagnostik oder standardisierte Sprachtests, die lernersprachliche Variabilität mitdenken, aussehen? Welche Konsequenzen könnte lernersprachliche Variabilität in der Konzeption von Curricula und in der Formulierung von Lehr- und Lernzielen spielen? Solche Herausforderungen könnten sich dem Fach im Zusammenhang mit der Frage stellen, mit welchen Faktoren lernersprachliche Variabilität zusammenhängt und was dies tatsächlich für zweitsprachliche Entwicklung bedeutet.

Notes

  1. Für die wertvollen Hinweise bei der Überarbeitung dieses Beitrages bedanke ich mich herzlich bei zwei anonymen Gutachter:innen sowie bei dem Herausgeber:innenteam dieses Themenschwerpunkts und den Redakteur:innen der Zweitschrift KorDaF. [^]
  2. Die in diesem Beitrag präsentierten Ergebnisse beziehen sich auf die Dissertationsschrift des Verfassers, die im März 2022 an der Universität Leipzig eingereicht wurde. Dieser Beitrag lehnt sich daher konzeptuell stark an Schwendemann (2022) an. Die Abbildungen wurden überarbeitet. Der Verfasser dieses Beitrags war zudem als Studienkoordinator für die curriculare Planung und Durchführung der Sprachkurse und die Sammlung und Aufbereitung von Sprachdaten innerhalb der Zweitspracherwerbstudie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften und dem Herder-Institut der Universität Leipzig, aus der die vorliegenden Daten stammen, verantwortlich. In dem Forschungsprojekt, in dessen Rahmen die vorliegenden Daten erhoben wurden, wurde vor dem Hintergrund des Konzepts der Neuroplastizität erwachsener Deutschlernender mit Arabisch als L1 untersucht, wie sich das Sprachzentrum des Gehirns während der zweitsprachlichen Entwicklung verändert und an die besonderen Charakteristika der zu erlernenden Sprache anpasst. Weiterführende Informationen finden sich unter: https://www.cbs.mpg.de/neuropsychologie/zweitspracherwerb (28.04.2022) (vgl. zudem Wei et al. eingereicht). [^]
  3. In jüngster Zeit ist die angenommene starke Dichotomie zwischen Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache verstärkt in den Fokus der Diskussion im Fach geraten und wird in diesem Kontext zunehmend in Frage gestellt (vgl. Riehl / Schroeder 2022; vgl. für eine Zusammenfassung der Diskussion Zabel et al. 2022). Bryant / Rinker (2021) umgehen die beiden Begriffe und sprechen von ‚Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit. Für eine verwandte Diskussion um das Begriffspaar ‚gesteuert/ungesteuert‘ vgl. Rösler (2020). [^]
  4. Dies verdeutlichen zudem eine Reihe von Veröffentlichungen mit didaktischem Schwerpunkt, die ebenfalls diese Gruppe von Lernenden im Blick haben (vgl. Fandrych et al. 2016; Roche / Terrasi-Haufe 2016; Middeke et al. 2017; Zeitschriften wie die Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht (vgl. Merkelbach 2020) Informationen Deutsch als Fremdsprache (vgl. Gamper et al. 2020) widmen dem Komplex eigene Themenschwerpunkte). [^]
  5. „[…] is part of a whole that is not analytically tractable from its components, and in combination has greater capacities than just the sum of its parts” (Hiver / Al-Hoorie 2019: 15). Übersetzung MS. [^]
  6. In Schwendemann (2022) werden zusätzlich die Komplexitätsmaße ‚Subordinationsrate‘ und ‚Rate komplexer Nominalphrasen pro MSE‘ als Variablen in die Analysen aufgenommen. Auch diese etwas größere Auswahl besitzt letztlich allerdings eher einen exemplarisch-explorativen Charakter. In diesem Kontext wäre unter Umständen zu überlegen, inwiefern Werkzeuge zur automatischen Komplexitätsanalyse wie CTAP (vgl. Chen / Meurers 2016) eingesetzt werden könnten, um das hier vorgestellte methodische Vorgehen anhand einer größeren Menge an Komplexitätsmaßen durchzuführen. [^]
