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ADJEKTIVE IN BILDBESCHREIBUNGEN. Eine korpuslinguistische Untersuchung zum Adjektivgebrauch von bilingual und monolingual aufwachsenden Schülerinnen und Schülern

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Abstract

Im vorliegenden Beitrag werden schriftliche Bildbeschreibungen von monolingual und bilingual aufwachsenden Schüler*innen der dritten bis sechsten Klasse (N = 288) hinsichtlich ihres Adjektivgebrauchs untersucht. Deskriptiv zeigt sich, dass monolinguale Schüler*innen mehr Adjektive in der Freitextproduktion verwenden als bilinguale Schüler*innen. Mit Ausnahme der prädikativen und wertenden Adjektive, die prädikativ und attributiv vorkommen, zeigt sich ein vermehrter Adjektivgebrauch bei monolingual Lernenden im Vergleich zu bilingual Lernenden. Für die prädikativen Adjektive zeigen sich keine signifikanten Unterschiede; für die wertenden Adjektive zeigt sich ein Mehrgebrauch der bilingualen Schüler*innen. Die gefundenen Effekte können als klein bis mittel klassifiziert werden. Es zeigt sich keine Evidenz für das Vorliegen einer Interaktion zwischen Spracherwerb und Klassenstufe in der Verwendung attributiver und wertender Adjektive. Die Auswertung liefert wichtige Erkenntnisse zum Sprachaneignungsprozess von Adjektiven und zeigt schulischen Handlungsbedarf auf.

 

In the present article, monolingual and bilingual students’ (N = 288) use of adjectives in written picture descriptions was examined. We found that the monolingual students used more adjectives in free text production than the bilingual students. With the exception of predicative and evaluative adjectives, monolingual learners used more adjectives than bilingual learners. For the predicative adjectives, there were no significant differences; evaluative adjectives were used more frequently by bilingual students. Small to medium effect sizes were found. There was no evidence for an interaction between language acquisition and grade level in the use of attributive and evaluative adjectives. The study provides important insights into the acquisition process of adjectives and shows the need for action at school.

Keywords: Adjektivgebrauch, Bildbeschreibung, wertende Adjektive, attributive Adjektive, prädikative Adjektive, adverbiale Adjektive, adjective use, picture description, evaluative adjectives, attributive adjectives, predicative adjectives, adverbial adjectives

How to Cite: Kellermann, K. & Schmitt, L. (2023) “ADJEKTIVE IN BILDBESCHREIBUNGEN. Eine korpuslinguistische Untersuchung zum Adjektivgebrauch von bilingual und monolingual aufwachsenden Schülerinnen und Schülern”, Korpora Deutsch als Fremdsprache. 3(1). doi: https://doi.org/10.48694/kordaf.3727

1. Einleitung

Im Projekt Beschreiben als Grundlage sprachlichen Handelns im Deutschunterricht (BespraH Deutsch)1 wird untersucht, wie die sprachliche Ausgestaltung von Bildbeschreibungen auf unterschiedlichen Ebenen (siehe Abbildung 1) über verschiedene Jahrgangsstufen und Schulformen verläuft. Der Fokus liegt auf einzelnen sprachlichen Erscheinungen und Elementen wie z.B. der Einbettungstiefe von Nebensätzen, dem Gebrauch von Adjektiven oder auch der Themenentfaltungsstruktur usw., sodass Bildbeschreibungen auf verschiedenen Ebenen sprachlich untersucht werden, wobei Überschneidungen natürlich nicht ausgeschlossen sind:

Abbildung 1
Abbildung 1

Analyseebenen des Projekts BespraH Deutsch

In der schulischen Vermittlung ist das Beschreiben eine zentrale Sprachhandlung und wird eigens als Textsorte aufgeführt, auch wenn das aus textlinguistischer Perspektive anders gehandelt wird. In der Textlinguistik gelten Beschreibungen nicht als eigenständige Textsorte, da Textsorten konventionelle Muster sprachlicher Handlungen sind (vgl. Fandrych / Thurmair 2011: 16). Adamzik (2008: 164) betont, dass die Funktion und die kommunikative Absicht Texte charakterisieren. Beschreibungen wären demnach nicht auf Ebene der Textsorten anzusiedeln, sondern stellen vielmehr eine informierende und deskriptive Sprachhandlung dar (vgl. Brinker et al. 2018: 60ff.).

Demgegenüber werden in der Schule Beschreibungen als schulische Textsorten thematisiert (vgl. Klotz 2013: 55). Bereits in der Primarstufe werden Personen- oder Bildbeschreibungen vermittelt und in der Sekundarstufe I weitergeführt. Aus didaktischer Perspektive gehen diese schulischen Beschreibungen meist mit weiteren Zielstellungen einher: Anhand von Beschreibungen sollen Schüler*innen bspw. den Ausbau der Nominalphrasen üben. Gerade Adjektive stellen eine besonders frequent auftretende Wortart in Beschreibungen dar, weil sie im Zusammenspiel mit Referenten, also durch Kombination und Verknüpfung mit Nomen, den Bezugsreferenten spezifizieren (vgl. Klotz 2013: 138) und somit in Bild- und Personenbeschreibungen eine zentrale Rolle einnehmen, da sie a) aus funktionaler Perspektive besonders dazu geeignet sind, Referenten zu attribuieren und konkretisieren, b) über Kompositionen morphologische Eigenschaften eingeübt werden können und c) Wortschatzaufbau betrieben werden kann. Wie der Gebrauch von Adjektiven in Bildbeschreibungen bei monolingual und bilingual lernenden Primarstufenschüler*innen und Sekundarschüler*innen verläuft und ob es Unterschiede zwischen den Lernenden gibt, wird im folgenden Artikel beleuchtet.

2. Theorie

2.1 Beschreibungen in der schulischen Vermittlung

Beschreiben ist eine zentrale Sprachhandlung, mit der informiert oder instruiert werden soll. In der Linguistik gelten Beschreibungen nicht als eigenständige Textsorten, da Textsorten übereinstimmende Merkmale aufweisen, die sich historisch entwickelt haben und bestimmte kommunikative Funktionen erfüllen (vgl. Adamzik 2008: 145ff.). In der Schule werden sie jedoch als schulische Textsorte behandelt. Sie werden bereits in der Primarstufe eingeführt, was man bspw. im Bildungsplan für Baden-Württemberg sieht. Dort heißt es für die Jahrgangsstufe drei bis vier, dass Schüler*innen neben erzählenden Texten auch informierende Texte (z.B. Beschreibungen) adressat*innengerecht verfassen sollen (vgl. KMK 2016a: 24). Für die Sekundarstufe I werden Beschreibungen weiter konkretisiert, indem unter zentralen Schreibformen Gegenstands-, Personen- und Vorgangsbeschreibungen aufgelistet werden (vgl. KMK 2016b: 25).

Sie werden für sachbetonte Informationsvermittlungen verwendet (vgl. Klotz 2013: 165). Häufig heißt es, dass Beschreibungen neutral und sachlich geschrieben und Bewertungen ausgenommen werden sollen (vgl. Klotz 2013: 169). Neben dem schulischen Vorkommen als Textsorte, können Beschreibungen auch auf Satz- und Teiltextebene auftreten, sodass sie in verschiedene komplexere Sprachhandlungen integriert sind wie z.B. in Erörterungen (vgl. Heinemann / Heinemann 2002; Feilke 2005; Fandrych / Thurmair 2011; Brinker et al. 2018). Die Studie von Lauer (1985: 120) weist frequenzanalytisch für englischsprachige Lehrbuchtexte nach, dass Beschreibungen bzw. beschreibende Sprachhandlungen dominieren, was daran liegt, dass beschreibende Sprachhandlungen als „Sprungbrett“ für Sprachhandlungen wie z.B. Erläuterungen, Wertungen etc. dienen (vgl. Iluk / Witosz 1998: 33f.). Michalak, Lemke und Goeke (2014: 136) geben einen Überblick über verschiedene schulische Textmuster und fassen unter Modalität der Themenentfaltung deskriptive Sprachhandlungen, die in nahezu allen Textmustern zu finden sind. Janle (2009: 79) unterscheidet zwischen a) eigenständigen Beschreibungen mit informierender, normierender und instruierender Funktion, b) voraussetzungsschaffenden Beschreibungen mit dem Ziel des Appells oder der Persuasion usw. und Dominanz auf der wahrnehmungssteuernden Funktion und c) ausgestaltenden Beschreibungen mit einer poetisch unterstützenden Funktion und der Anreicherung und Wahrnehmungssteuerung dienen, wobei b) und c) unter eingelagerte Beschreibungen subsumiert werden. Wie man an der Klassifikation von Janle (2009: 79) erkennt, werden in Bezug auf Beschreibungen vor allem eigenständige Beschreibungen mit informierendem, normierendem und instruierendem Charakter in der Schule vermittelt, die sich gleichzeitig mit verschiedenen didaktischen Zielsetzungen verbinden und hochgradig deskriptiv sind. Für die Grundschule gilt z.B., dass mithilfe von (Personen-)Beschreibungen Attribuierungen und Modifikationen durch Adjektive geübt werden, da attributive Adjektive besonders zur referentiellen Eingrenzung geeignet sind (vgl. Selmani 2020: 7).

2.2 Prototypische syntaktische Funktionen von Adjektiven

Adjektive kommen in verschiedenen syntaktischen Funktionen vor, wobei drei von ihnen prototypisch (vgl. Boettcher 2009: 118) und für die vorliegende Studie relevant sind:

Attributive Funktion: Der Begriff des Attributs ist ein grammatischer Terminus, der im Sinne der Beifügung zu einem nominalen Kern verstanden wird und unterschiedliche Größe und Komplexität aufweisen kann. Attribute dienen dazu, den nominalen Kern näher zu spezifizieren und können sich links oder (selten) rechts des nominalen Kerns anschließen (vgl. Fandrych et al. 2021: 8). Adjektive in attributiver Funktion bilden mit dem Nomen ein komplexes Nomen und sind kategorienerhaltend (vgl. Zifonun / Hoffmann / Strecker 1997: 1997). Sie stehen zwischen Nomen und, falls vorhanden, Artikel. Sie kongruieren in Kasus, Numerus und Genus mit dem Nomen. Attributiv verwendete Adjektive sind das „häufigste und zudem das variationsreichste Vorfeldattribut“ (Krüger 2018: 333). Sie bilden mit dem Artikel und Nomen die Nominalphrase und können sowohl links, z.B. das schnelle Auto, als auch weitaus seltener rechts, wie in Forelle blau, des nominalen Kerns auftreten und diesen ausbauen (vgl. Imo 2016: 78). Treten Adjektive linksversetzt vom Nomen auf, lässt sich eine Rangfolge bei Adjektivreihungen erkennen. Zifonun, Strecker und Hoffmann (1997: 2071) gehen beispielsweise von der Reihenfolge quantifikative Adjektive räumlich/zeitlich situierende Adjektive klassifizierende Adjektive Herkunftsadjektive aus und beziehen sich auf folgendes Beispiel: drei biedermeierliche schöne rote seidene Blusen. Demgegenüber schlägt Wiese (2004: 5) in Anlehnung an Eichinger (1991: 327) eine Dreiteilung der Adjektivreihung (Artikelklassifikatoren Qualifikativa Nominalklassifikatoren) vor, was mit folgender Abbildung veranschaulicht werden soll:

Abbildung 2
Abbildung 2

Adjektivklassifikation, leicht modifiziert in Anlehnung an Wiese (2004: 5)

Anhand der Reihenfolge zeigt sich a), dass Adjektive unterschiedlich klassifiziert werden und b), dass sich Adjektive in einer Reihung von Adjektiven rechts, mittig oder links positionieren lassen: Es gibt Adjektive, die sich in der Position artikelähnlich verhalten (bspw. andere, drei usw.), Adjektive, die von einem nominalen Kern abgeleitet wurden (bspw. hölzern usw.) und in der Nominalphrase näher am Nomen stehen und solche, die sich zwischen den beiden Kategorien befinden wie die evaluierenden und klassifizierenden Adjektive (bspw. schön, blau usw.) (vgl. Krüger 2018: 335). Interessant an dem Modell der Abfolge ist, dass sich ein Kontinuum öffnen lässt, welches sich einerseits vom referentiellen Ursprung der Nominalphrase (NP) oder andererseits vom lexikalischen Punkt oder mittig verorten lässt. Je näher ein Adjektiv am Nomen steht z.B. in die spanische Grippe, umso eher wird ein Gesamtkonzept bezeichnet und je weiter es vom Nomen entfernt ist, umso eher sind nur noch Reste des Gesamtkonzeptes zu erkennen, was sich besonders bei dimensionalen und bewertenden Adjektiven zeigt (vgl. Adam / Schecker 2011: 163ff.). Links stehen vor allem Subjekt-bezogene Adjektive semantischer Klassen mit durchaus intersubjektivem Geltungsanspruch z.B. die oben angesprochenen Kritikpunkte,2 die nach rechtshin abnehmen (vgl. Adam / Schecker 2011: 165). Attributive Adjektive sind stärker in den Satz integriert als prädikative Adjektive, was die Komplexität des Satzes erhöht (vgl. Kleinschmidt-Schinke 2020: 100; hierzu auch Blühdorn / Foschi Albert 2021; Fandrych / Thurmair 2021). Gerade in Personen- oder auch in Bildbeschreibungen ist davon auszugehen, dass attributive Adjektive häufig vorkommen, weil sich mit ihnen besonders gut anschaulich beschreiben lässt.

Prädikative Funktion: Adjektive in prädikativer Funktion sind Ergänzungen zu sog. Kopulaverben (sein, werden, bleiben) oder anderen Verben, die entweder eine Valenzgebundenheit der Adjektive verlangt (Sie kommt mir bekannt vor) oder eine valenzgebundene Präpositional- oder Konjunktionalergänzung mit adjektivischer Realisierung bedingt (Ich halte dich für unzuverlässig). Im Gegensatz zu attributiven Adjektiven werden prädikativ verwendete Adjektive nicht flektiert (vgl. Boettcher 2009: 118). Werden Adjektive prädikativ verwendet, kommt es zu einer Überdeckung der Zuständigkeit von Verb und Adjektiv in der Prädikation gegenüber Vorgängen und weniger gegenüber Eigenschaften (vgl. Baumann 2018: 221). In Bezug auf Bildbeschreibungen ist davon auszugehen, dass prädikativ verwendete Adjektive vorkommen, jedoch weniger geeignet sind, detailliert zu beschreiben.