  7. Die Daten können bis jetzt auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt ebenfalls für Roh- und Metadaten, die eine Replikation der in diesem Beitrag vorgestellten Analysen ermöglichen. Alle verwendeten Daten finden sich zudem in Schwendemann (2022). [^]
  8. Dazu kommen die Daten von etwa 120 Elicited Imitation Tasks, die Ergebnisse rezeptiver und produktiver Wortschatztests und die Ergebnisse diverser (zum Teil) standardisierter Sprachtests. Diese werden bis jetzt nicht systematisch in weitergehende Analysen eingebunden. [^]
  9. In der Gesamtstudie gibt es insgesamt sechs Kursgruppen mit jeweils 15-18 Lernenden. [^]
  10. Alle Texte finden sich im Anhang von Schwendemann (2022). Texte wurden dann ausgeschlossen, wenn die Textsamples zu kurz waren und nur aus wenigen Wörtern bestanden oder die Aufgabenstellungen die Textproduktion so stark steuerten, dass ein Großteil der Texte aus übernommenen Strukturen bestand oder die Antwort auf spezifische Strukturen festlegte. Darüber hinaus wurden Texte ausgeschlossen, falls die zugrundeliegende Aufgabenstellung nicht mehr zweifelsfrei rekonstruiert werden konnte (vgl. für eine detaillierte Darstellung des Auswahlprozesses Schwendemann 2022: 164–167). [^]
  11. Für die Transkription der Texte danke ich den Studienassistentinnen Nina Senchan und Susanne Polek. [^]
  12. Grießhaber (2019: 552) geht dabei von einer „terminologische[n] Trennung zwischen der Profilstufe der einzelnen MSE und der in einer Sprachprobe erreichten Erwerbsstufe“ aus. Daran anschließend wird im vorliegenden Beitrag von Erwerbsstufe gesprochen, wenn darauf Bezug genommen wird, wie ein Text als Ganzes eingestuft wird und von Profilstufe, wenn ein Bezug zu einzelnen minimalen satzwertigen Einheiten oder zu den vorgeschlagenen Stufen prinzipiell hergestellt wird. [^]
  13. Die Change Point-Analysen in diesem Beitrag werden unter Verwendung des Change Point Analyzers von Taylor Enterprises in der Version 2.3 durchgeführt. [^]
  14. „The cumulative sums are not the cumulative sums of the values. Instead they are the cumulative sums of differences between the values and the average. These differences sum to zero so the cumulative sum always ends at zero […]“ (Taylor 2000/2018: 5). Übersetzung MS. [^]
  15. Von einer bzw. einem der anonymen Gutachter:innen wurde angemerkt, dass die Zahl von durchschnittlich nur 16 MSE sehr gering ist und daher die Festlegung auf einzelne Profilstufen übermäßig stark beeinflussen könnte. Ich bedanke mich herzlich für diese Anmerkung und stimme zu. Die letztlich arbiträre Festlegung eines Emergenzkriteriums für syntaktische Strukturen könnte durchaus dazu führen, dass im Zeitverlauf unterschiedliche Profilstufen festgestellt werden. Dies verdeutlicht aus meiner Sicht allerdings einerseits neben möglichen Einschränkungen der verwendeten Analysen auch, dass Sprachstände, die auf Grundlage der Profilanalyse zu nur einem Zeitpunkt erhoben wurden, durchaus mit einer gewissen Vorsicht interpretiert werden sollten. Und andererseits zeigt dies das Dilemma auf, wie aussagekräftige Emergenzkriterien überhaupt bestimmt und dann angewendet werden können. [^]
  16. Zur Berechnung der deskriptiven Statistik in diesem Beitrag wurde IBM SPSS Statistics Version 26 verwendet. Die Werte sind jeweils auf die dritte Nachkommastelle gerundet. [^]
  17. Die folgenden Beschreibungen folgen Schwendemann (2022). [^]
  18. Dies ist ebenfalls für die Zeitreihendaten der Variable ‚Durchschnittliche Länge MSE‘ für TN024 sowie für beide Zeitreihendaten von TN025 der Fall. In keiner der Zeitreihen können folglich Abweichungen von den für die Analyse zugrundeliegenden Annahmen festgestellt werden. [^]

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Wisniewski, Katrin / Lüdeling, Anke / Czinglar, Christine (i. Dr.): Zum Umgang mit Variation in der Lernersprachenanalyse. Perspektiven aus und für DaF/DaZ. In: Deutsch als Fremdsprache 59: 4.