Adverbiale Funktion: Adjektive in adverbialer Funktion werden, wie auch Adjektive in prädikativer Funktion, nicht flektiert. Sie prädizieren den geäußerten Gesamtvorgang und beziehen sich a) auf ein Verb, außer Verben der prädikativen Funktion z.B. Tim läuft schnell, b) auf einen ganzen Satz z.B. Karla kommt sicher in der nächsten Stunde an, c) auf ein anderes Adjektiv Er ist furchtbar klug, auf ein Adverb, z.B. Das Haus liegt weit oberhalb der Stadt, oder eine Präposition, z.B. Er schlief ein, kurz nachdem er gegessen hatte (vgl. Duden 2009: 354). Adverbial verwendete Adjektive spezifizieren einen Aspekt der durch das Verb ausgedrückten Handlung, sofern es sich um tief eingebettet adverbial verwendete Adjektive handelt (vgl. Schäfer 2008: 2). Bei der vorliegenden Bildbeschreibung kann man davon ausgehen, dass adverbial verwendete Adjektive eingesetzt werden, da sich kleine Handlungen auf dem Gemälde befinden, die einen Einsatz adverbialer Adjektive begünstigen können. Gleichzeitig muss man festhalten, dass sie sich zur detaillierten Beschreibung u.U. weniger gut eignen, weil sie sich auf andere Adjektive, Adverbien oder Präposition beziehen und die Spezifikation des Nomens mit Hilfe attributiver Adjektive besser vorgenommen werden kann.

2.3 Adjektivische Wortbildung

Adjektive sind äußerst produktiv, weshalb neben den syntaktischen Eigenschaften noch die adjektivische Wortbildung interessant ist, da in der schulischen Vermittlung adjektivische Wortbildungen häufig im Zusammenhang mit Beschreibungen thematisiert werden.

Die Definitionen, was komplexe Wörter sind, gehen in der Literatur auseinander. Laut Sahel und Vogel (2013: 92) spricht man von Komposition, „wenn Wurzeln oder Stämme, aber keine Affixe, unmittelbar an der Wortbildung beteiligt sind“. Für die vorliegende Studie wurden Wortbildungen aus adjektivischen Kopulativkomposita und Determinativkomposita untersucht, weil sie auf ein differenziertes Lexikon der Lernenden verweisen und die Möglichkeit der differenzierten Beschreibung im zu beschreibenden Bild angelegt ist. Bei den adjektivischen Kopulativkomposita handelt es sich um additive Konstruktionen wie z.B. blaugrün, helldunkel, beigebraun. Zwischen den beiden Konstituenten liegt eine gleichrangige Prädikation vor, die eine flexible Reihenfolgemarkierung ermöglicht (vgl. Altmann 2011: 107). Bei den Determinativkomposita handelt es sich um eine Subordination der zweiten unmittelbaren Konstituente unter die erste, z.B. blaugrün im Sinne einer Graduierung von eher bläulichem Grün (vgl. Altmann 2011: 55). Problematisch ist häufig eine trennscharfe Grenzziehung der Kopulativ- und Determinativkomposita, die sich besonders bei einem rein bedeutungsorientierten Ansatz einstellt. Eine morphologisch orientierte Einteilung lässt sich über die Akzentsetzung und die Verwendung von Fugenelemente erreichen (vgl. Altmann 2011: 56). In der vorliegenden Studie werden Kopulativ- und Determinativkomposita zusammengenommen und als kompositionelle Adjektive ausgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass Kompositionen in der vorliegenden Bildbeschreibung vorkommen, weil die Farbgebung und die Struktur des Bildes den Einsatz von Komposita begünstigen. Der Einsatz der Komposita lässt auf einen differenzierten Wortschatz der Schüler*innen schließen, was sich insgesamt günstig auf die Beschreibung auswirkt.

Ein weiteres Phänomen, welches zur Wortbildung gehört und aufgrund von Derivation zustande kommt, wurde in der vorliegenden Studie untersucht. Schüler*innen verwendeten häufig Suffigierungen, die nicht unbedingt zu einer Wortartenänderung führen, jedoch semantisch betrachtet interessant sind, da sie eine Modifikation vollziehen. Native Adjektiv-Suffixe wie z.B. -lich schwächen z.B. in Verbindung mit Farbadjektiven die Farbnuance von blau zu bläulich im Sinne von einem schwachen Blauton (vgl. Altmann 2011: 117), worauf Schüler*innen häufig zurückgreifen wie bspw. Die Frau trägt einen bläulichen Schal. Ähnlich wie bei den Kompositionen zeigt der Einsatz von Adjektiv-Suffixen, dass die Lernenden über einen differenzierten Wortschatz verfügen. Für die vorliegende Bildbeschreibung ist anzunehmen, dass Adjektiv-Suffixe vorkommen (siehe Abbildung 3).

Bei den grammatischen Transpositionen handelt es sich um einen Subtyp von komplexen Adjektiven, die aus Partizipien hervorgehen. Unterschieden wird zwischen Adjektiven ausgehend vom Partizip I (z.B. reizend, treffend usw.) und Partizip II (z. B. gefragt, eingebildet usw.) (vgl. Boettcher 2009: 40f.; Altmann 2011: 128; Fleischer / Barz 2012: 306ff.). Gerade bei diesem Subtyp handelt es sich um komplexe Adjektive, da sie schwierig zu bilden sind (Verbstamm und Partizipmorphem). Der Einsatz von transpositorischen Adjektiven ist stark abhängig vom zu beschreibenden Gegenstand oder Sachverhalt. Für das vorliegende Bild kann aufgrund der Komplexität und der Fülle an zu beschreibenden Gegenständen und Sachverhalten davon ausgegangen werden, dass transpositorische Adjektive verwendet werden (siehe Abbildung 3).

2.4 Bewertende Adjektive

Da Beschreibungen im schulischen Kontext präskriptiv als sachliche, neutrale und detaillierte Textsorten vermittelt werden, ist davon auszugehen, dass Schüler*innen hinsichtlich des Bedeutungsaspekts von Adjektiven eher auf intensionale und nicht wertende Adjektive zurückgreifen. Der Begriff der Intension steht für die Bestimmung eines Begriffs durch seinen Bedeutungsgehalt, d.h., dass der Inhalt des Begriffs durch die Merkmale erklärt wird. Demzufolge erklärt sich der Begriff Kind z.B. durch die Merkmale belebt, nicht adoleszentes Alter, zwei Beine etc. und wird durch diese spezifiziert (vgl. Prechtl 2016: 298). Die intensionalen Adjektive lassen sich noch in zwei weitere Subkategorien unterteilen: die affirmativen Adjektive und die privativen Adjektive. Unter affirmative Adjektive werden Adjektive gefasst, die das durch das Bezugsnomen ausgedrückte Prädikat bekräftigen wie z.B. gut, liebevoll, klein, schrecklich usw. Bei den affirmativen Adjektiven fällt auf, dass sie eine bewertende Komponente in sich tragen. Treten affirmative Adjektive attributiv auf, werden sie zwar traditionell in Bezug zum Nomen betrachtet und demgemäß als Spezifikation des Nomens klassifiziert, dennoch zeigt bereits die semantische Einteilung in qualifizierende und determinierende Adjektive (siehe Abbildung 2), dass sie je nach Kontext zu der einen oder anderen Klasse gehören können (vgl. Lefèvre 2011: 84). Adjektive können also Nomen bestimmen oder sich auf Elemente der Äußerungssituation beziehen, worunter auch Sprecher*innen und Subjektivität zählen. Subjektiv wird derart nicht als individuell ausgelegt, sondern als Sprecherurteil und ist somit keine Objekteigenschaft (vgl. Marschall 2011: 104) wie z.B. in der Nominalgruppe der schöne Hut. Das Attribut schöne in der Nominalgruppe sagt weniger über den Hut als die subjektive Einstellung des Sprechers, seine Bewertung oder sogar seine affektive Regung aus (vgl. Lefèvre 2011: 84). Je nach Kontext liegen verschiedene Stufen von Subjektivität vor; bspw. unterliegt die Einschätzung der Größe in der Nominalphrase der große Ball einer anderen Stufe an Sprechereinschätzung und somit Subjektivität als die Attribution in der Nominalphrase der schöne Ball, die eine stärkere Sprechereinschätzung kodiert. In diesem Sinne lässt sich die Klassifikation der Adjektive in eher bewertend und eher beschreibend vornehmen (vgl. Marschall 2018: 265ff.), was teilweise die Einteilung in beschreibend und bewertend erschwert. Eine klar ersichtliche Einteilung in bewertende Adjektive lässt sich am ehesten von prototypisch bewertenden Adjektiven ausgehend vornehmen wie z.B. gut, schön, hässlich (vgl. Baumann 2018: 229), die auch in der vorliegenden Korpusanalyse untersucht wurden, da sie häufig vorgekommen sind, obwohl für die schulische Vermittlung festgehalten werden kann, dass die Kommunikationsmaximen der Sachlichkeit, Unpersönlichkeit, Informativität, Relevanz und Detailliertheit im Zentrum der didaktischen Vermittlung stehen (vgl. Janle 2009: 39; Kunze 2017: 7) und nicht erwartet wurde, dass derart prototypisch bewertende Adjektive vorkommen.

2.5 Adjektiverwerb

Das Erlernen von Adjektiven ist aufgrund der teilweise mehrdeutigen Semantik, des komplexen Flexionssystems und auch der Stellungsflexibilität schwierig (vgl. Krüger 2017: 114). Zudem machen Adjektive nur 15 % des Wortschatzes aus (vgl. Fleischer / Barz 2012: 297). Erschwerend kommt hinzu, dass der kindgerechte Input an Adjektiven von Erwachsenen einen nur geringen Umfang ausmacht, weshalb die Adjektivproduktion bei Kindern anfangs gering ausfällt (vgl. Kauschke / Klann-Delius 2007: 193; Groba / Houwer 2018: 354).

Wie die Aneignung von Adjektiven bei bilingual Lernenden verläuft, soll im Folgenden kurz dargestellt werden, da die vorliegende Studie den Adjektivgebrauch bei monolingual und bilingual Lernenden untersucht. Unter Bilingualität wird das Lernen von zwei Sprachen verstanden, wobei der Zeitpunkt des Einsetzens des Spracherwerbs und die kommunikative Praxis in der Familie wichtige definitorische Kriterien darstellen (vgl. Schneider 2015: 16ff.). Bezüglich des Aneignungszeitpunkts lässt sich zwischen einer frühen und einer sukzessiven oder sequentiellen Entwicklung der Sprachen unterscheiden, wobei in der Literatur die zeitliche Grenze zwischen simultanen und sequentiellen Erwerb teilweise unterschiedlich festgesetzt wird. Mc Laughin (1978: 9) bspw. spricht vom gleichzeitiger Aneignung beider Sprachen, wenn das Kind regelmäßig bis zur Altersgrenze von drei Jahren mit beiden Sprachen in Kontakt kommt, wohingegen de Houwer (1995: 223) die Altersgrenze bei einem Monat festlegt. Hinsichtlich der kommunikativen Praxis in der Familie und der Umgebung gibt es verschiedene Ausprägungen, die laut Schneider (2015: 20f.) zu verschiedenen Konstellationen führen können abhängig von dem elterlichen Input und der Umgebungssprache. In der vorliegenden Studie werden unter bilingual Lernende alle Schüler*innen gefasst, die durch elterlichen Input zweisprachig aufgewachsen sind und bis zum dritten Lebensjahr regelmäßig mit zwei Sprachen Kontakt hatten. Eine der Sprachen ist Deutsch und entspricht der Umgebungssprache, wohingegen die zweite Sprache nicht identisch mit der Umgebungssprache ist.

Studien zum bilingualen Adjektiverwerb beschäftigen sich häufig mit der Frage, welche sprachübergreifenden Einflüsse den Adjektivgebrauch besonders hinsichtlich der syntaktischen Positionierung bedingen (vgl. Rizzi 2013; Groba 2014; Geveler et al. 2018).

Unterschieden wird häufig in zielähnliche und zielabweichende Adjektiv-Substantiv-Verbindungen. Die Ergebnisse sind heterogen und lassen keine eindeutigen Schlüsse zu (vgl. Geveler et al. 2018: 144). Abhängig von den Einflusssprachen gibt es unterschiedliche Erkenntnisse: Bernadini (2003) bspw. untersuchte bei simultan bilingual Lernenden (Schwedisch-Italienisch) das Auftreten der Adjektive hinsichtlich der syntaktischen Position und stellte fest, dass es Unterschiede zwischen bilingual und monolingual aufwachsenden Kindern gibt. Nicoladis (2006) hingegen ermittelte in ihrer Untersuchung zur syntaktischen Position der Adjektive bei simultan oder sequentiell bilingual aufwachsenden Lernenden (Französisch-Englisch), die zwei Sprachen auf muttersprachlichem Niveau sprechen, dass bilingual Lernende häufiger Adjektive in korrekter als inkorrekter syntaktischer Position verwenden. Keine sprachübergreifenden Unterschiede konnte Rizzi (2013) bei simultan bilingual aufwachsenden Kindern (Deutsch-Französisch/Spanisch/Italienisch) beobachten. Insgesamt kann man sagen, dass die Befunde deutliche Unterschiede aufweisen, was u.a. darauf zurückzuführen ist, dass bei bilingual Lernenden meist eine der beiden Sprachen stärker ausgeprägt ist und somit die beiden Sprachen nicht ausbalanciert sind.

Ausgehend von den syntaktischen Positionen, die Adjektive einnehmen können, zeigen Erwerbsstudien, dass prädikative Adjektive noch vor attributiven Adjektiven produziert werden (vgl. Mills 1985: 243; Ramscar et al. 2011; Rizzi 2013: 83). Das frühe Auftreten kann daran liegen, dass im Deutschen prädikative Adjektive nicht flektiert werden. Bei monolingual deutschsprachigen Kindern tritt das prädikative Adjektiv schon „in der Einkonstituentenphase [auf]“ (Rizzi 2013: 83). Im Durchschnitt erlernen Kinder am Ende des ersten Lebensjahres prädikativ gebrauchte Adjektive, wobei das erste Auftreten auch bei einigen Kindern bis zum Beginn des zweiten Lebensjahres verzögert sein kann (vgl. Rizzi 2013: 83). Im Unterschied zu monolingual aufwachsenden Kindern zeigt sich für bilingual deutsch-italienische Kinder, dass im Italienischen prädikative Adjektive etwas später erworben werden, und zwar durchschnittlich mit zweieinhalb Jahren (vgl. Rizzi 2013: 83). Zudem spricht für das frühere Auftreten prädikativer Adjektive, dass es sich meist um Existenzialprädikationen handelt und somit grundlegende Informationen, wohingegen die kommunikative Obligatorik bei attributiven Adjektiven weniger notwendig ist (vgl. Ninio 2004).