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Anhang

Tabelle 7

Übersicht über die eingesetzten Aufgabe

Text Bezeichnung Aufgabenstellung Quelle Datum
1 Sich vorstellen Einen kurzen Ich-Text schreiben EM 26.05.2016
2 Was machen Sie nach dem Deutschkurs? Was machen Sie nach dem Deutschkurs? Was machen Sie am Wochenende EM 28.06.2016
3 Was hast du gemacht? Was haben Sie in den Ferien gemacht EM 11.07.2016
4 Wes zum Institut Mein Weg zum Institut: Beschreiben Sie Ihren Weg zum Institut EM 15.07.2016
5 Regeln in Deutschland 8 Minuten Text “Regeln in Deutschland” EM 05.08.2016
6 Mein Tag im Zoo Mein Tag im Zoo: Beschreiben Sie Ihren Tag im Zoo. EM 16.08.2016
7 Al/A2-Test (Leipzig) Schreiben Sie an einen Freund/ eine Freundin eine E-Mail.
Ø Sie laden Ihren Freund/ Ihre Freundin nach Leipzig ein.
Ø Welche Aktivitaten planen Sie?
Ø Was wollen Sie sich ansehen?
Schreiben Sie zu jedem Punkt zwei Sätze!
EM 07.09.2016
8 Ferien Was haben Sie in den Ferien gemacht? EM 19.09.2016
9 Das perfekte Abendessen Was ist für Sie ein perfektes Abendessen? EM 30.09.2016
10 Bildergeschichte Was sehen Sie auf den Bildern? Beschreiben Sie. EM 31.10.2016
11 A2-Test (Berlin) Sie waren letztes Wochenende in Berlin und schreiben in Ihrem Internetblog darüber.
Erzählen Sie:
Ø Was haben Sie in Berlin gemacht? (Aktivitäten, Sehenswürdigkeiten?)
Ø Wie war das Wetter in Berlin?
Ø Was hat Ihnen besonders gefallen?
Ø Finden Sie auch einen passenden Titel für Ihren Blog!
Schreiben Sie zu jedem Punkt zwei Sätze!
EM 14.11.2016
12 Mein schönster Glücksmoment Ihr schönster Glücksmoment im letzten Jahr a) Schreiben Sie nun einen eigenen Blog-Beitrag wie in 4a und hängen Sie ihn im Kursraum auf. Sie können sich auch etwas ausdenken. (Mein schönster Glücksmoment im letzten Jahr war, als […] Braun-Podeschwa et al. (2015: 71) 05.12.2016
13 B1-Prüfung Sie sind seit zwei Wochen Mitglied in einem Fitnessstudio und berichten einem Freund/einer Freundin von Ihren Erfahrungen.
-Beschreiben Sie, wie es Ihnen gefällt.
-Begründen Sie: Was machen Sie besonders gem und warum?
-Schlagen Sie Ihrem Freund/lhrer Freundin vor, einmal mitzukommen?