Das Auftreten von attributiven Adjektiven tritt in der Zweikonstituentenphase auf und ist abhängig von der Positionierung des Adjektivs (siehe Abbildung 2). Klassisch mittige Adjektive werden im Deutschen früher erlernt, weil mögliche Überschneidungen mit Determinierern und Nomen ausgeschlossen sind (vgl. Ninio 2004: 115). Zudem können klassisch mittige Adjektive zur Bildung von Oppositionsbeziehungen herangezogen werden, was den Auf- und Ausbau des mentalen Lexikons fördert und meist von Extrempolen eines Kontinuums ausgeht, z.B. gut vs. böse (vgl. Kauschke 2012: 57f.). Bereits ab dem 3. Lebensjahr werden klassisch mittige Adjektive wie die der Dimension, der Farbe, der Bewertung, des Alters und des Gemütszustandes erworben, wohingegen (Adjektive) in Determinierernähe und Nomennähe ab dem 4. Lebensjahr erworben werden (vgl. Krüger 2017: 115).

3. Fragestellung und Hypothesen

Folgende übergeordnete Fragestellungen gehen wir in der Studie nach und leiten sie teilweise aus der Literatur ab:

Ausgehend von den Forschungsfragen wurden drei Hypothesen generiert, deren inferenzstatistische Überprüfung auf die syntaktisch unterschiedlichen Funktionen der Adjektive bezogen sind:

Die Hypothesen vier bis sechs beziehen sich auf adjektivische Wortbildungen, die ein gewisses Maß an Komplexität aufweisen. Es werden Adjektivbildungen über grammatische Transposition, adjektivische Wortbildung bestehend aus Determinativ- und Kopulativkomposita und Derivation in Form von Suffigierungen vergleichend zwischen monolingual und bilingual aufwachsenden Schüler*innen untersucht:

4. Methode

4.1 Stichprobe

Die Erhebung für unsere Analyse wurde vom 04.04.2022 bis 10.11.2022 an Grundschulen und weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg durchgeführt. Die Stichprobe bestand aus N = 288 Teilnehmer*innen, davon waren 143 weiblich und 145 männlich. Das mittlere Alter betrug M = 10.58 Jahre (SD = 1.25, Min = 8, Max = 13). Die Teilnehmer*innen besuchten entweder die Grundschule (n = 114) oder eine weiterführende Schule (Werkrealschule: n = 35, Realschule: n = 79, Gymnasium: n = 60). Die Aufschlüsselung der Stichprobe nach Alter, Schulart und Spracherwerb ist in Tabelle 1 dargestellt. 144 Teilnehmer*innen bezeichneten Deutsch als einzige Familiensprache; 130 Teilnehmer*innen gaben an, neben Deutsch mit einem Elternteil ausschließlich noch eine weitere Sprache (45 %) zu sprechen und die zweite Familiensprache simultan zum Deutschen gelernt zu haben. 14 Teilnehmer*innen (5 %) gaben an, dass sie Deutsch erst kurz vor dem Kindergarteneintritt also noch vor ihrem dritten Lebensjahr begannen mit einem ihrer Elternteile zu sprechen. Bei den 14 Teilnehmer*innen handelt es sich um bilingual Lernende, die etwas später aber noch vor dem dritten Lebensjahr Deutsch erwarben. Alle Schüler*innen mit mehr als einer Familiensprache äußerten, dass sie beide Familiensprachen flüssig in unterschiedlichen Kontexten anwenden und verstehen können. Die Schüler*innen, die noch vor dem dritten Lebensjahr die Sprache Deutsch erlernten (N = 14) und die früh bilingual Lernenden (N = 130) wurden zu einer Gruppe (N = 144) zusammengefasst, da in unserer Studie alle als bilingual aufwachsend gelten, die bis zum dritten Lebensjahr regelmäßig mit zwei Sprachen Kontakt hatten. Es wird somit zwischen monolingualen und bilingualen Schüler*innen unterschieden.

Tabelle 13

Alter der Stichprobe, getrennt nach Schulart

Schulart M SD N (bili)
Grundschule 9.35 0.78 30
Werkrealschule 11.74 0.85 30
Realschule 11.33 0.69 42
Gymnasium 11.23 0.72 40

Die Werkrealschule ist in Baden-Württemberg eine Schulform, an der Schüler*innen mit Hauptschulempfehlung und nach erfolgreichem Abschluss der neunten Jahrgangsstufe mit dem Hauptschulabschluss abschließen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass Schüler*innen in noch einem weiteren Schuljahr den Realschulabschluss erlangen.

4.2 Gestaltung des Fragebogens und Freitext

Vor der Freitextproduktion füllten alle Schüler*innen einen Fragebogen aus, der zunächst basale demographische Angaben (Geschlecht und Alter) erhielt. Anschließend wurden die Teilnehmer*innen befragt, welche Sprache(n) sie mit ihrem Umfeld sprachen, und ob eine Kindertagesstätte in Deutschland oder dem Ausland besucht wurde. Es wurde danach gefragt, ab wann die Schüler*innen neben Deutsch noch eine weitere Familiensprache erlernten. Die Schüler*innen konnten ankreuzen a) seit der Geburt, b) noch vor dem Kindergarten, c) mit dem Kindergarten und d) ab Schulbeginn. Zusätzlich wurde erfasst, ob eine Fremdsprache erlernt wurde, wo die Teilnehmer*innen geboren waren und ob sie in ihrer Familiensprache (sofern nicht Deutsch) lesen und schreiben konnten sowie Unterricht nahmen. Anschließend erfolgte die Freitextproduktion. Dazu wurde den Teilnehmer*innen ein Bild gezeigt, welches sie beschreiben sollten (siehe Abbildung 3). Das Zeitlimit war auf zwei Schulstunden (90 min.) begrenzt. Die Grundschüler*innen benötigten etwa 30 für das Ausfüllen des Fragebogens und die Schüler*innen der fünften und sechsten Klassen etwa 40 Minuten. Das Ausfüllen des Erhebungsbogens wurde in der Grundschule mithilfe der Lehrkraft umgesetzt, die über Angaben der demographischen Daten verfügte und bei Nachfragen antworten konnte. Die Sekundarstufenschüler*innen stellten beim Ausfüllen hin und wieder Nachfragen, was den avisierten Zeitraum der Erhebung deutlich verlängerte.

Abbildung 3
Abbildung 3

Gustav Klimt „Adele Bloch-Bauer II“, 1912

Die Aufgabenstellung wurde den Schüler*innen mündlich präsentiert sowie schriftlich vorgelegt (siehe Abbildung 4). Inhaltlich orientiert sich die Aufgabenstellung an den didaktischen Maßgaben der Genauigkeit (vgl. Janle 2009: 39). Hinzugefügt wurde noch die Zielgruppenspezifikation, dass Schüler*innen die Bildbeschreibung für ihre Eltern formulieren sollen.

Abbildung 4
Abbildung 4

Aufgabenstellung zur Bildbeschreibung

4.3 Kodierung der Daten

Die Kodierung der Daten wurde mittels SPSS durchgeführt. Erstens wurden Adjektive im Korpus hinsichtlich ihrer prototypisch syntaktischen Funktion auf ihre Vorkommenshäufigkeit inferenzstatistisch untersucht. Attributive Adjektive wurden mit Adj. attributiv, prädikative Adjektive mit Adj. prädikativ usw. kodiert.

In einem zweiten Schritt wurden adjektivische Wortbildungen untersucht. Die im Korpus vorhandenen Kopulativ- und Determinativkomposita wurden zusammengefasst und mit Adj. Komposita kodiert. Eine im Korpus häufig vorkommende Wortbildung stellen die Suffigierungen von Farbadjektiven mit -lich dar (z.B. bläulich), die als Adj. derivativ kodiert wurden. Als grammatische Transpositionen wurden alle partizipial attributiven Adjektive in die Auswertung einbezogen und mit Adj. partizipial kodiert.

Drittens wurde das Vorkommen prototypisch wertender Adjektive gut, schön und hässlich mit in die Auswertung einbezogen, da sie im Korpus vorhanden sind und als eindeutig wertend klassifiziert werden können, was nicht textsortentypisch ist. Kodiert wurden wertende Adjektive mit Adj. wertend. Zur regressionsanalytischen Betrachtung wurden monolingual Lernende mit 1 und bilingual Lernende mit 2 kodiert.

4.4 Datenaufbereitung und Analysen

Zur Analyse der Adjektivverwendung in der freien Textproduktion wurde zunächst die Anzahl der Adjektive ausgezählt. Die so ermittelten Häufigkeiten erfüllten das metrische Skalenniveau. Die Datenauswertung erfolgte mit der Software IBM SPSS Statistics, Version 27 (IBM, 2020). Zur Beantwortung der Hypothesen zwei bis sieben wurden unabhängige t-Tests berechnet. A priori wurde die Varianzhomogenität mittels Levene-Test geprüft. Bei Verletzung der Varianzhomogenität wurden die Freiheitsgrade der Prüfstatistik korrigiert und das Ergebnis des Welch-Tests berichtet. Unabhängige t-tests liefern auch bei kleinen Stichproben und Verletzung der Normalverteilungsannahme robuste Ergebnisse (vgl. Winter 2013). Da unsere Stichprobengröße außerdem n = 30 überstieg, gilt eine Verletzung der Normalverteilungsannahme als unkritisch (vgl. Bortz / Schuster 2010). Gleichzeitig wurde so die größere Power parametrischer Verfahren gegenüber entsprechender nonparametrischer Verfahren ausgenutzt. Gemäß Cohen (1992) wurden standardisierte Mittelwertsunterschiede >.20 als klein, >.50 als mittel und >.80 als groß klassifiziert. Um das Problem der Alpha-Fehler-Akkumulation angemessen zu behandeln, wurden die Signifikanzgrenzen nach Bonferroni-Holmes-korrigiert. Dazu wurden die p-Werte absteigend sortiert und das Alpha-Niveau durch die Anzahl der Tests geteilt. Alle nachfolgenden Tests wurden mit einem Alpha geteilt durch die Anzahl der Tests abzüglich der bereits gezogenen Vergleiche getestet (vgl. Abdi 2010). Mit einer Ausnahme lagen unkorrigierte Signifikanzen auch nach der Anpassung der Signifikanzgrenzen unter den Cut-Offs. Zur Beantwortung der ersten Hypothese wurde eine multiple Regression berechnet. Zuerst wurde die Signifikanz der Varianzaufklärung des Gesamtmodells betrachtet, bevor die Richtungszusammenhänge zwischen Prädiktor und Kriterium interpretiert wurden. Richtungszusammenhänge wurden über das standardisierte Regressionsgewicht Beta gezogen.

5. Ergebnisse

5.1 Deskriptive Ergebnisse und explorative Korrelation der Adjektive

Tabelle 2 stellt die absolute Frequenz der Adjektive im vorhandenen Korpus der Bildbeschreibungen dar:

Tabelle 24

Tabelle mit Häufigkeiten, Median, Min und Max der Adjektive

Variable Md Min Max Total
Adj. attributiv 3 0 22 706
Adj. prädikativ 1,5 0 11 319
Adj. adverbial 0 0 7 28
Adj. wertend 0 0 7 64
Adj. Komposita 0 0 5 57
Adj. derivativ 0 0 3 22
Adj. part. 0 0 2 10

Die deskriptiven Statistiken der abhängigen Variablen sind in Tabelle 3 dargestellt. Attributive Adjektive wurden, unabhängig vom Spracherwerb der Teilnehmer*innen, am häufigsten verwendet. Monolingual Lernende verwendeten partizipial attributive Adjektive am seltensten, bilingual Lernende ebenfalls. Die Standardabweichung fiel im Verhältnis zum Mittelwert bei beiden Gruppen sehr groß aus. Daraus kann auf eine große interindividuelle Variabilität im Adjektivgebrauch geschlossen werden.

Tabelle 35

Deskriptive Statistiken der abhängigen Variablen getrennt nach monolingual und bilingual Lernende

Variable Mmo SDmo Mbili SDbili
Adj. attributiv 7.13 5.76 4.70 3.91
Adj. prädikativ 2.35 2.14 2.16 2.36
Adj. adverbial 0.33 0.75 0.13 0.37
Adj. wertend 0.22 0.51 0.44 0.94
Adj. Komposita 0.69 1.15 0.38 0.88
Adj. derivativ 0.31 0.72 0.11 0.36
Adj. part. 0.19 0.54 0.06 0.23

Die abhängigen Variablen wurden miteinander korreliert (Tabelle 4), um einen explorativen Zusammenhang zwischen verschiedenen Adjektiven zu erhalten. Die stärkste positive Korrelation zeigte sich im Gebrauch attributiver und kompositioneller Adjektive (r = .46).

Tabelle 46

Korrelationen der abhängigen Variablen für die Gesamtstichprobe

Variable 1 2 3 4 5 6
1. Adj. attributiv
2. Adj. prädikativ .20**
3. Adj. adverbial .23** .14*
4. Adj. wertend –.01 .14* .10
5. Adj. Komposita .46** .22** .35** .04
6. Adj. derivativ .21** .15* .09 –.04 .20**
7. Adj. partizipial att. .25** .08 .17** –.02 .35** .07

5.2 Hypothesenprüfung

Hypothese 1: Der Gebrauch attributiver Adjektive unterscheidet sich signifikant in Abhängigkeit des Spracherwerbsmodus (monolingual/bilingual) und der Klassenstufe drei bis sechs.

Zur Prüfung der ersten Hypothese wurde eine multiple Regression gerechnet. Tabelle 5 stellt die Mittelwerte in Abhängigkeit des Spracherwerbsmodus und der Klasse dar. Die Varianzaufklärung des Gesamtmodells war mit 15% signifikant (R2 = .15, F (2,285) = 24.37, p ≤.001). Mit steigender Klassenstufe nahm der Gebrauch attributiver Adjektive signifikant zu (β = .29, t (285) = 5.36, p ≤.001). Außerdem verwendeten monolingual Lernende (Kodierung mit „1“) signifikant mehr attributive Adjektive in der Freitextproduktion als die bilingual Lernenden (Kodierung mit „2“), (β = –.23, t (285) = –4.12, p ≤.001).

Tabelle 57

Verwendung attributiver Adjektive getrennt nach monolingual und bilingual aufwachsende Schüler*innen

Klasse Mmo SDmo Mbili SDbili
3 3.77 2.85 2.70 1.51
4 5.27 4.23 5.28 3.14
5 8.49 7.32 4.79 3.88
6 9.02 5.32 5.65 5.15

Hypothese 2: Der Gebrauch prädikativer Adjektive der bilingual Lernenden ist vergleichbar mit den monolingual Lernenden von der dritten bis zur sechsten Klasse.

Der Levene-Test war nicht signifikant, wonach Varianzhomogenität vorlag (F (1,286) = 0.02, p = .902). Die bilinguale Gruppe verwendete im Mittel8 weniger prädikative Adjektive als die monolinguale Gruppe (Mbili = 2.16, SDbili = 2.36 vs. Mmo = 2.33, SDmo = 2.15). Dieser Unterschied war nicht signifikant (t (286) = 0.65, p = .514, d = .08).

Hypothese 3: Der Gebrauch adverbialer Adjektive der bilingual Lernenden ist vergleichbar mit dem Gebrauch der monolingual Lernenden der jeweiligen Jahrgangsstufen drei bis sechs.