Schreiben Sie eine E-Mail (ca. 80 Wörter).
Schreiben Sie etwas zu alien drei Punkten.
Achten Sie auf den Textaufbau (Anrede, Einleitung, Reihenfolge der Inhaltspunkte, Schluss)
Modellsatz Goethe Zertifikat B1 12.12.2016
14 Ferien_2 Was haben Sie in den Ferien gemacht? EM 04.01.2017
15 Lieblingskünstler Welcher Künstler beeindruckt Sie besonders? Warum? Erzählen Sie? Braun-Podeschwa et al. (2015: 107) 24.01.2017
16 Karte Erstellen Sie in der Gruppe eine Karte zum Thema Mobilität. Bestimmen Sie zusammen, was Sie darstellen wollen. Und entscheiden Sie sich für eine Form der Darstellung auf der Grundlage der bisher diskutierten Karten. Erklären und beschreiben Sie Ihre eigene Karte. Was stellen die Karten dar? Was stellen die Karten nicht dar? Was möchten Sie damit zeigen und warum? Hamman et al. (2016: 100) 08.03.2017
17 Migrationsgeschichte Erzählen Sie Ihre eigene Migrationsgeschichte. 16.03.2017
18 Lieblingsfilm Mein deutschsprachiger Lieblingsfilm Schreiben Sie einen kurzen Text über Ihren deutschsprachigen Lieblingsfilm. Beantworten Sie dabei folgende Fragen: - Wie heißt der Filme? Warum gefällt er Ihnen so gut? Wo haben Sie den Film gesehen? Zu welchem Genre gehört der Filme? Wer sind die Darsteller? Perlmann-Balme/Schwalb (2014: 55) 03.04.2017
19 Journal Schreiben Sie einen Blogbeitrag über einen Auslandsaufenthalt. Schreiben Sie darin, - wo Sie waren. - wo oder bei wem Sie gewohnt haben. - was Sie dort erlebt haben. - welches besondere Museum oder welche Sehenswurdigkeit Sie besucht haben. - was Ihnen im Ausland besonders gefallen hat. - wie Sie Ihren Auslandsaufenthalt insgesamt bewerten. - ob Sie so einen Aufenthalt weiterempfehlen können. Perlmann-Balme / Schwalb (2014: 59) 05.04.2017
20 Als ich 18 war Eine wichtige Zeit
Erinnern Sie sich, wie Sie sich fühlten, als Sie volljährig wurden und Ihre Schulzeit zu Ende war? Haben Sie ein Foto aus dieser Zeit. Kleben Sie es ein und schreiben Sie.
Perlmann-Balme/Schwalb/Matussek (2014: 71) 07.04.2017
21 Mein Stadtteil Mein Stadtteil Schreiben Sie für eine Kurszeitung einen Beitrag über den Stadtteil, in dem Sie leben, oder über einen Stadtteil, den Sie gut kennen. Beziehen Sie sich dabei auf folgende Punkte: - Name der Stadt und des Stadtteils - Lage - typische Häuser und Gebäude - Straßen, Verkehrssituation und öffentliche Verkehrsmittel - Infrastruktur - Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Institutionen, Kindertagesstätten - Was mir an meinem Stadtteil gut / nicht so gut gefällt Perlmann-Balme et al. (2014: 99) 26.04.2017
22 Ehe auf Zeit Leserbrief 2a) Schreiben Sie zum Thema einen Leserbreief an die Zeitungsredaktion. Bringen Sie folgende Punkte in eine sinnvolle Reihenfolge. - Bedeutung und Entwicklung der Institution “Ehe” in Ihrem Heimatland. - Grund für Ihr Schreiben - andere Möglichkeiten, die hohen Scheidungsraten zu verringern - Ihre Meinung zum Vorschlag “Ehe auf Zeit” b) Überlegen Sie sich, was Sie zu jedem Punkt schreiben wollen und notieren Sie Stichpunkte. c) Formulieren Sie Ihren Text mithilfe der folgenden Redemittel Perlmann-Balme/Schwalb (2014: 98) 16.05.2017
23 Frühförderung Ihre Meinung Verfassen Sie mithilfe der Redemittel eine Antwort an Karola. Schreiben Sie etwas zu folgenden Punkten: - Was haben Sie schon von solchen Frühförderprogrammen gehört? - Kennen Sie per- sönlich jemanden, der mit seinen Kindern solche Kurse gemacht hat? - Welche Meinung haben Sie zur Frühförderung und was empfehlen Sie Karola? Perlmann- Balme et al. (2016: 41) 19.07.2017
24 Arbeit Ihre berufliche Laufbahn a) Schreiben Sie einen kurzen Text (circa 150 Wörter) über sich. Erläutern Sie: - Was machen Sie beruflich oder was möchten Sie beruflich machen? - Was für eine Ausbildung haben Sie? - Welche Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen haben Sie an den Arbeitgeber? - Was möchten Sie in den nächsten Jahren beruflich erreichen? Perlmann- Balme / Schwalb / Matussek (2016: 53) 28.07.2017
Tabelle 8