Der Levene-Test war signifikant, wonach die Varianzhomogenität als verletzt angesehen werden muss (F (1,286) = 31.77, p ≤.001). Die Gruppe der bilingual Lernende verwendete im Mittel weniger adverbiale Adjektive als die monolinguale Gruppe (Mbili = 0.13, SDbili = 0.37 vs. Mmo = 0.33, SDmo = 0.06). Dieser Unterschied war signifikant (t (209.80) = 2.90, p = .004, d = .34). Der Effekt kann gemäß Cohen (1992) als klein klassifiziert werden.

Hypothese 4: Partizipial gebildete Adjektive werden signifikant mehr von monolingual Lernenden verwendet als von bilingual Lernenden von der dritten bis zur sechsten Klasse.

Der Levene-Test war signifikant, wonach die Varianzhomogenität als verletzt angesehen werden muss (F (1,285) = 31.11, p ≤.001). Die bilinguale Gruppe verwendete im Mittel weniger partizipial attributive Adjektive als die monolinguale Gruppe (Mbili = 0.06, SDbili = 0.23 vs. Mmo = 0.19, SDmo = 0.05). Dieser Unterschied war signifikant (t (190.99) = 2.70, p = .007, d = .32). Der Effekt kann gemäß Cohen (1992) als klein klassifiziert werden.

Hypothese 5: Monolingual Lernende verwenden kompositionelle Adjektive signifikant mehr als bilingual Lernende von der dritten bis zur sechsten Klasse.

Der Levene-Test war signifikant, wonach die Varianzhomogenität als verletzt angesehen werden muss (F (1,285) = 12.60, p ≤.001). Die bilingual Lernenden verwendeten im Mittel weniger kompositionelle Adjektive als die monolingual Lernenden (Mbili = 0.38, SDbili = 0.88 vs. Mmo = 0.69, SDmo = 1.15). Dieser Unterschied war signifikant (t (265.64) = 2.57, p = .011, d = .30). Der Effekt kann gemäß Cohen (1992) als klein klassifiziert werden.

Hypothese 6: Monolingual Lernende verwenden derivative Adjektive signifikant mehr als bilingual Lernende von der dritten bis zur sechsten Klasse.

Der Levene-Test war signifikant, wonach die Varianzhomogenität als verletzt angesehen werden muss (F (1,285) = 34.14, p ≤.001). Die bilinguale Gruppe verwendete im Mittel weniger derivative Adjektive als die monolinguale Gruppe (Mbili = 0.11, SDbili = 0.36 vs. Mmo = 0.31, SDmo = 0.72). Dieser Unterschied war signifikant (t (206.84) = 2.91, p = .004, d = .35). Der Effekt kann gemäß Cohen (1992) als klein klassifiziert werden.

Hypothese 7: Bilingual Lernende verwenden nicht signifikant mehr wertende Adjektive (schön, gut, hässlich, chaotisch) als monolingual Lernende von der dritten bis zur sechsten Klasse.

Der Levene-Test war signifikant, wonach die Varianzhomogenität als verletzt angesehen werden muss (F (1,286) = 18.87, p ≤.001). Entgegen der postulierten Hypothese verwendete die bilinguale Gruppe im Mittel mehr wertende Adjektive als die monolinguale Gruppe (Mbili = 0.44, SDbili = 0.94 vs. Mmo = 0.22, SDmo = 0.50). Der Unterschied zwischen beiden Gruppen ist jedoch nicht signifikant (.013 >.0089).

6. Limitationen

Die Ergebnisse unterliegen einigen Beschränkungen: Bei der vorliegenden Studie wurden Texte von Schüler*innen unterschiedlicher Schularten erhoben, so dass es sich nicht um eine longitudinale Studie handelt. Unser Beitrag stützt sich auf Querschnittsdaten, die die Entwicklung des Adjektivgebrauchs von Schüler*innen zu einem definierten Zeitpunkt in ihrer Schullaufbahn abbilden. Hinzu kommt, dass die ungleich besetzten Zellen bei der Analyse zu kleineren Verzerrungen bei der Datenauswertung geführt haben können. Varianz in der Adjektivverwendung könnte systematisch auf unterschiedliche Spracherfahrungen zurückzuführen sein. Zudem waren bilinguale Schüler*innen über die einzelnen Jahrgangsstufen und Schularten nicht gleichverteilt. Weiterhin ist davon auszugehen, dass Schüler*innen sich systematisch im Vorwissen bzw. in ihren Erfahrungen mit (Bild-) Beschreibungen unterscheiden, wenn sie unterschiedliche Schulen, Jahrgangsstufen und Klassen besuchen.

Neben der Durchführung eines Prätests sollte die angemessene Berücksichtigung der genesteten Datenstruktur (in Form von hierarchischen linearen Modellen) in zukünftigen Studien daher berücksichtigt werden. Da die Adjektivverwendung nur monoexemplarisch an Bildbeschreibungen gemessen wurde, ist die externe Validität der Studie zunächst auf diese Textart beschränkt. Zukünftige Forschung sollte neben Spracherfahrungen der Schüler*innen den Adjektivgebrauch auch in weiteren Textarten untersuchen, um die Übertragbarkeit der Ergebnisse in den didaktischen Kontext auszuweiten. Zudem sind die gefundenen Unterschiede zwischen den monolingual und bilingual Lernenden eher gering, da nur kleine bis mittlere Effektstärken auftraten werden konnten.

7. Diskussion

Zuerst ist festzuhalten, dass das Auftreten fast aller zu prüfenden Adjektiven miteinander korreliert. Verwenden Schüler*innen also mehr attributive Adjektive, dann verwenden sie gleichzeitig auch mehr prädikative, adverbiale usw. Adjektive, was auf einen Ausbau des mentalen Lexikons und Ausdrucksinventars schließen lässt. Ausnahmen der Abhängigkeit finden sich u.a. bei wertenden Adjektiven, die nicht mit attributiven und adverbialen Adjektiven signifikant korrelieren. Wertende Adjektive wurden vor allem prädikativ verwendet z.B. die Frau ist schön; das Kleid ist schön. Weitere nicht signifikante Korrelationen zeigen sich bei Adjektivkompositionen, die nicht signifikant mit wertenden Adjektiven korrelieren, bei Adjektivderivation mit Suffixendung -lich, die nicht mit adverbialen und wertenden Adjektiven korrelieren und bei partizipial attributiven Adjektiven, die nicht signifikant mit wertenden und Adjektivderivation auftreten.

In Bezug auf die Frage, ob es Unterschiede zwischen monolingualen und deutsch-bilingualen Schüler*innen im Gebrauch von attributiven, prädikativen und adverbialen Adjektiven sowie den Subtypen partizipial attributiver und partizipial prädikativer Adjektive gibt, zeigen sich Divergenzen beim Gebrauch attributiver Adjektive bei bilingualen Schüler*innen, was auch im Vorfeld angenommen wurde. Orientiert man sich an den Überlegungen von Kleinschmid-Schinke (2020: 100), dass attributive Adjektive eine stärkere Integrationstiefe aufweisen als prädikative Adjektive, weil sie analog zu Pohl (2007: 405) unter komprimierte Syntax fallen, dann ist der unterschiedliche Gebrauch attributiver Adjektive zwischen monolingual und bilingual Lernenden zu problematisieren. Die attributiven Adjektive komprimieren die Syntax und lassen sich in Bezug auf das Nähe-Distanz-Modell von Koch und Oesterreicher (1985) dem distanzsprachlichen Pol zuordnen (vgl. Kleinschmid-Schinke 2020: 341–344), was einen Bereich der schulischen Vermittlung darstellt. Zudem eignen sich attributive Adjektive besonders gut, um Beschreibungen anzufertigen, da sie referentielle Nomen besonders genau und detailliert spezifizieren können, was in der schulischen Vermittlung häufig gefordert wird (vgl. Janle 2009: 56–66; Klotz 2013: 165). Gleichzeitig zeigt sich auch, dass die Zahl der attributiv verwendeten Adjektive mit steigender Jahrgangsstufe zunimmt.

Die Hypothese, dass der Gebrauch prädikativer Adjektive zwischen den beiden Lerngruppen gleich verläuft, konnte bestätigt werden. Studien zur Ontogenese von Adjektiven (vgl. Groba 2014; Geveler et al. 2018) zeigen, dass das Auftreten prädikativer Adjektive in unterschiedlichen Sprachen ähnlich verläuft und bereits früh beginnt, was u.a. darauf zurückzuführen ist, dass prädikative Adjektive einfacher zu erlernen sind und der Einsatz attributiver Adjektive kommunikativ häufig nicht nötig ist.

Die Annahme, dass adverbial gebrauchte Adjektive von bilingual aufwachsenden Schüler*innen in gleichem Maße verwendet werden wie von monolingual aufwachsenden Schüler*innen, konnte nicht bestätigt werden. Die Hypothese gründet auf der Überlegung, dass adverbial gebrauchte Adjektive ähnlich wie prädikativ gebrauchte Adjektive weniger stark in die Nominalphrase integriert sind, so dass das Auftreten früher erfolgt. Wahrscheinlicher ist jedoch vielmehr, dass nicht die Integrationstiefe bedeutsam ist, sondern vielmehr der den Schüler*innen zur Verfügung stehende Wortschatz. Die Unterrepräsentation von Adverbien wird u.a. auch bei Hirschmann und Kolleg*innen (2013) thematisiert, welche die Unterrepräsentation syntaktischer Kategorien untersucht haben, worunter bspw. auch adverbial gebrauchte Adjektive fallen.

Neben dem prädikativen, attributiven und adverbialen Auftreten der Adjektive wurden in der Studie noch adjektivische Wortbildungen untersucht, da sie den adjektivischen Wortschatz mit repräsentieren und gleichzeitig z.B. durch die Derivationen ein gewisses Maß an Flexibilität im Umgang mit Adjektiven aufzeigen. Als komplexe Adjektive können die grammatischen Adjektivwortbildungen bezeichnet werden, die aus dem Partizip I und Partizip II gebildet werden. Die Annahme, dass bilingual Lernende weniger partizipial attributive Adjektive verwenden als monolingual Lernende, hat sich bestätigt. Dass der Gebrauch der transpositorischen Adjektive von den beiden Lerngruppen unterschiedlich verwendet wird, ist zu problematisieren, da produktive Wortbildung den Wortschatz erweitert und die sprachliche Flexibilität betrifft. Je mehr adjektivische Wortbildungen in einer Bildbeschreibung verwendet werden, umso facettenreicher fallen die Texte aus.

In eine ähnliche Richtung weisen auch die Ergebnisse der fünften und sechsten Hypothese, welche sich auf die adjektivische Wortbildung mittels Adjektivkompositionen und Derivation beziehen. Ausgangspunkt war auch hier, dass signifikante Unterschiede zwischen den beiden Spracherwerbsgruppen im Gebrauch der Adjektivkompositionen und Derivationen existieren. In beiden Fällen verwenden monolingual Lernende mehr Adjektivwortbildungen als bilingual Lernende. Gerade der Einsatz von Adjektivkompositionen in Bildbeschreibungen zeigt dabei einen erweiterten Adjektivwortschatz und die Möglichkeit detailliertere Spezifikationen vorzunehmen (z.B. blaugrün vs. blau), was dem Ziel der schulischen Vermittlung in Bezug auf die Textsorte entgegenkommt (vgl. Janle 2009: 66–71; Fleischer / Barz 2012: 297–304).

In der schulischen Vermittlung werden Beschreibungen als möglichst sachorientierte und wertungsfreie Textsorte thematisiert (vgl. Michalak / Lemke / Goeke 2014: 136; Kunze 2017: 7). Es kommen jedoch in den Texten der Schüler*innen eindeutig wertende Adjektive vor (schön, gut, hässlich, chaotisch). Ein statistischer Unterschied zwischen bilingual und monolingual Lernenden ist nicht vorhanden. Sowohl bei monolingual als auch bei bilingual Lernenden kommen prototypisch wertende Adjektive vor. Bedenkt man, dass eine didaktische Zielsetzung im Deutschunterricht in Baden-Württemberg darin besteht, dass Schüler*innen Beschreibungen möglichst sachlich und neutral verfassen sollen, dann steht der Gebrauch wertender Adjektive der Vermittlung entgegen, zumal diese auch nicht zu einer Spezifizierung der zu beschreibenden Gegenstände oder Sachverhalte beitragen.

Notes

  1. Beschreiben als Grundlage sprachlichen Handelns im Deutschunterricht. CampusSchule Projekt der Universität Koblenz-Landau, Projektleitung Katharina Kellermann, Laufzeit 2022–2023. [^]
  2. Im Folgenden beziehen sich Unterstreichungen immer auf das genannte Phänomen. Für das vorliegende Beispiel oben angesprochene lässt sich der intersubjektive Geltungsanspruch darauf beziehen, dass die Kritikpunkte zuvor erwähnt und von mehreren Personen akzeptiert wurden. [^]
  3. Anmerkungen. M = Mittelwert des Alters, SD = Standardabweichung des Alters, N(bili) = Anzahl der bilingualen Schüler*innen. [^]
  4. Anmerkungen. Md = Median, Max = größter beobachteter Wert, Min = kleinster beobachteter Wert, Total = absolute beobachtete Häufigkeiten. [^]
  5. Anmerkungen. M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, bili = bilingual aufwachsende Schüler*innen, mo = monolingual aufwachsende Schüler*innen. [^]
  6. Anmerkungen. Adj = Adjektiv, att= attributiv. **p ≤ .001. [^]
  7. Anmerkungen. M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, bili = bilingual aufwachsende Schüler*innen, mo = monolingual aufwachsende Schüler*innen. [^]
  8. Im vorliegenden Beitrag wird immer von Mittel gesprochen, was gleichbedeutend mit Durchschnitt verwendet wird. [^]
  9. Hier handelt es sich um die nach Bonferroni-Holmes-korrigierte Signifikanzgrenze (p/Anzahl der bereits gezogenen Vergleiche*) *=6. [^]

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Zifonun, Gisela et al. (1997): Grammatik der deutschen Sprache. Berlin / New York: de Gruyter. ( = Schriften des Instituts für Deutsche Sprache Bd. 7.3).

Biographische Notiz:

Katharina Kellermann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Grundschulpädagogik der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern Landau. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich der sprachlichen und literalen Entwicklung von einsprachig und mehrsprachig Lernenden.

Kontaktanschrift:

Katharina Kellermann

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern Landau

August-Croissant-Straße 5

76829 Landau

Deutschland

k.kellermann@rptu.de

Biographische Notiz:

Lukas Schmitt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Grundschulpädagogik der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern Landau. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich des frühen naturwissenschaftlichen Lernens, Testevaluation und der sprachlichen Entwicklung im Kindes- und Jugendalter.

Kontaktanschrift:

Lukas Schmitt

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern Landau

August-Croissant-Straße 5

76829 Landau

Deutschland

lukas.schmitt@rptu.de