Übersicht der Daten für TN024

TN Text Bezeichnung Datum Wochen nach Beginn Besuchte UE Ermittelte Profilstufe Anzahl MSE Anzahl Wörter Durchschnittliche Länge MSE (MLC)
TN024 1 Sich vorstellen 26.05.2016 0 15 1 9 44 4,889
TN024 2 Was machen Sie nach dem Deutschkurs? 28.06.2016 5 98 3 11 68 6,182
TN024 3 Was hast du gemacht? 11.07.2016 7 110 3 7 47 6,714
TN024 4 Weg zum Institut 15.07.2016 7 130 3 10 87 8,700
TN024 5 Regeln in Deutschland 05.08.2016 10 201 3 12 62 5,167
TN024 6 Mein Tag imZoo 16.08.2016 12 231 3 13 76 5,846
TN024 7 Al/A2-Test (Leipzig) 07.09.2016 15 292 3 12 57 4,750
TN024 8 Ferien 19.09.2016 17 307 3 13 72 5,538
TN024 9 Das perfekte Abendessen 30.09.2016 18 347 4 10 59 5,900
TN024 10 Bildergeschichte 31.10.2016 23 440 3 16 87 5,438
TN024 11 A2-Test (Berlin) 14.11.2016 25 481 2 9 60 6,667
TN024 13 B1-Prüfung 12.12.2016 29 550 1 19 92 4,842
TN024 15 Lieblingskünstler 24.01.2017 35 573 4 18 122 6,778
TN024 16 Karte 08.03.2017 41 668 1 12 112 9,333
TN024 17 Migrationsgeschichte 16.03.2017 42 697 4 28 185 6,607
TN024 18 Lieblingsfilm 03.04.2017 45 756 3 9 62 6,889
TN024 19 Journal 05.04.2017 45 766 4 17 111 6,529
TN024 20 Als ich 18 war 07.04.2017 45 771 4 19 116 6,105
TN024 21 Mein Stadtteil 26.04.2017 48 811 3 17 126 7,412
TN024 22 Ehe auf Zeit 16.05.2017 51 857 3 14 92 6,571
TN024 23 Frühförderung 19.07.2017 60 1010 4 19 134 7,053
TN024 24 Arbeit 28.07.2017 61 1037 4 16 129 8,063
Tabelle 9

Übersicht der Daten für TN025

TN Text Bezeichnung Datum Wochen nach Beginn Besuchte UE Ermittelte Profilstufe Anzahl MSE Anzahl Wörter Durchschnittliche Länge MSE (MLC)
TN025 1 Sich vorstellen 26.05.2016 0 15 1 8 37 4,625
TN025 2 Was machen Sie nach dem Deutschkurs? 28.06.2016 5 98 3 10 70 7,000
TN025 3 Was hast du gemacht? 11.07.2016 7 110 2 9 49 5,444
TN025 4 Weg zum Institut 15.07.2016 7 130 1 8 43 5,375
TN025 5 Regeln in Deutschland 05.08.2016 10 205 3 15 107 7,133
TN025 7 Al/A2-Test (Leipzig) 07.09.2016 15 285 3 8 36 4,500
TN025 8 Ferien 19.09.2016 17 300 3 15 101 6,733
TN025 9 Das perfekte Abendessen 30.09.2016 18 338 4 11 58 5,273
TN025 10 Bildergeschichte 31.10.2016 23 436 3 34 122 3,588
TN025 11 A2-Test (Berlin) 14.11.2016 25 486 2 11 63 5,727
TN025 12 Mein schönster Glücksmoment 05.12.2016 28 558 3 13 67 5,154
TN025 13 B1-Prüfung 12.12.2016 29 582 4 21 107 5,095
TN025 14 Ferien_2 04.01.2017 32 592 4 16 103 6,438
TN025 15 Lieblingskünstler 24.01.2017 35 632 2 19 111 5,842
TN025 16 Karte 08.03.2017 41 707 3 25 119 4,760
TN025 17 Migrationsgeschichte 16.03.2017 42 734 4 19 130 6,842
TN025 18 Lieblingsfilm 03.04.2017 45 793 4 21 121 5,762
TN025 19 Journal 05.04.2017 45 803 4 20 144 7,200
TN025 20 Als ich 18 war 07.04.2017 45 808 4 16 103 6,438
TN025 21 Mein Stadtteil 26.04.2017 48 855 4 24 163 6,792
TN025 22 Ehe auf Zeit 16.05.2017 51 911 4 32 174 5,438
TN025 23 Frühförderung 19.07.2017 60 1051 4 38 215 5,658
TN025 24 Arbeit 28.07.2017 61 1080 4 24 180 7,500

Biografische Notiz

Matthias Schwendemann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Linguistik am Herder-Institut der Universität Leipzig. Seine Arbeitsschwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in den Bereichen Lexikologie (hier vor allem Wortbildung), Wissenschaftssprache und Erwerb und Entwicklung des Deutschen als Fremd- und Zweitsprache. Seit Oktober 2019 ist er Mitglied in der Redaktion der Zeitschrift "Deutsch als Fremdsprache". Seit Oktober 2022 ist er zudem Mitarbeiter im BMBF-Projekt DAKODA, das an der Professur für Deutsche Sprachwissenschaft / Deutsch als Fremdsprache der Otto-Friedrich-Universität Bamberg angesiedelt ist.